
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) sprach sich am 10. Juni 2021 für eine COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren nur bei bestimmten Indikationen aus. Bund und Länder hatten sich zuvor darauf geeinigt dieser Altersgruppe nach Ende der Priorisierung vollumfänglich in die Impfkampagne einzubeziehen, auch gegen eine Empfehlung der STIKO. Dies stieß sowohl bei der Bundesärztekammer als auch Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin auf Kritik, die ebenfalls zur Vorsicht rieten.
Auf der Grundlage neuer Überwachungsdaten aktualisiert die STIKO nun ihre Empfehlung und sprach sich am 16. August in einer Pressemitteilung uneingeschränkt für eine Impfung der 12- bis 17-Jährigen aus, um sie direkt vor COVID-19 und den damit assoziierten psychosozialen Folgeerscheinungen zu schützen. Zugelassen für diese Indikation sind die beiden mRNA-Impfstoffe Comirnaty von BioNTech/Pfizer und Spikevax von Moderna. Der endgültige Beschluss der STIKO wurde am 18. August 2021 im Epidemiologischen Bulletin des RKI veröffentlicht.
Datenlage zunächst begrenzt
Die eingeschränkte Empfehlung einer Impfung für Kinder und Jugendliche basierte auf den folgenden Aspekten bezogen auf die genannte Altersgruppe.
- Geringes Risiko für schwerwiegenden COVID-19-Verlauf
- Begrenzter Kenntnisstand zu seltenen Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe
- Erste Berichte zu Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) im zeitlichen Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen bei Jungen und jungen Männern
- Geringe Auswirkung der Impfung dieser Altersgruppe auf weiteren Verlauf der Infektionsausbreitung
Aus diesem Grund wurde die Empfehlung auf 12- bis 17-Jährige mit Vorerkrankungen mit erhöhtem Risiko für schweren COVID-19-Verlauf, vulnerablen Personen im persönlichen Umfeld und beruflicher SARS-CoV-2-Exposition begrenzt.
Neue Erkenntnisse zu Impfstoffsicherheit & Infektionsrisiko
Die neue Empfehlung der STIKO basiert vor allem auf Überwachungsdaten des amerikanischen Impfprogramms, in dem nahezu 10 Millionen Kinder und Jugendliche geimpft wurden. Die hohe Datenmenge erlaubt laut STIKO nun eine zuverlässigere quantifizierte Beurteilung der möglichen Risiken.
Herzmuskelentzündung als Impfnebenwirkung
Die insbesondere bei jungen männlichen Geimpften auftretende, sehr seltene Herzmuskelentzündung wird mittlerweile als Impfnebenwirkung eingestuft und in die Produktinformationen der mRNA-Impfstoffe aufgenommen. Zwar mussten die meisten Betroffenen im Krankenhaus behandelt werden, hatten jedoch keinen schweren Verlauf. Zudem gibt es neue Hinweise, dass auch bei COVID-19-Erkrankungen eine Herzbeteiligung möglich ist.
Bisher zeigten sich keine Signale für weitere schwere Nebenwirkungen nach einer Impfung mit mRNA-Impfstoffen, auch nicht bei Kindern und Jugendlichen.
Delta-Variante erhöht Infektionsrisiko
Laut STIKO ergaben aktuelle mathematische Modellierungen ein erhöhtes Infektionsrisiko für Kinder und Jugendliche bei einer möglichen vierten Infektionswelle aufgrund der Delta-Variante.
Ob und mit welcher Häufigkeit Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen auftritt, ist weiterhin nicht geklärt.
Keine Voraussetzung für soziale Teilhabe
Die STIKO kommt aufgrund der genannten Aspekte zu dem Schluss, dass der Nutzen einer Impfung gegenüber dem Risiko für sehr seltene Impfnebenwirkungen überwiegt. Aus diesem Grund wird die COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche von 12 bis 17 Jahren allgemein empfohlen. Es solle immer eine ärztliche Aufklärung zu Nutzen und Risiko erfolgen. Die STIKO betont außerdem, dass eine Impfung bei Kindern und Jugendlichen keine Voraussetzung für soziale Teilhabe sein sollte.