Höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen nach Schwangerschaftsdiabetes

Tritt während der Schwangerschaft ein Gestationsdiabetes auf, steigt das Risiko, später Herzkreislauferkrankungen zu entwickeln, wie eine neue Kohortenstudie aus Dänemark herausfand.

Gestationsdiabetes

Während der Schwangerschaft verändert sich vieles im Körper der werdenden Mutter. Dazu zählt auch der Stoffwechsel. Tritt in der Schwangerschaft erstmalig eine Glukoseintoleranz auf, wird von einem Gestationsdiabetes (GDM) oder Schwangerschaftsdiabetes gesprochen.

GDM wird mit vielen Schwangerschaftskomplikationen in Verbindung gebracht. Dazu zählen beispielsweise Präeklampsie, Frühgeburten, Totgeburten, Makrosomie oder Kaiserschnitte. In den meisten Fällen bildet sich der GDM nach der Schwangerschaft wieder zurück. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass sich ein GDM langfristig auf die Gesundheit der Betroffenen auswirken kann. Auch dann noch, wenn er sich längst zurückgebildet hat. Frauen, die während einer Schwangerschaft einen Gestationsdiabetes entwickelt haben, haben beispielsweise ein höheres Risiko, später einen Typ 2 Diabetes mellitus, ein metabolisches Syndrom, chronische Nierenerkrankungen oder kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) zu entwickeln.

Die Zusammenhänge zwischen einem GDM und späteren Erkrankungen sind unklar. Es gibt beispielsweise kaum Studien dazu, welche Rolle ein Typ 2 Diabetes mellitus dabei spielen kann. Eine dänische Kohortenstudie hat sich deshalb nun näher mit dem Thema befasst und untersucht, wie sich ein Schwangerschaftsdiabetes unter anderem auf das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen auswirkt. Die Daten wurden im Journal »Diabetes Care« veröffentlicht.

Zielsetzung

Mit der Studie sollte untersucht werden, wie ein Gestationsdiabetes und die Inzidenz verschiedener kardiovaskulärer Erkrankungen zusammenhängen. Der Fokus lag dabei darauf, inwieweit ein Typ 2 Diabetes mellitus und gemeinsame Umwelt- oder Familienfaktoren sich auf die jeweiligen Risiken auswirken.

Methodik

Für die Analyse wählte das dänisch-amerikanisch-chinesische Forschungsteam eine populationsbasierte Kohortenstudie. Zusätzlich wurden die Daten Geschwister-gematcht analysiert.

Alle Daten entstammten großen nationalen Registern. Eingeschlossen wurden alle erwachsenen Frauen, die zwischen 1987 und 2016 erstmalig schwanger waren. Von diesen 1.098.962 Frauen wurden jene ausgeschlossen, die jünger als 18 Jahre waren (10.005), einen vorbestehenden Typ 1 oder Typ 2 Diabetes mellitus (12.952) oder eine kardiovaskuläre Vorerkrankung hatten (29.009), mit Krebs vor der ersten Schwangerschaft (29.045) und Frauen, die vor der CVD bereits eine angeborene Herzerkrankung hatten (5.465). In der untersuchten Kohorte blieben 1.002.486 Frauen.

Die Follow-Up-Periode erstreckte sich vom Datum der Geburt des ersten Kindes bis zum ersten CVD-Ereignis, dem Tod oder der Auswanderung der Betroffenen oder dem Ende der Beobachtungszeit am 31. Dezember 2016.

Die Vorgeschichte eines Schwangerschaftsdiabetes wurde mit dem Datum der ersten Geburt erfasst und mit jeder Schwangerschaft aktualisiert. Ein GDM wurde anhand der »Danis National Patient Registry« und nach ICD-Code erfasst.

Als Outcome of Interest wurden unter anderem ischämische Herzerkrankungen, Myokardinfarkte, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfälle, Herzversagen, Vorhofflimmern, Bluthochdruck, tiefe Beinvenenthrombosen und Lungenembolien erfasst. Mögliche Variablen waren als Mediatorvariable ein Typ 2 Diabetes mellitus und als Covariablen das Alter bei Geburt, der Beziehungsstatus, die Ausbildung, das Heimatland, der Wohnort, Rauchen währen der Schwangerschaft, Schwangerschaftsadipositas, eine mütterliche oder väterliche Vorgeschichte von kardiovaskulären Erkrankungen und das Geburtsjahr des Kindes.

Die Daten wurden unter anderem mittels Cox-Regressionsanalyse untersucht.

Ergebnisse

Zwischen den Jahren 1978 und 2016 wurden 1.002.486 schwangere Frauen gemeldet. Von diesen entwickelten 21.353 (2,1%) einen Schwangerschaftsdiabetes und die Anzahl stieg bis zur Periode von 2011 bis 2016 auf 3,1% an. Frauen mit deinem GDM hatten häufiger eine Mehrlingsschwangerschaft, waren älter bei der ersten Geburt, hatten einen niedrigeren Ausbildungsstand, lebten in einer Beziehung, waren nicht-dänischen Ursprungs und hatten eine höhere Prävalenz für Schwangerschaftsadipositas sowie für einen späteren Typ 2 Diabetes mellitus.

Das mediane Alter bei der ersten Geburt lag bei 27 Jahren (Interquartilenabstand 24-30 Jahre). Von allen Teilnehmerinnen wurden 3,8% (37.339) aufgrund eines nichtkardiovaskulären Todes (9.989) oder Auswanderung (27.350) während des Studienzeitraums zensiert.

Im Laufe der Follow-Up-Periode entwickelten 2.015 Frauen mit einem GDM in der Vorgeschichte und 182.805 ohne GDM in der Vorgeschichte eine kardiovaskuläre Erkrankung. Frauen, die in der Vergangenheit einen GDM hatten, hatten ein um 40% erhöhtes gesamt-CVD-Risiko (Hazard Ratio [HR] 1,40; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,35-1,45). Wurden diese Daten Geschwister-gematcht, blieb die Hazard Ratio weiterhin bei 1,44 (95%-KI 1,28-1,62). Von den Frauen, die einen GDM hatten und später einen Typ 2 Diabetes mellitus entwickelten, erkrankten 830 kardiovaskulär (0,1%). Hatten sie nur einen Typ 2 Diabetes mellitus, aber keinen früheren GDM, waren es 5.587 (0,6%) und ohne beide Risikofaktoren 177.218 Frauen.

Der Anteil der Assoziation zwischen einem GDM in der Vorgeschichte und allen CVDs, die durch den anschließenden Typ 2 Diabetes mellitus erklärt werden konnten, lag bei 23,3% (15,4-32,8%, HR 1,07; 95%-KI 1,05-1,10). Auch ein früher GDM in Kombination mit Adipositas war mit höheren Inzidenzen von kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert (HR 1,76; 95%-KI 1,59-1,95). Lag im Vergleich dazu nur Adipositas vor, betrug die Hazard Ratio 1,43 (95%-KI 1,38-1,49). In diesem Kontext konnten nur multiplikative Interaktionen (p=0,001) festgestellt werden.

Ähnliches konnte beobachtet werden, gab es auf Seiten der Mutter eine Vorgeschichte von kardiovaskulären Ereignissen und eine eigene GDM-Vorgeschichte. Auch diese Kombination führe zu einem höheren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (HR 1,75; 95%-KI 1,66-1,84) als ein alleiniger GDM (HR 1,31; 95%-KI 1,23-1,40; multiplikative Interaktion p=0,042).

Insgesamt erhöhte ein GDM das Risiko vor allem für bestimmte CVDs. Das Schlaganfallrisiko war beispielsweise um 65% höher, das Risiko für Myokardinfarkte, Herzversagen und pAVK war zweifach erhöht.

Fazit

Tritt in der Schwangerschaft ein Gestationsdiabetes auf, kann sich dies auf die spätere Gesundheit der betroffenen Frauen auswirken. Die Studie zeigte ein erhöhtes Gesamtrisiko, später an einer kardiovaskulären Erkrankung zu erkranken. Ein später aufgetretener Typ 2 Diabetes mellitus kann einen Teil dieser erhöhten Risiken erklären.

Aus diesem Grund sollten Frauen, die in der Vergangenheit einen Gestationsdiabetes hatten, und bei denen mütterlicherseits kardiovaskuläre Erkrankungen bekannt sind, in ihrem späteren Leben kontinuierlich überwacht werden. So ließen sich kardiovaskuläre Erkrankungen frühzeitig erkennen oder Möglichkeiten zur Prävention ergreifen. Das gilt besonders für Frauen mit einem früheren GDM und einer Schwangerschaftsadipositas.

Autor:
Stand:
14.03.2022
Quelle:

Yu Y. Et al. Gestational diabetes mellitus and the risk of overall and type-specific cardiovascular diseases: a population- and sibling-matched cohort study. Diabetes Care 2022; 45:151-159. DOI: 10.2337/2c21-1018.

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