
Hintergrund
Eine US-amerikanische Forschergruppe um Carolyn Bramante von der University of Minnesota, USA, wollte herausfinden, ob eine Behandlung mit Metformin, Ivermectin oder Fluvoxamin Long-Covid verhindern kann. Für Metformin waren die Ergebnisse eindeutig – im Vergleich zu Placebo senkte das Diabetesmittel das Risiko für Long-Covid deutlich. Für Ivermectin oder Fluvoxamin wurden keine protektiven Effekte gezeigt. Die Ergebnisse der Studie sind als Preprint im Fachmagazin „The Lancet“ erschienen [1].
Daten von mehr als 1.100 Personen ausgewertet
Im Rahmen einer multizentrischen, vierfach verblindeten, randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studie untersuchten die Forschenden Metformin, Ivermectin und Fluvoxamin im Vergleich zu Placebo hinsichtlich des Long-Covid-Risikos. Von 1.323 randomisierten Studienteilnehmenden mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion stimmten 1.125 einer langfristigen Nachbeobachtung zu, 95,1% von ihnen wurden mehr als neun Monate nachbetreut.
Das Durchschnittsalter der Studiengruppe lag bei 45 Jahren (Interquartilsabstand [IQR] 37–54), 56% waren Frauen (7% davon schwanger). Der mediane Body-Mass-Index (BMI) betrug 30 kg/m2 (IQR 27–34). Damit waren alle ProbandInnen übergewichtig oder adipös – was als Risikofaktor für Long-Covid diskutiert wird. Etwas mehr als die Hälfte war vollständig geimpft, einige hatten bereits eine Auffrischungsdosis erhalten.
Zweiwöchiges Metformin-Einnahmeschema besonders wirksam
Long-Covid wurde insgesamt bei 8,4% der Teilnehmenden diagnostiziert: In der Metformin-Gruppe waren es 6,3%, im Placebo-Arm erkrankten 10,6% (Hazard Ratio [HR] 0,58, 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,38–0,88). Die Ergebnisse blieben auch in den Subgruppen-Analysen (jüngere vs. ältere Personen, unterschiedliche Virusvarianten) weitgehend konstant.
Der protektive Effekt von Metformin war besonders ausgeprägt, wenn der Wirkstoff nach folgendem Schema eingenommen wurde: eine Tablette (500 mg Metformin) innerhalb von vier Tagen nach Auftreten der Symptome, dann vier Tage lang zwei Tabletten pro Tag und anschließend drei Tabletten täglich bis Tag 14. Bei dem zweiwöchigen Therapieregime lag die HR für das Auftreten von Long-Covid im Vergleich zur Placebo-Gruppe nur noch bei 0,37 (95%-KI: 0,15–0,95). Das heißt: Bei den Teilnehmenden, die eine frühzeitige ambulante Covid-19-Behandlung mit Metformin erhielten, kam es im Vergleich zur exakt gematchten Placebo-Gabe zu einer relativen Abnahme der Long-Covid-Inzidenz von 42% und einer absoluten Abnahme von 4,3%, so das Resumee des Autorenteams.
Bei den anderen beiden Wirkstoffen war bezüglich des Long-Covid-Risikos kein statistischer Unterschied zur Placebogruppe erkennbar: Ivermectin (HR 0,99, 95%-KI 0,59–1,64) und Fluvoxamin (HR 1,36, 95%-KI 0,78–2,34).
Professor Eric Topol empfiehlt Metformin in der klinischen Praxis
Dr. Eric Topol, Professor für Molekulare Medizin, Gründer und Direktor des Scripps Research Translational Institute und Executive Vice President von Scripps Research, teilte das Preprint auf Twitter als „sehr gute Nachrichten“[2].
Bislang gäbe es keine anderen ausreichend großen oder strengen Studien, die Metformin hinsichtlich des Long-Covid-Risikos bewertet haben, schreibt Topol in seinem Blog [3]. Es stelle sich also die Frage, ob die Daten dieser Studie ohne eine unabhängige Wiederholung als ausreichend angesehen werden sollten, um Metformin in der klinischen Praxis zu empfehlen.
„Meiner Meinung nach ja, da das Risiko von Nebenwirkungen bei einer zweiwöchigen Metformin-Einnahme gegen Null geht“, schreibt Topol. Zudem seien die Kosten mit nur 1 bis 2 Dollar für die zweiwöchige Behandlung bemerkenswert niedrig [3].
Einschränkungen der Studie
Einschränkungen der Studie ergeben sich aus der Definition von Long-Covid, die sich während des Untersuchungszeitraums geändert hatte. Das könnte zu fehlerhaften bzw. ausbleibenden Diagnosen geführt haben.
Zudem wurden nur übergewichtige oder adipöse Menschen zwischen 37 und 54 Jahren untersucht. Damit lassen sich die Ergebnisse nicht auf Personen mit einem normalen oder niedrigen BMI und auch nicht auf jüngere Menschen unter 30 Jahren übertragen.