
Im Verlauf der Parkinsonerkrankung kommt es zu Wirkungsfluktuationen. Dies sei unter anderem durch die Degeneration präsynaptischer Neurone sowie deren reduzierte Speicherkapazität bedingt, erklärte Privatdozent Dr. Tobias Wächter, leitender Neurologe, Passauer Wolf Rehazentrum, Ingolstadt, zu Beginn seines Vortrages auf der Neurowoche 2018.
Handelt es sich um eine Wirkungsfluktuation?
Zunächst sei zu überprüfen, ob es sich um Wirkungsfluktuationen handle, so Wächter weiter. Denn auch gastrointestinale Paresen, Beeinträchtigungen der Resorption im Duodenum und eine mangelnde Compliance der Patienten könnten zur reduzierten Wirkdauer der Medikamente beitragen.
Im Anschluss erläuterte der Neurologe die Optimierung der verschiedenen Medikamentenklassen, die bei der Therapie von Parkinson zum Einsatz kommen. Ziele sei es Wirkungsfluktuationen zu reduzieren.
Dopaminagonisten
Werden zur initialen Therapie Dopaminagonisten, etwa Pramipexol oder Ropinirol, eingesetzt, so verursacht dies wahrscheinlicher weniger Dyskinesien und Wearing-off als L-Dopa. Langwirksame Dopaminagonisten wie Ropinirol-Pflaster als Add-on-Therapie führen bei bestehender Therapie mit L-Dopa zu einem vergleichbaren motorischen Benefit. Das Auftreten von Wirkungsfluktuationen werde dabei verringert, so Wächter weiter.
Dopaminagonisten können den Bedarf von L-Dopa reduzieren. Trotzdem lassen sich motorische Komplikationen letztlich nicht vermeiden. Neue Dopaminagonisten mit einer stärkeren Affinität für den Dopaminrezeptor D1 seien Gegenstand aktueller Forschungen. Das Ziel dabei sei, dass Dyskinesien vermieden werden, sagte Wächter.
COMT-Inhibitoren
Catechol-O-Methyltransferase (COMT)-Inhibitoren verlängern die On- und reduzieren die Off-Zeiten. Häufigste Nebenwirkungen dieser Antiparkinsonmittel sind Dyskinesien, schwere Diarrhoe und Verfärbungen des Urins.
Beim Vergleich der verschiedenen COMT-Inhibitoren ist Tolcapon gegenüber Entacapon überlegen. Dennoch werde Tolcapon aufgrund seiner Lebertoxizität deutlich seltener verwendet, so der Referent. Opicapon besitzt eine deutlich längere Wirkungszeit und führt zu einer höheren COMT-Inhibition als Tolcapon oder Entacapon. Daneben ist Opicapon in der Reduktion der Off-Zeiten gegenüber Entacapon überlegen.
MAO-B-Inhibitoren
Monoaminooxidase B (MAO-B)-Inhibitoren besitzen einen unterschiedlichen Effekt im Hinblick auf Wirkungsfluktuationen. Während Selegilin keinen krankheitsmodifizierenden Effekt aufweist, reduziert Rasagilin die Off-Zeiten um etwa eine Stunde.
Ein weiterer MAO-B-Inhibitor, Safinamid, reduziert ebenfalls die Off-Zeiten. Bei Patienten mit sehr frühen Dyskinesien besteht bei antiglutaminergem Effekt eine Tendenz zur Reduktion von Dykinesien.
Pumpentherapie und tiefe Hirnstimulation
Gelingt es trotz guter Einstellung der Medikamente nicht, einen zufriedenstellenden Therapieerfolg mit den oralen Medikamenten zu erreichen, so ist eine kontinuierliche Zufuhr der Medikamente mittels Pumpentherapie möglich.
So könne Apomorphin, über eine kontinuierliche Pumpe für ca. 16 Stunden täglich verabreicht, die On-Zeiten ohne Dyskinesie um 1,9 Stunden verlängern, erklärte Wächter.
Zur Wirkung der tiefen Hirnstimulation auf Wirkungsfluktuationen präsentierte der Neurologe Daten aus verschiedenen Studien. Die Reduktion der Off-Zeiten durch die tiefe Hirnstimulation werde zwischen 27 und 62% angegeben. Dyskinesien konnten in den Studien durch die tiefe Hirnstimulation um 20 bis 70% reduziert werden.
Nicht-medikamentöse Therapien
Neben der medikamentösen Therapie sei es wichtig, dass die Patienten ihre Tagesplanung optimieren und eine Adaptation des Umfeldes stattfinde, erläuterte Wächter. Beispielsweise kann es in engen und dunklen Räumen zu einer Verstärkung von Dystonien und Freezing kommen.
Zu den nicht-medikamentösen Therapien zählen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Beispielsweise können spezifische Bewegungstherapien wie die LSVT-BIG, bei der ein intensives Training von Bewegungen mit großer Amplitude erfolgt, zur Stärkung der Kompetenzen von Patienten beitragen. Denn komplexe Aktivitäten unterstützen Neuroplastizität und dopaminerge Aktivität.
Der Neurologe macht darauf aufmerksam, dass der Einfluss von Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie auf Wirkungsfluktuationen bisher nicht untersucht sei.
Fazit
Wirkungsfluktuationen beeinträchtigen die Lebensqualität von Patienten mit Parkinson stark. Dies betrifft sowohl die motorischen als auch die nicht-motorischen Symptome. „Die Optimierung aller Medikamentenklassen führt zu einer signifikanten Reduktion der Fluktuationen“, betonte Wächter.
Head-to-head-Vergleiche der medikamentösen Ansätze fehlen bisher, ebenso sei die kumulative Wirkung von multimedikamentösen Therapieansätzen nicht untersucht. Der individuelle Lebensstil und nicht-medikamentöse Therapien wirken sich ebenfalls auf die Fluktuationen aus. In Zukunft versprechen neue medikamentöse und technische Ansätze weitere Therapieoptionen, so Wächter abschließend.