Merkelzellkarzinom

Das Merkelzellkarzinom ist ein seltener, aggressiver kutaner neuroendokriner Tumor, der sich hauptsächlich bei immungeschwächten und älteren Patienten manifestiert. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend, da die Tumore schnell metastasieren können.

Merkelzellkarzinom

Definition

Das Merkelzellkarzinom (MCC) wurde zunächst von Cyril Toker 1972 beschrieben. Es ist ein maligner, primärer Hauttumor und zählt zu den selten Krebserkrankungen. Charakteristisch sind eine neuroendokrine und epitheliale Differenzierung. Aus was für einem Zelltyp das MCC hervorgeht, ist unbekannt.

Epidemiologie

Das MCC ist selten und vornehmlich eine Erkrankung älterer Menschen. Es macht weniger als 1% aller Hautkrebsarten aus. Das mittlere Alter, indem Menschen erkranken, liegt bei etwa 70 Jahren. Gerade einmal 5% aller Patienten erkrankt vor dem 50. Lebensjahr. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, auch wenn sich die Inzidenzen fast annähern. Auch Menschen mit hellen Hauttypen scheinen häufiger betroffen zu sein als Menschen mit dunkler Haut. Menschen mit weißer Haut sind bis zu 25-mal häufiger betroffen als Menschen mit dunklerer Haut. In den letzten drei Jahrzehnten ist die Inzidenz stetig weiter angestiegen.

Ein Teil davon dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der Krebs besser dokumentiert und in Krebsregistern erfasst wird. Weltweit sind jährlich zwischen 0,10 und 1,6 von 100.000 Einwohnern neu von der Erkrankung betroffen. Im Schnitt liegt die Inzidenz laut Daten aus 2011 bei etwa 0,79 Fällen pro Jahr und 100.000 Einwohnern und bei durchschnittlich 1600 neuen Fällen pro Jahr weltweit. In Europa liegt die Inzidenz des MCC aktuell bei etwa 0,13 Patienten pro 100.000 Einwohnern. Besonders häufig sind die Kopf- und Halsbereiche betroffen. Bei jüngeren Patienten ist die Krankheit eher stammbetont, bei Afroamerikanern betrifft es besonders häufig die unteren Extremitäten.

Ursachen

Eine wahrscheinliche Ursache des MCC ist das UV-Licht, dem wir uns täglich aussetzen. Besonders die UV-B-Strahlung scheint eine kritische Rolle zu spielen. Ein Hinweis darauf sind die betroffenen Körperregionen: Ein MCC wird besonders häufig in den Hautbereichen diagnostiziert, die regelmäßigem UV-Licht ausgesetzt sind, wie Kopf, Hals und Nacken. Patienten, die mit Psoralen und UV-A in Form der PUVA-Therapie behandelt wurden, erkranken ebenfalls öfters an einem MCC.

Auch Infektionen können vermutlich ein MCC auslösen: Eine Infektion mit dem Merkelzell-Polyomavirus, kurz MCPyV, gilt als ursächlicher Risikofaktor. Ebenso sind Vorerkrankungen wie hämatologische Krankheiten oder AIDS mit einem deutlich höheren Risiko vergesellschaftet.

Daneben spielen noch Immunsuppressionen eine Rolle. Sowohl iatrogene, also eine vom Körper selbst verursachte Immunsuppression, als auch eine krankheitsbedingte oder durch Medikamente ausgelöste Immunsuppression können ein MCC begünstigen.

Pathogenese

In der Basalzellschicht der Epidermis, dem Stratum basale, liegen die Merkelzellen. Ihre Funktion ist es unter anderem, leichten Druck wahrzunehmen. Eine Theorie zur Pathophysiologie besagt, dass sie die Ursprungszellen des Merkelzellkarzinoms sein könnten. Diese Theorie gilt heutzutage jedoch als unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, dass Stammzellen in der Epidermis und der Dermis oder junge B-Zellen die Ausgangszellen des Merkelzellkarzinoms sind. Wie das Karzinom aus diesen Zellen entsteht, wird aktuell noch erforscht. Vermutlich ist es ein komplexes Zusammenspiel aus genetischen, molekularen und umwelttechnischen Faktoren. Aber auch das Merkelzell-Polyomavirus könnte über einen noch nicht ausreichend erforschten Mechanismus ein MCC entstehen lassen.

Symptome

Als Hauttumor fällt das MCC zunächst durch eine Hautveränderung auf. Es bildet sich ein solider, rötlich-violetter, mäßig scharf begrenzter Tumor auf der Haut, der zumeist rasch wächst. Andere Beschreibungen bezeichnen die Hautveränderung als ein „rasch wachsender, derber, halbkugelig prominenter erosiver Knoten von bläulichem Farbton“ oder als „rötliche bis blaurote, indolente, weiche, spitz zulaufende Knötchen, meist von Teleangiektasien überzogen“. Die Oberfläche ist meist glatt und glänzend. Im Verlauf wird die Hautveränderung immer knotiger und derber. Meist sind der Kopf- und Halsbereich oder die Extremitäten betroffen. Das Gesicht führt mit 26% aller MCC das Ranking an, gefolgt von den oberen Gliedmaßen und Schultern mit 22%. Etwa 0,8% der MCC werden bei einer Biopsie einer Metastase gestellt und die Primärlokalisation ist unbekannt.

Am Stamm, in einigen Fällen aber auch in anderen Bereichen, wird eine weitere Form beobachtet, die plaqueartige Variante. Bis auf diese Hautveränderungen sind MCCs meist asymptomatisch. Deshalb lassen sich die klinischen Charakteristika des MCC gut unter dem Akronym „AEIOU“ zusammenfassen. A steht für asymptomatisch, E für die rasche Expansion, I für immunsupprimiert, O für „older“, zu Deutsch älter, und U für die Lokalisation in UV-exponierter Haut.

Im weiteren Verlauf der Erkrankung können neue Symptome auftreten, wenn der Krebs beginnt zu streuen und sich Metastasen in anderen Lymphknoten oder Organen bilden. Die Symptome richten sich dann nach der jeweiligen Lokalisation. Heilt der Primärtumor komplett aus, bevor er diagnostiziert wird - ein seltener Fall -, finden sich häufiger noch Tumoren in den inguinalen Lymphknoten, deren Ursprung zunächst unklar ist. Ulzerationen sind jedoch selten.

Diagnostik

Zu Beginn der Diagnostik stehen die ausführliche Anamnese und die körperliche Untersuchung im Vordergrund. Dabei kann bereits das Akronym „AEIOU“ eine erste Hilfestellung bieten. Etwa 90% der MCC-Patienten erfüllen mindestens drei dieser Kriterien. Besonders sollte bei der körperlichen Untersuchung die gesamte Haut begutachtet und ein vollständiger Lymphknotenstatus erhoben werden. Die Diagnose eines MCCs lässt sich endgültig aber nur aus dem klinischen Bild, der Mikroskopie, der Immunhistochemie und einer Bildgebung stellen.

Um die Hautveränderung, die in der körperlichen Untersuchung auffällt, von anderen Hautveränderungen zu unterscheiden und um die Diagnose MCC stellen zu können, muss eine Probe des veränderten Gewebes chirurgisch entnommen werden. Die Entnahme erfolgt mittels Stanz-, Shave-, Inzisions- oder Exzisionsbiopsie und wird anschließend in der Pathologie mikroskopisch und immunhistochemisch untersucht. Dies geschieht mittels feingeweblicher Diagnostik.

In der feingeweblichen Diagnostik wird nicht nur eine Hämatoxylin/Eosin-Färbung, kurz HE-Färbung angefertigt. Diese wäre nur bedingt aussagekräftig, da das MCC mit dieser Färbung unspezifisch aussieht. Erst die immunhistochemische Färbung sichert die Diagnose eines MCCs. Dafür werden routinemäßig unter anderem die Marker Zytokeratin 20 (CK20), Melan-A, S100B, Leucocyte common antigen (LCA), Thyroid-transcription factor 1 (TTF-1), Chromogranin A, neuronenspezifische Enolase (NSE) und Synaptophysin eingesetzt. So lässt sich das MCC von Melanomen, Lymphomen und Hautmetastasen anderer Tumoren abgrenzen. Aus ähnlichem Grund können auch die Marker CK20, LCA, Melan-A und TTF-1 verwendet werden. Zwei weitere spezifische Marker für das MCC sind Chromogranin A und Huntingtin-interacting Protein 1.

Neben der feingeweblichen Diagnostik kann zusätzlich noch eine Serologie auf das Merkelzell-Polyomavirus gemacht werden. Der Nutzen hiervon wird (noch) diskutiert. Auf die Diagnosestellung selber hat die Serologie zum jetzigen Zeitpunkt (Stand: Januar 2021) keinen Einfluss.

Die feingewebliche Diagnostik sichert die MCC-Diagnose. Sie sagt jedoch noch nichts über das Stadium der Erkrankung aus. Dafür sollte spätestens bei gesicherter Diagnose eine Ausbreitungsdiagnostik, auch Staging genannt, erfolgen.

Ausbreitungsdiagnostik

Mittels der Ausbreitungsdiagnostik kann das Stadium der Krebserkrankung genau definiert werden. Hierfür ist es wichtig, im Kopf zu behalten, dass der Primärtumor sowohl lymphogen als auch hämatogen streuen kann. Wie wichtig die Ausbreitungsdiagnostik ist, wird nicht nur deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass das MCC eine Krebsart ist, die schnell wächst: Etwa ein Fünftel aller Patienten mit MCC zeigt bereits bei der Erstdiagnose eine lymphogene Metastasierung, die klinisch erfasst werden kann. Bei einem weiteren Drittel aller Patienten hat der Krebs bereits über das Lymphsystem hinaus mikrometastasiert. Beides geht mit einer schlechteren Prognose einher und kann die Therapiewahl und -entscheidung beeinflussen.

Im ersten Schritt sollten die drainierenden Lymphknoten untersucht werden. Die Sentinellymphknoten sind bei einer lymphogenen Streuung als erstes befallen. Als Bildgebung eignet sich entweder eine Lymphknotensonographie als schnelle, häufig sofort verfügbare und kostengünstige Bildgebung. Da jedoch auch eine Ganzkörperausbreitungsdiagnostik notwendig ist, kann ebenfalls bereits hier eine Computertomographie (CT) oder eine F-FDG-PET/CT eingesetzt werden. Bei der F-FDG-PET/CT ist zu beachten, dass nicht alle Krankenkassen zum jetzigen Zeitpunkt (Stand: Januar 2021) die F-FDG-PET/CT-Untersuchung in der ambulanten Diagnostik übernehmen. Die Ganzkörperausbreitungsdiagnostik ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass etwa 17% der Patienten tumorfreie Sentinellymphknoten aufweisen, aber bereits eine lymphogene Streuung in andere Körperregionen stattgefunden hat. Zusätzlich wird eine Biopsie der Sentineklymphknoten empfohlen, um möglichst auch Mikrometastasierungen frühzeitig zu erkennen.

Da das MCC nicht nur lymphogen sondern auch hämatogen streuen kann, muss auch hier entsprechend eine Ausbreitungsdiagnostik durchgeführt werden. Am häufigsten sind Haut und Weichteile sowie Knochen, Lunge, Leber und Gehirn betroffen. Als Bildgebung der Wahl wird eine Magnetresonanztomographie (MRT) gewählt und das Neurocranium untersucht, da zerebrale Metastasen sich bei einer Ausbreitung über das Blutgefäßsystem besonders gut darstellen lassen. Als Alternative kann eine CT durchgeführt werden. Aber auch hier wäre eine F-FDG PET/CT-Untersuchung sensitiver als eine reine CT.

Stadieneinteilung

Eingeteilt wird das MCC nach den Kriterien des American Joint Committee on Cancer, dessen Staging derzeit in der achten Version existiert. Unterschieden wird zwischen den Stufen 0 bis IV und zwischen einer klinischen und einer pathologischen Einstufung. Beschrieben wird das MCC anschließend in der gängigen cTNM Klassifikation.

StadiumPrimärtumorLymphknotenFernmetastasen
0 In situ (auf die Epidermis begrenzt)Keine Metastasen in regionalen Lymphknotenkeine
IKlinisch≤ 2 cm TumorgrößeLymphknoten negative in der klinischen Untersuchung (keine Histopathologie erfolgt)keine
IPathologisch≤ 2 cm TumorgrößeLymphknoten in der Biopsie in der Histopathologie negativkeine
IIAKlinisch> 2 cm TumorgrößeLymphknoten negative in der klinischen Untersuchung (keine Histopathologie erfolgt)keine
IIAPathologisch> 2cm TumorgrößeLymphknoten in der Biopsie in der Histopathologie negativkeine
IIBKlinischPrimärtumor hat bereits in Knochen, Muskeln, Faszien oder Knorpelgewebe gestreutLymphknoten negative in der klinischen Untersuchung (keine Histopathologie erfolgt)keine
IIBPathologischPrimärtumor hat bereits in Knochen, Muskeln, Faszien oder Knorpelgewebe gestreutLymphknoten in der Biopsie in der Histopathologie negativkeine
IIIKlinischAlle Größen und TiefenLymphknoten positiv in der klinischen Untersuchung (keine Histopathologie erfolgt)keine
IIIAPathologischAlle Größen und TiefenLymphknoten nur in der Histopathologie positive, in der klinischen Untersuchung nicht pathologisch verändert.keine
Nicht detektierbar - unbekannter PrimartumorLymphknoten sowohl in der klinischen Untersuchung als auch in der Histopathologie positivkeine
IIIBPathologischAlle Größen und TiefenLymphknoten sowohl in der klinischen Untersuchung als auch in der Histopathologie positiv ODER In Transit Metastase*keine
IVKlinischAlle+/- regionale LymphknotenbefallFernmetastasen in der klinischen Untersuchung gefunden
IVPathologischAlle+/- regionale LymphknotenbefallFernmetastasen histopathologisch bestätigt

Differenzialdiagnosen

  • Basalzellkarzinom (BCC)
  • Atherom
  • squamöses Carcinoma in situ (SCC)
  • Adnex-TU
  • Hautfiliae
  • amelanotische malignes Melanom
  • atypisches Fibroxanthom
  • kleinzellige B-Zell-Lymphome (CD20, CD3, CD4 und CD8)
  • Bronchialkarzinom-Metastasen
  • Narben

Therapie

Beim MCC können Diagnostik und Therapie sich überschneiden.

Chirurgische Intervention

Ist es klinisch sehr wahrscheinlich, dass eine Hautveränderung ein MCC ist, kann statt einer Biopsie in der Diagnostik auch direkt angestrebt werden, den vermutlichen Primärtumor vollständig chirurgisch zu entfernen. Dies sollte mit ausreichendem Sicherheitsabstand zum umliegenden Gewebe geschehen, damit eine R0 Resektion gelingen kann, denn bei einer R0-Resektion sind die Schnittränder frei von tumorösem oder verändertem Gewebe. In Stadium I wird ein Sicherheitsabstand von 1 cm zum tumorösen Gewebe gewählt, in Stadium II sind es bereits 2 cm. Diese Sicherheitsabstände gelten als ideale Werte. Gerade im Kopf- und Halsbereich kann es jedoch auch notwendig sein, kleinere Sicherheitsabstände zwischen Schnittrand und Tumor zu wählen, da dort unter Umständen keine andere chirurgische Option besteht.

Wie bereits im Kapitel zur Diagnostik erwähnt, streuen viele MCC bereits früh. Nicht immer jedoch ist dies mit positiven Lymphknotenbefunden vergesellschaftet. Deshalb sollte bei Patienten, die weder klinisch, noch in der Bildgebung auffällige Lymphknoten haben (N=0), die Sentinellymphknoten ebenfalls entnommen und histopathologisch aufbereitet werden. In einzelnen Fällen kann bei positiven Sentinellymphknoten sogar eine funktionelle „neck dissection“ erwogen werden, bei der ganze Kompartimente, sprich Einheiten von Lymphknoten, im Kopf-Hals-Bereich entfernt werden. Wurden Lymphknotenmetastasen gefunden, ist die Resektion notwendig und nicht mehr nur eine Option. Hier sollten auch neue Verfahren eingesetzt werden, um Lymphknoten leichter und genauer auffinden zu können. Ob, wenn Mikrometastasen in den Sentinellymphknoten gefunden werden, auch das restliche Lymphgewebe in der Region mittels Lymphadenektomie entfernt werden muss, ist umstritten.

Da das MCC häufig erst spät erkannt wird und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit aufweist wiederzukommen, sind Lokalrezidive, In-Transit-Metastasen und Fernmetastasen nicht unwahrscheinlich und haben Einfluss auf die Therapie. Falls möglich sollten Rezidive, In-Transit-Metastasen und einzelne Fernmetastasen chirurgisch entfernt oder bestrahlt werden. Ob das möglich ist, hängt vom Gesamtzustand des Patienten ab. Bei multiplen Metastasen ist eine chirurgische Therapie häufig nicht möglich. Hier kann dem Patienten aber eine Chemotherapie angeboten werden.

Strahlentherapie

Die meisten MCC werden häufig, nachdem sie operativ entfernt wurden, noch bestrahlt. Das MCC gilt als strahlensensibel und mit einer Bestrahlung des sogenannten Tumorbetts soll das Risiko für einen Rückfall reduziert werden. Ob eine Bestrahlung zwingend notwendig ist, gilt als umstritten. In Stadium I treten seltener lokale Rezidive auf. Deshalb wird in diesem Stadium meist nicht bestrahlt. Ab Stadium II kann sich eine Strahlentherapie für den Patienten lohnen, vor allem, wenn bei der Operation weniger als 1 cm Sicherheitsabstand zwischen Tumor und Schnittrand lag.

Wird keine Sentinellymphknotenbiopsie durchgeführt, kann sich eine Strahlentherapie für die Lymphabflussregion ebenfalls lohnen. Das gilt auch für Sentinellymphknoten, die unauffällig sind.

Wird das MCC erst diagnostiziert, wenn bereits klinisch manifeste Metastasen aufgetreten sind, kann sich hier auch eine primäre Strahlentherapie eignen. Dies gilt vor allem, wenn die Metastasen nicht operiert werden können. In der Regel wird dann palliativ bestrahlt.

Wird adjuvant bestrahlt, erhält der Patient eine Gesamtdosis von 50 Grey, die aufgeteilt wird auf Einzeldosen von fünf Mal wöchentlich à 2 Grey. Bestrahlt wird das Tumorbett, also die gesamte Region, aus der Tumormaterial entfernt wurde, sowie die In-Transit-Metastasierungsregion. Die gleiche Dosierung kann auch bei Lymphabflussregionen eingesetzt werden.

Ist das MCC bereits klinisch manifest, wird mit einer höheren Gesamtdosis von 52 bis 66 Grey bestrahlt. Auch diese werden in Einzeldosen à 2 Grey aufgeteilt.

Immuntherapie

Hat das MCC bereits gestreut und Fernmetastasen sind vorhanden, ist eine Operation oder/und eine Bestrahlung häufig keine ausreichende Therapieform mehr. Ähnlich verhält es sich bei einem lokal fortgeschrittenen MCC, das sich operativ oder strahlentherapeutisch nicht mehr ausreichend kontrollieren lässt. In diesen Fällen kann eine Immuntherapie mittels PD1- bzw. PD-L1 gerichteter Antikörper erwogen werden. Sie scheint derzeit einer Chemotherapie überlegen zu sein, betrachtet man die Toxizität und die Geschwindigkeit, in der die Erkrankung auf die Therapie anspricht.

Chemotherapie

In einigen Fällen erzielt die Immuntherapie nicht den gewünschten Erfolg. In diesen Fällen kann alternativ eine Chemotherapie eingesetzt werden. Hier sollte jedoch beachtet werden, dass gerade ältere Patienten aufgrund von Komorbiditäten entweder eine Therapieanpassung benötigen oder für eine Chemotherapie ungeeignet sind. Hier gelten die Prinzipien der geriatrischen Onkologie.

Die genutzten Protokolle für eine Chemotherapie bei MCC sind denen der kleinzelligen Bronchialkarzinome nachempfunden, da sie histomorphologisch ähnlich sind. Chemotherapien können als Monotherapie oder als Zweifachkombination, in seltenen Fällen auch als Dreifachkombination gegeben werden. Eine mögliche Zweifachkombination ist beispielsweise die Kombination aus Etoposid und Platinderivaten. Es können aber auch Anthrazykline, Antimetabolite, Bleomycin oder Cyclophosphamid eingesetzt werden.

In der Erstlinientherapie konnten mit Chemotherapien Ansprechraten von 23 bis 61% erreicht werden. Wird die Chemotherapie als Zweittherapie eingesetzt, wenn die vorherige Therapie nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, liegt die Ansprechrate mit 23 bis 45% niedriger. Die Ansprechdauer sowohl bei Erstlinientherapie als auch bei Zweitlinientherapie liegt bei weniger als acht Monaten.

Nachsorge

Jede Krebserkrankung muss im Nachgang engmaschig kontrolliert werden. Für das MCC wird empfohlen, vierteljährlich eine klinische Untersuchung zu machen sowie eine Bildgebung durchzuführen. So sollen lokale und regionale Rezidive möglichst früh erkannt werden. Bei der klinischen Untersuchung muss der gesamte Lymphknotenstatus erhoben werden. Für die Bildgebung wird bei jedem Nachsorgetermin eine Sonographie der regionären Lymphknotenstationen gemacht. Haben die Patienten nur negative Sentinellymphknoten, sollte ergänzend einmal jährlich eine Schnittbildgebung mittels CT und Schädel-MRT oder 18F-FDG-PET/CT und Schädel-MRT durchgeführt werden. Diese Bildgebung ist wichtig, um Fernmetastasen frühzeitig zu erkennen. Bei Patienten mit positiven Sentinellymphknoten wird die Nachsorgebildgebung im ersten Jahr vierteljährlich durchgeführt und erst ab dem zweiten Jahr erfolgt die halbjährliche Durchführung.

Ab dem dritten Jahr können die generellen Nachsorgeintervalle auf halbjährlich ausgeweitet werden und ab dem sechsten Jahr noch weiter ausgeweitet werden. Parallel sollte der Patient aber frühzeitig angeleitet werden, die Haut in der betroffenen Region eigenständig regelmäßig und lebenslang zu untersuchen.

Prognose

Wie gut das MCC therapierbar ist und wie die Gesamtprognose sein wird, hängt davon ab, in welchem Stadium der Krebs diagnostiziert wird und wie groß der Primärtumor ist. Je größer er bei Diagnosestellung ist und je mehr Fernmetastasen es gibt, um so schlechter ist die Prognose. Als Cut-off Wert gelten 2 cm. Ist der Primärtumor kleiner als 2 cm, liegt das Fünfjahresüberleben bei 66 bis 75%. Ist er größer als 2 cm, sinkt es auf 50 bis 60%. Hat das MCC bereits in die umliegenden Lymphknoten gestreut, liegt das Fünfjahresüberleben nur noch zwischen 42 und 52% und bei Fernmetastasen nur noch bei 17 bis 18%. Sind hierbei besonders die Sentinellymphknoten befallen, ist die Prognose häufig schlechter. Sind die Lymphknoten in der Histologie hingegen tumorfrei, ist die Prognose besser. Auch Rezidive innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Erstdiagnose gelten als ungünstig.

Ebenfalls als ungünstiges Profil gelten: ein fortgeschrittenes Tumorstadium, männliches Geschlecht, Lokalisation des Tumors in der Kopf-Hals-Region oder am Rumpf und eine Immunsuppression. Inwieweit die Tumorhistologie sich auf die Prognose auswirken kann, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.

Prophylaxe

Das MCC steht im Verdacht, durch UV-Strahlen verursacht zu werden. Deshalb ist die Hauptprophylaxe ein angemessener Schutz vor UV-B-Strahlen. Vor allem im Sommer sollten sonnenexponierte Hautstellen regelmäßig mit Sonnenschutzmitteln eingecremt und/oder bedeckt werden.

Werden Therapien wie die PUVA-Therapie eingesetzt, sollte der Patient aufgeklärt werden, dass er seine Haut eigenständig kontrollieren sollte und bei suspekten Hautveränderungen frühzeitig einen Arzt aufsuchen sollte.

Hinweise

  • Patienten mit einem MCC sind häufig älter. und daher sollte der psychoonkologische Aspekt im Blick behalten werden. Auch benötigen diese Patienten unter Umständen mehr Unterstützung.
  • Patienten sollten angeleitet werden, die betroffenen Hautpartien und deren Umgebung nach der Therapie eigenständig und regelmäßig zu untersuchen.
Autor:
Stand:
01.04.2021
Quelle:
  1. Becker J.C. et al. S2k-Leitlinie - Merkelzellkarzinom (MZK, MCC, neuroendokrines Karzinom der Haut), 2018 AWMF-Register Nr. 032/23. [Letzter Aufruf: 30. Januar 2021]
  2. Coggshall K. et al. Merkel Cell carcinoma: An update and review. 2018. Journal of the American Academy of Dermatology, 78(3): 433-442
  3. Dirschka T. et al. Klinikleitfaden Dermatologie. Urban&Fischer 2020, 4. Auflage
  4. Hauswirth U. Merkelzellkarzinom. In: Moll I. Duale Reihe - Dermatologie. Thieme 2016, 8. Auflage
  5. Nghiem P. et al. Merkelcell. 01. Februar 2021 [Letzter Aufruf: 28. Januar 2021]
  6. Orphanet. Karzinom, kutanes neuroendokrines. ORPHA:79140. Juli 2017 [Letzter Aufruf: 29. Januar 2021]
  7. Müller A.K. Das Merkelzellkarzinom. Onko Internetportal. 07. August 2020 [Letzter Aufruf: 29. Januar 2021]
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige