FDA warnt vor zu leichtfertigem Umgang mit Fluorchinolonen

Die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA warnt davor, Fluorchinolone unbedacht und zu sorglos einzusetzen. Wenn alternative Antibiotika zur Verfügung stehen, sollten Wirkstoffe aus der Gruppe der Gyrasehemmer nicht verordnet werden.

FDA warnt vor zu leichtfertigem Umgang mit Fluorchinolonen

Zu dieser Empfehlung kommt die Behörde nach einer Prüfung von placebokontrollierten Studien. Ausgewertet wurde dabei der Erfolg von Antibiotika-Therapien und einer Placebo-Gabe bei bakteriellen Sinusitiden, akuten Exazerbationen von chronischer Bronchitis und unkomplizierten Harnwegsinfekten.

Restriktiver Einsatz empfohlen

In Deutschland sind folgende Fluorchinolone zugelassen: Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin. Der Einsatz dieser Gyrasehemmer sollte nach Empfehlungen der US-Aufsichtsbehörde FDA und der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker AMK deutlich restriktiver erfolgen. Bei banaler Sinusitis, Otitis und Bronchitis sowie bei unkomplizierten Harnwegsinfekten sind Fluorchinolone nur als Mittel der letzten Wahl zu verordnen. Der Einsatz von Reserveantibiotika, zu denen auch die Fluorchinolone gehören, sollte generell erst erfolgen, wenn andere Antibiotika versagt haben. „Fluorchinolone haben Risiken und Vorteile, die sehr sorgfältig in Betracht gezogen werden sollten.“, betont Edward Cox, Leiter des Amtes für antimikrobielle Produkte in der FDA Center for Drug Evaluation und Forschung.

Studienlage bedenklich: irreversible Nebenwirkungen durch Fluorchinolone

Nach Durchsicht mehrerer placebokontrollierter Studien kam die FDA zu folgenden Erkenntnissen:

  1. Bakterielle Infektionen heilen nach einer Placebogabe bei vielen Patienten ebenso gut aus wie nach einer Antibiotika-Therapie.
  2. Systemisch angewandte Fluorchinolone können zu schweren und potentiell irreversiblen Nebenwirkungen führen.

In 178 Spontanberichten aus einem Zeitraum von mehr als 18 Jahren wurde insbesondere über unerwünschte Wirkungen an Sehnen, Muskeln und Gelenken sowie im peripheren und zentralen Nervensystem berichtet. Hauptsächlich beschrieben betroffene Patienten dauerhafte Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühle sowie Verwirrtheit und Halluzinationen. Diese können nach Angaben der FDA Stunden bis Wochen nach der Gabe von Fluorchinolonen auftreten und mitunter irreversibel bestehen bleiben. In den USA werden die Indikationsempfehlungen, Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen sowie Nebenwirkungen in den Fachinformationen der entsprechenden Medikamente dahingehend ergänzt und geändert.

Nebenwirkungen schon länger bekannt

Die Gefahr von unerwünschten Wirkungen nach dem Einsatz von Fluorchinolonen ist nicht neu. Bereits 2008 erkannte man das erhöhte Risiko von Sehnenentzündungen und Sehnenrupturen. 2011 wies die FDA darauf hin, dass Fluorchinolone die Symptome bei Myasthenia gravis verschlechtern können. 2012 ergab eine Fall-Kontroll-Studie aus Kanada, dass die Anwendung von Fluorchinolonen das Risiko einer Ablatio retinae erhöhe. Diese Ergebnisse konnten 2013 von einer dänischen Folge-Studie jedoch nicht verifiziert werden. Seit August 2013 wird auf das potentiell erhöhte Risiko irreversibler peripherer Neuropathien nach der Gabe von Fluorchinolonen hingewiesen.

Weitere unerwünschte Fluorchinolon-typische Nebenwirkungen sind Störungen im Gastrointestinalbereich wie Diarrhoe und Nausea, phototoxische Reaktionen, EKG-Veränderungen und Hypersensivitäten.

Fluorchinolon-Einsatz bei schweren Infektionen weiterhin vertretbar

Auch wenn Fluorchinolone bei banalen Infektionen nur als Reservetherapeutika vertretbar sind, können Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen sehr wohl von den Gyrasehemmern profitieren. In Fällen, in denen das Risiko von Nebenwirkungen weniger wiegt als der therapeutische Vorteil, sind Fluorchinolone oft die einzige Behandlungsoption. Dazu gehören insbesondere schwere bakterielle Infektionen wie Anthrax, Pest, komplizierte Haut- und Weichteilinfektionen sowie bakterielle Pneumonien.

Autor:
Stand:
15.08.2016
Quelle:

FDA, U.S. Food and Drug Administration

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