Fluorchinolone gehören zur Gruppe der Antibiotika. Sie wurden früher auch Gyrasehemmer genannt und werden bei verschiedenen Infektionen, wie Harnwegsinfekte, Atemwegsinfekten und Pneumonien eingesetzt.
Oral und parenteral anwendbare Fluorchinolone mit breiter Indikation
Indikationen: (Harnwegs- und Atemwegsinfekte, aber keine Pneumokokken-Infektionen!), Haut-, Weichteil- und Knocheninfektionen, Infektionen des Bauchraumes, der Genitalorgane, Sepsis
Enterobacteriaceae, H. influenza P. aeruginosa (nur Ciprofloxacin)
Grampositive Erreger und atypische Erreger, wie E. coli, Klebsiella (K.) pneumoniae, Enterobacter spp., Serratia marcescens, Proteus mirabilis und Anaerobier
Fluorchinolone sind hochwirksame Antibiotika mit breitem Wirkungsspektrum. Sie wirken u.a. gegen gramnegative und grampositive Bakterien. Fluorchinolone spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen.
Die in Deutschland zugelassen Anwendungsgebiete umfassen
zur Behandlung von nicht schweren oder selbstlimitierenden Infektionen (wie Pharyngitis, Tonsillitis und akuter Bronchitis)
zur Prävention von Reisediarrhoe oder rezidivierenden Infektionen der unteren Harnwege
für nicht-bakterielle Infektionen, z.B. nicht-bakterielle (chronische) Prostatitis
bei leichten bis mittelschweren Infektionen (einschließlich unkomplizierter Zystitis, akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), akuter bakterieller Rhinosinusitis und akuter Otitis media), es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise für diese Infektionen empfohlen werden, werden als ungeeignet erachtet
Patienten, die zuvor schwerwiegende Nebenwirkungen mit einem Chinolon-oder Fluorchinolon-Antibiotikum hatten
Besondere Vorsicht ist geboten bei der Verschreibung für ältere Menschen, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Patienten mit Organtransplantaten und solchen, die gleichzeitig mit Kortikosteroiden behandelt werden, da bei diesen Patienten das Risiko einer Fluorchinolon-induzierten Tendinitis und Sehnenruptur erhöht sein kann. Die gleichzeitige Anwendung von Kortikosteroiden mit Fluorchinolonen sollte vermieden werden.
Empfehlen Sie Ihren Patienten, die Behandlung zu beenden bei den ersten Anzeichen einer schwerwiegenden Nebenwirkung wie Tendinitis und Sehnenruptur, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen, peripherer Neuropathie und vom zentralen Nervensystem ausgehenden Beeinträchtigungen und sich zur weiteren Beratung an Ihren Arzt zu wenden.
Wirkmechanismus
Fluorchinolone sind Hemmstoffe der Untereinheit A der DNA-Gyrase. Sie werden auch als Gyrasehemmer bezeichnet. Hauptangriffspunkte sind die bakteriellen Topoisomerasen. Je nach Wirkstoff wird primär die Topoisomerase Typ II oder IV gehemmt. Beide Enzyme werden für die bakterielle Replikation, Transkription, Rekombination und Reparatur der DNA benötigt.
Pharmakokinetik
Fluorchinolone werden enteral gut resorbiert (bis > 90%, Ciprofloxacin 70%)
Ihre Halbwertszeit (HWZ) liegt bei drei bis sechs Stunden
Fluorchinolone werden vorwiegend renal ausgeschieden
Dosierung
Die mittleren Tagesdosen der einzelnen Fluorchinolone sind:
Wirkstoff
Halbwertszeit (HWZ) in Stunden
Mittlere Tagesdosis
Norfloxacin
3-4 h
0,8g oral
Ciprofloxacin
3-5 h
0,5-1,5 g oral, 0,8-1,2 g i.v.
Ofloxacin
6-7 h
0,2-0,4 g oral, 0,1-0,4 g i.v.
Levofloxacin
6-8 h
0,25 – 1 g oral, i.v.
Moxifloxacin
12 h
0,4 g oral, i.v.
Bei stärkeren Nierenfunktionsstörungen sollte bei Fluorchinolonen (außer Moxifloxacin) das Dosierungsintervall verlängert bzw. die Dosis reduziert werden.
Nebenwirkungen
Typische Nebenwirkungen von Fluorchinolonen sind:
Sehnenrupturen
neuropsychiatrische Nebenwirkungen und Neuropathien
Sehstörungen
Photosensitivität
QT-Intervallverlängerung
Vaskulitiden
Dysglykämien
schwere Überempfindlichkeitsreaktionen
Einige dieser Nebenwirkungen gelten als Klasseneffekte. Allerdings gibt es Unterschiede in den individuellen Risikoprofilen der Fluorchinolone für diese Nebenwirkungen.
Wechselwirkungen
Mineralische Antacida und andere Arzneimittel, die zwei oder dreiwertige Metallionen (z.B. Magnesium, Aluminium und Eisen) enthalten, sogenannte Chelatkomplexbildner, reduzieren die Bioverfügbarkeit von Fluorchinolonen teilweise um bis zu 90%
Hemmung des Abbaus von Methylxanthinen, wie Theophyllin
Die gleichzeitige Gabe von NSAR erhöht das Risiko zentralnervös bedingter Nebenwirkungen(psychische Störungen, Krämpfe etc.)
Die gleichzeitige Gabe von Glukokortikoiden erhöht das Tendopathierisiko
Kontraindikationen
Allergie gegen Chinolone
schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen
zerebrale Schäden (Störungen der Blut-Liquor-Schranke)
Anfallsleiden
Hinweise
Resistenzen
Der häufigste Resistenzmechanismus gegen Fluorchinolone besteht in der Veränderung der Zielstrukturen durch chromosomale Mutation. Durch die Mutation des Gens, das die Struktur der Untereinheit A kodiert, entstehen Topoisomerasen mit geringerer Empfindlichkeit.
Die Tendenz zur Resistenzentwicklung ist bei den Fluorchinolonen geringer als es bei den früher genutzten Chinolonen war, allerdings ist die Tendenz bei Fluorchinolonen der ersten Generation immer noch vorhanden. Besonders bei E. coli ist eine Zunahme von Resistenzen zu verzeichnen, obwohl Fluorchinolon-resistente Stämme häufig multiresistent sind. Innerhalb der Fluorchinolone bestehen Parallelresistenzen.
RHB
Aufgrund des Risikos für das Auftreten von die Lebensqualität beeinträchtigenden, langanhaltenden und möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen in Zusammenhang mit systemisch und inhalativ angewendeten Fluorchinolonen wird die Anwendung dieser Arzneimittelgruppe beschränkt und es werden neue Anwendungsempfehlungen gegeben, die im Rote-Hand-Brief zu Fluorchinolonen und Chinolonen vom April 2019 enthalten sind.
Wirkstoffe
Folgende Fluorchinolone werden derzeit in Deutschland als Arzneistoffe verwendet: