Diclofenac

Leitlinien empfehlen Diclofenac als eines der Mittel der Wahl zur Behandlung akuter Migräneattacken. Studien bestätigen die Wirksamkeit.

Diclofenac-Filmtabletten

Diclofenac (z.B. Voltaren Dolo 25 mg überzogene Tabletten, Diclac Dolo 25 mg) wirkt schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend. Das nicht-steroidale Antirheumatikum (NSAR) ist ein sehr potenter Hemmer der Cyclooxygenasen (COX). Dadurch wird die Bildung von Prostaglandinen blockiert. Prostaglandine spielen eine wichtige Rolle im Entzündungsgeschehen [2,7]. Da Prostaglandine auch die schützende Magenschleimhaut aufbauen, ist als Nebenwirkung eine Reduktion Schleimschicht zu beachten. Die COX-Hemmung führt zudem zu einer vermehrten Bildung von Leukotrienen. Bei Asthmatikern steigt das Risiko für eine Bronchokonstriktion [7].

Was ist zu beachten?

Zur Migränebehandlung empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie die initiale Einnahme von 50 bis 100 mg Diclofenac. Die Höchstdosis für rezeptfreie Präparat beträgt jedoch nur 12,5 bis 25 mg. Als Tageshöchstdosis für die Selbstmedikation sind 75 mg Diclofenac täglich über maximal vier Tage zu beachten [2,7].

Wie schnell Diclofenac aus dem Gastrointestinaltrakt aufgenommen wird, hängt von der Formulierung ab. Diclofenc bringt ein höheres Risiko für eine Erhöhung der Leberenzyme mit als andere NSARs [7].

Kinder

Diclofenac zählt nicht zu den in der S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ von 2018 empfohlenen Migränemitteln für Kinder. OTC-Präparate sind auch nicht zur Anwendung für Kinder unter 14 Jahren zugelassen. Jugendliche ab 14 Jahren können bis zu drei Mal täglich eine Einzeldosis 25 mg anwenden (max. Tagesdosis: 75 mg).

Schwangerschaft und Stillzeit

Frauen im dritten Trimenon während einer Schwangerschaft dürfen Diclofenac nicht anwenden. Im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel darf es nur noch sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und nach Rücksprache mit dem Arzt angewendet werden.

Eine gelegentliche Einnahme oder kurzfristige Therapie in der Stillzeit ist nach den Angaben in der Datenbank „Embryotox“ akzeptabel [9].

Wichtige Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Diclofenac bringt die üblichen NSAR-Nebenwirkungen wie Störungen im Magen-Darm-Trakt, Hautreaktionen, Gerinnungsstörungen und Störungen der Nierenfunktion mit. Bei Asthmatikern kann das Arzneimittel einen Asthmaanfall auslösen. Diclofenac kann häufiger als andere NSARs zu einer Erhöhung der Leberenzymwerte führen [7].

Wie andere NSARs ist Diclofenac bei Magen-Darm-Ulzera, Asthma bronchiale, hämorrhagischer Diathese sowie schweren Herz-, Nieren- und Leberfunktionsstörungen kontraindiziert. Dasselbe gilt für das letzte Drittel der Schwangerschaft [7].

Studienlage

Diclofenac-Kalium ist zur Behandlung des Migräneanfalls zugelassen. Die Wirksamkeit von Diclofenac-Kalium bei Migräne-Attacken ist nicht so gut belegt wie die von den NSARs Acetylsalicylsäure (ASS) und Ibuprofen. RCTs mit 12,5 und 25 mg Diclofenac liegen keine vor.

Diener et al. verglichen 2006 die Wirksamkeit von 50 mg Diclofenac-Kalium in Form von Sachets oder Tabletten als Einzeldosis mit Placebo bei Migräneschmerzen in einer randomisierten, kontrollierten Crossover-Studie. Eingeschlossen wurden 328 Patienten und insgesamt 888 Attacken wurden behandelt. Beim primären Endpunkt waren 24,7% der Patienten zwei Stunden nach Einnahme mit Sachets schmerzfrei, 18,5% mit Tabletten und 11,7% mit Placebo. Die analgetische Wirkung setzte bei Sachets nach 15 min und bei Tabletten nach 60 min ein [17].

Die klinische Evidenz zu Diclofenac-Natrium ist indes widersprüchlich. Eine ältere Studie aus 1991 befand das Mittel in Dosierungen von 50 und 100 mg als wirksam. In dieser multizentrischen doppelblinden Crossover-Studie verglichen Massiou et al. orales Diclofenac in einer Dosis von 50 mg bis 100 mg bei der Akutbehandlung von Migräneanfällen mit Placebo. Sie schlossen 107 Patienten, die an Migräne ohne Aura litten, ein. Die Patienten mussten vier aufeinanderfolgende Attacken behandeln – zwei mit Diclofenac und zwei mit Placebo. Diclofenac erwies sich als signifikant wirksamer als Placebo und wurde gut vertragen [18].

2004 erwies sich Diclofenac-Natrium in einer randomisierten, doppelblinden Crossover-Studie der Phase II allerdings nur in der Kombination mit 100 mg Coffein wirksam. In dieser Studie prüften Peroutka et al. die Wirksamkeit von 100 mg Diclofenac-Natrium-Softgel mit oder ohne 100 mg Coffein im Vergleich zu Placebo bei Migränepatienten während Migräneanfällen. In der Placebogruppe berichteten 6 (14%) von 43 Probanden über eine Linderung der Kopfschmerzen nach 60 Minuten gegenüber 12 (27%) von 45 Probanden in der Diclofenac-Softgel-Gruppe und 19 (41%) von 46 Probanden in der Diclofenac-Softgel plus Coffeingruppe.

Die Unterschiede waren für die Gruppe mit Diclofenac-Softgel plus Coffein im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant. Die Forscher schlossen daraus, dass Diclofenac Softgel plus Coffein nach 60 Minuten statistisch signifikante Vorteile im Vergleich zu Placebo biete. Diclofenac-Softgel allein unterschied sich nicht signifikant von Placebo, möglicherweise aufgrund der begrenzten Patientenanzahl in der Studie [19].

Autor:
Stand:
04.08.2022
Quelle:
  1. Diener et al. (2018): Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, Registernummer 030 – 057. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.); (abgerufen am 03.08.2022)
  2. Neubeck: Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  3. Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG): Migräne. (abgerufen am 20.06.2022)
  4. Internationale Kopfschmerzgesellschaft (2018). 3. Auflage der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen. Online: ICHD-3), (aufgerufen am 20.06.2022)
  5. Schmerzklinik Kiel. Mögliche Auslöser der Attacken; (abgerufen am 20.06.2022)
  6. Haag et al. (2009): Self medication in migraine and tension type headache – guidelines of the German, Austrian and Swiss headache societies and the German Society of Neurology. Nervenheilkunde, DOI: 10.1007/s10194-010-0266-4
  7. Geisslinger et al. (2020): Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie. 11., völlig neu bearbeitete Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  8. Bayer Vital GmbH: Fachinformation Aspirin. Stand: Februar 2022
  9. Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité - Universitätsmedizin, Campus Virchow- Klinikum (Embryotox); (abgerufen am 31.07.2022)
  10. Kirthi, Derry, Moore (2013): Aspirin with or without an antiemetic for acute migraine headaches in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews, DOI:10.1002/14651858
  11. VanderPluym et al. (2021): Acute Treatments for Episodic Migraine in Adults. A Systematic Review and Meta-analysis. The Journal of the American Medical Association, DOI: 10.1001/jama.2021.7939
  12. Marmura, Silberstein, Schwedt (2015): The acute treatment of migraine in adults: the American Headache Society evidence assessment of migraine pharmacotherapies. Headache, DOI:10.1111/head.12499
  13. Rabbie, Derry, Moore (2013): Ibuprofen with or without an antiemetic for acute mi-graine headaches in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews, DOI: 10.1002/14651858.CD008039.pub3
  14. Kellstein et al. (2000): Evaluation of a novel solubilized formulation of ibuprofen in the treatment of migraine headache: a randomized, double-blind, placebo-controlled, dose-ranging study. Cephalalgia, DOI: 10.1046/j.1468-2982.2000.00055.x
  15. Moore at al. (2015): Overview review: Comparative efficacy of oral ibuprofen and paracetamol (acetaminophen) across acute and chronic pain conditions. European journal of pain, DOI: 10.1002/ejp.649
  16. Suthisisang et al. (2007): Efficacy of low-dose ibuprofen in acute migraine treatment: systematic review and meta-analysis. Annals of Pharmacotherapy, DOI: 10.1345/aph.1K121
  17. Diener et al. (2006): Efficacy and tolerability of diclofenac potassium sachets in migraine: a randomized, double-blind, cross-over study in comparison with diclofenac potassium tablets and placebo. Cephalalgia, DOI: 10.1111/j.1468-2982.2005.01064.x
  18. Massiou et al. (1991): Effectiveness of oral diclofenac in the acute treatment of common migraine attacks: a double-blind study versus placebo. Cephalalgia, DOI: 10.1046/j.1468-2982.1991.1102059.x
  19. Peroutka et al. (2004): Efficacy of diclofenac sodium softgel 100 mg with or without caffeine 100 mg in migraine without aura: a randomized, double-blind, crossover study. Headache, DOI: 10.1111/j.1526-4610.2004.04029.x
  20. Derry, Moore (2013): Paracetamol (acetaminophen) with or without an anti- emetic for acute migraine headaches in adults. Cochrane Database Syst Rev., DOI: 10.1002/14651858.CD008040.pub3
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