Systemische Dekongestiva

In Deutschland befinden sich systemische Dekongestiva nur in Form von Kombinationspräparaten zusammen mit Schmerzmitteln auf dem Markt. Für die Beratung ist deshalb der Hinweis auf das Vorhandensein von Analgetika in Kombinationspräparaten wichtig, um ein Überschreiten der Maximaldosis bei unwissentlicher Einnahme der Schmerzmittel zu verhindern.

Blaue Kapseln

Zu den systemischen α-Sympathomimetika zählen:

Sie wirken vasokonstriktorisch und dadurch abschwellend auf die Nasenschleimhaut. Dies führt zu einer verbesserten Nasenatmung und Befreiung der Nasennebenhöhlen.

Entsprechend der Leitlinie Rhinosinusitis kann eine Kurzzeitbehandlung von Erwachsenen und Kindern über 12 Jahren mit systemischen Dekongestiva erfolgen.

Phenylpropanolamin

Phenylpropanolamin ist ein indirektes Sympathomimetikum und zählt zu den zentralen Stimulantien. Indirekte Sympathomimetika führen zu einer erhöhten Noradrenalinkonzentration im synaptischen Spalt. Dies wirkt stimulierend auf α- und β- Rezeptoren und dadurch unter anderem zu einer Abschwellung der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut.

Pseudoephedrin

Pseudoephedrin gehört wie auch Phenylpropanolamin zu den indirekten Sympathomimetika und stellt den Goldstandard als abschwellender Wirkstoff bei den Kombinationspräparaten dar. Im Vergleich zu Ephedrin treten weniger starke kardiale und zentrale Nebenwirkungen auf. Kontraindiziert sind unter anderem schwerwiegende Formen kardiovaskulärer Erkrankungen und das Engwinkelglaukom.

Der Einsatz als Partydroge aufgrund der zentralstimulierenden Wirkung und als Verwendung zur illegalen Herstellung von Amphetamin-Derivaten ist der Grund weswegen Pseudoephedrin in Packungen mit mehr als 720 mg im Jahr 2011 der Verschreibungspflicht unterstellt wurde [3]. Zudem ist Pseudoephedrin auf der Dopingliste zu finden.

Phenylephrin

Phenylephrin ist ein Sympathomimetikum, aber, im Gegensatz zu den anderen beiden Wirkstoffen, ein direkter Agonist an α1-Rezeptoren. Durch die starke Hydrophilie ist das Überschreiten der Blut-Hirn-Schranke kaum möglich und hat zur Folge, dass meist mit kardialen Nebenwirkungen wie Hypertonie gerechnet werden muss. Kontraindiziert sind unter anderem schwerwiegende Formen kardiovaskulärer Erkrankungen und das Engwinkelglaukom.

Phenylephrin unterliegt einem starken First-Pass Effekt und besitzt dadurch eine geringe Bioverfügbarkeit. Allerdings konnten bei gleichzeitiger Einnahme von Paracetamol um 200% erhöhte maximale Blutkonzentrationen von Phenylephrin gefunden werden [4].

Phenylephrin ist aktuell nur in Kombinationspräparaten mit Paracetamol auf dem Markt. Es ist wichtig auf dessen Anwesenheit hinzuweisen, damit eine zusätzliche Einnahme von Paracetamol verhindert wird und somit das Risiko für Nebenwirkungen gesenkt werden kann.

Was ist zu beachten?

  • Da die systemischen Dekongestiva nur in Kombination mit Analgetika auf dem Markt sind sollte eine Abgabe nur dann erfolgen wenn Patienten zusätzlich über Schmerzen klagen.
  • Kombi-Präparate gehen immer mit einem erhöhten Nebenwirkungs-, Wechselwirkungs- und Kontraindikationspotenzial einher.
  • Die Behandlungsdauer soll fünf Tage nicht überschreiten.
  • Systemische Nebenwirkungen wie Blutdrucksteigerung oder leichte Erhöhung des Blutzuckerspiegels möglich.
  • Bei älteren Patienten mit Vorerkrankungen, Kindern unter zwölf Jahren, Schwangeren und Stillenden liegt eine Kontraindikation vor.

Studienlage der systemischen Dekongestiva

Entsprechend der genannten S2k Leitlinie Rhinosinusitis und der dort aufgeführten Cochrane Analyse konnten keine Unterschiede bezüglich des Sicherheitsprofils zwischen lokalen und systemischen Dekongestiva gefunden werden [11]. Beide weisen eine gute Verträglichkeit im Rahmen der kurzzeitigen Behandlung einer akuten Rhinosinusitis auf. Daraus resultiert die Empfehlung von Dekongestiva zur symptomatischen Linderung einer akuten Rhinosinusitis.

Autor:
Stand:
27.09.2021
Quelle:
  1. S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. 2017. AWMF-Register-Nr. 017/049 und 053-012.
  2. Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, 2020.
  3. Bundesgesetzblatt, 2011 Teil I Nr.7.
  4. Gelotte (2018): An open-label, randomized, four-treatment crossover study evaluating the effects of salt form, acetaminophen, and food on the pharmacokinetics of phenylephrine. Regulatory Toxicology and Pharmacology, DOI: 10.1016/j.yrtph.2018.04.008
  5. Kreindler et al. (2012): The novel dry extract BNO 1011 stimulates chloride transport and ciliary beat frequency in human respiratory epithelial cultures. American Journal of Rhinology & Allergy, DOI: 10.2500/ajra.2012.26.3821
  6. Glatthaar-Saalmüller et al. (2011): Antiviral activity in vitro of two preparations of the herbal medicinal product Sinupret® against viruses causing respiratory infections. Phytomedicine, DOI: 10.1016/j.phymed.2011.10.010
  7. Yinyan Lai et al. (2014): In vitro studies of a distillate of rectified essential oils on sinonasal components of mucociliary clearance, American Journal of Rhinology & Allergy. DOI: 10.2500/ajra.2014.28.4036
  8. Begrow et al. (2012): Effect of myrtol standardized and other substances on the respiratory tract: ciliary beat frequency and mucociliary clearance as parameters. Advances in Therapy, DOI: 10.1007/s12325-012-0014-z
  9. Kehrl et al. (2004): Therapy for acute nonpurulent rhinosinusitis with cineole: results of a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. The Laryngoscope, DOI: 10.1097/00005537-200404000-00027
  10. Gottschlich et al. (2018): Phytomedicines in Acute Rhinosinusitis: A Prospective, Non-interventional Parallel-Group Trial. Advances in Therapy, DOI: 10.1007/s12325-018-0736-7
  11. Deckx et al. (2016): Nasal decongestants in monotherapy for the common cold. Cochrane Reviews, DOI: 10.1002/14651858.CD009612.pub2
  12. Jund et al. (2015): Herbal drug BNO 1016 is safe and effective in the treatment of acute viral rhinosinusitis. Acta Oto-Laryngologica, DOI: 10.3109/00016489.2014.952047
  13. Jund et al. (2012): Clinical efficacy of a dry extract of five herbal drugs in acute viral rhinosinusitis. Rhinology, DOI: 10.4193/Rhino12.015
  14. Timmer et al. (2013): Pelargonium sidoides extract for treating acute respiratory tract infections. Cochrane Review, DOI: 10.1002/14651858.CD006323.pub3
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