Verpflichtender E-Rezept-Start verschoben

Das BMG hat die bundesweite Testphase des elektronischen Rezepts verlängert. Diese soll nun intensiv genutzt werden, um das Digitalisierungsprojekt erfolgreich umzusetzen. Ein neuer Starttermin ist bisher nicht bekannt.

E-Rezept

Im Januar 2022 sollte es eigentlich so weit sein – das elektronische Rezept (E-Rezept) sollte verpflichten eingeführt werden. Nun hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) jedoch in einem Schreiben an die Gesellschafter der »gematik GmbH« erklärt, dass der Start der elektronischen Verordnung auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Grund ist laut BMG, dass die nötige Technik noch nicht flächendeckend zur Verfügung steht. Die Verlängerte Testphase müsse von allen Beteiligten intensiv genutzt werden, so die gematik.

Testphase in Fokusregion verlängert

Im Juli 2021 startete die Testphase des elektronischen Rezepts in der Fokusregion Berlin-Brandenburg. Aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen war diese um zwei Monate bis Ende November 2021 verlängert worden. Am 1. Dezember startete der bundesweite Roll-out der Testphase in ausgewählten Pilotpraxen und -Apotheken.

Gesellschafter äußerten Zweifel

Bereits Ende Oktober forderte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) einen Aufschub der E-Rezept-Einführung bis Juli 2021. Die KBV führte eine Richtlinie ein, die bei unverschuldet technischen Schwierigkeiten die weitere Nutzung des Muster-16-Formulars für Praxen ermöglicht.

Zuletzt hatten die Gesellschafter der »gematik GmbH«, bestehend aus Standesvertretungen der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheker, Anfang Dezember Zweifel an der Aussagekraft der Testphase und dem vorgegebenen Zeitplan zur Einführung der elektronischen Verordnung geäußert. Der Bund trägt seit Mai 2019 die Mehrheit der Stimmanteile (51%) an der gematik. „Seitdem haben wir mitunter den Eindruck, dass Beschlüsse ohne Bezug zur Praxistauglichkeit und Akzeptanz und mitunter sogar entgegen der Fachlichkeit durchgeboxt werden.“, erklärte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).

Testphase nicht aussagekräftig

Deutlich weniger E-Rezepte als geplant (42 statt 1.000) hatten bis Anfang Dezember den vollständigen Weg von Ausstellung bis Abrechnung durchlaufen. Zudem waren nur wenige Apotheken- und Praxisverwaltungssysteme sowie Krankenkassen und kein Krankenhaus beteiligt.

Verpflichtende Einführung wird verschoben

Trotz der vielfachen Kritik und Zweifel, hielten BMG und gematik weiter an der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts zum 1. Januar 2022 fest. Erst zwei Wochen vor dem Starttermin wurde die Testphase nun verlängert. Die Gesellschafter äußerten sich dazu erwartungsgemäß positiv.

Entscheidung richtig und sinnvoll

„Es ist richtig, dass das Bundesgesundheitsministerium den Fakten Rechnung trägt und die Testphase für das E-Rezept verlängert hat“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Auch von Seiten der Bundesärztekammer (BÄK) heißt es, es sei gut, dass das Bundesgesundheitsministerium die Warnungen der Leistungserbringerorganisationen der gematik ernst nehme. Das E-Rezept verändere bestehende, eingespielte Arbeitsabläufe in Praxen und Kliniken. Ärztinnen und Ärzte würden dies nur akzeptieren können, wenn die neuen Prozesse sicher, störungsfrei und zügig abliefen.

Patientenversorgung sichern

Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) nannte die Verlängerung der Testphase einen konsequenten Schritt. Zwar seien die Apotheken in Bezug auf die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur (TI) E-Rezept-ready, „aber betrachtet man den kompletten Prozess von der Verordnung über die Einlösung und Quittierung bis hin zur Abrechnung des E-Rezeptes, dann gibt es noch erhebliche technische Probleme. Sie sollten vor der Einführung behoben sein, sonst wird die Versorgungssicherheit der Patienten gefährdet. Und die ist in der laufenden Pandemie doppelt wichtig.“

Unzufrieden zeigte sich allerdings der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Er sehe die Verantwortung dafür, dass das Projekt "auf Grund gelaufen" sei, teilweise auch bei Ärztinnen und Ärzten. Gerade die Ärzteschaft halte gern an alten Zöpfen zu Lasten der Patientinnen und Patienten fest.

Verlängerte Testphase intensiv nutzen

Die gematik erklärt, sie habe wiederholt betont, dass die Testphase von allen Beteiligten intensiv genutzt werden müsse, damit Digitalisierungsprojet wie das E-Rezept gemeinsam gelingen könne. Mit der bundesweiten Öffnung der Testphase im Dezember 2021 seien alle Akteure gefordert, sich intensiv zu beteiligen. Die gematik begleite und unterstütze die Testphase weiterhin in Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren. Ab Januar werden die KBV, die ABDA und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) laufend Updates zum Ausstattungsgrad der Apotheken, Praxen und Krankenhäuser geben.

Neuer Starttermin bisher unklar

Der neue Starttermin der verpflichtenden Einführung bleibt bislang offen. Das weitere Vorgehen werde in den kommenden Wochen mit den Gesellschaftern abgestimmt. Der flächendeckende Roll-out soll erfolgen, sobald bestimmte Qualitätskriterien erfüllt sind.

Autor:
Stand:
22.12.2021
Quelle:
  1. ABDA: Pressemitteilung – DAV begrüßt Fortsetzung der Testphase für das eRezept (21.12.2021)
  2. BÄK: Pressemitteilung – Fortsetzung der Testphase für eRezept richtig und sinnvoll (21.12.2021)
  3. Gematik GmbH: Pressemitteilung – E-Rezept: Verlängerung der Testphase (21.12.2021)
  4. KBV: Pressemitteilung – Testphase des eRezepts wird verlängert (21.12.2021)
  5. Tagesschau: Pflicht für E-Rezept wird verschoben (21.12.2021)
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