
Hintergrund
Die Prävalenz des Schwangerschaftsdiabetes, definiert als Glukoseintoleranz mit erstmaligem Auftreten während der Schwangerschaft, liegt zwischen 1 bis 30%. Der Schwangerschaftsdiabetes erhöht das Risiko von Komplikationen wie Präeklampsie, Früh-/Totgeburt, zu hohes Geburtsgewicht und neonatale Hyperinsulinämie. Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes haben laut Studien ein erhöhtes Risiko, später an Typ-2-Diabetes, metabolischem Syndrom und chronischen Nierenerkrankungen zu erkranken.
Eine Metaanalyse belegte bereits, dass betroffene Frauen ein zweifach höheres Risiko für künftige kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen aufweisen. Jedoch liegen keine weiterführenden Daten zu typspezifischen kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen sowie zu venösen Thromboembolien vor.
Zielsetzung
Das Ziel einer aktuellen Metaanalyse war die Quantifizierung des Risikos für allgemeine und typspezifische kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie venöse Thromboembolien bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes in der Anamnese.
Methodik
Für die Metaanalyse wurde zunächst eine Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed, Embase und Cochrane durchgeführt. Berücksichtigt wurden Beobachtungsstudien, die den Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsdiabetes und kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen untersuchten.
Der primäre Endpunkt war definiert als die Assoziation zwischen Schwangerschaftsdiabetes und allgemeinen und typspezifischen kardiovaskulären und zerebrovaskulären Erkrankungen.
Ergebnisse
Insgesamt konnten Daten aus 15 Studien in verschiedenen Ländern darunter die USA, das Vereinigte Königreich, Israel, Schweden, Frankreich, Iran, Korea und Dänemark extrahiert und in die Metaanalyse eingeschlossen werden. Die Analyse umfasste 513.324 Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes, 9.507 von ihnen hatten eine kardiovaskuläre oder zerebrovaskuläre Erkrankung. In der Kontrollgruppe von mehr als acht Millionen Frauen ohne nachgewiesenen Schwangerschaftsdiabetes hatten 78.895 eine kardiovaskuläre oder zerebrovaskuläre Erkrankung.
Kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen allgemein
Das Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen insgesamt war bei Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes in der Anamnese im Vergleich zu denjenigen ohne die Erkrankung um 45% erhöht (relatives Risiko (RR): 1,45, 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,36 bis 1,53). Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen war dabei allein um 72% erhöht (RR: 1,72, 95%-KI: 1,40 bis 2,11) das für zerebrovaskuläre Erkrankungen um 40% (RR: 1,40, 95%-KI: 1,29 bis 1,51).
Spezifische kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen
Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe ein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten (RR: 1,40, 95%-KI: 1,18 bis 1,65), Myokardinfarkt (RR: 1,74, 95%-KI: 1,37 bis 2,20), Herzinsuffizienz (RR: 1,62, 95%-KI: 1,29 bis 2,05), Angina pectoris (RR: 2,27, 95%-KI: 1,79 bis 2,87), kardiovaskuläre Eingriffe (RR: 1,87, 95%-KI: 1,34 bis 2,62), Schlaganfall (RR: 1,45, 95%-KI: 1,29 bis 1,63) und ischämischer Schlaganfall (RR: 1,49, 95%-KI: 1,29 bis 1,71).
Außerdem hatten sie ein um 28% erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien (RR: 1,28, 95%-KI: 1,13 bis 1,46).
Subgruppenanalysen
Subgruppenanalysen, stratifiziert nach Studienmerkmalen und Anpassungen, zeigten signifikante Unterschiede im Hinblick auf Region (p=0,078), Studiendesign (p=0,02), Datenquelle (p=0,005) und Studienqualität (p=0,04), Anpassung für Rauchen (p=0,03), BodyMassIndex (p=0,01) und sozioökonomischen Status (p=0,006) sowie Komorbiditäten (p=0,05).
Abgeschwächt aber dennoch signifikant blieben die kardio- und zerebrovaskulären Risken, wenn man die Analyse auf Frauen beschränkte, die später keinen Diabetes entwickelten (RR: 1,45, 95%-KI: 1,33 bis1,59 vs. RR: 1,09, 95%-KI: 1,06 bis1,13).
Fazit
Die Metaanalyse aus 15 Studien weist nach, dass ein Schwangerschaftsdiabetes mit einem signifikant erhöhten Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen insgesamt, sowie für verschiedene einzelne kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen in unterschiedlichem Ausmaß einhergeht.
Die Ergebnisse konnten nicht allein auf traditionelle kardiovaskuläre Risikofaktoren oder einen späteren Diabetes zurückgeführt werden und zeigen die Notwendigkeit einer frühzeitigen Intervention bei Frauen mit einem Risiko für Schwangerschaftsdiabetes sowie die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes.
Limitationen
Die Aussagekraft ist durch eine geringe Qualität der zugrunde liegenden Daten der Beobachtungsstudien eingeschränkt. Die Autoren sind jedoch der Ansicht, dass aufgrund der umfassenden und systematischen Stichprobengröße die Ergebnisse zuverlässig und allgemein gültig sind. Die verursachenden Mechanismen für die Risikoerhöhungen bleiben aber weiterhin unbekannt.