Brustkrebs: Anti-HER2-Therapie in der Schwangerschaft

Für die Krebstherapie während der Schwangerschaft gibt es inzwischen Fallberichte, die Mut machen. Dr. Sabine Linn stellte mögliche Szenarien auf dem ESMO-Kongress 2018 vor.

Junge Krebspatientin

HER2-positive Patientinnen leiden an einer besonders aggressiven Form von Brustkrebs. Eine Therapie mit dem anti-HER2-Antikörper Trastuzumab nach Operation und Chemotherapie kann im Frühstadium die Überlebenszeit langfristig verbessern. Bei Schwangeren ist dies jedoch keine Therapieoption, wie Prof. Sabine Linn vom Netherlands Cancer Institute in Amsterdam, auf dem ESMO 2018 Kongress in München berichtete [1].

Diagnostik und OP

Entdecken Frauen während der Schwangerschaft einen Knoten in der Brust, empfehlen die aktuellen Leitlinien eine Diagnostik wie außerhalb der Schwangerschaft. Diese sollte folgende Aspekte umfassen:

  • Staging: wenn indiziert (Knochenszintigraphie nach Entbindung)
  • Ganzkörper MRT ohne Kontrastmittel
  • Sentinel-Node Biopsie

Zusätzlich empfiehlt Linn eine sofortige, eingehende genetische Beratung. Für die Behandlung liegen Empfehlungen auf geringem Evidenzlevel vor. Diese wurden kürzlich vom National Comprehensive Cancer Network (NCCN) aktualisiert (Version 2, 2018). Die Behandlung (Systemtherapie, Operation, Radiotherapie) des Mammakarzinoms in der Schwangerschaft soll so nah wie möglich an der Standardbehandlung junger, nicht-schwangerer Patientinnen mit Mammakarzinom ausgerichtet sein.

Die OP sollte im Wesentlichen wie bei Nicht-Schwangeren erfolgen. Je nach Schwangerschaftsalter sollte eine fetale Überwachung während der Operation stattfinden.

(Neo-)adjuvante Therapie

Die meisten Patientinnen mit einem schwangerschaftsassoziiertem Mammakarzinom benötigen aufgrund des Risikoprofils und der Tumoreigenschaften eine adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie. Insgesamt gibt es eine gute Datenlage bezüglich des Einsatzes von Anthrazyklinen während der Schwangerschaft.

Weniger Evidenz ist zu den Taxanen verfügbar. Zagouri und Kollegen werteten Daten von insgesamt 16 Studien mit 50 Schwangeren, die Taxane erhalten hatten, aus.  Die häufigsten Komplikationen waren ein Oligo­/Anhydramnion (16.6 %) und intrauterine Wachstumsretardierungen (12.5 %). Fehlbildungen traten bei 2 Kindern auf, und nach 16 Monaten waren 90 % der Kinder gesund.

Die aktuellen Empfehlungen zur Chemotherapie beim Mammakarzinom in der Schwangerschaft umfassen folgende Maßnahmen:

  • Chemotherapie der Wahl: AC (Adriamycin/Cyclophosphamid) oder EC (Epirubicin/Cyclophosphamid) gefolgt von Paclitaxel
    - Dosis­Intensivierung möglich
    - Dosierung nach aktuellem Gewicht
    - Intervall von drei Wochen zwischen letzter Chemotherapie und Geburt
  • Bestrahlung während der Schwangerschaft
    - Radiologen sollten bezüglich der Stahlendosis hinzugezogen werden.
  • (Neo-)adjuvante Chemotherapie ist ab dem zweiten Trimenon möglich.
    - Eine Standardchemotherapie mit Anthrazyklinen und Taxanen kann im 2. und 3. Trimenon verabreicht werden.
    - Platinsalze (Carboplatin, Cisplatin)
    - MTX (e.g. CMF [Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluoruracil]) 
  • Eine endokrine Therapie soll in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden.
  • Eine Anti-HER2 Therapie soll in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden.

Die Gabe von Trastuzumab in der Schwangerschaft ist kontraindiziert, warnt die Expertin.

Von Fallberichten zu 25 Kindern, die nach einer Trastuzumab-Gabe im zweiten und dritten Trimester geboren wurden, weiß man, dass die häufigste Komplikation ein reversibles Oligohydramnion ist. Auch Fälle von abgestorbenen Feten sind bekannt. Als Mechanismus wird eine Störung in der Produktion der Amnionflüssigkeit angenommen, welche sich negativ auf die Entwicklung der fetalen Lunge auswirkt.

Auswirkungen auf den Fetus / Entbindung und Stillen

  • Die Entbindung sollte erst bei ausreichender kindlicher Reife erfolgen.
  • Eine Beendigung der Schwangerschaft verbessert den mütterlichen Erkrankungsverlauf nicht.
  • Der Entbindungsmodus sollte dem von gesunden Schwangeren entsprechen; Eine Entbindung ≤ 3 Wochen nach Chemotherapie sollte vermieden werden, da der kindliche Stoffwechsel mit den systemischen Therapeutika überfordert sein kann.
  • Sollte eine Systemtherapie nach der Entbindung fortgeführt werden müssen, kann Stillen evtl. kontraindiziert sein.

Prognose

  • Die Prognose beim Mammakarzinom wird durch die Schwangerschaft / Stillzeit nicht verschlechtert, solange eine korrekte Behandlung erfolgt.
  • Eine Schwangerschaft / Laktation nach Mammakarzinom verschlechtert nicht die Prognose.
  • Familienplanung

Von einer Schwangerschaft soll nach einer Mammakarzinomerkrankung nicht abgeraten werden. Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom Hormonrezeptorstatus.
 

Quelle:

1. Sabine C. Linn: „Her2-targeted therapy during pregnancy“, ESMO-Kongress, München, 22.10.2018

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