Aspergillosen sind Schimmelpilzinfektionen, die vor allem unter dauerhafter Immunsuppression als Komplikation gefürchtet sind. Man unterscheidet unter anderem das Aspergillom, die invasive Aspergillose und die allergische bronchopulmonale Aspergillose.
Die Aspergillose wird durch Schimmelpilze der Gattung Aspergillus ausgelöst. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Sammlung verschiedener Erkrankungen, die alle durch die gleichen Erreger ausgelöst werden können. Dazu zählen beispielsweise das Aspergillom, ein „Pilzball“ durch Ansammlung des Pilzes in Hohlräumen, die allergische bronchopulmonale Aspergillose (kurz ABPA), superfizielle Infektionen, die akute invasive Aspergillose und die chronische pulmonale Aspergillose. Betroffen ist häufig die Lunge, die Infektion kann aber viele andere Organsysteme befallen, unter anderem Herz, Niere und Gehirn.
Epidemiologie
Es ist schwierig zu sagen, wie häufig Aspergillosen auftreten. Zu Beginn der Erkrankung sind die Symptome meist unspezifisch und ähneln denen anderer Erkrankungen der betroffenen Organe. Besonders häufig sind immunsupprimierte Menschen sowie Menschen mit allergischer Vorbelastung und chronischen Atemwegserkrankungen betroffen. Gesunde Menschen sind in der Regel nicht durch Aspergillen gefährdet.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) berichtete 2014, dass invasive Aspergillosen vor allem bei Patientinnen und Patienten mit einer Chemotherapie-assoziierten Granulozytopenie auftreten. Dies mache bis zu 20% aus. Auch Stammzell- oder Organtransplantierte sowie Menschen mit hämatologisch- onkologischen Erkrankungen sind häufiger betroffen.
Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA schätzt für die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) eine Prävalenz von 1 bis 15% unter den Mukoviszidose-Patientinnen und Patienten in den USA. Unter den Asthmatikerinnen und Asthmatikern dürften etwa 2,5% der Erwachsenen ebenfalls von einer ABPA betroffen sein. Auf die Welt hochgerechnet ergibt das ca. 4,8 Millionen Betroffene weltweit, bei schätzungsweise 400.000 von ihnen wird sie chronisch.
Ursachen
Aspergillosen zählen zu den Mykosen. Sie werden durch Pilze der Gattung Aspergillus (Ascomycota, Eurotiales) hervorgerufen. Besonders häufig sind Aspergillus fumigatus, Aspergillus flavus, Aspergillus niger, Aspergillus terreus und Aspergillus nidulans auslösend für die verschiedenen Aspergillosen. Aspergillus fumigatus gilt dabei als gefährlichster Erreger.
Für den gesunden Menschen stellen die Sporen der Pilze in der Regel kein Problem dar. Tagtäglich atmen wir vermutlich dutzende bis hunderte Sporen ein, ohne dass es zu einer Infektion kommt. Dafür sorgen die Schutzmechanismen in unter anderem unseren Atemwegen. Bestimmte Risikofaktoren können jedoch dazu führen, dass Menschen gefährdet sind, eine Mykose zu entwickeln und an einer Aspergillose zu erkranken, vor allem eine Immunsuppression. In einer Studie an Patienten nach Stammzelltransplantation war unter den Mykosen die invasive Aspergillose mit ca. 43% am häufigsten, gefolgt von der invasiven Candidose (28%). Zu den Risikofaktoren zählen:
Hämatologische Neoplasien unter Chemotherapie - insbesondere akute Leukämien und insbesondere während der Induktionstherapie
Ausmaß und Dauer einer Neutropenie (insbesondere prolongiert >21 Tage)
Allogene Stammzelltransplantationen, sehr selten auch nach autologer Stammzelltransplantation
Immunsuppressive Therapie, insbesondere Kortikosteroide
Akute und chronische Graft-versus-Host Erkrankungen nach allogener Blutstammzelltransplantation
Pathogenese
Der häufigste Aufnahmeweg von Aspergillussporen ist über die Atemwege. Tagtäglich atmet der Mensch mehrere Hundert Sporen ein. Bei Aspergillus-Arten sind es Konidiosporen, die ubiquitär vorkommen. Sie können auf verrottenden Pflanzenresten, Hausstaub, Zellulose wie in Wandtapete, Zimmerpflanzen und Co vorkommen. Im Normalfall werden die eingeatmeten Sporen über die mukoziliäre Clearance wieder aus den unteren Atemwegen abtransportiert oder durch Alveolarmakrophagen und Neutrophile vernichtet.
Gelingt es den Konidien dennoch, sich in den Bronchiolen und Alveolaren abzulagern, können sie über die Basalmembran in das Körperinnere eindringen und über die Blutbahn weitere Organe wie Gehirn, Leber, Niere, Haut und Darm befallen. Je nach Art der Aspergillose kann es auch zur Ausbildung von Hyphen in den Atemorganen direkt kommen.
Im Falle einer ABPA kommt es zu einer Hypersensitivität auf Aspergillusantigene. Die Erkrankung betrifft vor allem Menschen mit einer chronischen Lungenerkrankung (z.B. Asthma, COPD). Die Konidien lösen eine allergische Reaktion aus, die meist eine Typ I, III- oder IV-Reaktion darstellt. Bei einem Aspergillom entstehen in den belüfteten Hohlräumen des Körpers Pilzmyzelen mit Kalziumoxalatkristallen („Fungus ball“).
Symptome
Die Klinik der Aspergillose ist vielfältig und nicht immer eindeutig erkennbar, da sie sich mit anderen Erkrankungen überschneidet und abhängig ist von den jeweils betroffenen Organen. Häufig werden zunächst Haut, Schleimhäute, Atemwege und Augen gereizt. Auch Erschöpfung, Müdigkeit und Allergien können auftreten. Andere Symptome treten meist bei dem jeweiligen Krankheitsbild auf und können variieren. Bei den drei großen Krankheitsbildern sind das vor allem folgende Symptome:
Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
Zu den akuten Symptomen einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose gehören:
Giemen und andere asthmatische Beschwerden
Mukopurulentes Sputum
Sputum mit bräunlichen Sputum-Fetzen
Bluthusten (Hämoptysen)
Thoraxschmerzen
Fieber und Nachtschweiß
reduzierter Allgemeinzustand
Als Kennzeichen gelten vor allem die Fieberepisoden von mehr als drei Tagen, Atembeschwerden und das bräunlich verfärbte Sputum.
Aspergillom
Hämoptysen
Rezidivierende Pneumonien durch Superinfektionen
Nasenbluten und eitrige Nasensekretion
Invasive Aspergillose
Hämorrhagischer Infarkt
Gewichtsverlust
Kopfschmerzen
Meningitis
Fokale neurologische Defizite
Epilepsie-ähnliche Anfälle
Thrombosen
Fieber
Trockener Husten
Hämoptoe
Thoraxschmerzen
Sinusitis
Verlangsamung der Sprache
Tracheobronchitis
Knochenläsionen
Schüttelfrost
Husten
Kurzatmigkeit
Nasenbluten
Einseitige Gesichtsschwellung
Gesichtswunden
Diagnostik
Ähnlich wie bei der Symptomatik hängt auch die Diagnostik vom jeweiligen Krankheitsbild ab.
ABPA
Häufig zeigen Betroffene ein meist schweres und unkontrolliertes Asthma. Im Blutbild fällt eine Eosinophilie von mehr als 400/µl. Auch häufige Exazerbationen und produktiver Husten können bei vorbestehendem Asthma ein Hinweis auf eine ABPA sein. Spätestens beim Auftreten von bräunlichen Sputumpropfen, ausgeprägter Eosinophilie, wiederkehrenden pulmonalen Infiltraten und ähnlichem sollte an eine ABPA gedacht werden.
Wann eine ABPA vorliegt, kann anhand von diagnostischen Kriterien definiert werden. Häufig werden dafür meist die Kriterien nach Greenberg und Patterson herangezogen. Es kann jedoch auch nach Haupt- und Nebenkriterien diagnostiziert werden. Diese überschneiden sich überwiegend mit den Kriterien nach Greenberg und Patterson.
Laut Greenberg und Patterson ist eine ABPA wahrscheinlich, wenn bereits vorher ein. Asthma bronchiale bestanden hat, ein Aspergillus-Antigen-Hauttest positiv ist, im Serum Antikörper gegen Aspergillus gefunden werden und das Serum IgE bei mehr als 417 IU/mL bzw. 1000ng/mL liegt. Teilweise werden auch zentrale Bronchiektasien ohne distale Bronchiektasien als Diagnosekriterium genannt.
Neben Hauttest und Blutbild kann noch ein Röntgen-Thorax Aufschluss darüber geben, ob Bronchiektasien vorliegen und gegebenenfalls andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Aspergillom
Das Aspergillom wird vor allem radiologisch und anhand von Sputum- oder Serumproben diagnostiziert. Am besten lässt sich das Aspergillom in der Computertomographie darstellen.
Im Labor lassen sich die Pilze in Kulturen aus Sputumproben anzüchten. Im Serum können Aspergillus-IgG-Antikörper nachgewiesen werden.
Invasive Aspergillose
Besteht der Verdacht auf eine invasive Aspergillose, folgt die Diagnostik einem leitliniengerechten Algorithmus. Da von der invasiven Aspergillose vor allem immunsupprimierte Menschen betroffen sind, ist das Mortalitätsrisiko hier deutlich höher als bei den anderen Aspergillosen.
Die Diagnose wird anhand einer Kombination von Maßnahmen gestellt. Dazu zählen die Mikroskopie, Pilzkulturen, Antigen- und Antikörpernachweis, molekulare und bildgebende Diagnostik, Endoskopie und Biopsie. Zur molekularen Diagnostik zählt beispielsweise der Nachweis von Aspergillus-DNA im Blut bei neutropenen Patientinnen und Patienten. Inwieweit eine Endoskopie notwendig ist, hängt immer von den jeweils betroffenen Organen ab. Bestehen pulmonale Infiltrate, wird eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) empfohlen.
Haben Patientinnen und Patienten generell ein hohes Risiko für invasive Pilzinfektionen, wird bei Fieber eine umfassende Diagnostik empfohlen. Dazu zählen tägliche körperliche Untersuchungen und Mikroskopie sowie Pilzkulturen aller Proben und ein hochauflösendes (HR) CT vomThorax. Zusätzlich empfiehlt die Leitlinie, zweimal wöchentlich eine BAL bei pulmonalen Infiltraten, eine Crypto-Ag-Bestimmung im Liquor (falls eine Liquorpunktion notwendig ist) und einen Galactomannan-ELISA sowie ein b-D-Glucan-Screening und eine Aspergillus PCR durchzuführen. Optional kann zusätzlich eine Biopsie verdächtiger Bereiche durchgeführt werden, falls die Patienten fit genug sind, oder eine Bildgebung aller verdächtigen Bereiche.
Erhalten Betroffene mit einem hohen Risiko für eine invasive Aspergillose bereits eine Schimmelpilzprophylaxe, wird bei klinischen Infektionszeichen bzw. positiven Biomarkern für invasive Pilzinfektionen zunächst ein CT-Thorax durchgeführt. Ist dies unauffällig, die Biomarker aber positiv, erfolgt eine Fokussuche. Sind die Biomarker negativ, wird die Prophylaxe fortgesetzt und gegebenenfalls der Medikamentenspiegel bestimmt sowie eine Infektfokussuche angeschlossen. Ist das CT-Thorax hingegen positiv für eine invasive Aspergillose, werden ebenfalls Biomarker bestimmt. Bei positiven Biomarkern sollte umgehend eine gezielte antimykotische Therapie begonnen werden. Sind die Biomarker negativ, wird die Prophylaxe abgesetzt, gegebenenfalls der Medikamentenspiegel bestimmt und eine gezielte antimykotische Therapie begonnen.
Differenzialdiagnosen
(eosinophile) Pneumonien
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis/Churg-Strauss-Syndrom
Therapiert wird die Aspergillose abhängig vom jeweiligen Krankheitsbild.
Allergische bronchopulmonale Aspergillose
Die allergische bronchopulmonale Aspergillose wird in der Regel mit Glucocorticoiden behandelt. Zusätzlich kann gegebenenfalls ein Antimykotikum wie beispielsweise Voriconazol oder Itraconazol gegeben werden. Die Behandlung zielt unter anderem darauf ab, eine Lungenfibrose zu verhindern. Sie wäre das Endstadium der ABPA.
Aspergillom
Der Goldstandard beim Aspergillom ist die chirurgische Entfernung. In den meisten Fällen wächst das Aspergillom nicht invasiv und lässt sich deshalb gut entfernen. Vor und nach der Operation sollten die Betroffenen antimykotisch behandelt werden.
Sind Betroffene asymptomatisch, kann eine Watch&Wait-Strategie diskutiert werden. In dem Fall müssen die Befunde jedoch radiologisch regelmäßig kontrolliert werden. Schreitet die Erkrankung fort, sollte das Aspergillom chirurgisch entfernt werden.
Invasive Aspergillose
Von der invasiven Aspergillose sind vor allem immunsupprimierte Menschen betroffen. Die Letalitätsrate liegt zwischen 30 und 60%. Deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich mit Antimykotika zu beginnen. Die Erstlinientherapie kann bei allen Aspergillosen mit Voriconazol oder Isavuconazol begonnen werden. Letzteres hat ein breiteres Wirkspektrum und weniger Nebenwirkungen als Voriconazol Liposomales Amphotericin B bietet bei Azolunverträglichkeit eine Alternative.
Spricht eine pulmonale invasive Aspergillose oder Organmykose auf die Erstlinientherapie nicht an oder die Betroffenen vertragen das gegebene Antimykotikum nicht, können ersatzweise entweder Caspofungin, Micafungin oder Posaconazol gegeben werden.
Kritisch Kranke mit einer ZNS- oder Nasennebenhöhlen(NNH)-Aspergillose erhalten eine Kombinationstherapie aus Voriconazol und Anidulafungin oder Voriconazol und Liposomalem Amphotericin B. Nicht kritisch Kranke erhalten bei einer ZNS- oder NNH-Aspergillose nach der antimykotischen Therapie eine chirurgische Resektion.
Eine Ausnahme stellt die Durchbruchsmykose unter Prophylaxe mit Posaconazol oder Voriconazol dar. In dem Fall sollte die Antimykotikaklasse gewechselt werden und beispielsweise Liposomales Amphotericin B verabreicht werden.
Medikamentös behandelt wird, bis alle klinischen Zeichen und Symptome abgeklungen sind und mindestens die Granulozytopenie verschwunden ist. Die Therapie kann deshalb mehr als zwölf Wochen dauern.
Neben der medikamentösen Therapie können weitere Behandlungen notwendig werden. Sie richten sich nach der Symptomatik. Dazu zählen operative Eingriffe bei akut aufgetretenen Hämoptysen, Blutungsprävention bei Gefäßinvasion, Reduzierung der Mykoselast, eine lokale Instillation von Antimykotika, Embolisationen, Immuntherapien und Granulozytentransfusionen.
Prognose
Die Prognose der Aspergillose hängt vom jeweiligen Krankheitsbild ab. Während sie bei der invasiven Aspergillose mit 30 bis 60% Mortalität unter immunsupprimierten Patientinnen und Patienten liegt, lässt sie sich bei anderen Erkrankungen teilweise nur schlecht abschätzen - es fehlen flächendeckende Erhebungen.
Bei der ABPA ist die Prognose im Allgemeinen gut, aber abhängig vom Stadium, in dem sie diagnostiziert wird. Es kommt jedoch häufiger zu Rückfällen. Etwa die Hälfte aller Betroffenen erreicht eine langfristige Remission. Vor allem im Endstadium, der Lungenfibrose, hat die ABPA jedoch bereits irreparable Schäden angerichtet.
Prophylaxe
Im Vordergrund der Prophylaxe steht, Schimmelpilzbelastungen generell zu reduzieren und zu vermeiden. Dies ist nicht nur für immunsupprimierte Menschen oder Vorbelastete wichtig, sondern auch für Gesunde.
Immunsupprimierte erhalten häufig eine Prophylaxe, um invasive Aspergillosen und andere Mykosen zu verhindern.
Lu H.W. et al. The clinical characteristics and prognosis of ABPA are closely related to the mucus plugs in central bronchiectasis. Clinical Respiratory Journal 2020; 14(2): 140-147. DOI: 10.1111/crj.13111.