Bipolare Störungen gehören zu den affektiven Störungen. Sie sind durch sich abwechselnde (hypo-)manische, depressive und gemischte Episoden gekennzeichnet.
Bipolare Störungen gehören zu den affektiven Erkrankungen und sind durch sich abwechselnde Phasen von (hypo-)manischen und depressiven Episoden charakterisiert. Beide Extreme können auch gleichzeitig auftreten (gemischte Episode). Zwischen den Krankheitsphasen befinden sich symptomfreie (euthyme) Intervalle.
Für die Diagnose der bipolaren Störung müssen mindestens zwei affektive Episoden vorliegen. Mindestens eine der Episoden muss hypomanisch, manisch oder gemischt sein.
Die bipolare Erkrankung wird vom DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) in die bipolare Störung I und II eingeteilt. Die bipolare Störung I ist durch das Auftreten einer oder mehrerer manischer Phasen und Episoden von Major Depression charakterisiert, während sich bei der bipolaren Störung II depressive Episoden mit hypomanischen Episoden abwechseln.
Epidemiologie
Die Lebenszeitprävalenz einer bipolaren Störung liegt bei circa 3%. Bei Mitberücksichtigung der sogenannten Bipolar-Spektrumserkrankung liegt die Lebenszeitprävalenz sogar bei 5%. Bipolare Störungen beginnen häufig bereits in der Jugend und im jungen Erwachsenenalter. Frauen und Männer sind gleich häufig von der Erkrankung betroffen. Frauen zeigen jedoch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines „Rapid Cycling“ (Auftreten von mindestens vier depressiven, manischen oder hypomanen Phasen oder mindestens zwei bipolaren Krankheitszyklen (Manie und Depression)).
Ursachen
Vermutlich liegt den bipolaren Störungen eine multifaktorielle Ätiologie zu Grunde.
Eine Kombination aus genetischen Ursachen, Umwelteinflüssen und Persönlichkeitscharakteristika spielt wahrscheinlich eine große Rolle. Die genetische Komponente ist stark ausgeprägt. So liegt das Risiko selbst zu erkranken, wenn bereits ein Elternteil von der Erkrankung betroffen ist, bei 25% bzw. wenn beide Elternteile betroffen sind sogar bei 50%.
Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Hypomanie/Manie gelten unter anderem eine positive Familienanamnese für bipolare Störungen, das Vorliegen von schweren Depressionen im Kindes- oder Jugendalter und ein schneller Beginn oder auch eine rasche Rückbildung einer Depression.
Pathogenese
Ein Erklärungsversuch für die Pathogenese der bipolaren Störung ist das Modell von Meyer (2008). Dieses postuliert, dass am Beginn einer hypomanischen/manischen Phase die Veränderung des Aktivitätsniveaus und der Schlafdauer steht. Die Stimmung steigt in Richtung Euphorie und Reizbarkeit. Durch ein immer weiter ansteigendes Selbstwertgefühl wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt.
Ein weiteres Modell zur Pathogenese der Erkrankung ist das Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Dieses sieht eine genetische Disposition, die zu einer erhöhten Vulnerabilität für die Erkrankung führt, im Vordergrund. Stressoren können dann zur Auslösung der Pathologie führen.
Symptome
Patienten, die an bipolaren Störungen leiden, zeigen einerseits eine gehobene Stimmungslage mit vermehrtem Antrieb, Aktivität und Reizbarkeit, die sogenannte manische Episode und andererseits kann diese in eine gedrückte Stimmungslage mit Antriebs- und Interessenminderung übergehen, die sogenannte depressive Episode.
Manische Episode
In der manischen Episode erleben die Patienten eine gehobene, expansive oder gereizte Stimmung. Die Stimmung kann schnell in Aggressivität übergehen. Die Patienten zeigen zudem häufig eine reduzierte soziale Hemmung, Selbstüberschätzung und vermehrte Ablenkbarkeit. Dies kann unter anderem in ein riskantes Verhalten mit Selbst- oder Fremdgefährdung münden. Die Patienten zeigen eine gesteigerte Aktivität und psychomotorische Agitation. Sie haben ein vermindertes Schlafbedürfnis und eine gesteigerte Libido. Die manische Episode kann sich auch in einem Rededrang oder einer Ideenflucht äußern. Für die Diagnose einer manischen Episode müssen von den Symptomen mindestens drei bzw. bei gereizter Stimmung mindestens vier über mindestens eine Woche vorhanden sein.
Hypomanische Phase
Bei der Hypomanie treten ähnliche Symptome wie bei der Manie auf, aber in abgeschwächter Form. Die Stimmung ist gesteigert, das Schlafbedürfnis vermindert und die psychomotorische Aktivität des Betroffenen erhöht. Der Betroffene kann noch die Realität und seine persönliche Situation erkennen. Oft geht die hypomanische Phase in eine Manie über.
Depressive Episode
Patienten mit einer bipolaren Störung können depressive Symptome zeigen. Diese Episoden müssen mindestens zwei Wochen anhalten und müssen mindestens zwei der folgenden Hauptsymptome zeigen: gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Antriebsminderung. Zudem müssen zwei Zusatzsymptome wie beispielsweise Selbstwertverlust, wiederkehrende Gedanken an den Tod bzw. Suizidalität, kognitives Defizit, Schlafstörung, Appetitstörung, unangemessene Schuldgefühle oder psychomotorische Veränderung vorliegen.
Während der Manie und der depressiven Episoden kann es auch zum Auftreten von psychotischen Symptomen wie beispielsweise Wahrnehmungsstörungen oder Wahn kommen.
Rapid Cycling
Patienten, die diese Sonderform der bipolaren Störung aufweisen, erleben einen raschen Phasenwechsel. Sie leiden an mindestens vier Episoden pro Jahr.
Diagnostik
Allgemein lässt sich festhalten, dass eine bipolare Störung diagnostiziert werden kann, wenn mindestens zwei affektive Episoden vorliegen.
Die Diagnostik der bipolaren Störung orientiert sich in Deutschland an dem ICD-10 Klassifikationssystem (siehe Symptome). In wissenschaftlichen Studien wird jedoch häufig das (DSM)-5 verwendet. Erschwert wird die Diagnostik dadurch, dass nicht alle Symptome zwangsläufig vorhanden sein müssen und zum Teil auch unspezifisch sein können.
Zur Klassifikation bipolarer Störungen stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, wie beispielsweise das strukturierte klinische Interview (SKID) nach DSM-5 oder auch das diagnostische Kurzinterview bei psychischen Störungen (Mini-DIPS).
Dimensionale Diagnostik
Nach der Diagnosestellung „bipolare Störung“, empfiehlt die Leitlinie die Durchführung einer dimensionalen Diagnostik zur Ausprägungs- und Schweregradbestimmung der Erkrankung. Hierfür wird ein multimodales Vorgehen angeraten. Es stehen validierte Instrumente der Selbstbeurteilung der Manie, wie beispielsweise die Manie-Selbstbeurteilungs-Skala (MSS) oder auch die Internal State-Scale zur Verfügung. Die manische Symptomatik sollte auch mittels Fremdbeurteilungsinstrumenten evaluiert werden. Dies kann beispielsweise mit Hilfe der Young Mania Rating Scale (YMRS) oder der Bech Rafaelsen Manie Skala (BRMS) erfolgen. Analog stehen auch für die Beurteilung der depressiven Symptomatik validierte Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente (z.B. Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS), Beck-Depressions-Inventar-II (BDI-II) bzw. Hamilton Depression Rating Scale (HAMD), Brief-Patient-Health Questionnaire (B-PPH-9, PHQ) zur Verfügung.
Screening
Das Ziel eines Risikopersonen-Screenings ist es, (unterschwellige) Symptome und Veränderungen zu erkennen. Die Leitlinie empfiehlt, das Screening bei Hochrisikopersonen durchzuführen.
Dies können beispielsweise Patienten sein, die eine positive Familienanamnese für affektive und schizoaffektive Störungen oder einen Substanzabusus aufweisen. Zudem haben Patienten mit einer atypischen depressiven Erkrankung und auch einem frühen Erkrankungsalter bei depressiver Erkrankung ein erhöhtes Risiko für bipolare Störungen.
Für das Screening können zum Beispiel der Mood Disorders Questionnaire (MDQ) oder auch die Hypomania Checklist (HCL-32) als validierte Messinstrumente verwendet werden. Sollte das Screening positiv ausgefallen sein, sollte zur Diagnosesicherung ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie/Nervenheilkunde aufgesucht werden. Durch eine frühe Diagnostik und einer damit ermöglichten frühen Therapieeinleitung können beispielsweise der Erkrankungsschweregrad vermindert und der funktionelle Status des Patienten auf einem möglichst hohen Niveau gehalten werden. Es kommt insgesamt zu einer positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufs oder gar zu einer Verhinderung der Vollmanifestation der bipolaren Störung.
Differentialdiagnostik
Von der bipolaren Störung müssen zahlreiche Differentialdiagnosen abgegrenzt werden. Zu diesen zählen beispielsweise die Schizophrenie, die schizoaffektive Störung, Persönlichkeitsstörungen, Substanzmissbrauch oder auch hirnorganische Erkrankungen wie z.B. Epilepsien, Enzephalitiden, Hirntumore und Multiple Sklerose. Auch Schilddrüsen- und Nebennierenrindenerkrankungen können hypomanische und manische Symptome imitieren. Hypomanische bzw. manische Symptome können auch iatrogen verursacht sein. Dies kann beispielsweise infolge einer Behandlung mit Glukokortikoiden, Antidepressiva, Schilddrüsen- oder Sexualhormonen der Fall sein. Eine detaillierte Medikamentenanamnese mit ggf. anschließendem Absetzversuch ist notwendig, um diese Differentialdiagnosen auszuschließen.
Sollte der klinische Verdacht auf eine organische Ursache der Symptomatik bestehen, sollten entsprechend der AMWF Leitlinie mindestens eine bildgebende Diagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRT) oder cranialer Computertomographie (CCT) und/oder ein Elektroenzephalographie (EEG) und/oder eine neuropsychologische Diagnostik und/oder die Bestimmung neuroendokrinologischer/immunologischer Parameter (basales TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), Syphilis-Serologie und CRP (C-reaktives Protein)) erfolgen.
Bei älteren Patienten muss besonders darauf geachtet werden, dass sie ein erhöhtes Risiko aufweisen, sekundäre Manien zu entwickeln. Dies kann beispielsweise durch eine Anämie, Urämie, aber auch durch Infektionen, neoplastische Prozesse oder auch endokrinologische Entgleisungen bedingt sein. Auch Medikamente können bei diesen Patienten leicht zu manischen/hypomanischen Symptomen führen.
Komorbidität
Bei Patienten, die an einer bipolaren Störung leiden, treten gehäuft komorbide psychische Störungen auf. Dies sind insbesondere Angststörungen, Substanzmissbrauch und -abhängigkeit, Persönlichkeits- und Impulskontrollstörungen wie Essstörungen und Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätsstörungen (ADHS). Die Leitlinie empfiehlt zur Diagnostik dieser komorbiden Störungen mindestens die Anwendung eines standardisierten klinischen Interviews auf Basis der Klassifikationssysteme ICD-10 oder DSM-IV, z.B. SKID, CIPI. Die Diagnostik möglicher Komorbiditäten ist wichtig, um diese bei der Therapie und Verlaufsbeobachtung berücksichtigen zu können.
Auch somatische Komorbiditäten sind bei bipolaren Störungen häufig anzutreffen. Zu den häufigsten zählen muskuloskelettale Erkrankungen wie z.B. Arthritis und Rückenschmerzen, gastrointestinale Erkrankungen, endokrinologische Erkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus und Adipositas. Auch kardiovaskuläre Erkrankungen wie z.B. Hypertonie oder Apoplex treten gehäuft bei diesen Patienten auf.
Diagnostik vor Initiierung einer Pharmakotherapie
Sollte eine Psychopharmakotherapie begonnen werden, empfiehlt die Leitlinie die Erfassung folgender Parameter vor Beginn der Therapie:
Differentialblutbild
Elektrolyte
Leberenzyme
Nüchtern-Blutzuckerspiegel
Serum-Kreatinin
Blutdruck und Puls
Körpergewicht und Körpergröße
Schwangerschaftstest
EEG
Je nach Wahl des Präparates sollte die Diagnostik ergänzt werden. An dieser Stelle wird auf die Fachinformation/Leitlinie verwiesen.
Therapie
Die Entscheidung für eine Therapieform kann mit Hilfe der sogenannten partizipativen Entscheidungsfindung erfolgen. Dies trifft nicht für den Akutfall zu, wenn die Patienten in ihrer Einwilligungsfähigkeit eingeschränkt sind oder sich mit der Entscheidung überfordert fühlen. Die Entscheidungsfindung beinhaltet die Aufklärung über die Diagnose, den Verlauf und die Prognose der Erkrankung. Dies kann beispielsweise mittels eines psychoedukativen Verfahrens erfolgen. Die Gleichwertigkeit der Behandlungsoptionen sollte betont werden und die Behandlungsmöglichkeiten mit deren Risiken aufgeführt werden. Zudem sollten die Gedanken und Befürchtungen der Patienten erfasst werden, um so eine Entscheidung treffen zu können. Zuletzt sollte eine Folgevereinbarung mit dem Patienten getroffen werden.
Die Betroffenen sollten zudem über Selbstschulungsprogramme informiert werden, bei denen u.a. Strategien zum Umgang mit der Erkrankung gelehrt werden.
Das Ziel ist der Aufbau eines besseren Selbstvertrauens und einer höheren Stresstoleranz. Die Abhängigkeit von professionellen Helfern kann damit reduziert werden. Die Chancen der Patienten auf dem Arbeitsmarkt können durch die Programme verbessert werden und die Lebensqualität der Patienten wird gesteigert.
Ferner existieren auch Patienten– und Angehörigenratgeber, die die Patienten und Angehörigen emotional entlasten sollen. Zudem gibt es Selbsthilfemanuale, die den Patienten bzw. Angehörigen befähigen sollen, therapeutische Verfahren und Techniken selbstständig durchzuführen. Eine wichtige Rolle spielen hier trialogische Interventionen und Kommunikationstraining zwischen dem Patienten und dessen Angehörigen. Wirksamkeitsnachweise aus Studien stehen derzeit noch aus, jedoch ist die positive Wirkung dieser Programme bereits anerkannt.
Patienten können zudem Angebote wie Selbsthilfegruppen nutzen. Diese stärken die soziale Kompetenz der Patienten und wirken der krankheitstypischen Selbstwertkränkung und Zeitwahrnehmungsstörung entgegen.
Eine weitere Therapieunterstützung kann die Einbindung eines sogenannten Peer-Supports, also die Einbeziehung von erfahrenen qualifiziert ausgebildeten Patienten, sein. Hierdurch kann die Effizienz der Therapie wesentlich gesteigert werden. Durch die Integration von Familienangehörigen in die Therapie können der Krankheitsverlauf und die Prognose von Betroffenen deutlich verbessert werden. Die familiäre Einbindung sollte möglichst von Beginn an und über alle Phasen der Behandlung erfolgen.
Ziele der Behandlung
Die Ziele der Therapie bei bipolaren Störungen umfassen zum einen kurzfristige Ziele wie die Reduktion der Symptome (Akutbehandlung) und zum anderen langfristige Ziele wie die Reduktion bzw. Vermeidung weiterer affektiver Episoden (Phasenprophylaxe). Die Patienten sollen ein möglichst hohes psychosoziales Funktionsniveau haben, welches die Lebensqualität der Betroffenen zu einem großen Teil mitbestimmt.
Zur Behandlung bipolarer Störungen stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Diese reichen von der Pharmakotherapie über die Psychotherapie bis hin zu nicht medikamentösen somatischen Therapieverfahren.
Pharmakotherapie
Im Rahmen der Pharmakotherapie bei bipolaren Störungen werden insbesondere Antidepressiva, Stimmungsstabilisierer wie z.B. Lithium und atypische Neuroleptika eingesetzt. Die Arzneistoffe werden als Monotherapie oder in Kombination verwendet. Hinsichtlich unerwünschter Wirkungen, Indikation, Zulassung, Interaktionen etc. ist zur Auswahl des geeigneten Präparates die jeweilige Fachinformation zu beachten.
Psychotherapie
Im Regelfall wird die Psychotherapie bei bipolaren Störungen als Ergänzung zur Pharmakotherapie eingesetzt. Bei bipolaren Störungen können verschiedene Therapieelemente zum Einsatz kommen. Derzeit werden insbesondere die psychoedukative Therapie, die kognitive Verhaltenstherapie, die familienfokussierte Therapie und die interpersonelle und soziale Rhythmustherapie für die Behandlung der bipolaren Störungen eingesetzt. So kann beispielsweise über eine kognitive Verhaltenstherapie eruiert werden, wie die Betroffenen sich, ihre Umwelt und ihre Zukunft wahrnehmen und interpretieren, um therapeutische Veränderungen bewirken zu können. In der familienfokussierten Therapie werden von Beginn an die Familie, der Partner und andere zentrale Bezugspersonen in die Behandlung integriert.
Auch psychodynamische Verfahren werden bei bipolaren Störungen eingesetzt. Ziel ist es unter anderem dysfunktionale Beziehungsmuster und unbewusste Konflikte zu bearbeiten. Der Patient soll lernen, sein Erleben und seine Handlungen zu reflektieren, um so seine Selbststeuerung zu verbessern.
Nicht-medikamentöse somatische Therapieverfahren
Für die Therapie bipolarer Störungen stehen verschiedene nicht medikamentöse somatische Therapieverfahren, wie beispielsweise die Elektrokonvulsionstherapie, das Hirnstimulationsverfahren (insbesondere die repetitive transkranielle Magnetstimulation oder Vagusnervstimulation) oder auch die Lichttherapie zur Verfügung.
Unterstützende Therapieverfahren
Die Behandlung der bipolaren Störung kann durch verschiedene Therapieverfahren, wie z.B. Entspannungs-, Sport- und Bewegungstherapie, Ergotherapie oder auch künstlerische Therapien wie Musik- oder Tanztherapie unterstützt werden. Diese Behandlungen zielen unter anderem darauf ab, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, das Selbstbewusstsein der Patienten zu stärken, die manische Selbstüberschätzung zu reduzieren und depressive Wahrnehmungsmuster zu durchbrechen. Für weiterführende Informationen wird auf die Fachliteratur verwiesen.
Prognose
Die Rezidivrate von bipolaren Störungen ist sehr hoch. Fast 10% der Patienten weisen mehr als zehn Episoden im Verlauf der Erkrankung auf. Ferner besteht bei vielen Betroffenen eine Residualsymptomatik, die zum einen das Rezidivrisiko erhöht und zum anderen zu einer bio-psycho-sozialen Beeinträchtigung der Patienten führen kann. Die Erkrankung ist häufig mit einer Arbeits- und Erwerbsminderung bzw. -unfähigkeit assoziiert.
Ein Spezialfall stellt das Rapid Cycling dar, bei dem ein schneller Wechsel verschiedener Phasen auftritt. Diese schwerwiegende Form tritt bei circa 20% der Patienten auf. Risikofaktoren für einen schwerwiegenden bzw. chronischen Verlauf sind unter anderem weibliches Geschlecht, junges Ersterkrankungsalter, das Vorliegen von psychotischen Symptomen, Rapid Cycling und ein insuffizientes Ansprechen auf eine prophylaktische Therapie.
Patienten mit bipolaren Störungen weisen im Vergleich zu gesunden Personen eine erhöhte Morbidität und Mortalität auf. Dies ist insbesondere durch die erhöhte Komorbidität mit kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ II zu erklären.
Prophylaxe
Häufig werden bipolare Störungen erst fünf bis zehn Jahre nach dem eigentlichen Krankheitsbeginn korrekt diagnostiziert und behandelt. Das Screening von Risikopersonen zur Früherkennung der Erkrankung ist daher besonders wichtig. Es existieren Initiativen zur Primärprävention psychischer Störungen. Diese beinhalten beispielsweise Copingstrategien und Verfahren zur Stressreduktion. Es ist allerdings derzeit unklar, ob diese wirklich zur Verhinderung von psychischen Störungen beitragen.
Hinweise
Einige Patienten zeigen insbesondere bei der Phasenprophylaxe Compliance-Probleme, da sie den Zustand der Hypomanie der Normalität vorziehen.
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