Toxoplasma gondii ist ein Protozoon, von dem rund ein Drittel der Weltbevölkerung befallen ist. Während Infektionen bei Immunkompetenten meist asymptomatisch verlaufen, können sie bei Ungeborenen und Immunsupprimierten schwere bis tödliche Erkrankungen hervorrufen.
Die Toxoplasmose ist eine zoonotische Parasitose, die von dem einzelligen Erreger Toxoplasma (T.) gondii verursacht wird. T. gondii ist der einzige Vertreter der Gattung Toxoplasma. Weltweit existieren mindestens drei Genotypen mit verschiedenen Mischformen von T.gondii. In Europa und Nordamerika ist der Genotyp II für die meisten Infektionen beim Menschen verantwortlich.
Der obligat intrazellulär lebende Einzeller kann nahezu alle Säugtiere, einschließlich des Menschen, und fast alle Vögel befallen. Endwirte des Parasiten sind ausschließlich Katzen und andere Feliden, wohingegen Menschen und andere warmblütige Tiere als Zwischenwirte fungieren.
Obwohl die meisten Infektionen bei den Zwischenwirten asymptomatisch verlaufen, kann der Parasit schwere, lebensbedrohliche Erkrankungen bei Menschen und Tieren hervorrufen. Beim Menschen sind dies die kongenitale Toxoplasmose, die okuläre Toxoplasmose oder Organmanifestationen, wie z. B. die Toxoplasmen-Enzephalitis oder -Pneumonie. Gefährdet eine schwere Erkrankung durch die Infektion mit T. gondii zu erleiden, sind in erster Linie Ungeborene im Mutterleib und immunsupprimierte Menschen.
T. gondii tritt in drei verschiedenen Lebensformen auf:
Oozyste: wird in den Darmepithelien des Endwirtes gebildet und gelangt mit dem Kot in die Umwelt, wo sie durch Sporulation innerhalb von 2-4 Tagen infektiös wird.
Tachyzoit: bewegliche, aktive Form des Parasiten. Diese Form ist für Gewebezerstörungen bei den Zwischenwirten und die klinischen Manifestationen der Toxoplasmose verantwortlich.
Bradyzoit: Ruhestadium, überdauert in den Geweben (z. B. Gehirn, Retina, Muskel) des Zwischenwirtes in Zysten. Vorkommen im rohen Fleisch und ist daher verantwortlich für die Lebensmittelinfektionen mit Toxoplasmose.
Epidemiologie
Toxoplasma gondii ist einer der am weitesten verbreiteten Parasiten bei Menschen und Tieren. Man schätzt, dass rund 30% der Weltbevölkerung eine Infektion mit Toxoplasmen haben oder überstanden haben. Die T.-gondii-IgG-Seroprävalenz der 18-79-jährigen in Deutschland liegt bei fast 50%. Die Wahrscheinlichkeit für eine T.-gondii-IgG-Serokonverison nimmt mit dem Alter um nahezu 1% pro Lebensjahr zu. Während junge Erwachsene (18-29 Jahre) zu etwa 20% seropositiv sind, beträgt die Seroprävalenzrate bei Senioren (70–79 Jahre) etwa 77%.
Die Zahl der dem Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten Fälle von kongenitaler Toxoplasmose ist mit 6 bis 23 Fällen pro Jahr viel zu niedrig. Sie ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die kongenitale Toxoplasmose im ersten Trimester häufig zu Aborten führt und sich in vielen Fällen erst lange nach der Geburt klinisch manifestiert. Man geht von einer rund 15-mal höheren Dunkelziffer der T. gondii Infektionen von Ungeborenen im Mutterleib aus.
Ursachen
Die häufigste Infektionsquelle für Menschen in Deutschland ist der Verzehr rohen zystenhaltigen Fleisches, gefolgt von der oralen Aufnahme sporulierter Oozysten, z. B. beim Verzehr ungewaschenen, rohen Gemüses, der Gartenarbeit oder beim Kontakt mit Katzen bzw. deren Kot.
Seltener kommt es bei Schwangeren während der mütterlichen Parasitämie zu einer transplazentaren Übertragung von Tachyzoiten auf das Ungeborene. Diese Übertragung kann in der Regel nur bei einer Erstinfektion während der Schwangerschaft stattfinden. Eine Serokonversion der Frau vor der Schwangerschaft schützt das Ungeborene vor einer Übertragung.
Sehr selten kommt es zu einer Übertragung der Toxoplasmose bei einer Transplantation oder einer versehentlichen Inokulation. Trotz der Seltenheit dieses Übertragungsweges ist T. gondii der häufigste Parasit, der per Transplantation übertragen wird.
Bei immunsupprimierten Patienten kann es infolge der Abwehrschwäche zu einer Reaktivierung der Parasiten in den Gewebezysten und damit zu einer klinisch manifesten Toxoplasmose kommen.
Infektion über rohes Fleisch und Rohfleischprodukte
Bei einer Kühlung von um die 4 °C bleiben die Toxoplasmazysten solange infektiös, wie das Fleisch verzehrfähig ist. Gewerbsmäßig verarbeitete rohe oder kurz gereifte Fleischprodukte können infektiöse Stadien enthalten. Am häufigsten kommt es zu einer Infektion mit Toxoplasma beim Verzehr rohen Schweinefleisches (Mettbrötchen, Hackepeter), danach folgen Rohfleischprodukte (z. B. Rohwürste, Trockenfleisch) von Schaf und Ziege, Wildtieren und Geflügel. Rindfleisch enthält zwar relativ selten Toxoplasmazysten, völlig ausgeschlossen kann eine Infektion beim Verzehr rohen Rind- oder Kalbfleisches jedoch nicht.
Tiefkühlen bei -21 °C oder ein 20-minütiges Erhitzen, bei dem eine Kerntemperatur von mindestens 50°C gehalten wird, tötet den Erreger im Fleisch ab.
Infektion über sporulierte Oozysten
Im Erdboden können sporulierte Oozysten je nach Umweltbedingungen eineinhalb bis fünf Jahre infektiös bleiben. Bei der Gartenarbeit oder beim Verzehr von ungewaschenen Salaten, Beeren oder rohen Gemüsen kann es zu Schmutz- und Schmierinfektionen mit der kontaminierten Erde kommen. Die infektiösen Oozysten können auch im Grundwasser überleben. Daher kommt es in Ländern mit einer nicht ausreichenden Trinkwasseraufbereitung auch immer wieder zu Infektionen mit kontaminiertem Trinkwasser. In Europa ist dieser Infektionsweg weitgehend ausgeschlossen.
Risikofaktoren
Risikofaktoren für eine Infektion mit T. gondii sind epidemiologischen Studien zufolge:
männliches Geschlecht
Katzenhaltung
Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30
Pathogenese
Die Pathogenese der Toxoplasmose ist eng mit dem Lebenszyklus des Parasiten verbunden.
Lebenszyklus von T. gondii
Katzen und andere Feliden, die Endwirte von T. gondii, nehmen den Parasiten entweder in Form sporulierter Oozysten aus der Umwelt oder als infektiöse Zysten mit rohem Fleisch auf. Im Darm verwandeln sich die Sporozoiten aus den Oozysten oder die Bradyzoiten im Fleisch in Tachyzoiten, die aktiv in die Darmepithelien eindringen.
Geschlechtliche Vermehrung im Endwirt
In den Darmepithelzellen seiner Endwirte bildet T. gondii im Rahmen der geschlechtlichen Vermehrung große Mengen von Oozysten, die dann mit dem Kot in die Umwelt gelangen. Die Bildung von Oozysten findet in der Regel nur bei erstinfizierten Feliden statt. Bei einer erneuten Infektion scheiden die Endwirte keine Oozysten mehr aus.
Sporulation und Infektion von Zwischenwirten
Zum Zeitpunkt der Ausscheidung sind die Oozysten noch nicht infektiös. Erst nach einer Reifephase über etwa 2-4 Tage werden die Oozysten durch ihre Sporulation infektiös und enthalten acht Sporozoiten. Wenn ein Zwischenwirt die sporulierten Oozysten oral aufnimmt, verwandeln sich die Sporozoiten in bewegliche Tachyzoiten. Die Zwischenwirte können sich wie die Endwirte mit den Bradyzoiten im Fleisch infizieren. Auch die Bradyzoiten verwandeln sich in Tachyzoiten.
Verhalten der Tachyzoiten im Zwischenwirt
Die Tachyzoiten befallen bei den Zwischenwirten nicht die Darmepithelien, sondern Zellen unterschiedlicher Gewebe. In den Zellen des Zwischenwirts kommt es zur ungeschlechtlichen Replikation der Tachyzoiten in einer intrazytoplasmatischen Vakuole. Ein Replikationszyklus, bei dem zwei Tochter-Tachyzoiten entstehen, dauert rund sechs Stunden. Nach einigen Replikationszyklen kommt es bei der Lyse der Wirtszelle zur Freisetzung der Tachyzoiten, die nun die Nachbarzellen penetrieren. Die Vermehrungsphase kann in allen Geweben stattfinden. Besonders häufig erfolgt die Replikation der Tachyzoiten jedoch in den Zellen des retikuloendothelialen Systems. Die Zellzerstörungen durch die Tachyzoiten führen zu den klinischen Manifestationen der Toxoplasmose.
Bildung von Bradyzoiten als Dauerstadien
Sobald die zelluläre Immunantwort nach etwa einer Woche einsetzt, verwandeln sich die Tachyzoiten allmählich in die Ruheformen von T. gondii, die Bradyzoiten. Die Bradyzoiten können von einer Zystenwand umgeben im Gewebe überdauern. Die Zysten befinden sich bevorzugt im Gehirn, in der Retina sowie in der Skelett- und Herzmuskulatur und können tausende Bradyzoiten enthalten. Die Dauerstadien sind viele Jahre lebensfähig und erhalten die latente, inaktive Infektionsphase aufrecht.
Symptome
Man unterscheidet drei Formen der Toxoplasmose:
Die postnatale Toxoplasmose beim Immunkompetenten
Die postnatale Toxoplasmose beim Immunsupprimierten
Die pränatale Toxoplasma-Infektion, die als konnatale Toxoplasmose anonymisiert meldepflichtig ist
Postnatale Toxoplasmose bei Immunkompetenten
Bei 80-90% der immunkompetenten Kinder und Erwachsenen verläuft die Toxoplasmose asymptomatisch. Die anderen 10-20% der infizierten Immunkompetenten leiden meistens unter einem grippeähnlichen Krankheitsbild mit Fieber und Lymphadenitis vorwiegend im Kopf und Halsbereich. Eine Retinochorioditis oder eine Enzephalitis tritt bei Immunkompetenten extrem selten auf.
Postnatale Toxoplasmose bei Immunsupprimierten
Bei immunsupprimierten Personen kann es zu einer Reaktivierung einer latenten Infektion kommen. Seltener ist die orale Neuinfektion oder eine Übertragung von T. gondii bei einer Transplantation. In allen Fällen kann die Toxoplasmose bei Immunsupprimierten einen schweren und lebensbedrohlichen Verlauf nehmen.
Die erheblich eingeschränkte zelluläre Immunität von AIDS-Patienten erhöht das Risiko der Reaktivierung von Zystenstadien der Toxoplasmose im Gehirn. Sie erklärt die hohe Inzidenz der Toxoplasma-Enzephalitis bei AIDS Patienten. Tatsächlich ist die Toxoplasmose auch noch nach der Einführung der hoch-aktiven antiretroviralen Therapie (HAART) die häufigste Ursache neurologischer Erkrankungen bei HIV-positiven Patienten. Das klinische Bild der Erkrankungen hängt dabei von der intrazerebralen Lokalisation der reaktivierten Toxoplasma-Herde ab.
Auch okuläre Formen der Toxoplasmose können bei Immunsupprimierten auftreten. In Folge einer Generalisierung kommt es zu weiteren Organmanifestationen. Bei einer Erstinfektion beobachtet man häufig eine interstitielle Pneumonie oder eine Hepatitis. Bei einer Übertragung durch eine Transplantation, hängt der erste Manifestationsort vom transplantierten Organ ab.
Pränatale Toxoplasma-Infektion
Eine pränatale Infektion ist in der Regel nur möglich, wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft erstmals mit T. gondii infiziert. Wenn eine Infektion bereits vor der Schwangerschaft stattgefunden hat und die Frau seropositiv ist, schützen die mütterlichen Antikörper den Fetus vor einer Toxoplasma-Infektion.
Einflussfaktoren auf das Infektionsrisiko und den Verlauf der Erkrankung
Bei einer Primärinfektion während der Schwangerschaft hängen das fetale Infektionsrisiko und der Verlauf der Erkrankung unter anderem von folgenden Faktoren ab:
Schwangerschaftsstadium
Infektionsdosis
Virulenz der Toxoplasmen
immunologische Kompetenz der Mutter
Schwangerschaftsstadium
Das Infektionsrisiko nimmt mit der Dauer der Schwangerschaft zu. Die diaplazentare Transmissionsrate beträgt im ersten Trimester etwa 15% und steigt auf etwa 60% im letzten Trimester an. Die Schwere des Krankheitsbildes nimmt hingegen mit der Dauer der Schwangerschaft ab.
Die Übertragung im ersten Trimester kann den Embryo schwer schädigen oder den Abort zur Folge haben. Im zweiten und dritten Trimester können die Kinder nach der Geburt unter Retinochoroiditis, Hydrocephalus und intrakraniellen Verkalkungen leiden. Die Erkrankungen können erst Monate und Jahre nach der Geburt manifest werden.
Diagnostik
Zur Diagnostik der asymptomatischen und symptomatischen Toxoplasma-Infektion bei Immunkompetenten eignen sich serologische Verfahren s. auch unten pränatale Diagnostik.
Bei Lymphadenitiden im Halsbereich bei Immunkompetenten ist die Toxoplasmose eine mögliche Diagnose. Da selbst eine nachgewiesene akute Infektion mit T. gondii nicht zwangsläufig die Ursache für die Lymphadenitis ist, sollten Malignome (Morbus Hodgkin) und Infektionskrankheiten wie Streptokokken-Angina, Epstein-Barr-Virus-(EBV-)Infektionen oder die Katzenkratzkrankheit (Bartonellose) differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden.
Okuläre Toxoplasmose
Die okuläre Toxoplasmose wird durch den Ophthalmologen anhand des charakteristischen Augenhintergrundes gestellt. Bei immunkompetenten Patienten muss differenzialdiagnostisch vor allem eine okuläre Sarkoidose Manifestation ausgeschlossen werden. Infektionen mit Treponema pallidum und Mycobacterium tuberculosis können ein ähnliches Krankheitsbild verursachen, kommen aber selten vor. Bei immunsupprimierten Patienten muss eine Infektion mit dem humanen Cytomegalievirus (HCMV) als Ursache differenzialdiagnostisch abgeklärt werden.
Der Nachweis spezifischer intraokularer Antikörper beziehungsweise ein Erregernachweis in Kammerwasser- oder Glaskörperproben per PCR kann den Verdacht auf eine okuläre Toxoplasmose im Zweifel bestätigen.
Diagnostik bei Immunsuppression
Bei Immunsuppression ist die Aussagekraft serologischer Tests gering. Geeignet ist der Erreger-Nachweis per PCR. Die Auswahl der zu testenden Körperflüssigkeiten und Bioptate richtet sich nach dem Krankheitsbild. Prinzipiell eignen sich Liquor, EDTA-Blut, bronchoalveoläre Lavage (BAL)-Flüssigkeit und Bioptate aus Gehirn und Lunge. Nur eine positive PCR ist beweisend. Bei negativer PCR sollten bei weiter bestehendem Toxoplasma-Verdacht histologische Untersuchungen durchgeführt werden.
Pränatale Diagnostik und Monitoring
Alle serologischen Ergebnisse sollen im Mutterpass der Schwangeren dokumentiert werden. Bei Schwangeren wird zur Abklärung einer Toxoplasma-Infektion des Infektionsstadium und der Gefährdung des Ungeborenen eine Stufendiagnostik mit folgenden Stufen empfohlen:
Toxoplasma-Antikörper-Suchtest
Es werden Tests zum Nachweis von Gesamt-Antikörpern (IgG und IgM) durchgeführt. Wenn sowohl für IgG und IgM ein negatives Ergebnis vorliegt, kann die Infektion mit Toxoplasmose und auch eine Immunität gegen Toxoplasmose ausgeschlossen werden. Die seronegative Schwangere ist infektionsgefährdet und muss zum Schutz des Ungeborenen die Empfehlungen zur Prävention beherzigen (s.u.).
Ein Test nur auf IgG ist alleine nicht aussagekräftig, weil IgG in der Frühphase der Infektion häufig nicht nachweisbar ist. Bei positivem IgG-Befund kann eine inaktive oder aktive Infektion vorliegen. Das sollte in einem nächsten Schritt durch die Untersuchung auf spezifische IgM-Antikörper abgeklärt werden.
Toxoplasma-IgM-Antikörper-Test
Fällt der IgM-Antikörper-Test bei gleichzeitig positivem IgG-Antikörper-Test negativ aus, kann man von einer inaktiven(latenten), für die aktuelle Schwangerschaft nicht-relevanten Toxoplasma-Infektion ausgehen. Eine Immunität der Schwangeren und damit auch der Schutz des Fetus kann angenommen werden.
Ist die Patientin seropositiv für Toxoplasma IgM muss abgeklärt werden, ob eine aktive, eine abklingende oder eine inaktive Infektion mit persistierenden IgM-Antikörpern vorliegt, gegebenenfalls muss die serologische Untersuchung nach 14 Tagen erneut durchgeführt werden.
Toxoplasma-Abklärungsverfahren
Beim Toxoplasma-Abklärungsverfahren steht die Bestimmung der Avidität von IgG-Antikörpern im Vordergrund. Die Avidität (Bindungsstärke) der IgG-Antikörper kann Hinweise auf den Infektionszeitpunkt geben. Die Bindungsstärke der IgG nimmt im Verlauf der Immunantwort zu. Daher kann der Nachweis hoch-avider IgG-Antikörper eine frische Primärinfektion ausschließen. Darüber hinaus können im Rahmen des Abklärungsverfahrens auch eine IgA-Antikörperbestimmung, Immunoblot und quantitative Untersuchungsverfahren durchgeführt werden.
Serologische Diagnostik beim Neugeborenen
Bei auffälliger mütterlicher Serokonstellation während der Schwangerschaft oder bei einem Verdacht auf eine kongenitale Toxoplasmose müssen Neugeborene serologisch untersucht werden. Als Beweis für eine pränatale Infektion gilt der Nachweis von spezifischen IgM- und/ oder IgA- Antikörpern im Serum des Neugeborenen.
Wenn die Mutter pränatal mit Antibiotika behandelt wurde, kann der obengenannte Nachweis beim Kind falsch negativ sein. Die Diagnose kann dann nur durch den Nachweis einer Persistenz oder eines Titeranstiegs von IgG-Antikörpern gesichert werden, wofür regelmäßige serologische Verlaufskontrollen über 3-10 Monate durchgeführt werden müssen. Allerdings unterdrückt eine postnatale Therapie mit Pyrimethamin-Sulfadiazin-Folinsäure (PSF) die Bildung spezifischer Antikörper. Der Anstieg der Antikörper kann dann erst drei Monate nach Absetzen der Therapie beobachtet werden und beweist dann nachträglich die pränatale Infektion, ist aber therapeutisch nicht von Belang.
Therapie
Die asymptomatische oder milde Toxoplasmose bei immunkompetenten Patienten muss in der Regel nicht behandelt werden. Eine Therapieindikation besteht bei:
Erstinfektionen in der Schwangerschaft
kongenitaler okulärer Toxoplasmose
immunsupprimierten Patienten
Medikamentöse Therapie:
Bradyzoitenhaltige Gewebezysten sind gegen Medikamente weitgehend resistent. Die medikamentöse Therapie zielt vor allem auf die Stoffwechselwege der Folsäure- und Proteinsynthese der Tachyzoiten. Zur Reduktion von Nebenwirkungen durch die Folsäureantagonisten wird zusätzlich Folinsäure (keine Folsäure) appliziert.
Folsäureantagonisten dürfen jedoch erst ab der 16. Schwangerschaftswoche angewendet werden. Bis zur 16. Schwangerschaftswoche kann mit Spiramycin versucht werden, die diaplazentare Transmission zu unterbinden. Danach wird ein rascher Umstieg auf eine Kombinationstherapie, bestehend aus Pyrimethamin plus Sulfadiazin plus Folinsäure (PSF), empfohlen, um klinische Manifestationen der Toxoplasmose beim Kind möglichst zu verhindern oder zu verringern.
Weitere Wirkstoffe zur Therapie der Toxoplasmose sind Clindamycin und Atovaquone sowie Cotrimoxazol bei okulärer Toxoplasmose und Trimethoprim/Sulfamethoxazol bei neurologischer Manifestation der Toxoplasmose bei Immunsupprimierten.
Prognose
Bei Immunkompetenten ist die Prognose der Toxoplasmose gut. Die Prognose einer pränatalen Toxoplasma-Infektion hängt unter anderem vom Schwangerschaftsstadium ab und davon, ob und ab wann die Infektion erkannt und therapiert wurde. Bei immunsupprimierten Patienten bestimmen die Manifestation und der allgemeine Gesundheitszustand die Prognose. Eine Toxoplasmose-Enzephalitis ist lebensbedrohlich.
Prophylaxe
Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt seronegativen Schwangeren oder Immunsupprimierten Patienten folgende Präventionsmaßnahmen:
Verzicht auf den Verzehr von rohen oder nicht ausreichend erhitzten oder gefrosteten Fleischprodukten (z. B. Hackepeter oder kurz gereifte Rohwürste)
rohes Gemüse und Früchte vor dem Verzehr gründlich waschen
Waschen der Hände vor dem Essen
Waschen der Hände nach dem Zubereiten von rohem Fleisch, nach Garten-, Feld- oder anderen Erdarbeiten und nach dem Besuch von Sandspielplätzen
Bei Halten einer Katze innerhalb der Wohnung in der Umgebung der Schwangeren sollte diese mit Dosen und/oder Trockenfutter ernährt werden. Die Kotkästen, insbesondere frei gehaltener Katzen, sollten täglich durch Nicht-Schwangere mit heißem Wasser gereinigt werden.
Frauen mit Kinderwunsch sollten ihren Toxoplasma-Antikörperstatus bereits vor der Schwangerschaft überprüfen lassen. Seronegative Schwangere sollten während der Schwangerschaft regelmäßig serologisch untersucht werden, um eine Toxoplasma-Infektion frühzeitig zu entdecken.
Hinweise
Für die konnatale Toxoplasmose besteht eine Meldepflicht. Gemäß § 7 Abs. 3 IfSG muss dem Robert Koch-Institut der direkte oder indirekte Nachweis von Toxoplasma gondii bei konnatalen Infektionen nichtnamentlich spätestens 2 Wochen nach erlangter Kenntnis vorliegen.
Pleyer, Groß, Schlüter et al. (2019): Toxoplasmose in Deutschland – Epidemiologie, Diagnostik, Risikofaktoren und Therapie. Dtsch Arztebl Int; 116: 435-44; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0435
Bauer, Brahm, Daugschies (2018): Bekämpfung von intestinalen Protozoen bei Hunden und Katzen, Deutsche Adaptation der ESCCAP-Empfehlung Nr.6, Hrsg. European Scientific Counsel Companion Animal Parasites.
Schlüter, Däubner, Schares (2014) Animals are key to human toxoplasmosis. International Journal of medical Microbiology (304)917-929. DOI: 10.1016/j.ijmm.2014.09.002
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