Hodgkin Lymphom

Das Hodgkin Lymphom ist eine maligne Tumorerkrankung des lymphatischen Gewebes, die meistens bei jungen Erwachsenen auftritt und heutzutage in vielen Fällen geheilt oder in eine langfristige Remission gebracht werden kann.

Hodgkin Lymphom

Definition

Das Hodgkin Lymphom ist eine primäre, maligne Neoplasie des lymphatischen Gewebes, an deren Beginn ein B-Zell-Klon stand. Es ist pathohistologisch durch große einkernige Hodgkin-Zellen und mehrkernige Reed-Sternberg-Zellen gekennzeichnet und unterscheidet sich dadurch von den Non-Hodgkin Lymphomen. Die Reed-Sternberg-Zellen sind neoplastische Riesenzellen, die mindestens zwei große prominente Nukleolen aufweisen, denen sie die Bezeichnung „Eulenaugenzellen“ verdanken. Hodgkin-Zellen und Reed-Sternberg-Zellen werden in der Fachliteratur häufig als HRS abgekürzt. Charakteristisch für das Hodgkin Lymphom ist auch, dass die eigentlichen Krebszellen eine Minderheit im Tumorgewebe darstellen. Sie werden von einem reaktiv entzündlichen Gewebe umgeben, das Lymphozyten, Eosinophile, Neutrophile, Histiozyten und Plasmazellen enthält.

Klinisch zeichnet sich das Hodgkin Lymphom dadurch aus, dass die Schwellung der betroffenen Lymphknoten schmerzfrei ist. Eine Ausnahme stellt der Alkoholschmerz dar, bei dem die betroffenen Lymphknoten schmerzen, wenn der Patient Alkohol trinkt. Der Alkoholschmerz ist selten, gilt aber als pathognomonisch für das Hodgkin Lymphom. Das Hodgkin Lymphom kann darüber hinaus die Symptome Fieber, Juckreiz, Nachschweiß und Gewichtsverlust verursachen, die unter dem Begriff B-Symptomatik zusammengefasst werden.

Der Name Hodgkin Lymphom stammt von dem britischen Arzt und Pathologen Sir Thomas Hodgkin, der es 1832 Jahren erstmals beschrieben hat.

Histologische Subtypen

Anhand des histologischen Bildes unterscheidet man die vier folgenden Subtypen des Hodgkin Lymphoms:

  • nodulär-sklerosierender Typ (65% der Fälle)
  • Mischtyp (25% der Fälle)
  • lymphozytenreiches klassisches Hodgkin Lymphom (4% der Fälle)
  • lymphozytenarmes klassisches Hodgkin Lymphom (1% der Fälle)

Epidemiologie

Das Hodgkin Lymphom ist in der westlichen Welt für ca. 0,5% der Krebserkrankungen verantwortlich. Bei jungen Menschen im Alter von 15-29 Jahren stellt das Hodgkin Lymphom mehr als 10% der Krebserkrankungen dar. In Deutschland erkranken jährlich etwa 160 Kinder und Jugendliche an einem Hodgkin Lymphom. Während die Prävalenz bei Personen im mittleren Lebensalter gering ist, steigt sie bei alten Menschen (75-84 Jahre) wieder an.

Frauen und Männer in jungen Jahren sind etwa gleich häufig betroffen. Im höheren Alter ist die Prävalenz bei Männern höher als bei Frauen. Im Jahr 2014 erkrankten in Deutschland geschätzt 1030 Frauen und 1340 Männer an einem Hodgkin Lymphom. Die Mortalität je 100.000 Personen pro Jahr beträgt 0,3 bei Frauen und 0,5 bei Männern.

Ursachen

Die Ursachen des Hodgkin Lymphoms sind unklar. Man hat aber Zusammenhänge zwischen den folgenden Faktoren und der Entstehung des Hodgkin Lymphoms beschrieben:

Pathogenese

Das Hodgkin Lymphom entsteht infolge einer klonalen Umwandlung von B-Zellen in die pathognomonischen Reed-Sternberg-Zellen (Eulenaugenzellen) und Hodgkin-Zellen. Die Ursache ist unbekannt. Im Verlauf der Erkrankung entwickelt sich in vielen Fällen eine langsam fortschreitende Störung der T-Zell-vermittelten Immunität, die in deren Folge der Patient anfällig für gewöhnliche bakterielle und atypische Pilz-, Virus- und Protozoen-Infektionen wird. Bei fortgeschrittenem Hodgkin Lymphom ist darüber hinaus die humorale Immunität gehemmt. Zu den relativ seltenen Todesfällen infolge des Hodgkin Lymphoms kommt es meist mittelbar durch eine Sepsis.

Symptome

Eine derbe gummiartige schmerzlose Lymphknotenschwellung ist in der Regel das erste Symptom des Hodgkin Lymphoms. In 60-70% der Fälle handelt es sich dabei um eine zervikale Lymphadenopathie. Bei einigen Patienten schmerzt der betroffene Lymphknoten, wenn sie Alkohol trinken. Dieser Alkoholschmerz kommt zwar selten vor, ist aber pathognomonisch für das Hodgkin Lymphom.

Häufig leiden Patienten mit Hodgkin Lymphom unter einer B-Symptomatik (begleitenden Symptomatik):

  • unerklärlichem Fieber (> 38°C) häufig intermittierend
  • massivem Nachtschweiß
  • ungewolltem Gewichtsverlust bis zur Kachexie
  • Juckreiz
  • Leistungsabfall
  • später: Infektionsanfälligkeit

Das Hodgkin Lymphom beschränkt sich meist nicht auf einen Lymphknoten und  so können auch innere Lymphknoten betroffen sein. Milz (Splenomegalie), Knochenmark und die Leber (Hepatomegalie) können sekundär befallen werden.

Bei großen Tumormassen kann es durch Druckerhöhung und Raumforderung in den betroffenen Regionen zu folgenden Symptomen kommen:

  • intrahepatische oder extrahepatische Gallengangsobstruktion mit Ikterus
  • lymphatische Obstruktion im Becken oder in den Leisten mit Beinödemen
  • tracheobroncheale Kompression mit Dyspnoe
  • Infiltration des Lungengewebes mit der Bildung pulmonaler Kavernen oder Abszessen
  • Lähmungen infolge der Kompression des Rückenmarks durch epiduralen Befall
  • Horner-Syndrom und Stimmbandparese bei Kompression des zervikalen Sympathikus und N. recurrens durch vergrößerte Lymphknoten
  • Nervenwurzelkompressionen können Nervenschmerzen hervorrufen

Diagnostik

Die Diagnostik des Hodgkin Lymphoms umfasst mehrere Schritte, die eine präzise Diagnosestellung, Stadieneinteilung und Therapieplanung ermöglichen. Ein Verdacht auf ein Hodgkin Lymphom besteht bei schmerzlosen Lymphknotenschwellungen, insbesondere wenn diese mit B-Symptomen (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) oder dem für das Hodgkin Lymphom pathognomischen Alkoholschmerz einhergehen.

Zur Sicherung der Diagnose ist eine histologische Untersuchung notwendig, die in der Regel durch die Biopsie eines gesamten Lymphknotens oder eines betroffenen Organs erfolgt. Eine Feinnadelbiopsie ist hierfür nicht ausreichend. 

Nach der Diagnosesicherung folgen weiterführende Untersuchungen, um das Ausmaß der Erkrankung, das Stadium und therapierelevante Risikofaktoren zu bestimmen. Diese Untersuchungen umfassen:

Körperliche Untersuchung

Eine sorgfältige körperliche Untersuchung umfasst die Inspektion der peripheren Lymphknoten sowie der Leber- und Milzregion, wobei alle verdächtigen Befallslokalisationen dokumentiert werden.

Labor

Labordiagnostisch müssen folgende Werte ermittelt werden:

  • Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
  • Blutbild mit Differentialverteilung
  • Klinische Chemie (Gamma-GT, GOT, GPT, Bilirubin, Kreatinin, Harnsäure)
  • Alkalische Phosphatase (AP)
  • Laktatdehydrogenase (LDH)
  • HIV1/2-Antikörpersuchtest, Hepatitis B (anti-HBs, anti-HBc), Hepatitis C (anti-HCV)
  • bei Frauen: ß-HCG-Test

Bildgebung

Zur Bildgebung gehören Röntgenaufnahmen des Thorax, um mediastinale Befunde zu identifizieren, sowie eine kontrastmittelverstärkte Computertomographie (CT) von Hals, Thorax und Abdomen. Dies dient nicht nur der Identifikation von befallenen Lymphknoten, sondern auch der Bestimmung therapierelevanter Risikofaktoren wie eines großen Mediastinaltumors, der definiert ist als ein Tumor, dessen Querdurchmesser mehr als ein Drittel des Querdurchmessers des Thorax beträgt.

Eine PET/CT (Positronen-Emissions-Tomographie in Kombination mit Computertomographie) wird zunehmend für das initiale Staging sowie für die Bestrahlungsplanung eingesetzt. Sie zeigt eine höhere Sensitivität und Spezifität im Vergleich zur alleinigen kontrastmittelverstärkten CT, insbesondere bei der Erkennung extranodaler Befälle und der Stadienanpassung. Auch eine Knochenmarkbiopsie ist heute nur noch in Ausnahmefällen erforderlich, da die PET/CT in der Regel eine ausreichende Sensitivität und Spezifität zur Erkennung eines Knochenmarkbefalls bietet. Allerdings ist die Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenversicherungen in einigen Fällen nicht gesichert.

Alternativ kann bei Kontrastmittelallergie eine Magnetresonanztomographie (MRT) erfolgen. Bei unklaren Befunden können ergänzende Verfahren wie Sonographie oder ein konventionelles Röntgen zur weiteren Abklärung eingesetzt werden.

Stadieneinteilung

Die Stadieneinteilung beim Hodgkin Lymphom erfolgt nach der Cotswold-modifizierten Ann-Arbor-Klassifikation und berücksichtigt definierte Risikofaktoren, um eine stadiengerechte Therapie zu ermöglichen. Dabei werden folgende Stadien unterschieden:

  • Stadium I: Befall einer einzelnen Lymphknotenregion oder lokalisierter Befall eines Organs außerhalb des lymphatischen Systems.
  • Stadium II: Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells oder lokalisierter Befall eines Organs und benachbarter Lymphknoten auf derselben Seite des Zwerchfells.
  • Stadium III: Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells oder zusätzlich von Organen außerhalb des lymphatischen Systems.
  • Stadium IV: Diffuser oder disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Lymphknotenbefall.

Zusätze:

  • A: Keine B-Symptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust).
  • B: Vorhandensein von B-Symptomen.

Zum lymphatischen System zählen Lymphknoten, Milz, Thymus, Waldeyer-Rachenring, Blinddarm und Peyer-Plaques.
Zusätzlich werden Risikofaktoren wie ein großer Mediastinaltumor, Extranodalbefall, hohe Blutsenkungsgeschwindigkeit und das Vorliegen von drei oder mehr betroffenen Lymphknotenarealen in die Therapieentscheidung einbezogen.

Die Patienten werden basierend auf Stadium und Risikofaktoren in drei Risikogruppen unterteilt:

  1. Frühe Stadien: Stadium I oder II ohne Risikofaktoren.
  2. Mittlere Stadien: Stadium I oder II mit einem oder mehreren Risikofaktoren; Stadium II B bei hoher BSG oder ≥3 Lymphknotenarealen.
  3. Fortgeschrittene Stadien: Stadium IIB mit Extranodalbefall oder großem Mediastinaltumor, Stadium III und IV.

Diese Einteilung bildet die Grundlage für eine stadiengerechte Therapieplanung. Um die Qualität der Stadieneinteilung zu gewährleisten, wird der Einschluss von Patienten in klinische Studien empfohlen.

Diagnostik vor der Therapie

Vor Beginn der Behandlung wird die Therapiefähigkeit der Patienten geprüft. Hierzu zählen kardiologische Untersuchungen wie EKG und Echokardiographie, Lungenfunktionsprüfungen sowie Schilddrüsenuntersuchungen. Bei bestehendem Kinderwunsch sollten Patienten über fertilitätserhaltende Maßnahmen aufgeklärt werden, da die Therapie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. In Fällen von eingeschränkter Herz- oder Lungenfunktion wird geprüft, ob bestimmte Medikamente wie Anthrazykline durch Alternativen ersetzt werden können.

Therapie

Eine adäquate Behandlung des Patienten mit Hodgkin Lymphom setzt die enge Zusammenarbeit von Ärzten verschiedener Fachrichtungen wie zum Beispiel Hämato-Onkologen, Pathologen, Psychoonkologen, Radiologen, Nuklearmediziner sowie Strahlentherapeuten und in der Nachsorge auch des Hausarztes voraus. Treten Komplikationen oder therapiebedingte Spätfolgen auf, müssen weitere Spezialisten in die Behandlung des Patienten einbezogen werden. Aufgrund dieser komplexen Behandlung sind standardisierte und qualitätsgesicherte Vorgehensweisen unverzichtbar.

Die Deutsche Hodgkin Studiengruppe (GHSG) konnte nachweisen, dass die Teilnahme an einer klinischen Studie das progressionsfreie Überleben verlängert. Daher sollte bei jedem Patienten mit Hodgkin Lymphom geprüft werden, ob er an einer klinischen Studie teilnehmen kann.

Die Therapieentscheidung sollte auf der Grundlage der Zugehörigkeit des Patienten zu einer der drei Risikostadien (s.o.) getroffen werden:

Therapie früher Stadien

Bei einem Hodgkin-Lymphom im frühen Stadium wird eine kombinierte Chemo-Strahlentherapie als Primärtherapie empfohlen. Eine alleinige Strahlentherapie ist nicht indiziert, mit Ausnahme von Patienten mit nodulär lymphozytenprädominantem Hodgkin-Lymphom (NLPHL) im Stadium IA ohne Risikofaktoren, die ausschließlich strahlentherapeutisch behandelt werden sollten.

Die bevorzugte Chemotherapie ist das ABVD-Schema, bestehend aus Adriamycin (Doxorubicin), Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin. Dieses Schema wird in zwei Zyklen durchgeführt. Anschließend erfolgt eine Strahlentherapie. Dabei soll das Zielvolumen einer „involved-site“ (IS-)Strahlentherapie entsprechen, mit einer Verschreibungsdosis von 20 Gy.

Zusätzlich wird nach den ersten zwei Zyklen ABVD eine PET/CT durchgeführt, um das Ansprechen auf die Therapie zu überprüfen. Im Falle einer positiven PET/CT sollte eine Intensivierung der Behandlung durch zwei weitere Zyklen BEACOPP-eskaliert in Erwägung gezogen werden. Bei negativem PET-Befund nach zwei bis drei Zyklen ABVD kann ein Verzicht auf die abschließende Strahlentherapie individuell abgewogen werden, wobei das Risiko eines Rezidivs sowie mögliche strahlentherapiebedingte Sekundärneoplasien und Organtoxizitäten berücksichtigt werden sollten.

Therapie des intermediären Stadiums

Bei Patienten mit einer Erstdiagnose eines Hodgkin-Lymphoms im intermediären Stadium wird eine Kombinationstherapie aus Chemotherapie und lokaler Strahlentherapie empfohlen. Die Chemotherapie umfasst insgesamt vier Zyklen. Patienten über 60 Jahre sollten, sofern möglich, zunächst 2 Zyklen BEACOPP-eskaliert, gefolgt von 2 Zyklen ABVD, erhalten. Falls dies nicht realisierbar ist, wird eine Chemotherapie mit 4 Zyklen ABVD durchgeführt.

Das BEACOPP-eskaliert-Schema beinhaltet die Wirkstoffe Cyclophosphamid, Etoposid, Adriamycin, Procarbazin, Vincristin, Bleomycin und Prednison.

Nach einer „2+2“-Therapie (2 Zyklen BEACOPP-eskaliert + 2 Zyklen ABVD) wird eine PET/CT zur Beurteilung der Therapieantwort empfohlen. Bei einer PET-negativen, kompletten Remission (Deauville-Score ≤3) kann auf eine konsolidierende Strahlentherapie verzichtet werden. Liegt hingegen eine PET-positive Remission (Deauville-Score ≥4) vor, sollte eine konsolidierende Strahlentherapie durchgeführt werden.

Nach einer Chemotherapie mit 4 Zyklen ABVD wird unabhängig vom PET-Status eine konsolidierende Strahlentherapie mit einer Dosis von 30 Gy empfohlen. Die Bestrahlung sollte bevorzugt in der „involved-site“ (IS-)Technik erfolgen, um das Bestrahlungsvolumen zu minimieren.

Therapie des fortgeschrittenen Stadiums

Die Behandlung des fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms umfasst in der Regel eine Polychemotherapie, gegebenenfalls gefolgt von einer Strahlentherapie. 

Für Erwachsene bis 60 Jahre wird BEACOPP-eskaliert als Standardchemotherapie empfohlen. Die Anzahl der Zyklen richtet sich nach den Ergebnissen des Interim-Stagings mittels PET/CT nach zwei Zyklen: PET/CT-negative Patienten sollten zwei weitere Zyklen BEACOPP-eskaliert erhalten, während bei PET/CT-positiven Patienten vier zusätzliche Zyklen empfohlen werden.

Das FDG-PET/CT ermöglicht eine frühzeitige Beurteilung des individuellen Therapieansprechens während der laufenden Chemotherapie und wurde in Studien (z. B. GHSG HD18) als hilfreich für die Anpassung der Behandlungsintensität bestätigt. 

Nach Abschluss der Chemotherapie entscheidet die PET/CT-basierte Beurteilung von Resttumoren ≥1,5 cm über die Notwendigkeit einer konsolidierenden Strahlentherapie. Patienten mit PET/CT-positivem Restgewebe sollten eine lokale Strahlentherapie erhalten. Die empfohlene Strahlendosis beträgt 30 Gy.

Für andere Chemotherapieregime ist der Nutzen einer PET/CT zur Anpassung der Therapie nach der Chemotherapie in fortgeschrittenen Stadien noch nicht ausreichend untersucht. Abweichungen vom Therapiestandard basierend auf PET/CT-Ergebnissen sollten daher nur im Rahmen klinischer Studien erfolgen.

Bei älteren Patienten, Patienten mit Begleiterkrankungen, HIV-assoziiertem Hodgkin-Lymphom oder nodulär lymphozyten-prädominantem Hodgkin-Lymphom (NLPHL) wird ein Einschluss in klinische Studien empfohlen, um eine bestmögliche Therapie zu gewährleisten.

Rezidivtherapie

Für Patienten bis 60 Jahre ohne schwerwiegende Begleiterkrankungen wird bei einem Rezidiv oder Fortschreiten eines Hodgkin-Lymphoms eine Hochdosischemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation empfohlen. Auch ältere Patienten über 60 Jahre mit gutem Allgemeinzustand und ohne erhebliche Begleiterkrankungen können diese Behandlung erhalten. Bei einem späten Rezidiv (mindestens ein Jahr nach der ersten Transplantation) kann eine erneute autologe Stammzelltransplantation in Betracht gezogen werden.

Vor der Hochdosischemotherapie sollten Patienten eine Reinduktionschemotherapie (Salvage-Therapie) durchlaufen. Hierfür werden üblicherweise zwei Zyklen eines zeitintensiven DHAP-Schemas (mit Dexamethason, Cytarabin und Cisplatin) eingesetzt, es können jedoch auch alternative Schemata wie IGEV (mit Ifosfamid, Gemcitabin, Prednisolon, Vinorelbin) oder GDP (mit Gemcitabin, Dexamethason, Cisplatin) angewendet werden. Nach der Salvage-Therapie soll die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation unmittelbar erfolgen, ohne zusätzliche Zwischentherapien. Patienten, die durch die Salvage-Therapie mindestens eine Krankheitsstabilisierung erreichen, sollten zeitnah transplantiert werden.

Bei Krankheitsprogress nach Salvage-Therapie kann eine alternative Behandlung mit nicht-kreuzresistenten Substanzen in Erwägung gezogen werden. Als weitere Option steht Brentuximab Vedotin zur Verfügung. Sollte es nach Salvage-Therapie und Brentuximab Vedotin weiterhin zu einem Fortschreiten der Erkrankung kommen, ist eine Behandlung mit einem Anti-PD1-Antikörper angezeigt.

Supportivtherapie

Die Supportivtherapie richtet sich nach dem verwendeten Therapieschema und den zu erwartenden Nebenwirkungen. Eine vorbeugende Antibiose wird nur bei BEACOPP-eskaliert empfohlen. Der prophylaktische Einsatz des Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktors (G-CSF) wird sowohl bei BEACOPP-eskaliert als auch bei Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation empfohlen. Darüber hinaus sind bei Bedarf eine Antiemese sowie die Behandlung einer medikamenten-bedingten Polyneuropathie oder einer oralen Mukositis durchzuführen.

Prognose

Die Prognose des Hodgkin Lymphoms ist abhängig vom Stadium der Erkrankung. Der lymphozytenreiche Subtyp weist die günstigste, der lymphozytenarme die schlechteste Prognose auf. Derzeit können 95% der Patienten in eine komplette Remission gebracht und etwa 90% langfristig geheilt werden. 

Das Hodgkin-Lymphom geht jedoch mit einem erhöhten Langzeitrisiko für Sekundärneoplasien einher, insbesondere für akute myeloische Leukämien und myelodysplastische Syndrome, Non-Hodgkin-Lymphome sowie Mamma- und Schilddrüsenkarzinome, die auch noch nach einer Latenzzeit von bis zu 30 Jahren auftreten können.

Prophylaxe

Da die Ursachen des Hodgkin Lymphoms nicht bekannt sind, gibt es auch keine gezielte Prophylaxe.

Hinweise

In den aktuellen Leitlinien (2022) besteht ein starker Konsens, dass psychoonkologische Behandlungsmaßnahmen in das Therapiekonzept integriert werden sollen. Jedem Patienten mit Hodgkin Lymphom soll die Möglichkeit eines psychoonkologischen Gesprächs orts- und zeitnah angeboten werden.

Um Rezidive frühzeitig zu erkennen, wird in der ersten Zeit nach der Therapie eine engmaschige Nachsorge (alle drei Monate im ersten Jahr und alle sechs Monate im zweiten bis zum vierten Jahr) empfohlen. Ab dem fünften Jahr nach der Therapie sollten die Patienten einmal jährlich zur Nachsorgeuntersuchung gehen.

Autor:
Stand:
07.10.2019
Quelle:
  1. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Hodgkin Lymphoms bei erwachsenen Patienten, Langversion 2.1, 2019; AWMF Registernummer: 018/029 OL
  2. German Hodgkin Study Group (GHSG): Webauftritt https://www.ghsg.org/home (Letzter Aufruf 23.09.2019)
  3. Shanbag, Ambinder (2018): Hodgkin Lymphoma: A Review and Update on Recent Progress. CA CANCER J CLIN 2018 ;68:116–132 DOI: 10.3322/caac.21438
  4. Hermann, Kraywinkel (2018) Faktenblatt Epidemiologie der Hodgkin Lymphome in Deutschland.  Onkologe 24:280–285 DOI: 10.1007/s00761-018-0362-7
  5. Portlock (2012): Hodgkin-Lymphom. MSD Manual Ausgabe für medizinische Fachkreise.
  6. S3-Leitline „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Hodgkin Lymphoms bei erwachsenen Patienten“, Version 3.2 – Oktober 2022, AWMF-Registernummer: 018/029OL.
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