Osmotisch wirkende Laxanzien

Osmotisch wirkende Laxanzien (Osmolaxanzien) entfalten ihre Wirkung durch ihre erhöhte Osmolarität, wodurch es zu einem Einstrom von Wasser in den Darm und so zu einer Erweichung des Stuhls kommt.

Darmzotten

Innerhalb der Selbstmedikation stehen verschiedene osmotisch wirksame Abführmittel zur Verfügung, die auf folgende Weisen wirken: Zuckeralkohole wie die Lactose oder Lactulose entfalten ihre Wirkung aufgrund ihrer Osmolarität durch die Hemmung der Resorption des Wassers aus dem Darm. Polyethylenglykol (Macrogol) kann zusätzlich Wasser binden und zählt zusammen mit Natriumpicosulfat als Mittel der ersten Wahl. Zusammenfassend wirken aber alle Vertreter über eine Erhöhung des Stuhlvolumens, eine beschleunigte Darmpassage und damit einer verbesserten Defäkation.

Lactose

Lactose ist als Lebensmittel auf dem Markt (z. B. Edelweiß Milchzucker) und wird idealerweise ins Frühstücksgetränk (z. B. Kaffee, Tee, Fruchtsaft) oder in Milch- bzw. Quarkspeisen gerührt. Die Dosierung bei Erwachsenen beträgt bis zu vier Esslöffel am Tag, Klein- und Schulkinder können ein- bis zwei Esslöffel täglich konsumieren.

Ungespaltene Lactose kann vom Gastrointestinaltrakt nur schwer aufgenommen werden. In Kombination mit Wasser entstehen durch den osmotischen Druck große Kotmengen, die einen weichen Stuhlgang ermöglichen. Außerdem wird die Substanz von Darmbakterien zu Säuren umgewandelt. In der Folge wird durch den niedrigen pH-Wert die Darmperistaltik angeregt.

Was ist zu beachten?

Aufgrund des Kaloriengehalts kann Lactose bei langfristigem Gebrauch Übergewicht begünstigen. Bei Patient:innen mit Diabetes mellitus empfiehlt sich eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle. Bei Erwachsenen sollte vor Einnahme eine Lactoseintoleranz ausgeschlossen werden.

Studienlage

Lactose ist schlecht erprobt, es liegen keine randomisierten kontrollierten Studien zur Wirksamkeit und zu den unerwünschten Wirkungen vor.

Lactulose

Lactulose ist ein synthetisches Disaccharid (Zweifachzucker) und besteht aus D-Galactose und Fructose. Fertigarzneimittel sind beispielsweise Bifiteral oder Lactulose 1A Pharma. Der Wirkstoff kann vom Körper nicht resorbiert werden und erhöht – ebenfalls wie Lactose – den osmotischen Druck im Darmlumen. Es ist – auch bei längerer Anwendung – gut verträglich und wird deshalb bei einer opioidinduzierten Obstipation empfohlen. Auch in der Schwangerschaft und Stillzeit kann es angewendet werden. Die Einnahme erfolgt peroral (5-10 g bei Erwachsenen; 3-6 g bei Kindern) ein- bis zweimal täglich [5].

Was ist zu beachten?

Lactulose kann zu Flatulenz und Diarrhoe führen. Bei einer Zucker-Unverträglichkeit ist Vorsicht geboten. Während einer Therapie sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (1,5-2 Liter täglich) geachtet werden.

Studienlage

Eine randomisierte, doppelblinde Studie von 1990 mit Lactulose (20 g/Tag) und Sorbitol (21 g/Tag) zeigte keinen signifikanten Unterschied im Hinblick auf die Frequenz der Stuhlgänge (95 %-Konfidenzintervall: 6,71-7,02). Allerdings hatten die Patient:innen der Lactulose-Gruppe, verglichen mit Sorbitol, mehr Übelkeit [6]. Lactulose erwies sich außerdem gegenüber Placebo als signifikant überlegen und wird insbesondere bei der Therapie der opioidinduzierten Obstipation empfohlen [7].

Polyethylenglykol (PEG)

PEG, auch als Macrogol bekannt, ist beispielsweise in Präparaten wie Movicol oder Laxofalk zu finden. Es ist osmotisch wirksam und erhöht so das Stuhlvolumen, was wiederum die Darmmotilität anregt sowie eine Defäkation auslöst. PEG kann zur Behandlung von akuter und chronischer Obstipation bei Erwachsenen, Jugendlichen und älteren Patient:innen eingesetzt werden. Da PEG im Gegensatz zur Lactulose nicht von Darmbakterien abgebaut werden, weisen diese den Vorteil auf, dass es unter deren Anwendung nicht wie zu der Lactulose-typischen Nebenwirkung Flatulenz und Meteorismus kommt.

Was ist zu beachten?

PEG-haltige Laxanzien dürfen nicht angewendet werden bei einer Verengung, einem Verschluss oder einem Durchbruch des Darms. Außerdem sind schwere entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder toxischem Megakolon eine absolute Kontraindikation [8].

Studienlage zu PEG

Ein Review aus 2010 zeigt, dass PEG in Bezug auf Stuhlhäufigkeit pro Woche, Stuhlform, Linderung von Bauchschmerzen und Bedarf an zusätzlichen Präparaten besser ist als Lactulose. Bei der Subgruppenanalyse wurde dies sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern beobachtet, mit Ausnahme der Linderung von Bauchschmerzen. Den Studienautor:innen zufolge sollte PEG bei der Behandlung von chronischer Verstopfung der Lactulose vorgezogen werden. [9]

Magnesium- und Natriumsulfat

Magnesiumsulfat (MgSO4, „Bittersalz“) und Natriumsulfat (Na2SO4, „Glaubersalz“) werden in einer Dosierung von 10-20 g, gelöst in Wasser, eingenommen. Beide Substanzen wirken osmotisch abführend.

Was ist zu beachten?

Die salinischen Abführmittel werden teilweise resorbiert, aus diesem Grund ist besondere Vorsicht geboten. So kann eine längere Anwendung von Natriumsulfat zu einer Flüssigkeitsretention und Hypertonie führen. Daher ist die Substanz bei Patient:innen mit Hypertonie und Herzinsuffizienz kontraindiziert.

Bei niereninsuffizienten Patient:innen kann es bei der Anwendung von Magnesiumsulfat zu Muskelschwäche, Reflexausfällen und Blutdruckabfall kommen. Ursache hierfür ist die unzureichende Ausscheidung von Magnesiumionen. Aus diesen Gründen ist die Anwendung bei dieser Personengruppe kontraindiziert. (1) Außerdem können Magnesiumsalze die Absorption bestimmter Arzneimittel (z.B. Tetrazykline, Chinolone) beeinträchtigen, wenn sie zeitgleich eingenommen werden. Daher ist ein Zeitabstand von zwei bis vier Stunden empfehlenswert.

Als Nebenwirkungen können bei beiden Laxanzien Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen und Bauchkrämpfe auftreten. Bei langfristiger Einnahme drohen Elektrolytstörungen.

Studienlage

Magnesium- und Natriumsulfat gehören zu den ältesten Laxanzien. Sie sind schlecht untersucht, es existieren keine kontrollierten Studien zur Behandlung der Obstipation. Wegen der Neben- und Wechselwirkungen sind beide Salze nicht zu empfehlen, da es besser untersuchte Alternativen gibt.

Autor:
Stand:
04.02.2022
Quelle:
  1. Lehrbuch Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, von Gerd Geisslinger/Sabine Menzel/Thomas Gudermann/Burkhard Hinz/Peter Ruth, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  2. Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM); Konsultationsfassung, https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2021/11/Leitlinie-LL-chronische-Obstipation_16.11.21-1.pdf
  3. Wald, A., et al., The burden of constipation on quality of life: results of a multinational survey. Aliment Pharmacol Ther, 2007. 26(2): p. 227-36.
  4. Muller-Lissner, S.A., et al., Myths and misconceptions about chronic constipation. Am J Gastroenterol, 2005. 100(1): p. 232-42.
  5. Fachinformation Lactulose
  6. Lederle FA, Busch DL, Mattox KM, West MJ, Aske DM. Cost-effective treatment of constipation in the elderly: a randomized double-blind comparison of sorbitol and lactulose. Am J Med. 1990 Nov;89(5):597-601. doi: 10.1016/0002-9343(90)90177-f. PMID: 2122724. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2122724/
  7. Müller-Lissner S, Bassotti G, Coffin B, et al. Opioid-Induced Constipation and Bowel Dysfunction: A Clinical Guideline. Pain Med. 2017;18(10):1837-1863. doi:10.1093/pm/pnw255
  8. Fachinformation Movicol®
  9. Lee-Robichaud H, Thomas K, Morgan J, Nelson RL. Lactulose versus Polyethylene Glycol for Chronic Constipation. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jul 7;(7):CD007570. doi: 10.1002/14651858.CD007570.pub2. PMID: 20614462. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20614462/
  10. Fachinformation Agiocur® Madaus
  11. Suares NC, Ford AC. Systematic review: the effects of fibre in the management of chronic idiopathic constipation. Aliment Pharmacol Ther 2011;33:895-901.
  12. Bove A, Bellini M, Battaglia E, et al. Consensus statement AIGO/SICCR diagnosis and treatment of chronic constipation and obstructed defecation (part II: treatment). World J Gastroenterol 2012;18:4994-5013.
  13. Mueller-Lissner SA, Wald A. Constipation in adults. BMJ Clin Evid 2010;2010.
  14. Fachinformation Dulcolax® Dragées
  15. Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, Richter E, Swallow R, Gessner U. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol. 2011 Jul;9(7):577-83. doi: 10.1016/j.cgh.2011.03.026. Epub 2011 Mar 25. PMID: 21440672.
  16. Friedrich C, Richter E, Trommeshauser D, de Kruif S, van Iersel T, Mandel K, Gessner U. Absence of excretion of the active moiety of bisacodyl and sodium picosulfate into human breast milk: an open-label, parallel-group, multiple-dose study in healthy lactating women. Drug Metab Pharmacokinet. 2011;26(5):458-64. doi: 10.2133/dmpk.dmpk-11-rg-007. Epub 2011 Jun 21. PMID: 21697613.
  17. Fachinformation Laxoberal® Abführ-Tropfen / Abführ-Tabletten
  18. Kienzle-Horn S, Vix JM, Schuijt C, Peil H, Jordan CC, Kamm MA. Comparison of bisacodyl and sodium picosulphate in the treatment of chronic constipation. Curr Med Res Opin. 2007 Apr;23(4):691-9. doi: 10.1185/030079907x178865. PMID: 17407625.
  19. Wirz S, Nadstawek J, Elsen C, Junker U, Wartenberg HC. Laxative management in ambulatory cancer patients on opioid therapy: a prospective, open-label investigation of polyethylene glycol, sodium picosulphate and lactulose. Eur J Cancer Care (Engl). 2012 Jan;21(1):131-40. doi: 10.1111/j.1365-2354.2011.01286.x. Epub 2011 Aug 31. PMID: 21880080.
  20. SPEARE GS. Melanosis coll; experimental observations on its production and elimination in twenty-three cases. Am J Surg. 1951 Nov;82(5):631-7. doi: 10.1016/0002-9610(51)90432-1. PMID: 14885613.
  21. Fachinformation Neda® Früchtewürfel
  22. Fachinformation Kräuterlax®
  23. Agra Y, Sacristán A, González M, Ferrari M, Portugués A, Calvo MJ. Efficacy of senna versus lactulose in terminal cancer patients treated with opioids. J Pain Symptom Manage. 1998 Jan;15(1):1-7. doi: 10.1016/S0885-3924(97)00276-5. PMID: 9436336.
  24. Fachinformation Obstinol® M
  25. AWMF: Leitlinien
  26. Lauer-Taxe: Lecicarbon® Laxans
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