
Tollwut-Impfstoffe
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in Zusammenarbeit mit der Ständigen Impfkommission (STIKO) aktualisierte Empfehlungen zur Tollwutprophylaxe veröffentlicht. Im Fokus stehen eine standardisierte und evidenzbasierte Immunisierung sowohl vor (Präexpositionsprophylaxe) als auch nach (Postexpositionsprophylaxe) einem Risikokontakt sowie eine neue Empfehlung zur serologischen Testung bei Hochrisikoexposition.
In Deutschland sind zwei zugelassene Zellkultur-Impfstoffe verfügbar.
- Rabipur, Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung in einer Fertigspritze
- Verorab Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionssuspension, Tollwut-Impfstoff, inaktiviert
Diese Impfstoffe sind inaktiviert und induzieren eine humorale Immunantwort gegen das Rabiesvirus-Glykoprotein, wodurch ein wirksamer Schutz vor der tödlich verlaufenden Enzephalitis gewährleistet wird.
Rabipur
Die empfohlene Dosis beträgt 1,0 ml intramuskulär für Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen. Der Impfstoff ist ausschließlich intramuskulär zu injizieren. Bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren wird die Injektion in den M. deltoideus verabreicht, bei Kindern unter zwei Jahren in den anterolateralen Oberschenkelbereich.
Die postexpositionelle Prophylaxe ist so schnell wie möglich nach der Exposition zu beginnen.
Verorab
Die empfohlene Dosis beträgt 0,5 ml intramuskulär oder 0,1 ml intradermal an jeder Injektionsstelle.
Die postexpositionelle Prophylaxe sollte so bald wie möglich nach Verdacht auf Tollwut-Exposition eingeleitet werden. Intradermale Anwendung erfordert eine standardisierte Technik und geschultes Personal.
Präexpositionsprophylaxe bei Reisenden
Die STIKO empfiehlt die präexpositionelle Tollwutimpfung für Personen mit geplantem Aufenthalt in Regionen mit enzootischer Hundetollwut, wenn ein schneller Zugang zu adäquater Postexpositionsprophylaxe nicht gesichert ist.
Die Grundimmunisierung erfolgt in drei Dosen an den Tagen 0, 7 und 21 oder 28. Für immunkompetente Personen mit abgeschlossener Drei-Dosis-Grundimmunisierung sind keine routinemäßigen Auffrischimpfungen erforderlich.
Bei Personen, die nur zwei Dosen innerhalb eines Jahres erhalten haben und weiterhin exponiert sind, ist eine dritte Dosis innerhalb eines Jahres zur Komplettierung notwendig.
Ergänzung für Personen mit erhöhter Exposition
Neu in den Empfehlungen ist eine Ergänzung für Personen mit erhöhter Exposition gegenüber Tollwutviren, insbesondere Laborpersonal bei regelmäßigem Umgang mit infektiösem Material.
Die STIKO empfiehlt für diese Gruppe die Durchführung standardisierter serologischer Tests zum Nachweis eines ausreichenden Antikörpertiters (≥ 0,5 IU/ml) zwei bis vier Wochen nach Abschluss des konventionellen Drei-Dosen-Impfschemas. Damit soll ein primäres Impfversagen ausgeschlossen werden.
Zudem wird eine weitere serologische Kontrolle nach etwa sechs Monaten angeraten, um ein sekundäres Impfversagen frühzeitig zu erfassen und gegebenenfalls eine erneute Impfung einzuplanen.
Postexpositionsprophylaxe
Die Postexpositionsprophylaxe richtet sich nach dem Expositionsgrad und dem Immunstatus der betroffenen Person.
Für ungeimpfte, immungesunde Personen empfiehlt die STIKO vier Dosen Impfstoff an den Tagen 0, 3, 7 und 14. Bei Expositionsgrad III (z. B. transdermale Bissverletzungen oder Kontamination von Schleimhäuten mit Speichel) ist zusätzlich die Gabe von Rabies-Immunglobulin indiziert.
Personen mit vollständiger präexpositioneller Grundimmunisierung (drei Dosen) erhalten nach Exposition zwei Impfstoffdosen an den Tagen 0 und 3 ohne zusätzliche Immunglobulingabe.
Nebenwirkungen
Die inaktivierten Tollwutimpfstoffe weisen ein gutes Sicherheitsprofil auf.
Rabipur
Sehr häufige Nebenwirkungen umfassen lokale Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Verhärtung, Rötung, Schwellung), Hautausschlag, Kopfschmerzen, Unwohlsein, Müdigkeit, Asthenie und Fieber. Diese sind in der Regel mild und klingen innerhalb weniger Tage ab.
Verorab
Sehr häufige Nebenwirkungen umfassen lokale Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Erythem), Unwohlsein, Kopfschmerzen und Myalgie. Bei intradermaler Anwendung treten Schwellung und Erythem an der Injektionsstelle ebenfalls sehr häufig auf. Bei Säuglingen und Kleinkindern gehören Reizbarkeit, vermehrte Schläfrigkeit und anhaltendes Weinen zu den sehr häufigen Reaktionen. Diese Beschwerden sind in der Regel mild und klingen innerhalb weniger Tage ab.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des Impfstoffs.
- Akute schwere Erkrankungen mit Fieber: Impfungen sollten bis zur Genesung verschoben werden.
Bei Exposition besteht jedoch immer eine Indikation zur Postexpositionsprophylaxe – auch bei Allergien , gegebenenfalls unter intensiver medizinischer Beobachtung und begleitenden Maßnahmen.
Impfschutz
Tollwut ist eine nahezu immer tödlich verlaufende virale Enzephalitis. Eine rechtzeitige aktive Immunisierung ist die einzige effektive Schutzmaßnahme.
Zellkulturbasierte Impfstoffe induzieren eine robuste humorale Immunantwort mit nachgewiesen hoher Serokonversionsrate.
Die serologische Testung bei Personen mit erhöhter Exposition soll sicherstellen, dass auch in dieser besonders gefährdeten Gruppe ein ausreichender Antikörpertiter erzielt und erhalten bleibt.
Die Postexpositionsprophylaxe stellt durch standardisierte Impfschemata und die bedarfsorientierte Gabe von Immunglobulinen einen wirksamen Schutz nach Risikokontakten sicher.