
Covid-19 ist kurz- und langfristig mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen und einem erhöhten Sterberisiko verbunden. Das ergab eine prospektive Kohortenstudie mit fast 160.000 Teilnehmern, die im Fachmagazin »Cardiovascular Research« (CVR) veröffentlicht wurde. Demnach war das Mortalitätsrisiko von Covid-19-Patienten im Vergleich zu nicht infizierten Personen in den ersten drei Wochen nach der Infektion bis zu 81-mal und bis zu 18 Monate später fünfmal höher [1].
Zielsetzung
Ziel der Studie war es, die kurz- und langfristigen Zusammenhänge zwischen Covid-19 und der Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen sowie der Sterblichkeit in der Allgemeinbevölkerung zu untersuchen. Die Assoziationen wurden für die akute Phase (innerhalb von 21 Tagen nach der Covid-19-Diagnose) und die postakute Phase (ab 22 Tage bis zu 18 Monate nach Infektion) bewertet. Covid-19-Impfungen gab es zum Studienzeitpunkt noch nicht.
Methodik
Ein Team um Ian Wong von der Universität Hongkong identifizierte Patienten, die zwischen dem 16. März und 30. November 2020 (also im ersten Pandemiejahr) an einer Covid-19-Infektion erkrankt waren. Als Quelle diente die UK Biobank, eine der weltweit größten medizinischen Datensammlungen einer Bevölkerung. Zwischen März und November erkrankten 7.584 Teilnehmende an Covid-19.
Die Daten wurden rund 70.000 Nichtinfizierten aus dem Beobachtungszeitraum (Pandemie-Vergleichsgruppe) sowie weiteren ~70.000 Personen aus dem Zeitraum vom 16. März bis 30. November 2018 (historische Kohorte) gegenübergestellt. Alle Personen wiesen ähnliche Charakteristika bezüglich Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Body-Mass-Index (BMI), Nikotinkonsum, Diabetes, Bluthochdruck sowie kardiovaskulären und anderen Krankheiten auf. Das mittlere Alter lag über alle Gruppen hinweg bei 66 Jahren.
Mit Einbeziehung der historischen Kontrollkohorte wollte Wong Verzerrungen ausschließen, die sich aus den Auswirkungen der eingeschränkten medizinischen Dienste während der Pandemie ergeben haben könnten, heißt es in einer Pressemitteilung der European Society of Cardiology (ESC) [2].
Ergebnisse
Covid-19-Patienten zeigten sowohl in der Akut- als auch Postakutphase gravierende Auffälligkeiten.
Akutphase:
Nach Analyse aller Daten ergab sich eine signifikant erhöhte Komplikationsrate in den ersten 21 Tagen der Covid-19-Erkrankung. Im Vergleich zur Pandemie-Vergleichsgruppe war das Sterberisiko der Covid-19-Patienten bis zu 81-mal höher, die Hazard Ratio (HR) betrug 67,5.
Ebenso war eine erhöhte kardiovaskuläre Erkrankungsrate feststellbar. Im Vergleich zur Pandemie-Kontrollkohorte erlitten Covid-19-Patienten häufiger ein Herzversagen (HR 41), einen karzinogenen Schock (HR 28,5), eine tiefe Venenthrombose (HR 22,1) oder einen Schlaganfall (HR 9,7). Weiterhin auffällig war ein Anstieg von Vorhofflattern (HR 8,8), Vorhofflimmern (HR 7,5), koronarer Herzkrankheit (HR 5), instabiler Angina pectoris (HR 4,3), akutem Koronarsyndrom (HR 3,1), Herzinfarkt (HR 2,7) und Herzinsuffizienz (HR 4,9). Die kardiovaskuläre Mortalität war um den Faktor 18,6 erhöht.
Patienten mit schwerem Covid-19-Krankheitsverlauf hatten ein höheres Risiko, eine fulminante kardiovaskuläre Komplikation zu entwickeln oder zu sterben, als leichte Erkrankungsfälle.
Postakutphase
Eine erhöhte Sterbewahrscheinlichkeit blieb auch in der Postakutphase bestehen. Verglichen mit der Pandemie-Kontrollgruppe stieg das Mortalitätsrisiko der Covid-19-Patienten um den Faktor 5 an. Die Rate von schweren kardiovaskulären Erkrankungen war um 40% erhöht (HR 1,4; 95%-KI 1,2–1,8).
Bei der Rate an kardiovaskulären Komplikationen wie Schlaganfall und Vorhofflimmern gab es in der Postakutphase kaum noch Unterschiede zu den Kontrollgruppen.
Fazit
Im Vergleich zu den beiden nicht infizierten Kohorten hatten Patienten mit Covid-19 sowohl in der akuten als auch postakuten Phase ein höheres Risiko, eine schwere kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Das Sterberisiko war in der akuten Phase bis zu 81-mal und in der postakuten Phase fünfmal höher – verglichen mit den Nichtinfizierten.
Covid-19-Patienten ein Jahr überwachen
Das erhöhte kardiovaskuläre Risiko während einer Covid-19-Erkrankung könnte sich auf das höhere Sterberisiko ausgewirkt haben, so Wong. Er rät, Patienten mit Covid-19 nach der Genesung von der akuten Erkrankung mindestens ein Jahr lang zu überwachen, um kardiovaskuläre Komplikationen zu diagnostizieren [2].