Myelodysplastisches Syndrom (MDS)

Unter dem Begriff myelodysplastisches Syndrom (MDS) fasst man eine heterogene Gruppe klonaler hämatopoetischer Störungen unbekannter Ursache zusammen. Circa ein Drittel der Erkrankungen geht in eine Leukämie über. Patienten können klinische Manifestationen von Anämie, Thrombozytopenie und/oder Neutropenie zeigen.

Myelodysplastisches Syndrom (MDS)

Definition

Unter dem Begriff myelodysplastisches Syndrom (MDS) fasst man eine heterogene Gruppe klonaler hämatopoetischer Störungen unbekannter Ursache zusammen, die häufig in der alternden Bevölkerung auftreten. Alle Erkrankungsformen sind durch eine oder mehrere periphere Blutzytopenien gekennzeichnet. Die Knochenmarkszellen weisen eine aberrante Morphologie und Reifung (Dysmyelopoese) auf, was zu einer ineffektiven Produktion von roten und weißen Blutkörperchen sowie Blutplättchen führt.

Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind klonale Erkrankungen der hämatopoetischen Stammzellen, die durch Dysplasien von Blut- und Knochenmarkzellen mit hämatopoetischer Insuffizienz und erhöhtem Risiko der Entwicklung einer akuten myeloischen Leukämie gekennzeichnet sind. Leitbefund ist meist eine Anämie, oft auch Bi- oder Panzytopenie.

Das Knochenmark ist oft normo- oder hyperzellulär, in ca. 10% der Fälle hypozellulär. Diagnostisch wegweisend sind Dysplasiezeichen einer oder mehrerer Zellreihen. Mindestens 10% der Zellen einer Reihe müssen eindeutige Dysplasiezeichen aufweisen, damit die Diagnose eines MDS gestellt werden kann.

Patienten mit MDS können klinische Manifestationen von Anämie, Thrombozytopenie und/oder Neutropenie zeigen. Bei einigen Patienten verläuft das MDS als eine indolente Erkrankung, andere Patienten entwickeln signifikante Zytopenien. Die daraus resultierenden Komplikationen (z. B. Blutungen und Infektionen) sind für fast die gesamte Mortalität im Zusammenhang mit einem MDS verantwortlich. Etwa 30% der MDS-Erkrankungen verlaufen aggressiv und gehen in eine akute Form der Leukämie über.

In der aktuellen WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2016 wird von den reinen MDS eine Gruppe von gemischten myelodysplastisch-myeloproliferativen Neoplasien abgegrenzt.

Epidemiologie

Die MDS zählen mit einer Inzidenz von ca. 4-5/100.000 Einwohnern pro Jahr zu den häufigsten malignen hämatologischen Erkrankungen. Ab einem Alter von 70 Jahren steigt die Inzidenz auf > 30/100.000 Einwohner an. Das mediane Erkrankungsalter liegt bei ca. 75 Jahren. Nur 10% der Patienten sind jünger als 50 Jahre. Frauen sind etwas seltener betroffen als Männer.

Ursachen

Die Ätiologie von MDS ist nur in 15% der Fälle bekannt. Folgende Einzelfaktoren sollen allein oder in Kombination die Entwicklung eines MDS begünstigen:

  • Bestrahlungs- und/oder Chemotherapie (10%); insbesondere die Behandlung mit Alkylantien in Kombination mit einer Bestrahlungstherapie (z. B. bei Lymphomen) ist mit dem Risiko des Auftretens eines MDS als Zweit-Neoplasie verbunden (sekundäre MDS).
  • langjährige berufliche Exposition gegenüber benzolhaltigen Stoffen oder anderen organischen Lösungsmitteln
  • hohe radioaktive Strahlenbelastung
  • Eine erbliche Veranlagung wird in 30% der pädiatrischen Fälle beobachtet.

Pathogenese

Bei der Pathogenese der MDS scheinen eine schrittweise Akkumulation von genomischen Schäden wie chromosomaler Aberrationen, DNA-Punktmutationen und epigenetischer Veränderungen in hämatopoetischen Stammzellen eine ursächliche Rolle zu spielen. Es wird vermutet, dass dies im Verlauf zu einer Selektion von malignen Stammzellen führt, die das Knochenmark mit ihren Progenitorzellen zunehmend klonal besiedeln und die gesunde Hämatopoese verdrängen. Dies manifestiert sich letztendlich in einer ineffektiven Hämatopoese im Knochenmark mit entsprechenden Zytopenien im peripheren Blut, trotz eines hyperzellulären Knochenmarks.

Im letzten Jahrzehnt wurden neben zahlreichen chromosomalen Veränderungen hauptsächlich Punktmutationen in Genen des Splicing-Apparates (z. B. SF3B1, SRSF2, ZRSR2, U2AF1), der Regulatoren epigenetischer Modifikationen (z. B. DNMT3A, TET2, ASXL1, IDH1/2, EZH2) und von Transkriptionsfaktoren (z. B. RUNX1, TP53, ETV6, NPM1, CEBPalpha, GATA2) identifiziert. In ca. 90% aller MDS Patienten lässt sich mindestens eine der bislang bekannten rekurrenten Mutationen nachweisen.

Initiale experimentelle Arbeiten konnten in den letzten Jahren zeigen, dass auch genetische Schäden im Bereich des Knochenmarkstromas alleine ausreichend sein können, einen MDS-Phänotyp zu erzeugen.

Weitere pathogenetische Aspekte von MDS sind gestörte bzw. erhöhte Apoptose-Neigung von ausreifenden Progenitorzellen und immunmodulatorische Prozesse.

Symptome

Die Symptome einer MDS-Erkrankung richten sich nach den betroffenen Blutzellen.

Ein Mangel an Erythrozyten (Anämie) äußert sich in:

  • Einschränkung der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit
  • Dyspnoe, insbesondere bei Belastung, allgemeine körperliche Schwäche, Herzrasen und Kopfschmerzen
  • Symptome einer Herz- oder zerebrovaskulären Insuffizienz oder koronaren Herzerkrankung (können verstärkt werden)
  • Sehstörungen bzw. Verwirrungszuständen
  • Blässe der Schleimhäute (Hämoglobin [Hb] meist unter 10 g/dl) und des Nagelbettes
  • Unspezifische Beschwerden wie Appetitlosigkeit und gastrointestinale Beschwerden
  • Fatigue

Bei einem Mangel an Leukozyten (Leukopenie/Neutropenie) treten wiederkehrende Infektionen, insbesondere des Bronchialsystems auf.
Gerinnungsstörungen und Blutungen (selten) beruhen auf einem Mangel an Thrombozyten und äußern sich in:

  • Petechien
  • Zahnfleischbluten
  • Hämatome nach Bagatelltraumen
  • schwere Blutungen, zum Beispiel des Gastrointestinaltraktes, im Bereich der ableitenden Harnwege, in der Retina oder im Zentralnervensystem (bei 10% der Patienten)

Diagnostik

Erstdiagnose

Etablierte Methoden der MSD-Diagnostik umfassen

  • Ausschluss zahlreicher Differentialdiagnosen
  • Blutbild
  • Differentialblutbild
  • Knochenmarkuntersuchung

Bei unsicherer Diagnose, insbesondere bei idiopathischen Zytopenien mit unklarer Aussagekraft (engl. idiopathic cytopenias of undetermined significance [ICUS]) oder idiopathischen Dysplasien mit unklarer Aussagekraft (engl. idiopathic dysplasia of unknown significance IDUS) mit normalem Karyotyp, kann die Analyse von somatischen Mutationen und die Durchflusszytometrieanalyse von Knochenmarkzellen hilfreich sein. Erworbene Mutationen, insbesondere in Genen, die an der epigenetischen Regulation und dem Chromatin-Remodeling (TET2, DNMT3A, ASXL1, IDH1 / 2, EZH2), am Prä-mRNA-Splicing (SF3B1, SRSF2, U2AF1), an der Transkription (TP53, RUNX1, (II) (III )) und an der Signaltransduktion (z. B. NRAS, CBL) beteiligt sind, treten bei den meisten MDS-Erkrankungen auf und können eine klonale Erkrankungen belegen. 

Die WHO hat für die verschiedenen Ausprägungen der MDS aufgrund klinischer Merkmale, peripherer Blut- und Knochenmarkbefunde und zytogenetischer Analysen folgendes Klassifizierungssystem (2016) entwickelt:

MDS TypZytopenien und Blasten im BlutKnochenmarkbefunde und Zytogenetik
MDS mit single lineage1-2 Zytopenien, Blasten <1%Blasten <5%, keine Auerstäbchen,<15%
dysplasia
(MDS-SLD)
früher RA, RN, RT
 Ringsideroblasten
MDS mit multilineage dysplasia
(MDS-MLD)
früher RCMD
1-3 Zytopenien, Blasten <1%Blasten <5%, keine Auerstäbchen, <15% Ringsideroblasten
MDS mit single lineage dysplasia und Ringsideroblasten
(MDS-RS-SLD)
früher RARS
1-2 Zytopenien, Blasten <1%Blasten <5%, keine Auerstäbchen, >15% Ringsideroblasten oder >5% und SF3B1 Mutation
MDS mit multilineage dysplasia und Ringsideroblasten
(MDS-RS-MLD)
früher RCMD-RS
1-3 Zytopenien, Blasten <1%Blasten <5%, keine Auerstäbchen, >15% Ringsideroblasten oder >5% und SF3B1 Mutation
MDS mit del(5q)1-2 Zytopenien, Blasten <1%Blasten <5%, keine Auerstäbchen, del(5q) allein oder mit 1 Zusatzanomalie (nicht von Chromosom 7)
MDS mit Blastenvermehrung
(MDS EB1)
früher RAEB 1
1-3 Zytopenien, Blasten <5%Blasten <10%, keine Auerstäbchen
MDS mit Blastenvermehrung
(MDS EB2)
früher RAEB 2
1-3 Zytopenien, Blasten <20%Blasten <20%, Auerstäbchen möglich
MDS unklassifizierta) MDSSLD mit Panzytopenie
b) MDSSLD/MDSMLD/MDSdel(5q) mit 1% Blasten im Blut
c) MDS ohne eindeutige Dysplaseien, aber mit MDS definierender chromosomaler Aberration
Blasten <5%, keine Auerstäbchen

In den 80er Jahren wurde bereits die FAB-Klassifikation (french-american-british) durch eine Gruppe von Wissenschaftlern erstellt, die die MDS nach ihrem Anteil an unreifen Zellen im Knochenmark (Blasten) einteilt. Gesunde haben einen Anteil ≤ 2% Blasten und MDS-Patienten einen Anteil von 2-20% an unreifen Zellen. Wird ein Anteil von > 20% an Blasten diagnostiziert, spricht man von einer akuten Leukämie.

Die FAB-Klassifikation unterscheidet fünf MDS-Subtypen:

  • Refraktäre Anämie (RA)
  • Refraktäre Anämie mit Ringsideroblasten (RARS)
  • Refraktäre Anämie mit Blastenüberschuss (RAEB)
  • Refraktäre Anämie mit Blastenüberschuss in Transformation (RAEB-T)
  • Chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML)

Verlaufskontrolle

Neben der regelmäßigen Blutbildkontrolle ist die zusätzliche Knochenmarkuntersuchung bei Verdacht auf Progression bzw. vor geplanter kurativer Therapie empfohlen. Die regelmäßige (jährliche) Durchführung einer Knochenmarkuntersuchung (in der Regel nur mit Knochenmarkaspiration) wird aktuell mit dem Vorteil der frühen Erkennung z. B. einer klonalen Evolution aber auch mit dem Nachteil der (geringen) Belastung für den Patienten kontrovers diskutiert. Im Rahmen von klinischen Studien und an MDS-Zentren wird regelmäßig der Knochenmarkbefund kontrolliert.

Die Antwortkriterien für die Behandlung des MDS basieren auf Empfehlungen einer internationalen Arbeitsgruppe, die zwei Arten von Antworten definiert:

  • Reaktionen auf Behandlungen, die auf die Veränderung des Krankheitsverlaufs abzielen (hauptsächlich allogene Stammzelltransplantation, intensive Chemotherapie):
    o vollständige Remission
    o teilweise Remission
    o stabile Erkrankung
    o Fortschreiten der Erkrankung
  • Verbesserung von Zytopenien ("hämatologische Verbesserung") in einer, zwei oder drei Linien (Erythroid-, Thrombozyten- und Neutrophilenreaktionen), jedoch mit keiner offensichtlichen Auswirkung auf den Krankheitsverlauf

Therapie

Das meist fortgeschrittene Alter und die häufigen Komorbiditäten der Patienten einerseits sowie die Therapietoxizität und oft unbefriedigenden Ansprechraten der konventionellen Therapieansätze andererseits stellen eine komplexe Herausforderung an das Management von MDS-Patienten dar. Die Therapiemöglichkeiten sollten immer auf den Patienten individuell abgestimmt sein mit dem Ziel des Gewinns an Lebensqualität und Lebenszeit. Das kurative Verfahren der allogenen Stammzelltransplantation stellt bei Patienten im Alter von über 70 Jahren nur für eine Minderheit der Patienten eine praktische Therapieoption dar.

Gemäß den Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften sollten sich die Therapiestrategien bei Patienten mit MDS an der Risikostratifikation (siehe Abschnitt „Prognose“) orientieren. Therapiegrundlage ist die supportive Therapie vor allem mit Gabe von Erythropoetin, Erythrozytenkonzentraten und ggf. notwendig werdender Eisenchelation sowie einer Impfung gegen Pneumokokken. Für Patienten mit fortgeschrittenem MDS, welche für die Durchführung einer allogenen Stammzelltransplantation nicht geeignet sind, stellt Azacitidin eine wirksame und verträgliche Therapie dar, die ambulant durchführbar ist.

Therapie für Niedrigrisiko-Patienten

In Abhängigkeit vom Alter und von Begleiterkrankungen ist bei vielen MDS-Patienten aufgrund der geringgradigen Zytopenie zunächst eine „watch and wait“-Strategie ausreichend. Bei einem wesentlichen Teil der Patienten stellt jedoch die Anämie die häufigste Indikation zum Therapiebeginn dar.

  • Supportive Therapie: Hauptbestandteil der supportiven Therapie ist die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten in Abhängigkeit vom klinischen Zustand. Die Substitution von Thrombozytenkonzentraten sollte nur im Falle von klinischen Blutungszeichen erfolgen. Die Anwendung von Antibiotika im Falle von Infektionen (auch Bagatell-Infektionen) sollte großzügig erfolgen. Die adäquate Behandlung von Begleiterkrankungen (Lungen-, Herzerkrankungen etc.) ist wichtiger Bestandteil der Gesamttherapie.
  • Eisenchelatoren: Polytransfundierte Patienten sind längerfristig durch die begleitende sekundäre Hämochromatose (Kardiomyopathie) bedroht. Deshalb kann bei Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als zwei Jahren, die mindestens 20 Erythrozytenkonzentrate erhalten bzw. einen Serumferritinspiegel von >1000 ng/ml haben, eine Therapie mit Eisenchelatoren (Deferasirox, Desferoxamin) erwogen werden. Besonderen Stellenwert hat die Eisenchelation vor einer allogenen Stammzelltransplantation und wird dort bis zum Beginn der Konditionierung empfohlen.
  • Hämatopoetische Wachstumsfaktoren: Die Therapie mit Erythropoese stimulierenden Faktoren (ESF, klassisch: subkutanes Erythropoetin 40 000 IE/Woche, bei unzureichender Wirkung ggf. steigern auf 60 000 IE/Woche, einmal pro Woche); Verzögerungserythropoetin: 300 µg wöchentlich bzw. 500 µg zweiwöchentlich subkutan). Kombination mit niedrigen Dosen von Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktor (G-CSF) (100 µg G-CSF s. c. 2-3mal pro Woche) mit dem Ziel, die Wirksamkeit von Erythropoetin zu modulieren. Die Verfügbarkeit von thrombopoetischen Wachstumsfaktoren (Romiplostim, Eltrombopag) bietet die Möglichkeit, die schwere Thrombozytopenie bei Niedrigrisiko MDS-Patienten erfolgreich zu behandeln.
  • Immunmodulatorische Substanzen: Die Behandlung mit Lenalidomid führt bei etwa 60% der MDS-Patienten mit einer singulären Deletion am Chromosom 5 und einer transfusionspflichtigen Anämie zum Ansprechen mit dem Ergebnis einer Transfusionsunabhängigkeit sowie bei einem Teil der Patienten zu einer zytogenetischen Remission. Patienten mit nur einer Zusatzaberration (außer von Chromosom 7) sprechen ähnlich gut an.
  • Immunsuppressive Therapie: Bei einigen Patienten liegt der Erkrankung ein autoimmuner Prozess zugrunde und diese sprechen auf eine immunsuppressive Therapie an. Etwa 30% der Patienten, die mit Antithymozytenglobulin behandelt wurden, erreichen Transfusionsfreiheit. Gute prädiktive Parameter für ein Ansprechen konnten bisher nicht identifiziert werden.

Therapie für Hochrisiko-Patienten

Es besteht prinzipiell die Indikation zu einer Therapie, die auf eine Verlängerung der Lebenszeit abzielt. Bei allen Patienten mit Hochrisiko-MDS sollte zunächst die Möglichkeit einer allogenen Stammzelltransplantation geprüft werden. Patienten, die nicht für dieses Verfahren in Frage kommen, können eine Behandlung mit Azacitidin erhalten. Bei Progress und bei ausbleibendem Ansprechen nach vier bis sechs Zyklen sollten Patienten, wenn möglich, in laufende klinische Studien eingeschlossen werden (siehe Abschnitt „Hinweise“).

  • Intensive Chemotherapie: individuelle Entscheidung unter Berücksichtigung des Nutzen-Risikoverhältnisses
  • Epigenetische Therapie: Azacitidin und Decitabin sind die beiden derzeit bei der Behandlung von MDS verwendeten Hypomethylierungsmittel. Azacitidin und Decitabin können die Hypermethylierung verringern und die Reexpression der wichtigsten Tumorsuppressorgene induzieren. Decitabin kann bei Patienten, die auf die Behandlung mit Azacitidin nicht (mehr) ansprechen, Remissionen erreichen. Die Kombination mit etablierten BCL2-Inhibitoren ist eine weitere Möglichkeit, Patienten nach Versagen einer demethylierenden Substanz erfolgreich zu behandeln. Dafür ist der Einschluss in eine klinische Studie notwendig.
  • Nicht-intensive Chemotherapie: Niedrig dosiertes Cytarabin (20 mg/m2/d Tag 1-14) oder niedrig dosiertes Melphalan (2 mg/d) kann nach Ausschöpfung anderer Optionen im Einzelfall eine sinnvolle Alternative darstellen.
  • Allogene Stammzelltransplantation: Die allogene Stammzelltransplantation stellt das bisher einzige potenziell kurative Verfahren in der Behandlung der MDS dar, ist aber in der Praxis für die meisten älteren, komorbiden Patienten keine Option.

Therapie bei akuter myeloischer Leukämie

Entsprechend Leitlinien für akute myeloische Leukämie.

Prognose

Die Prognose hängt vom Typ des MDS, von Alter, Geschlecht und Komorbiditäten des Patienten, den zytogenetischen Befunden, dem medullären Blastenanteil, den Blutzellwerten, dem Transfusionsbedarf und der Behandlung ab. Einige Patienten brauchen nur minimale unterstützende Behandlung und Beobachtung, bei anderen ist eine intensivere Therapie angezeigt.
Die Überlebenszeit variiert zwischen einigen Wochen bis zu Jahren. Das mediane Gesamtüberleben liegt zwischen 15 und 30 Monaten, das Risiko für ein Fortschreiten zur akuten myeloischen Leukämie nach 5 Jahren bei 25% bis 35%.

Ein Instrument zur Abschätzung der Prognose ist der WHO-adapted Prognostic Score (WPSS). Dieser Score berücksichtigt die WHO-Klassifizierung der Erkrankung, den Karyotyp und den Transfusionsbedarf bei Erstdiagnose und ist besonders geeignet, das Risiko einer Leukämieentwicklung vorherzusagen. Mithilfe der validierten Prognosescores IPSS (International Prognostic Scoring System) und IPSS-R (International Prognostic Scoring System-Revised) werden die Patienten verschiedenen Risikogruppen mit entsprechenden Überlebenswahrscheinlichkeiten zugeordnet. Entscheidende Parameter sind der Einfluss der Zytopenien, die chromosomalen Veränderungen und der Gehalt an Knochenmarkblasten.

Der Risikoscore beeinflusst - zusätzlich zur Berücksichtigung von Alter, Allgemeinzustand und Vorstellungen des Patienten - maßgeblich die Therapieplanung.

Prophylaxe

Da die Zusammenhänge zwischen pathogenen Noxen und der Erkrankung nicht nachgewiesen sind, gibt es keine anerkannten Vorbeugungsmaßnahmen für das MDS.

Der zeitliche Verlauf des Auftretens von krankheitsbestimmenden molekularen Veränderungen (z. B. Mutationen in Genen, die signifikant mit dem Auftreten eines MDS korreliert sind und teilweise prognostische Bedeutung haben) wird im Moment intensiv ohne konkreten Einfluss auf mögliche Früherkennnungsmerkmale diskutiert.

Hinweise

MDS bei Kindern

Das MDS ist bei Kindern sehr selten. Experten stellen auf www.kinderkrebsinfo.de ausführliche Informationen zum Krankheitsbild, zu möglichen Ursachen und Symptomen sowie zu Krankheitsverlauf, Diagnostik, Behandlung und Prognose zur Verfügung [3].

Therapiestudien

In Deutschland sind bis heute nur Azacitidin und Deferasirox für die Therapie von bestimmten Patienten mit MSD zugelassen. Da es in der Therapie des MDS nur wenige etablierte Medikamente gibt, stehen Patienten potenziell wirksame Substanzen nur im Rahmen von klinischen Studien zur Verfügung.

Die Studienzentren der Deutsch-Österreichisch-Schweizerischen MDS Studiengruppe (MDS-D-A-CH) führen für MDS-Patienten aller Risikogruppen Therapiestudien durch. Bis zur Zulassung neuer Medikamente stellen die innerhalb solcher Studien durchgeführten Therapien unter Umständen die beste Möglichkeit für eine erfolgversprechende Behandlung dar. Informationen zu aktuellen Studien der MDS-Studiengruppe können im Internet unter www.kompetenznetz-leukaemie.de eingesehen werden [4, 5].

Quelle:
  1. Hofmann et al.: Myelodysplastische Syndrome (MDS), Stand: Juni 2018
  2. Fenaux et al. (2014): Myelodysplastic syndromes: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Annals of Oncology, DOI: 10.1093/annonc/mdu180

Weitere Informationen

  1. Yoshimi (2018): Myelodysplastisches Syndrom (MDS)
  2. Kompetenznetz Leukämien: Deutsches Leukämie-Studienregister
  3. Kompetenznetz Leukämien: Laufende Therapiestudien bei MDS
  4. PDQ® Adult Treatment Editorial Board. PDQ Myelodysplastic Syndromes Treatment. Bethesda, MD: National Cancer Institute. Aktualisierung 01.02.2019. Letzter Zugriff am 12.09.2019. [PMID: 26389419]
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden

Anzeige