Plattenepithelkarzinom

Das Plattenepithelkarzinom ist eine maligne Neoplasie der epidermalen Keratinozyten. Der Tumor entwickelt sich vor allem an lichtgeschädigten Hautarealen auf dem Boden einer aktinischen Keratose.

Plattenepithelkarzinom

Definition

Das Plattenepithelkarzinom (ICD-10 C80.9) – veraltet als Spinaliom bezeichnet – ist eine maligne nicht-melanotische Neoplasie der epidermalen Keratinozyten von Haut und Schleimhaut. Prädilektionsstellen sind stark lichtgeschädigte Hautregionen, speziell in der Kopf-Hals-Region. Plattenepithelkarzinome gehen häufig aus einer intraepidermalen Proliferation atypischer Keratinozyten hervor. Das Erkrankungsrisiko steigt mit der kumulativen UV­Dosis. Selten entwickeln sich die Hauttumoren auch infolge chronischer und/oder infizierter Wunden, Hauterkrankungen oder Verbrennungsnarben, auf strahlengeschädigter Haut, nach andauernden Hautreizungen sowie unter immunsuppressiver Therapie, beispielsweise nach einer Organtransplantation. Ein Plattenepithelkarzinom imponiert als hyperkeratotische Papel, teilweise mit verruköser Oberfläche. Im weiteren Verlauf sind ausgedehnte Ulzerationen möglich. Der Dermatologe erkennt ein Plattenepithelkarzinom meist auf den ersten Blick. Die Biopsie sichert die Diagnose. Bei Verdacht auf Fernmetastasen kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Therapie der Wahl ist die vollständige Tumorexzision. Im seltenen Fall einer Fernmetastasierung kann eine systemische Chemotherapie sinnvoll sein [1].

Hinweis: Neben den kutanen Lokalisationen finden sich Plattenepithelkarzinome an weiteren Körperstellen, etwa im Hals-Nasen-Ohren-Bereich und am Gebärmutterhals (überwiegend HPV-assoziiert) sowie im oberen und unteren Respirationstrakt (in der Regel auf Nikotinabusus zurückzuführen). Die Informationen in diesem Beitrag sind auf die kutanen Plattenepithelkarzinome beschränkt.

Epidemiologie

Das Plattenepithelkarzinom ist nach dem Basalzellkarzinom der zweithäufigste Hauttumor. Er macht knapp ein Viertel aller malignen, nicht-melanotischen Hauttumoren aus. Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut (RKI) erkrankten 2016 in Deutschland 107.020 Frauen und 122.730 Männer neu an nicht-melanomem Hautkrebs. Bei einem Anteil von 25 Prozent hieße das, dass mehr als 26.000 Frauen und 30.000 Männer ein Plattenepithelkarzinom entwickelten. Das durchschnittliche Erkrankungsalter wird mit etwa 70 Jahren angegeben. Männer erkranken häufiger als Frauen. Das Plattenepithelkarzinom der Haut findet sich zu 80 Prozent im Kopf- und Gesichtsbereich bzw. an chronisch UV-exponierten Arealen [1–3].

Die Inzidenz von nicht-melanomem Hautkrebs in weißen Bevölkerungsgruppen stieg in den letzten Jahren weltweit an, auch in Deutschland. So nahmen die altersstandardisierten und rohen Inzidenzraten des hellen Hautkrebses zwischen 1970 und 2012 im Saarland um das 10- bzw. 22-fache zu. In Schleswig-Holstein verdoppelten sich die rohen Inzidenzraten zwischen 1999 und 2012 und erreichten 2012 250 Fälle/100.000 Personen pro Jahr; die altersstandardisierten Inzidenzraten erhöhten sich um das 1,5-fache. In ganz Deutschland wird die derzeitige Inzidenzrate von nicht-melanomem Hautkrebs bei Frauen mit 143/100.000 und bei Männern mit 184,1/100.000 angegeben; diese wird sich bis 2030 voraussichtlich verdoppeln [4].

Basierend auf den Inzidenzraten der nicht-melanomem Hauttumoren wurden die Inzidenzraten für kutane Plattenepithelkarzinome für neun Regionen in Deutschland ermittelt. Je nach Region liegen die erfassten altersstandardisierten Inzidenzraten aktuell zwischen 20/100.000 und 32/100.000 Einwohnern pro Jahr (alter Europastandard). Im Vergleich der Raten zwischen 2005–2009 zeigte sich im Zeitraum von 2010–2014 ein Zuwachs um rund 30 Prozent (0–59 Prozent je nach Region) [1].

Das Risiko, ein kutanes Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, nimmt mit dem Alter zu. Im Jahr 2016 erkrankten hierzulande 21 Prozent der über 65-Jährigen. Da zukünftig von einer zunehmenden Anzahl älterer Menschen auszugehen ist, ist schon aufgrund des demografischen Wandels mit einem weiteren Anstieg der Erkrankungsfälle zu rechnen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der über 65-Jährigen von 17,4 Millionen (2016) auf rund 20 Millionen im Jahr 2025 ansteigen – und somit auch die Inzidenzraten für das kutane Plattenepithelkarzinom [1].

Die Mortalität der nicht-melanomen Hauttumoren ist gering. In Deutschland blieben die Zahlen in den letzten 25 Jahren weitgehend stabil. Im Jahr 2016 starben laut Krebsdatenregister 520 Männer und 378 Frauen an hellem Hautkrebs – der Anteil der Plattenepithelkarzinome ist nicht ersichtlich [2].

Ursachen

Die Ätiologie des Plattenepithelkarzinoms ist multifaktoriell. Neben einer genetischen oder immunologischen Prädisposition sind primär exogene Auslösefaktoren, allen voran UV-Strahlung, für dessen Entstehung bedeutsam. Aufgrund ihres onkogenen Potenzials wurde UV-Licht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2009 als „carcinogenic in humans“ in die Gruppe 1 der etablierten Karzinogene aufgenommen. Zudem spielt UV-Strahlung im Kontext der in Deutschland 2015 etablierten Berufskrankheit BK 5103 (Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung) eine Schlüsselrolle [1][5][6].

Menschen mit hellem Hauttyp entwickeln häufiger nicht-melanotischen Hautkrebs als Menschen mit dunklerem Hauttyp. Hauptrisikofaktor ist die starke Belastung der Haut mit ultra­violetten Strahlen (insbesondere UV-B). Die Wahrscheinlichkeit, ein Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, steigt mit der kumulativen UV-Dosis. Je höher das UV-Lebenszeitkonto ist – unabhängig davon, ob die UV-Strahlung von der Sonne, aus dem Solarium oder anderen künstlichen UV-Quellen stammt –, umso höher ist das Plattenepithelkarzinom-Risiko. Chemische Karzinogene wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe oder Arsen sind ebenfalls als Induktoren von Plattenepithelkarzinomen anerkannt [1–3][7].

Plattenepithelkarzinome entstehen häufig aus Vorläuferläsionen wie der aktinischen Keratose und Morbus Bowen. Ferner können sie sich in strahlengeschädigter Haut (zum Beispiel nach einer Radiotherapie), auf chronischen Wunden oder auf dem Boden chronisch entzündlicher Hauterkrankungen entwickeln sowie de-novo auftreten.

Prädiktive Biomarker, die den Übergang von einer Präkanzerose in ein invasives Plattenepithelkarzinom vorhersagen, gibt es bislang nicht. Von einem invasiven Plattenepithelkarzinom wird gesprochen, wenn die Basalmembran unterhalb einer intraepithelialen keratinozytären Proliferation in nicht traumatisierter Haut histomorphologisch nachweisbar durchbrochen ist [1][8].

Prädisponierende Erkrankungen

Plattenepithelkarzinome sind mit prädisponierenden Erkrankungen assoziiert. Diese können nach ihrer Pathophysiologie in vier Gruppen unterteilt werden [8]:

1. genetisch bedingte Syndrome mit erhöhter Anfälligkeit oder unzureichender Reparaturfähigkeit von UV-Noxen wie:

  • Xeroderma pigmentosum
  • okulokutaner Albinismus
  • Epidermodysplasia verruciformis
  • Dyskeratosis congenita

2. chronisch entzündliche Erkrankungen, zum Beispiel:

3. chronische Narbenbildung, vor allem:

  • nach Verbrennungen
  • als Spätfolgen einer Strahlendermatitis

4. chronische Hautinfektionen wie Lupus vulgaris

Immunsuppressive Therapie

Epitheliale Hauttumore – hier insbesondere das Plattenepithelkarzinom – sind die häufigsten malignen Neoplasien nach Organtransplantationen und stellen eine typische Langzeitkomplikation chronischer Immunsuppression dar. Die Inzidenz für nicht-melanomen Hautkrebs nimmt mit der Anzahl der Jahre unter Immunsuppression zu und liegt nach 20 Jahren bei 40 bis 60 Prozent. Überdies besteht nach einer Organtransplantation ein deutlich erhöhtes Risiko zur Ausbildung von aktinischen Keratosen. Diese weisen bei organtransplantierten Menschen ein deutlich aggressiveres Wachstumsverhalten mit früherer Progression in ein Plattenepithelkarzinom auf [1; 9–12].

Auch Plattenepithelkarzinome wachsen in dieser Patientengruppe meist aggressiver und zeigen [9–15]:

  • eine erhöhte Tendenz zu infiltrativem Tumorwachstum und perineuraler Invasion
  • eine auf 5–8 Prozent gesteigerte Metastasierungsrate
  • eine erhöhte Rate Lokalrezidive (bis zu 13,4 Prozent)
  • ein multifokales, oftmals eruptives Auftreten

Die Rezidivrate hängt entscheidend von der Wahl des Immunsuppressivums ab. Prospektive Studien haben gezeigt, dass die Umstellung von einem Calcineurininhibitor auf einen mTOR(mechanistic target of rapamycin)-Hemmer das Rezidivrisiko signifikant reduziert [16].

Weitere Risikofaktoren

Andere Faktoren, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für kutane Plattenepithelkarzinome einhergehen, sind [17–19]:

  • hämatoonkologische Erkrankungen wie die chronisch-lymphatische Leukämie
  • HIV/AIDS
  • TNF-Inhibitor-Therapie
  • langjährige Behandlung mit Hydrochlorothiazid (Patienten sollten bezüglich der Fotosensibilisierung sowie des erhöhten Hautkrebsrisikos aufgeklärt werden, regelmäßige Hautkrebsscreenings sind indiziert)

Pathogenese

Die UV-Strahlung induziert eine Mutation des Tumorsuppressorgens p53, die als Ursache für das Entstehen einer aktinischen Keratose identifiziert ist. Dies führt zur Apoptoseresistenz und schließlich zur Proliferation entarteter Keratinozyten – mit der Folge einer aktinischen Keratose oder klinischen Feldkanzerisierung.

Hinweis: Eine allgemein anerkannte Definition von Feldkanzerisierung existiert nicht. Grundsätzlich wird so ein Hautareal mit mehreren aktinischen Keratosen, umgeben von sichtbaren UV-bedingten Hautschäden, beschrieben.

Im Detail schädigt die UV-B-Belichtung die DNA mit den UV-typischen C(Cytosin) → T(Thymin)-Transitionen beziehungsweise CC → TT-Tandem-Mutationen im Tumorsuppressorgen p53, was einen Funktionsausfall des Genprodukts p53 bedeutet. Die langwellige UV-A-Strahlung wirkt als primär topisches Immunsuppressivum in Form eines Tumorpromotors auf UVB-initiierte Keratinozyten.

Darüber hinaus induziert UV-Strahlung möglicherweise eine Mutation im Kodon 12 des Ras-Onkogens H-Ras, was zu einer permanenten Aktivierung des Signalwegs und einer Steigerung der Zellproliferation führt. Eine entsprechende Mutation wurde vermehrt sowohl in aktinischen Keratosen als auch in kutanen Plattenepithelkarzinomen nachgewiesen [1; 20–22].

Symptome

Im Frühstadium kann ein Plattenepithelkarzinom nicht immer klar von einer aktinischen Keratose unterschieden werden. Zudem verändern sich die Läsionen abhängig von Stadium und Ausdehnung. Initial zeigt sich meist eine raue, schuppende rötliche Papel oder Plaque. Mit zunehmendem Wachstum imponiert eine hyperkeratotische knotige Geschwulst, teilweise mit verruköser Oberfläche. Die Haut ist empfindlich und blutet leicht bei Berührung. Wiederkehrend krustige Belege und ein erhabener Randwall sind hinweisgebend. Mitunter zeigt sich der Tumor auch als hyperkeratotische erythematöse infiltrierte Plaque.

Fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome können sich als ulzerierte, mit den Umgebungsstrukturen verbackene oder als exophytische Tumoren manifestieren.

Eine bakterielle Superinfektion kann das klinische Bild überlagern [8][23].

Metastasierung

Plattenepithelkarzinome metastasieren nur relativ selten. Die Metastasierungsrate liegt je nach Subgruppen-Kollektiv bei 3 bis 6 Prozent, bei Hochrisikopatienten bei etwa 20 Prozent. In 80 Prozent der Fälle metastasiert das Plattenepithelkarzinom lokoregionär als Satelliten-, Intransit-, oder lokoregionäre Lymphknotenmetastasen.

In der S3-Leitlinie „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ werden folgende Prognosefaktoren für die Metastasierung beziehungsweise das krankheitsspezifische Überleben angegeben [1]:

  • vertikale Tumordicke (> 6 mm)
  • horizontaler Tumordurchmesser (≥ 2 cm)
  • histologische Differenzierung (> Grad 3)
  • Desmoplasie
  • perineurales Wachstum
  • Lokalisation (Unterlippe, Ohr)
  • Immunsuppression (iatrogen oder erkrankungsbedingt)

Diagnostik

Ein kutanes Plattenepithelkarzinom wird oft schon blickdiagnostisch im Rahmen der anamnestischen Befragung und klinischen Untersuchung erkannt. Zur Sicherung der Diagnose folgt eine Stanz-, Inzisions- oder Shave-Biopsie beziehungsweise Exzision mit Histologie. Je nach Ausdehnung und Lokalisation können sich bildgebende Verfahren anschließen.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Neben der allgemein üblichen Anamnese und Abfrage von Risikofaktoren ist die berufliche Anamnese obligat, da Plattenepithelkarzinome als Berufserkrankung gelistet sind (BK 5103). An beruflich induzierten Hautkrebs sollte gedacht werden, wenn [8]:

  • der Patient langjährig unter freiem Himmel gearbeitet hat,
  • mindestens ein histologisch gesichertes Plattenepithelkarzinom oder
  • mindestens sechs aktinische Hyperkeratosen pro Jahr oder
  • eine Feldkanzerisierung von mindestens 2×2 cm2 vorliegen oder
  • das Plattenepithelkarzinom beziehungsweise mehrere aktinische Keratosen in beruflich UV-exponierten Hautarealen lokalisiert sind

Bei der klinischen Untersuchung sollten das gesamte Integument inspiziert und die peripheren Lymphknotenstationen palpiert werden. Eine Dermatoskopie, konfokale Lasermikroskopie und optische Kohärenztomografie können bei klinisch unklaren Befunden hilfreich sein, um andere Erkrankungen/Tumoren abzugrenzen. Der Befund wird anschließend dokumentiert. Wichtig ist hierbei die Angabe der maximalen horizontalen Tumorausdehnung, da diese einen prognostischen Faktor darstellt [24][25].

Biopsie und Histologie

Bei klinischem Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom ist eine histologische Untersuchung obligat. Je nach klinischer Situation sind Stanzbiopsien, flache Abtragungen (Shave-Exzisionen) oder Exzisionsbiopsien geeignet. Spricht das klinische Bild klar für ein Plattenepithelkarzinom, kann der Tumor ohne vorherige probebioptische Abklärung gleich vollständig reseziert werden.

Der wichtigste histologische prognostische Faktor ist die Tumordicke. In einer monozentrischen Untersuchung von 615 Plattenepithelkarzinomen metastasierten 16 Prozent mit einer Tumordicke von > 6 mm und 4 Prozent mit einer Tumordicke von 2–6 mm. Plattenepithelkarzinome unter < 2 mm Tumordicke zeigten keine Metastasierung [15][24].

Histomorphologische Einteilung

Histomorphologisch werden folgende Arten unterschieden [1]:

  • adenosquamöses Plattenepithelkarzinom
  • akantholytisches Plattenepithelkarzinom (Synonym: adenoides oder pseudoglanduläres Plattenepithelkarzinom)
  • Bowen-Karzinom/bowenoid differenziertes Plattenepithelkarzinom
  • desmoplastisches Plattenepithelkarzinom
  • lymphoepitheliom-artiges Plattenepithelkarzinom
  • pseudovaskuläres Plattenepithelkarzinom (Synonym: pseudoangiosarkomatöses oder pseudoangiomatöses Plattenepithelkarzinom)
  • spindelzelliges Plattenepithelkarzinom (Synonym: sarkomatoides Plattenepithelkarzinom)
  • verruköses Plattenepithelkarzinom (Synonym: Epithelioma cuniculatum)
  • keratoakanthom-artiges Plattenepithelkarzinom/Keratoakanthom (Sonderform, meist benigner Verlauf, rasche Wachstumsprogression und halbkugelige Wuchsform, klinisch nur schwer vom Plattenepithelkarzinom abgrenzbar)

Bildgebende Verfahren

Die lokoregionäre Lymphknoten-Sonographie ist bei Verdacht auf lokoregionäre Metastasen obligat. Überdies sollte sie bei Vorliegen von Risikofaktoren durchgeführt werden.

Bei Verdacht auf Metastasierung hat sich die Schnittbilddiagnostik als Methode der Wahl durchgesetzt. Hier kommen Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomographie (CT) und Positronen-Emissions-Tomographie mit kombinierter CT (PET/CT) zur Anwendung.

Röntgen-Thorax-Untersuchungen sind in der Detektion kleiner pulmonaler Filiae der Thorax-Computertomographie deutlich unterlegen. Problematisch ist zudem die hohe Anzahl falsch positiver und falsch negativer Befunde. Deshalb ist die Röntgenaufnahme bei Verdacht auf oder Nachweis von lokoregionaler oder Fernmetastasierung eines Plattenepithelkarzinoms ungeeignet.

Ebenso wenig wird die Abdomen-Sonografie als Standard bei Verdacht auf oder Nachweis von lokoregionaler oder Fernmetastasierung empfohlen. Hiermit können parenchymatöse Fernmetastasen und abdominelle Lymphknotenmetastasen zwar detektiert werden; die diagnostische Genauigkeit ist allerdings untersucher- und patientenabhängig und insgesamt niedriger als die von MRT, CT und PET/CT [1].

Klassifikation

Nach der Diagnostik sollten kutane Plattenepithelkarzinome anhand der histologischen Parameter und klinischen Merkmale entsprechend den gültigen TNM-Systemen der Union for International Cancer Control (UICC) oder der American Joint Committee on Cancer (AJCC) klassifiziert werden [1].

Gemäß der TNM-Klassifikation der Plattenepithelkarzinome des Kopf-Hals-Bereichs nach AJCC/UICC (8. Auflage, 2017) gelten folgende Richtlinien [26]:

T-Kategorie

  • TX: Primärtumor kann nicht beurteilt werden
  • T0: kein Anhalt für Primärtumor
  • Tis: Carcinoma in situ
  • T1: Tumor ≤ 2 cm in größter Ausdehnung
  • T2: Tumor > 2 cm, aber nicht > 4 cm in größter Ausdehnung
  • T3: Tumor > 4 cm in größter Ausdehnung oder oberflächliche Knocheninvasion oder perineurale Invasion oder tiefe Invasion
  • T4a: Tumor mit makroskopischer Knocheninvasion/Knochenmarksinvasion
  • T4b: Tumor mit Invasion des Achsenskeletts eingeschlossen Foramina und/oder Beteiligung des vertebralen Foramens bis zum Epiduralraum

Als „tiefe Invasion“ wird eine Invasion jenseits des subkutanen Fettgewebes oder > 6 mm (gemessen vom Stratum granulosum der benachbarten Epidermis bis zur Basis des Tumors) bezeichnet.

Eine perineurale Invasion als Kriterium für T3 ist als klinische oder radiologische Beteiligung benannter Nerven ohne Beteiligung der Foramina oder der Schädelbasis definiert.

Im Falle multipler simultaner Tumoren wird der Tumor mit der höchsten T-Kategorie klassifiziert und die Anzahl abgrenzbarer Tumoren in Klammern angegeben, zum Beispiel T2 (5).

N-Kategorie (klinisch)

  • N0: keine regionären Lymphknotenmetastasen
  • N1: Metastase(n) in einem regionären Lymphknoten, ≤ 3 cm in größter Ausdehnung
  • N2: Metastase(n) wie nachfolgend beschrieben:

- N2a: Metastase(n) in solitären ipsilateralen Lymphknoten, > 3 cm, aber nicht > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
- N2b: Metastasen in multiplen ipsilateralen Lymphknoten, keiner > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
- N2c: Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, keiner > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung

  • N3a: Metastase(n) in einem Lymphknoten, > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
  • N3b: Metastase(n) in einem einzelnen oder multiplen Lymphknoten, klinisch in extranodaler Ausbreitung

Eine Beteiligung (Invasion) der Haut oder der Weichteile oder klinische Zeichen einer neuronalen Beteiligung werden als klinische extranodale Ausbreitung gewertet.

N-Kategorie (pathologisch)

  • pN0: keine regionären Lymphknotenmetastasen
  • pN1: Metastase(n) in solitären ipsilateralen Lymphknoten, ≤ 3 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
  • pN2: Metastase(n) wie nachfolgend beschrieben:

- pN2a: Metastase(n) in solitären ipsilateralen Lymphknoten, ≤ 3 cm in größter Ausdehnung, mit extranodaler Ausbreitung oder > 3 cm aber nicht > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
- pN2b: Metastasen in multiplen ipsilateralen Lymphknoten, keiner > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
- pN2c: Metastasen in bilateralen oder kontralateralen Lymphknoten, keiner > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung

  • pN3a: Metastase(n) in einem Lymphknoten, > 6 cm in größter Ausdehnung, ohne extranodale Ausbreitung
  • pN3b: Metastase(n) in einem Lymphknoten > 3 cm in größter Ausdehnung mit extranodaler Ausbreitung oder in multiplen ipsilateralen, kontralateralen oder bilateralen Lymphknoten mit extranodaler Ausbreitung

M-Kategorie

  • M0: keine Fernmetastasen
  • M1: Fernmetastasen

Stadieneinteilung

StadiumT-KategorieN-KategorieM-Kategorie
Stadium 0TisN0M0
Stadium IT1N0M0
Stadium IIT2N0M0
Stadium IIIT3N0M0
 T1, T2, T3N1M0
Stadium IVT1, T2, T3N2, N3M0
 T4Jedes NM0
 Jedes TJedes NM1

 

Therapie

An erster Stelle der Therapie von Plattenepithelkarzinomen steht die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors. Bei Vorliegen von Risikofaktoren und inoperablen Tumoren kommt die Radiotherapie zum Einsatz. Im seltenen Fall einer Fernmetastasierung kann eine systemische Chemotherapie sinnvoll sein.

Operative Therapie

Standardtherapie beim kutanen Plattenepithelkarzinom ist die vollständige Exzision (R0) mit histologischer Kontrolle, inklusive der peripheren und tiefen Schnittränder. Hiermit werden Heilungsraten von bis zu 95 Prozent erzielt.

Für die postoperative histologische Schnittrandkontrolle gilt:

  • Bei Plattenepithelkarzinomen mit einem klinischen Tumordurchmesser ≤ 2 cm, einer Tumordicke ≤ 6 mm und einem Differenzierungsgrad 1–2 genügt ein Sicherheitsabstand von 4 mm, um 95 Prozent des Tumors vollständig zu entfernen.
  • Bei High-Risk-Plattenepithelkarzinomen (Durchmesser > 2 cm, Tumordicke > 6 mm, Differenzierungsgrad 3–4, Rezidivtumoren, perineurales Wachstum, Lokalisation an Ohr, Lippe und Augenlid) ist ein Sicherheitsabstand von mindestens 6–10 mm erforderlich, um 95 Prozent Tumorfreiheit zu erreichen [25].

Hinweis: Die Leitlinie der Organisationen European Dermatology Forum (EDF), European Association of Dermato-Oncology (EADO) und European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) empfiehlt bereits bei Low-Risk-Plattenepithelkarzinomen einen Sicherheitsabstand von 5 mm; bei High-Risk-Plattenepithelkarzinomen sogar einen Sicherheitsabstand von 10 mm. Die Exzision sollte bis ins subkutane Fettgewebe gehen. Aponeurosen, Perichondrium und Periost bleiben erhalten, sofern sie nicht infiltriert sind [8][27].

Bei eindeutiger klinischer Diagnose kann eine Exzisionsbiopsie oder auch eine therapeutische Exzision mit entsprechendem Sicherheitsabstand erfolgen.

Bei kleinen superfiziell gelegenen Tumoren ist die horizontale Abtragung mit konventioneller Histologie (tiefe Shave-Exzision) eine Therapiealternative [1].

Sentinellymphknotenbiopsie

Der therapeutische Nutzen einer Sentinellymphknotenbiopsie (SLNB) wurde in mehreren Studien untersucht. Ihr Einsatz kann bei Hochrisiko-Plattenepithelkarzinomen diskutiert werden. Eine generelle Empfehlung wird von den Leitlinienexperten aber nicht ausgesprochen [1][25][28].

Operative Therapie bei Lymphknotenmetastasen

Der prognostische und therapeutische Nutzen einer prophylaktischen Lymphadenektomie ist nicht belegt und wird aktuell nicht empfohlen.

Eine regionäre therapeutische Lymphadenektomie sollte gemäß der europäischen konsensbasierten und der deutschen S3-Leitlinie bei klinisch oder histologisch gesicherter Metastase erfolgen. Hierdurch ist eine bessere lokoregionäre Tumorkontrolle zu erreichen [1][25].

Strahlentherapie und postoperative Radiatio

Bei lokal nicht in sano resezierbaren Tumoren oder inoperablen Patienten sollte eine Radiotherapie durchgeführt werden.

Eine generelle postoperative Radiotherapie ist beim kutanen Plattenepithelkarzinom nicht indiziert. Sie sollte nur bei Vorliegen von Risikofaktoren für ein lokales oder lokoregionäres Rezidiv angeboten werden. Postoperativ empfiehlt die Leitlinie eine Radiotherapie bei:

  • R1- bzw. R2-Resektion (bei fehlender Möglichkeit der Nachresektion)
  • ausgedehntem Lymphknotenbefall (> 1 befallenem Lymphknoten, Lymphknotenmetastase > 3 cm, Kapseldurchbruch)
  • intraparotidealem Lymphknotenbefall

Eine adjuvante Radiotherapie sollte bei knappem Resektionsrand (< 2 mm, bei fehlender Möglichkeit der Nachresektion) und/oder einer ausgedehnten Perineuralscheiden-Infiltration erfolgen.

Therapie des lokalen bzw. loko-regionären Rezidivs

Ein lokoregionäres Rezidiv soll, wenn klinisch lokal durchführbar, chirurgisch entfernt werden – bevorzugt mit der mikrographisch kontrollierten Chirurgie (MKC). Ergibt sich im Verlauf der Resektion eine nicht weiter resektable R1- bzw. R2-Situation, wird eine Nachbestrahlung an der R1- bzw. R2-Lokalisation empfohlen. Nach interdisziplinär bescheinigter Inoperabilität sollte eine Strahlentherapie erfolgen. Fehlen chirurgische oder strahlentherapeutische Optionen, sind Indikationen zur Elektrochemotherapie oder Systemtherapie zu prüfen.

Therapie des fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms

Als fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom werden metastasierte oder lokal fortgeschrittene Plattenepithelkarzinome bezeichnet, die nicht kurativ operiert oder bestrahlt werden können. In diesen Fällen können gemäß den aktuellen Leitlinien eine Elektrochemotherapie (verbesserte lokale Kontrolle) oder eine Systemtherapie erwogen werden. Deren Indikation und Festlegung sollte vorzugsweise in einem interdisziplinären Tumorboard erfolgen [1][25].

Zur Elektrochemotherapie gibt es retrospektive Fallserien, die Tumoren und Metastasen unterschiedlicher Primärtumoren umfassen und Ansprechraten von bis zu 20 Prozent bescheinigen [29].

Für medikamentöse Systemtherapien liegen bislang nur Daten aus unkontrollierten prospektiven Phase-I- und Phase-II-Studien vor. Daher empfehlen die Leitlinien, systemische Therapien primär im Rahmen klinischer Studien durchzuführen [1][25].

Bis zum letzten überarbeiteten Stand der aktuellen S3-Leitlinie im Juni 2019 gab es keinen zugelassenen Therapiestandard. Die angewandten Schemata waren an die Therapien des mukosalen Plattenepithelkarzinoms (HNSCC) bzw. des Mundhöhlenkarzinoms angelehnt und beinhalteten verschiedene Chemotherapien und gegen EGFR (epidermal growth factor receptor) gerichtete Antikörper allein oder in Kombination, etwa Cetuximab plus Platinderivat oder Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab und Nivolumab. Dies änderte sich mit der Zulassung des Antikörpers Cemiplimab gegen PD-1 (programmed cell death protein 1) im Jahr 2019 [8].

Cemiplimab ist der derzeit einzige zugelassene Wirkstoff zur Behandlung des metastasierten oder lokal fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinoms. Der humane monoklonale Antikörper richtet sich gegen den Immuncheckpointrezeptor PD-1. Dieser soll lang und anhaltend wirken; die mediane Ansprechdauer (DOR) ist nach 43 Monaten Nachbeobachtungszeit allerdings noch nicht erreicht, ebenso wenig wie das mediane Gesamtüberleben. Die objektive Ansprechrate wird mit 47,2 Prozent angegeben [30].

Eine Studie mit Pembrolizumab ergab beim metastasierten Plattenepithelkarzinom eine Ansprechrate von 34 Prozent. Bei hämatoonkologisch vorbelasteten Patienten ist ein vermindertes und kurzfristigeres Ansprechen auf PD-1-Inhibitoren beschrieben. Aktuelle Studien untersuchen den adjuvanten Einsatz von PD-1-Inhibitoren (Cemiplimab, Pembrolizumab) bei fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen nach kompletter Resektion sowie die Kombination von Avelumab und dem EGFR-Inhibitor Cetuximab bei inoperablen Plattenepithelkarzinomen [8; 31–37].

Nachsorge und Prävention

Nachsorgeuntersuchungen sollen generell die Letalität, Morbidität und Lebensqualität betroffener Patienten verbessern. Hierbei stehen zwei Ziele im Vordergrund, und zwar:

  1. Früherkennung von Lokalrezidiven bzw. Metastasen
  2. Früherkennung von weiteren Plattenepithelkarzinomen und seiner Vorstufen

Die Nachsorge von Patienten mit kutanem Plattenepithelkarzinom (R0-reseziertes Stadium) sollte in risikoadaptierten Intervallen nach folgendem Schema angeboten werden:

 Jahr 1–2Jahr 3–5Jahr 6–10
geringes bis mittleres Risiko6-monatlichjährlich 
hohes Risiko3-monatlich6-monatlich

jährlich

Die Kontrollen umfassen eine Untersuchung des gesamten Hautorgans sowie die Inspektion und Palpation der Primärexzisionsstelle, der In-transit-Strecke und der regionären Lymphknotenstation. Bei Patienten mit erhöhtem Metastasierungsrisiko bzw. bei unklarem Palpationsbefund ist eine Lymphknoten-Sonografie anzuraten.

Zur Abklärung von Rezidiven, zum Beispiel bei Verdacht auf Befall funktioneller Strukturen oder perineuralem Tumorwachstum, sowie bei Metastasen-suspekten Befunden sollte eine Schnittbildgebung erfolgen [1].

Prognose

Die Prognose hängt wesentlich vom Diagnosezeitpunkt, der Tumorausdehnung und dem Metastasierungsbefund ab. Grundsätzlich haben Plattenepithelkarzinome aber eine gute Heilungschance. Lediglich fortgeschrittene Tumoren sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert. Liegen Fernmetastasen vor, ist die Prognose am ungünstigsten. Hier beträgt die mediane Überlebenszeit weniger als zwei Jahre. Daher sind eine frühzeitige Diagnose und Therapie des Plattenepithelkarzinoms von entscheidender Bedeutung [1][24].

Hinweis: Bei anamnestischen Plattenepithelkarzinom besteht ein erhöhtes Risiko, nochmals an einem nicht-melanomen Hauttumor zu erkranken [2].

Prophylaxe

Um Plattenepithelkarzinomen vorzubeugen, sollten vorrangig Vorläuferläsionen wie die aktinische Keratose oder Morbus Bowen verhindert werden. Da UV-Strahlung die Hauptursache für die Entstehung von Hautkrebs darstellt, liegt der Prophylaxe-Schwerpunkt darin, eine übermäßige UV-Einwirkung der Haut abzuwenden. Sekundäre Präventionsmaßnahmen beinhalten Instrumente zur Hautkrebsfrüherkennung [38].

Allgemeine Primärprävention

Primäre Schutzmaßnahmen vor solarer UV-Strahlung sollen in folgender Reihenfolge erfolgen:

  • Vermeidung starker Sonnenexposition
  • Tragen geeigneter Kleidung
  • Anwendung von Sonnenschutzmitteln [38]

Vermeidung starker UV-Strahlungsexpositionen

Die Vermeidung starker UV-Strahlungsexpositionen ist die wichtigste Sonnenschutzmaßnahme und hat die höchste Priorität.

Bei entsprechender Wetterlage gilt:

  • Aufenthalt im Freien so kurz wie möglich halten
  • Aufenthalt im Freien während der Mittagszeit vermeiden
  • Aufenthaltsdauer in der Sonne soll die individuelle Eigenschutzzeit der Haut nicht überschreiten
  • Schatten aufsuchen
  • Aktivitäten im Freien in die Morgen- und Abendstunden verlegen
  • Haut (zum Beispiel im Frühjahr/Urlaub) langsam an die Sonne gewöhnen
  • unbedingt einen Sonnenbrand vermeiden

Die Nutzung von Sonnenstudios soll entsprechend internationaler und nationaler Empfehlungen (WHO, ICNIRP, EUROSKIN, SSK, DKH und ADP) vermieden werden [38].

Tragen geeigneter Kleidung

Ist ein Aufenthalt im Freien bei starker Sonneneinstrahlung nicht zu vermeiden und steht kein ausreichender Schatten zur Verfügung, sollte man sich mit geeigneter Kleidung und Kopfbedeckung sowie einer Sonnenbrille (europäische Norm: EN 1836) schützen. Ein direkter Blick in die Sonne ist unbedingt zu vermeiden – selbst mit einer Sonnenbrille [38].

Anwendung von Sonnenschutzmitteln

Beim Lichtschutz stehen physikalische Mittel (Expositionsvermeidung, Textilien) an erster Stelle. Sonnenschutzmittel sind für Hautstellen gedacht, die nicht anders geschützt werden können (etwa Kopf, Gesicht, Hände, Arme und Beine). Ferner soll die Anwendung von Sonnenschutzmitteln nicht dazu führen, dass der Aufenthalt in der Sonne verlängert wird.

Auf freien Hautflächen, die mit Kleidung nicht bedeckt sind, sollten Sonnenschutzmittel sorgfältig aufgetragen werden. Zudem sind folgende Dinge zu beachten [38]:

  • adäquaten Lichtschutzfaktor verwenden
  • auf wasserfeste Produkte achten, speziell bei Aufenthalten am Meer und bei sportlicher Betätigung
  • möglichst dicke Schicht auftragen (2 mg/cm2)
  • gleichmäßige Auftragung auf allen freien Hautflächen
  • rund 30 Minuten vor Sonnenexposition eincremen
  • spätestens alle zwei Stunden und nach dem Baden nachcremen

Sonnenschutz bei Kindern

Sonnenbrände im Kindes- und Jugendalter sind besonders gefährlich und sollten unbedingt verhindert werden. Schatten bietet hier die beste Schutzfunktion. Darüber hinaus gelten folgende Regeln [38]:

  • Säuglinge nie der direkten Sonne aussetzen, auch Kleinkinder sollten direkte Sonneneinstrahlung möglichst vermeiden
  • Kinder dazu anhalten, bei starker Sonnenstrahlung hautbedeckende UV-Schutzkleidung zu tragen (lange Ärmel, Kopfbedeckung, Nackenschutz)
  • Kinderaugen durch geeignete Kindersonnenbrillen schützen
  • neben der Vermeidung starker UV-Exposition zusätzlich zum textilen Sonnenschutz für Kinder ausgewiesene Sonnenschutzmittel auftragen

Vitamin D

Eine moderate Exposition gegenüber UV-Strahlung und hohe Vitamin D-Spiegel wirken sich möglicherweise protektiv auf die Entstehung und Entwicklung von Hautkrebs aus. Die vorliegende Evidenz hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen dem Krebsrisiko insgesamt und der Vitamin-D-Versorgung ist derzeit allerdings noch unzureichend.

Bei Personen mit hohem Hautkrebsrisiko (speziell Transplantatempfänger und Immunsupprimierte), die einen konsequenten, umfassenden Sonnenschutz betreiben, sollte der Vitamin-D-Spiegel überprüft und Vitamin D gegebenenfalls substituiert werden [38].

Allgemeine Sekundärprävention

Populationsbezogene Screenings mit den Zielerkrankungen malignes Melanom, Basalzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom, in denen geschultes medizinisches Personal eine standardisierte Ganzkörperinspektion der Haut durchführt, erhöht die Detektionsrate von Tumoren in einem frühen Stadium – und erhöht damit die Chancen auf vollständige Heilung [38].

Entsprechend der gesetzlichen Früherkennungsrichtlinie haben Männer und Frauen ab einem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre Anspruch auf eine Hautuntersuchung durch einen Arzt mit entsprechender Fortbildung zur Früherkennung von Hautkrebs. (Dermatologen, Hausärzte). Das Hautkrebs-Screening kann mit dem „Check-up 35“ kombiniert werden. Bei erhöhtem Risiko für Hautkrebs sind abhängig vom individuellen Risikoprofil angemessene Zeitintervalle der Screening-Untersuchungen festzulegen [2][38].

Spezielle Maßnahmen zur Prophylaxe beim Plattenepithelkarzinom

Zur Prophylaxe bei Patienten mit hohem Plattenepithelkarzinom-Risiko liegen kontrollierte Studien zur Gabe von Nicotinamid und zum Einsatz von mTOR-haltigen immunsuppressiven Regimen bei Nierentransplantierten vor [8][16][39].

Nicotinamid

2015 publizierte eine Forschungsgruppe die Daten einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie mit Nicotinamid bei 386 Patienten, die mindestens zwei helle Hautkrebs-Episoden in den letzten fünf Jahren vor Studieneinschluss aufwiesen. Die Teilnehmer erhielten 500 mg Nicotinamid zweimal täglich über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Nach zwölf Monaten war die Rate neuer nicht-melanomer Hauttumore im Nicotinamid-Arm um 23 Prozent geringer als im Placebo-Arm. Beim Basalzellkarzinom war eine Reduktion um 20 Prozent und beim Plattenepithelkarzinom eine Verringerung um 30 Prozent gegenüber dem Studienarm mit Placebo zu verzeichnen. Kein Unterschied zeigte sich beim Auftreten von Nebenwirkungen. Die präventive Wirkung blieb allerdings auf die Zeit der Anwendung beschränkt, nach Absetzen von Nicotinamid hielt der präventive Effekt nicht an [1][39].

Eine Studie zum Einsatz von Nicotinamid bei 38 organtransplantierten Patienten zeigte ebenfalls einen präventiven Effekt. Obwohl derzeit nur wenige Daten verfügbar sind, kann Nicotinamid zur Prävention eingesetzt werden, so die aktuelle Leitlinie [1][25][40].

mTOR-Inhibitoren

Prospektive randomisierte Studien mit nierentransplantierten Patienten zeigen, dass sich die Umstellung der Immunsuppression auf den mTOR-Inhibitor Sirolimus positiv auf die Entwicklung weiterer Basal- und Plattenepithelkarzinome auswirkt. Der Effekt ist vor allem bei Patienten mit aktinischen Keratosen oder nicht- melanomem Hautkrebs in der Anamnese signifikant [8][41].

Chemoprävention bei aktinischer Keratose

Eine doppelblinde, Placebo-kontrollierte randomisierte Phase-III-Studie gibt es zur Chemoprävention mit Celecoxib. Der primäre Endpunkt war die Anzahl neuer aktinischer Keratosen nach 9-monatiger Behandlungsdauer. Die Anwendung von 200 mg Celecoxib pro Tag über neun Monate ergab bei Patienten mit > 10 bis 40 aktinischen Keratosen nach elf Monaten einen präventiven Effekt und kann daher zur Prävention eingesetzt werden. Vor der Anwendung ist jedoch eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Analyse unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen und Interaktionen erforderlich; die Indikation ist mit Zurückhaltung zu stellen [1][42].

Neben der Chemoprävention sind alle Therapiemaßnahmen der aktinischen Keratose zur Prophylaxe von Plattenepithelkarzinomen geeignet. Dazu gehören:

  • interventionelle/chirurgische Therapien:

- Operation
- Kryochirurgie
- fotodynamische Therapie (Pflaster-PDT bzw. Patch-PDT)
- chemische Peelings
- Dermabrasio
- Laserverfahren

  • Topisch-medikamentöse Behandlungen

- Diclofenac-Natrium 3% in Hyaluronsäure 2,5% Gel
- 5-Fluorouracil 5% Creme
- 5-Fluorouracil mit Salicylsäure 10% Lösung
- Imiquimod 5% Creme
- Imiquimod 3,75% Creme [1]

Autor:
Stand:
17.05.2022
Quelle:
  1. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut, Langversion 1.1, AWMF Registernummer: 032/022OL, 2020 Mar; abgerufen am 03. November 2021.
  2. Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts (RKI): Nicht-melanotischer Hautkrebs (heller Hautkrebs); Stand 17. Dezember 2019; abgerufen am 03. November 2021.
  3. Kühne, J. (2018): Heller Hautkrebs – eine unterschätzte Erkrankung?, ONKO Internetportal; Stand 30. August 2018; abgerufen am 03. November 2021.
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