Schätzungsweise ein Zehntel aller Frauen leidet an einem Prämenstruellen Syndrom. Es handelt sich dabei um komplexe körperliche und emotionale Beschwerden, die kurz oder bis zu vierzehn Tage vor dem Eintreten der Regelblutung in jedem Monatszyklus einer Frau auftreten können und mit Beginn der Regel aufhören.
Das prämenstruelle Syndrom (PMS) wird definiert über wiederkehrende, zyklusabhängige körperliche und psychische Symptome. Die Extremform der PMS ist die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS), deren Symptome wesentlich stärker ausfallen als die der PMS und meist den Alltag der Betroffenen einschränken.
Epidemiologie
Wie viele Frauen tatsächlich an PMS leiden, lässt sich schwer einschätzen. Zum einen variieren die Diagnosekriterien, zum anderen suchen viele Frauen mit prämenstruellen Beschwerden keinen Arzt auf, da sie die Symptome häufig als „normal“ ansehen. Schätzungen zufolge hat jedoch mindestens jede zweite Frau psychische oder körperliche Symptome in der zweiten Zyklushälfte, die denen einer PMS ähneln. Manche Fachquellen gehen sogar von 70-90% aus. Bei einem Arzt suchen nur etwa 3-8% der Frauen ärztlichen Rat, wenn sie unter prämenstruellen Symptomen leiden. Klinisch relevante prämenstruelle Beschwerden dürften jedoch 4-20% aller Frauen aufweisen.
Ursachen
Die Genese der PMS ist Gegenstand der Forschung. Sie tritt gehäuft in Familien auf, was auf eine genetische oder anderweitig vererbbare Komponente, mindestens aber eine genetisch determinierte Prädisposition hindeutet. Ebenso könnten hormonelle Störungen ursächlich sein. Die genaue Ursache der PMS ist aber noch unbekannt.
Pathogenese
Ähnlich wie die Ursache ist auch die Pathogenese der PMS nicht vollständig geklärt. Vermutlich verursacht ein multifaktorielles Geschehen die Symptome der PMS, das aufgrund der Komplexität zum jetzigen Zeitpunkt (Stand Dezember 2019) noch nicht überblickt werden kann. Bisher konnte keine der folgenden Theorien bewiesen oder abschließend widerlegt werden:
Hormontheorie
Der weibliche Zyklus wird unter anderem bestimmt durch an- und absteigende Östrogen- und Progesteronlevel. Nach dem Eisprung ist das Progesteronlevel im Körper hoch. Zur gleichen Zeit beginnen die Symptome der PMS. Es wird vermutet, dass ein Teil der Symptome durch eine Dysbalance zwischen dem Östrogenlevel und dem Progesteronlevel entstehen könnte. Gaben Wissenschaftler in Studien Frauen mit PMS in der zweiten Zyklushälfte Progesteron, waren die Symptome weniger stark. Ganz verschwanden die Symptome aber auch unter Progesterontherapie nicht.
Serotonintheorie
Serotonin ist ein Neurotransmitter, der hauptsächlich im Darm produziert wird. Er ist mitverantwortlich für eine ausgeglichene Stimmung. Östrogen und Progesteron stehen in Verdacht, die Produktion von Serotonin zu beeinflussen. In der zweiten Zyklushälfte könnte so in der Theorie der Serotoninspiegel abfallen und die psychologischen Symptome der PMS auslösen. Bekamen Frauen mit ausgeprägter PMS im Rahmen von Studien einen Serotonin-Agonisten, besserte sich ihre Stimmung während der PMS.
Prolaktintheorie
In einigen Fällen von PMS konnte ein leicht erhöhter Prolaktinspiegel, eine sogenannte latente Hyperprolaktinämie, nachgewiesen werden. In der Theorie kann auch das verantwortlich für ein prämenstruelles Syndrom sein.
Symptome
Die Symptome der PMS sind vielfältig und häufig nicht klar von anderen Erkrankungen abgrenzbar. Sie treten in der Regel wenige Tage vor der Menstruation auf und verschwinden meist wieder, sobald die Monatsblutung einsetzt oder kurz danach. In Einzelfällen können sie aber auch bereits direkt nach dem Eisprung, und damit etwa zwei Wochen vor der Menstruation, beginnen. Ein Viertel bis die Hälfte aller Frauen im gebärfähigen Alter hat vermutlich prämentstruelle Symptome. Sie müssen jedoch nicht immer Krankheitswert haben.
Kernaspekt der Diagnostik bei PMS ist die Anamnese. Häufig tritt PMS in Familien gehäuft auf. Das kann ein erster Anhaltspunkt für die Diagnosestellung sein. Charakteristisch ist auch, dass die Symptome zyklisch auftreten und immer in Verbindung stehen mit dem Eisprung und der Monatsblutung.
Wegweisend für die Diagnose ist vor allem die klinische Symptomatik. Um diese umfassend abzufragen, können verschiedene Fragebögen und Skalen helfen (Viele davon existieren jedoch nur auf Englisch):
Screening-Instrument für prämenstruelle Symptome (SIPS)
Symptomtagebuch DRSP
Steiner Rating Scale
daily record of severity of problems nach Endicott et al.
Penn Daily symptom rating nach Freeman et al.
premenstrual symptom diary nach Thys-Jacobs et al.
visual analgue scales nach Rubinow et al.
menstrual distress questionnaire nach Moos
premenstrual assessment form nach Halbreich et al.
Das prämenstruelle Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose. Dafür müssen zunächst andere mögliche Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden. Um körperliche Ursachen auszuschließen, sollte mindestens eine gynäkologische Untersuchung inklusive Labordiagnostik und ein genereller Gesundheitscheckup erfolgen. Zu weiteren möglichen Differentialdiagnosen zählen unter anderem:
Beim Ausschluss können Symptomtagebücher helfen, die über einen Zeitraum von mindestens zwei Zyklen geführt werden sollten. Eine apparative Diagnostik oder Diagnoserichtlinien gibt es für das prämenstruelle Syndrom nicht.
Therapie
Die Therapie der PMS richtet sich nach den Symptomen der Betroffenen. Eine standardisierte Therapie gibt es nicht und häufig fehlt der eindeutige Nachweis für die Effektivität eines Therapieansatzes.
Am Anfang der Therapie steht die Aufklärung der Patientinnen und eine Lebensstilanpassung. Ausdauersport, ein regelmäßiger Schlafrhythmus, Stressmanagement und eine Rauchentwöhnung können Symptome der PMS lindern. In der Ernährung sollte auf Kaffee, Alkohol und Zucker möglichst verzichtet werden. Eine kohlenhydratreiche, protein- und salzarme Ernährung wird von einigen ebenfalls empfohlen.
In manchen Fällen reicht es jedoch nicht aus, lediglich den Lebensstil anzupassen. Gerade bei psychologischen Symptomen können eine medikamentöse Unterstützung sowie eine unterstützende Psychotherapie hilfreich sein. Dies kann temporär sein durch beispielsweise Schmerzmittel und Diuretika oder dauerhaft durch orale Kontrazeptiva, Antidepressiva und Phytotherapie.
Orale Kontrazeptiva
Eine Kombination aus Ethinylestradiol und Drospirenon als kombiniertes orales Kontrazeptivum kann Symptome einer PMS lindern. Besonders gegen Akne und den Appetit scheint die Therapie hilfreich. In den USA ist sie seit 2006 zur Behandlung von prämenstruellen dysphorischen Störungen, einer dem prämenstruellen Syndrom artverwandten Erkrankung, zugelassen.
Auch Gonadotropin-Releasing-Hormon-(GnRH)-Analoga können PMS-Beschwerden lindern. Sie sind jedoch mit Nebenwirkungen verbunden. Ebenso werden häufig Progesteronpräparate verschrieben.
Hier konnte der Nutzen jedoch bisher in keiner Analyse objektiviert werden.
Die Gabe erfolgt entweder kontinuierlich oder während der Symptomphase der PMS ab der Ovulation bis zum ersten Zyklustag. Gerade bei körperlichen Symptomen überwiegt die kontinuierliche Gabe gegenüber der intermittierenden. Patientinnen, die bereits Antidepressiva nehmen, benötigen gegebenenfalls während der PMS eine leichte Dosisanpassung.
Werden Antidepressiva eingesetzt, um eine PMS zu behandeln, sollten die Patientinnen zuvor über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Sonst besteht das Risiko, dass die unerwünschten Wirkungen die psychologischen Symptome der PMS verstärken. Zu möglichen Nebenwirkungen zählen unter anderem Gewichtszunahme und sexuelle Dysfunktion.
Phytotherapie
In den letzten Jahren wurden vermehrt Mönchspfefferpräparate (Vitex agnus-castus) auf den Markt gebracht. Die Studienlage ist bezüglich der Wirksamkeit nicht eindeutig. Aufgrund des meist geringen Nebenwirkungsprofils kann ein Therapieversuch mit Mönchspfeffer aber bei einigen Patientinnen hilfreich sein. Neben Mönchspfefferpräparaten werden auch Johanniskraut, Kombinationspräparate aus Mönchspfeffer und Johanniskraut, Nachtkerzenöl, Gingko biloba und Silbertraubenkerze eingesetzt. Auch hier gibt es keinen ausreichenden Evidenznachweis.
Magnesium, Kalzium und Vitamin B6 können symptomlindernd wirken und entweder über die Ernährung verstärkt zugeführt werden oder in medikamentöser Form substituiert werden.
Prognose
Wie sich eine PMS entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen und hängt von der Schwere der PMS und den Patientinnen ab. Eine klinisch manifeste PMS geht weit über eine Befindlichkeitsstörung hinaus und sollte dementsprechend behandelt werden, um psychiatrische Folgekrankheiten zu vermeiden.
Einzelne Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen einer PMS und postpartalen Depressionen hin. Betroffene Frauen sollten diesbezüglich vorab unterstützt werden.
Prophylaxe
Für die PMS steht keine ursächliche Therapie zur Verfügung. Da auch der Pathomechanismus hinter dem Syndrom nicht bekannt ist, ist keine evidenzbasierte Prophylaxe bekannt.
Ein gesunder Lebensstil, ausreichend Bewegung und Ausdauersport sowie möglichst wenig Kaffee, Alkohol, Nikotin und ungesunde Ernährung können die Symptome einer PMS bei manchen Patientinnen lindern. Ein kausaler Zusammenhang ist jedoch nicht bekannt.
Hinweise
Eine klinisch manifeste PMS ist behandlungsbedürftig. Es handelt sich dabei nicht um eine Befindlichkeitsstörung.
Ein Symptomtagebuch kann Betroffenen helfen, Klarheit über ihre Symptome zu bekommen. In einigen Fällen ist bereits die Diagnose „PMS“ ausreichend, um den Einfluss, den die Symptome auf die Lebensqualität haben, zu reduzieren.
Dorsch V., 2018. Die prämenstruellen Syndrome PMS und PMDS. Der Gynäkologe 41, 110-116.
Hofmeister S., Bodden S., 2016. Premenstrual Syndrome and Premenstrual Dysphoric Disorder. Am Fam Physician 94(3): 236-240.
Khajehei M. 2015. Aetiology, Diagnosis and Management of Premenstrual Syndrome. Journal of Pain & Relief 4:4.
Mayo Clinic. Premenstrual syndrome (PMS). [Online] [aufgerufen am 15.12.2019].
Otti-Rosebrock G., Stute P., von Wolff M. Das prämenstruelle Syndrom (PMS). [Online] 02/2015 [aufgerufen am 15.12.2019].
Rohde A. PMS und PMDS – Behandlungsmöglichkeiten in der Frauenarztpraxis, wenn die psychischen Symptome im Vordergrund stehen. [Online] 08. Mai 2019 [aufgerufen am 15.12.2019].