
Die Einnahme von Protonenpumpenhemmern (PPI) und H2-Rezeptor-Antagonisten (H2-Blockern) gilt als sicher und ist weltweit verbreitet. Die empfohlene begrenzte Anwendungsdauer bei akuten Erkrankungen wie Magengeschwüren, Sodbrennen und Ösophagitis wird dabei aber kaum noch eingehalten. Häufig werden PPI über längere Zeit als OTC-Präparate in der Apotheke bezogen oder als Dauermedikation vom Arzt verschrieben. Dennoch sollte das Risiko von Nebenwirkungen nicht vernachlässigt werden. Das gilt insbesondere in der Langzeitanwendung. Aktuelle Untersuchungen haben Besorgnis über den Zusammenhang zwischen der Einnahme von PPI und akuten Nierenschäden, chronischen Nierenerkrankungen sowie Elektrolytstörungen ausgelöst.
Nebenwirkungen und Langzeitfolgen durch PPI
Das Nebenwirkungsprofil von PPI ist nicht gerade gering. In den letzten Jahren gab es beispielsweise immer wieder Hinweise auf ein übermäßig häufiges Auftreten von Diarrhoe im Rahmen bakterieller Darminfektionen, vor allem Salmonellen-Enteritis und Clostridium-difficile-induzierte Kolitis. Darüber hinaus gilt ein erhöhtes Risiko für pulmonale Infektionen, Vitamin-B12-Mangel, Osteoporose und Frakturen (insbesondere der proximalen Femurfraktur) als sehr wahrscheinlich. Selbst das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen und Demenz soll durch die Einnahme von PPI steigen. Die Fachinformationen und Beipackzettel verweisen zudem auf eine erhöhte Nebenwirkungsrate von Nierenfunktionsschäden und Elektrolytstörungen. Die Häufigkeit dieser beiden Erkrankungen wurde in einer aktuellen Analyse näher untersucht.
Analyse von Pharmakovigilanzdaten
Die Untersuchung basiert auf mehr als zehn Millionen Meldungen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW). Die Daten wurden in der FAERS-Datenbank der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) zwischen Januar 2004 und März 2018 erhoben. Es wurde zwischen Patienten unterschieden, die entweder PPI oder H2-Blocker als monotherapeutisches Magenschutzmittel einnahmen. Nach algorithmischer Datenpoolbereinigung flossen in die Analyse 42.537 Daten zu Protonenpumpenhemmern und 8.309 Einträge zu H2-Rezeptor-Antagonisten ein. Als PPI wurden Omeprazol, Esomeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol und Rabeprazol bewertet, bei den H2-Blockern waren Ranitidin, Famotidin, Cimetidin und Nizatidin (nicht in Deutschland zugelassen) vertreten.
Auswertung: Nierenschäden
Die Wissenschaftler ermittelten in der PPI-Gruppe eine Gesamthäufigkeit nieren-assoziierter Ereignisse von 5,62%. Im Vergleich lag der Wert in der Kontrollgruppe mit H2-Blockern bei lediglich 0,69%.
Differenziert ergaben sich folgende Ergebnisse:
- akute Nierenschädigung (OR 4,2, 95%-KI 2,8-6,3)
- chronische Niereninsuffizienz (OR 28,4, 95%-KI 12,7-63,5)
- terminales Nierenversagen (OR 35,5, 95%-KI 5,0-250,0)
- Nephrolithiasis (OR 2,8, 95%-KI 1,3-6,0).
Die Odd-Ratios (OR) wurden berechnet, indem die Häufigkeit unerwünschter renaler Ereignisse unter PPI (n = 42.537) mit denen unter H2-Blockern (n = 8.309) verglichen wurde.
Auswertung: Elektrolytstörungen
Alarmierende Unterschiede fanden sich auch im Zusammenhang mit Elektrolytstörungen, vor allem bei:
- Hypomagnesiämie (0,94 vs. 0,01%)
- Hypokalzämie (0,61 vs. 0,02%)
- Hypokaliämie (0,38 vs. 0,06%)
- Hyponatriämie (0,21 vs. 0,1%).
Höchstes Risiko unter Omeprazol
Nach Analyse der Gesamthäufigkeit untersuchten die Wissenschaftler das Quotenverhältnis einzelner PPI (Rabeprazol n = 724, Lansoprazol n = 3,360, Pantoprazol n = 3,651, Esomeprazol n = 27,053, Omeprazol n = 7,749) im Vergleich zu H2-Blockern (n-gesamt = 8,309). Dabei zeigte die OR erhebliche Unterschiede. Am schlechtesten schnitt Omeprazol ab. Patienten, die Omeprazol-haltige PPI einnahmen, zeigten das höchste Risiko für Elektrolytstörungen. Die OR belief sich auf (jeweils in aufsteigender Reihenfolge):
- Hypomagnesiämie: Esomeprazol 30,2, Lansoprazol 82,4, Pantoprazol 115,4, Rabeprazol 151,9 und Omeprazol 224,6
- Hypokalzämie: Esomeprazol 10,0, Pantoprazol 21,7, Rabeprazol 28,9, Lansoprazol 41,2 und Omeprazol 75,3
- Hypokaliämie: Rabeprazol 2,3, Esomeprazol 3,1, Pantoprazol 6,4, Lansoprazol 11,0 und Omeprazol 15,8
- Hyponatriämie: Esomeprazol 0,6, Pantoprazol 2,0, Lansoprazol 4,0, Rabeprazol 4,3 und Omeprazol 7,0.
Fazit
Scheinbar besteht tatsächlich ein Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme von Protonenpumpenhemmern und einem erhöhten Risiko für Nierenschäden und Elektrolytstörungen. Mit absoluter Sicherheit kann diese Aussage derzeit aber noch nicht getroffen werden. Die vorliegende Studie beruht auf einer Analyse von Pharmakovigilanzdaten. Diese werden freiwillig erhoben und spiegeln nicht die tatsächliche Zahl unerwünschter Arzneimittelwirkungen wider. Die Studienautoren plädieren deshalb, das absolute Nebenwirkungsrisiko im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten klinischen Studie zu ermitteln.
Die Untersuchungsergebnisse legen jedoch schon jetzt nahe, die Nierenwerte und Elektrolytkonzentrationen bei einer PPI-Einnahme regelmäßig zu überwachen. Das gilt insbesondere für die Langzeitanwendung sowie für Patienten mit einem erhöhten Risiko für renale Ereignisse und Elektrolytveränderungen. Bei letzteren könnte es zudem sinnvoll sein, anstelle von Protonenpumpenhemmern H2-Blocker zu empfehlen bzw. zu verordnen.