Angestrebt wird ein noch stärker patientenzentrierter Ansatz zum Hyperglykämie-Management bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Es sollten regelmäßig Behandlungsziele mit den Betroffenen vereinbart, überprüft und angepasst werden. Neu werden soziale Determinanten von Gesundheit und die Gegebenheiten im jeweiligen Gesundheitssystem berücksichtigt.
Gewichtsmanagement für alle zentral
Dem Gewichtsmanagement wird eine grundlegende Bedeutung bei allen Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes zugeschrieben. Basis dafür sind nicht zuletzt erfolgreiche Studien der letzten Jahre:
- In der randomisiert-kontrollierten DiRect-Studie war ein strukturiertes Gewichtsmanagementprogramm mit einer strengen Reduktionsdiät (800 kcal/Tag, begonnen mit einer zwölfwöchigen Formuladiät) und dem Absetzen von Antidiabetika und Antihypertensiva erfolgreich. Einschlusskriterium war Übergewicht bis Adipositas und ein nicht länger als sechs Jahre andauernder Diabetes. Es wurde bei jedem dritten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 über zwei Jahre anhaltend eine Remission erreicht [3]. Von denjenigen, die ihr Gewicht anhaltend um 10 kg reduzieren konnten, erreichten sogar 46% eine Remission des Diabetes.
- Mit dem oralen Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonist (GLP-1-RA) Semaglutid in einer Dosis von 2,5 mg schaffen es fast die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit Übergewicht oder Adipositas 10% ihres Körpergewichts über mehr als ein Jahr anhaltend zu verlieren [4]. Mit dem noch in Entwicklung befindlichen dualen GLP-1- und GIP-Rezeptoragonist Tirzepatid ist die Gewichtsabnahme bei übergewichtigen oder adipösen Typ-2-Diabetikern noch größer [5].
- Die bariatrische Chirurgie ermöglicht einen anhaltenden Gewichtsverlust mit einer Normalisierung der Glykämie bis hin zur dauerhaften Remission eines Diabetes [6]. Bei 37,5% der bariatrisch Operierten mit Remission blieb diese über zehn Jahre bestehen.
Empfohlen wird, Ziele der Gewichtsreduktion gemeinsam mit den Betroffenen festzulegen und zunächst Lebensstilmaßnahmen auszuschöpfen, dann aber gegebenenfalls auch die medikamentöse und wenn das auch nicht hilft, die bariatrisch-chirurgische Therapie mit in die Überlegungen einzubeziehen. Bei der Wahl der Antidiabetika bei Übergewicht sollten ganz allgemein Regime erwogen werden, die möglichst sowohl den Glukosestoffwechsel als auch das Gewicht günstig beeinflussen.
Mehr Bewegung im Alltag
Lebensstilmaßnahmen sollten sich auf den gesamten Tag beziehen. Empfehlungen zur Bewegung umfassten bisher 150 Minuten moderater bis intensiver körperlicher Aktivität und zwei bis drei Mal wöchentliches Kräftigungstraining. Jetzt wird betont, dass schon 500 Schritte mehr pro Tag einen zusätzlichen Effekt haben und kurze schnelle Spaziergänge zur Senkung der Mortalität beitragen. Bei sitzender Tätigkeit sollten die Betroffenen jede halbe Stunde aufstehen und kurz herumgehen oder einfache Kräftigungsübungen machen. Bei wenig fitten Personen können schon einfache funktionelle Aktivitäten Effekte auf Gewicht und Hyperglykämie-Kontrolle haben.
Schlaf verbessern
Neu aufgenommen wurde der Schlaf als ein wichtiger Faktor für die Stoffwechselregulation. Es sollte auf einen ausreichend langen Schlaf (>6 Stunden bis maximal 8 Stunden) geachtet werden. Da die Schlafqualität wichtig ist für die glykämische Kontrolle, sollten den Schlaf störende Komorbiditäten wie Schlafapnoesyndrom oder Restless-Legs-Syndrom behandelt werden. Die unterschiedlichen Chronotypen sollten auf eine Tagesstruktur entsprechend ihrer individuellen Präferenz achten.
Medikamentöse Therapie
Wie schon in den zuletzt publizierten Empfehlungen sollte die Wahl der Antidiabetika über Metformin hinaus Komorbiditäten berücksichtigen, soweit Medikamente verfügbar sind, für die in Studien eine spezifische Wirksamkeit bei diesen Erkrankungen belegt ist. Dazu zählen einige GLP-1-RA und Inhibitoren des Natrium-Glukose-Kotransporters-2 (SGLT2-I) bei kardiovaskulären Erkrankungen oder hohem kardiovaskulären Risiko, SGLT2-I bei Herzinsuffizienz und SGLT-I und nachrangig GLP-1-RA bei chronischer Nierenerkrankung.
Kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten regelmäßig erhoben, Hypertonie, Hypertriglyzeridämie behandelt und Rauchern Rauchstopp-Programme angeboten werden.