Clusterkopfschmerz

Clusterkopfschmerz ist die häufigste Erkrankung aus der Gruppe der trigemino-autonomen Kopfschmerzen. Der Kopfschmerz tritt streng unilateral auf und wird als äußerst stark und quälend beschrieben. Typische Begleitsymptome sind Rhinorrhoe, Lakrimation, Ptosis, Miosis und nasale Kongestion.

Kopfschmerzen

Definition

Clusterkopfschmerz zählt zu den trigemino-autonomen Kopfschmerzformen (TAK) und ist eine primäre Kopfschmerzerkrankung. Clusterkopfschmerz tritt in Attacken – sogenannten Clustern – und streng einseitig auf. Zwischen den Attacken sind lange symptomfreie Pausen möglich. Clusterkopfschmerzen sind extrem heftig und betreffen meist Auge, Schläfe und Stirn. Die quälenden unilateralen periorbitalen und/oder temporalen Schmerzen werden häufig von autonomen ipsilateralen Symptomen wie Rhinorrhoe, Lakrimation, Ptosis, Miosis und nasaler Kongestion begleitet. Die Diagnose erfolgt klinisch anhand der Internationalen Kopfschmerzklassifikation. Bei der Behandlung wird zwischen einer akuten Therapie der Schmerzattacken und der Prophylaxe unterschieden. Akut kommen vor allem parenterale Triptane, Kortikoide und Sauerstoff zum Einsatz. Prophylaktisch kann unter anderem die Gabe von Verapamil, Kortikoiden, Lithium und Topiramat versucht werden.

Epidemiologie

An Clusterkopfschmerz erkranken mehr Männer als Frauen (Verhältnis 3:1). Die 1-Jahres-Prävalenz liegt bei 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung.

Im Mittel beginnt Clusterkopfschmerz zwischen dem 28. und 30. Lebensjahr. Die Erkrankung kann sich aber in jedem Alter manifestieren, auch bei deutlich älteren Personen. Bei Kindern und Jugendlichen ist Clusterkopfschmerz hingegen extrem selten.

Bis zu 80 Prozent der Patienten leiden nach 15 Jahren noch immer an Clusterepisoden. Unter Umständen remittieren die Symptome jedoch mit den Jahren. Bei 10 bis 15 Prozent der Betroffenen geht eine primär-episodische Verlaufsform in eine chronische Erkrankung über. Diese wird mitunter auch als vice versa beschrieben.

Bislang gibt es keinen Hinweis auf Vererbungsfaktoren. Möglicherweise aber liegt bei etwa 2 bis 7 Prozent der Patienten eine familiäre Belastung vor.

Ursachen

Die Ursachen von Clusterkopfschmerz sind bislang noch nicht vollständig geklärt. Eine früher vermutete ursächliche Inflammation oder Vasodilatation ist heute für viele Wissenschaftler nicht mehr haltbar. Nach aktueller medizinischer Sicht scheinen die Ereignisse eher als Folge der Kopfschmerzen aufzutreten als deren Ursache zu sein. Ebenfalls veraltet ist die Annahme, dass Clusterkopfschmerz in retroorbitalen Strukturen entsteht. Darüber hinaus kann auch die Vermutung, dass eine verminderte Belüftung der Ethmoidalzellen die Ursache von Clusterkopfschmerz ist, nicht bestätigt werden.

Weiterhin werden derzeit vor allem drei Thesen kontrovers diskutiert.

Entzündungen im Sinus cavernosus

Die früher viel diskutierte sterile Entzündung des Sinus cavernosus als Ursache von Clusterkopfschmerz wird heute von vielen Wissenschaftlern als widerlegt angesehen. Möglicherweise spielen aber entzündliche Prozesse im Sinus cavernosus eine Rolle bei der Entstehung der Erkrankung. Beispielsweise wurden im Liquor und im peripheren Blut bei Patienten in einer Clusterkopfschmerzepisode Hinweise auf entzündliche Veränderungen gefunden. Im Rahmen einer Phlebographie konnte mehrfach festgestellt werden, dass während einer Clusterepisode im Bereich des Sinus cavernosus und der Vena ophtahalmica superior Anzeichen einer venösen Vaskulitis vorliegen. Interessanterweise verschwanden diese pathologischen Befunde während der Remissionsphase vollständig. Daraus schließen einige Forscher, dass das venöse Stromgebiet und der Bereich des Sinus cavernosus bei der Entstehung des Clusterkopfschmerzes bedeutsam sind.

Die sensorische Versorgung des Sinus cavernosus erfolgt über Fasern des N. trigeminus und des N. facialis. Bei Patienten mit Clusterkopfschmerz deuten Befunde auf eine gesteigerte Erregbarkeit nozizeptiver Neuronen des N. trigeminus hin. Auch das könnte entscheidend in der Pathophysiologie von Clusterkopfschmerz sein.

Hypothalamus als Ursache

Trotz frustraner Ergebnisse mit der experimentellen Tiefenstimulation wird der Ursprung von Clusterkopfschmerz noch immer im Hypothalamus vermutet. Besonderen Fokus legen Wissenschaftler dabei auf die anterioren bzw. suprachiasmatischen Kerne sowie auf die posterioren Zellen, die die autonomen Funktionen regeln. Dieser Abschnitt generiert unter anderem die zirkadiane Rhythmik und den Schlaf-Wach-Rhythmus. Das würde die tageszeitlich unterschiedliche Verteilung der Cluster erklären.

Bildgebende Verfahren zeigen, dass einige Clusterkopfschmerz-Patienten eine höhere Dichte des sogenannten hypothalamischen Graus aufweisen. Eine abschließende Erklärung kann dazu aber noch nicht getroffen werden.

Netzwerkstörung von vegetativem und schmerzverarbeitendem Nervensystem

Andere wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass Clusterkopfschmerz nicht alleine auf Veränderungen im Hypothalamus zurückzuführen sind. Patienten mit Clusterkopfschmerz zeigen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine signifikante Modifikation der grauen Substanz im Bereich des bilateral mittleren, linken superioren und medialen Gyrus frontalis, also dem frontalen Netzwerk der nozizeptiven Wahrnehmung und Verarbeitung. Diese Veränderungen korrelierten mit den unterschiedlichen Verläufen der Krankheit (chronisch sowie episodisch innerhalb und außerhalb der aktiven Phase). So wurden bei kürzlich abgelaufenen akuten Clusterkopfschmerzen während der aktiven Phase signifikante Verluste im Bereich der grauen Substanz im zentralen schmerzverarbeitenden System festgestellt. Bei Patienten mit chronischen Clusterkopfschmerz waren zusätzliche Veränderungen im Bereich des anterioren Cingulus, der Amygdala und im Bereich des sekundären somatosensorischen Cortex sichtbar. Im Gegensatz dazu zeigten Patienten mit episodischem Clusterkopfschmerz außerhalb der aktiven Phase keine Veränderungen in den genannten Bereichen. Nach wie vor wird aber kontrovers diskutiert, ob die morphologischen Veränderungen Folge oder Ursache von Clusterkopfschmerz sind.

Triggerfaktoren

Das Verhalten von Auslösern für Clusterkopfschmerz ist nicht eindeutig. Mitunter werden Kopfschmerzattacken von Faktoren getriggert, die in der Remissionsphase keine Auswirkungen haben. Als wichtigster Auslöser für Clusterkopfschmerz gilt aber Alkohol. Dabei scheint es jedoch auf das Ausmaß anzukommen. Paradoxerweise lösen kleinere Mengen Alkohol Kopfschmerzen aus, während größere Mengen Anfälle verhindern können. Es gibt sogar Berichte, dass starker Alkoholkonsum Remissionsphasen verlängert hat. Aufgrund der Risiken und Organschäden durch übermäßigen Alkoholgenuss muss jedoch dringend von dieser Prophylaxemaßnahme abgeraten werden.

Weitere bekannte Triggerfaktoren (individuell verschieden) von Clusterkopfschmerz sind:

  • Histamin
  • Nitropräparate
  • Blend- und Flackerlicht
  • Lärm
  • Hitze
  • Lebensmittelzusatzstoffe wie Mononatriumglutamat (E 621), Kaliumnitrit (E 249) und Natriumnitrit (E 250)
  • Koffein
  • Gerüche wie Benzin, Klebstoffe, Lösungsmittel oder Parfum
  • Lebensmittel wie Käse, Tomaten, Schokolade und Zitrusfrüchte
  • Längere Schlafphasen am Tag
  • Extreme Emotionen
  • Körperliche Aktivität
  • Große Höhenunterschiede
  • Sildenafil aus der Gruppe der PDE-5-Inhibitoren

Pathogenese

Aufgrund der bis heute nicht eindeutig erforschten Ursache kann die Pathophysiologie von Clusterkopfschmerz nicht sicher erklärt werden.

Möglicherweise spielen sowohl die Fasern des N. trigeminus als auch die des N. facialis in der Pathophysiologie des Clusterkopfschmerzes eine bedeutsame Rolle. Die Annahme basiert darauf, dass eine trigeminale Rhizotomie sowie eine operative Durchtrennung des N. facialis oder des N. petrosus superficialis major Clusterkopfschmerzattacken vollständig verhindern können.

Geht man von einem entzündlichen Prozess des Sinus cavernosus als Ursache aus, könnte eine Inflammation den venösen Abfluss behindern. Die entzündliche Wandveränderung des Sinus cavernosus beeinträchtig infolge die ipsilateralen sympathischen Fasern in Umgebung der A. carotis interna. Diese gewährleistet die sympathische Versorgung des Augenlides, des Auges, des Gesichtes, der Orbita und der retroorbitalen Gefäße. Indem sich die inflammatorische Reaktion im Bereich des Sinus cavernosus auf den N. ophthalmicus ausbreitet, könnte die ipsilaterale Entstehung des Kopfschmerzes erklärt werden.

Anatomisch tritt die A. carotis interna durch den Canalis caroticus. Bei einer möglichen Vasodilatation kann das Gefäß infolge der knöchernen Ummantelung mechanisch eingeengt werden. Geht ein entzündlicher Prozess vom Sinus cavernosus auf die A. carotis interna über, kann die Gefäßwand ödematös aufquellen und die sympathischen Fasern im Canalis caroticus komprimieren. Die mechanische Irritation sympathischer Fasern, die Aktivierung sensorischer nozizeptiver Bahnen und die Deaktivierung sympathischer Neurone könnten somit ebenso das Beschwerdebild von Clusterkopfschmerz erklären. Ein ähnlicher Mechanismus wäre bei der Provokation von Clusterkopfschmerzattacken durch Nitroglyzerin, Histamin, Alkohol oder Hypoxie denkbar.

Verlauf

Die überwiegende Mehrheit (80 Prozent) der Patienten mit Clusterkopfschmerz leidet an der episodischen Form (ECH). Dabei wechseln sich die symptomatischen Episoden, die wenige Wochen bis Monate dauern, mit symptomfreien Zeitspannen von Monaten bis Jahren ab.

Hält die Clusterperiode ohne spontane Remission mehr als ein Jahr an oder sind die Remissionsphasen kürzer als drei Monate, spricht man vom chronischen Clusterkopfschmerz (CCH). In der zurzeit geltenden S1-Leitlinie wird noch ein Monat zugrunde gelegt. Diese Zeitspanne hat sich jedoch mit der 3. Auflage der Internationalen Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-III) der International Headache Society (IHS) im Januar 2018 auf drei Monate verlängert.

Die Kopfschmerzattacken treten oft zur gleichen Tageszeit auf. Zudem ist eine gehäufte Frequenz von Clusterepisoden im Frühjahr und Herbst sowie eine allgemein gestörte zirkadiane Ausschüttung vieler Hormone zu beobachten.

Sekundärer Clusterkopfschmerz

Ein sekundärer Clusterkopfschmerz wird auch als symptomatischer Clusterkopfschmerz bezeichnet. Das Beschwerdebild ist gleich. Jedoch wird der sekundäre Clusterkopfschmerz nicht primär ausgelöst, sondern ist die Folge einer anderen Erkrankung. Zu den auslösenden Sekundärursachen zählen beispielsweise:

  • Intrakraniale mittelliniennahe Raumforderungen wie Tumore und Infarktbezirke
  • Entzündliche Plaques und Läsionen im Hirnstamm, zum Beispiel Angiome, Hypophysenadenome und Aneurysmen
  • arteriovenöse Malformationen
  • Karotisdissektionen
  • Infektionserkrankungen

Symptome

Der Clusterkopfschmerz ist als ein attackenartig auftretender, streng einseitiger, extrem heftiger Kopfschmerz mit retroorbitalem Punctum maximum definiert. Die Schmerzen werden meist als bohrend, stechend, ziehend oder brennend wahrgenommen. Neben der Trigeminusneuralgie zählen Clusterkopfschmerzen zu den stärksten, für den Menschen vorstellbaren Schmerzen. Frauen beschreiben die Intensität oft unerträglicher als Geburtswehen.

Die Kopfschmerzattacken treten bis zu acht Mal täglich auf. Klassischerweise ist eine nächtliche Zunahme zu beobachten. Am häufigsten werden die Patienten zwei Stunden nach dem Einschlafen oder in der REM-Phase aus dem Schlaf gerissen. Ebenfalls oft kommen Kopfschmerzanfälle in den frühen Morgenstunden und um die Mittagszeit vor. Die Kopfschmerzen dauern zwischen 15 und 180 Minuten an. Typischerweise berichten die Patienten von einer ausgeprägten Bewegungsunruhe (pacing around) und/oder Agitiertheit während der Attacken.

Begleitsymptome

Obligat sind autonome Begleitsymptome wie Miosis und/oder Ptosis (inkomplettes Horner-Syndrom), Lakrimation, konjunktivale Rötung, Rhinorrhoe und nasale Kongestion gleichzeitig und ipsilateral zum Schmerz. Weiterhin sind pathologisches Schwitzen und/oder eine Rötung im Bereich der Stirn oder des Gesichtes sowie ein Völlegefühl im Ohr möglich.

Etwa die Hälfte aller Patienten leiden neben der eigentlichen Kopfschmerzattacke an einseitig betonten und stetigen Begleitkopfschmerzen. Rund ein Viertel der Betroffenen beschreibt migräneartige Symptome wie Aura, Übelkeit, Phono- und Photophobie.

Diagnostik

Die Diagnose des Clusterkopfschmerzes wird mithilfe einer genauen Anamnese und einer klinisch-neurologischen Untersuchung gestellt. Die Diagnosekriterien basieren dabei auf der aktuellen International Classification of Headache Disorders (ICHD-3).

Nach einer Erhebung der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppe (CSG) wird die Diagnose Clusterkopfschmerz nach etwa acht Jahren gestellt. Die Diagnosefindung wird erschwert, da elektrophysiologische, laborchemische und Liquoruntersuchungen nicht bei der Diagnosestellung helfen. Dennoch sollten bei der Erstdiagnose oder bei begleitenden neurologischen Ausfallerscheinungen ein kranielles Computertomogramm der Schädelbasis (Knochenfenster) und ein zerebrales Kernspintomogramm mit Darstellung des kraniozervikalen Übergangs obligat erfolgen. Das gilt insbesondere bei älteren Personen, da gerade im höheren Lebensalter symptomatische Ursachen nicht selten sind.

Neurologischer Status

Die aktuelle Leitlinie setzt bei der Erhebung des neurologischen Status insbesondere auf die lokale Region und den Bereich des ophthalmischen Astes des N. trigeminus. In seltenen Fällen kann eine Neurographie erforderlich sein (Trigeminus-SEP und/oder Blinkreflex). Bei pathologischem Befund wird eine weitere Diagnostik empfohlen. Je nach Beschwerdebild sollte ein Glaukom ausgeschlossen werden.

Weitere Untersuchungen

Bei erstmalig auftretender Kopfschmerzsymptomatik, auffälliger neurologischer Untersuchung, untypischen Beschwerden, Erstmanifestation im Alter (> 60 Jahre), Veränderung der Symptome oder bei Änderungen im Ansprechen der Therapie empfiehlt die Leitlinie:

  • CT der Schädelbasis (Ausschluss knochendestruierender Prozesse)
  • MRT des Zerebrums mit kraniozervikalem Übergang
  • ggf. MRT-Angiographie (Ausschluss einer mittelliniennahen zerebralen Pathologie oder arteriovenöse Malformation)
  • ggf. Liquoruntersuchung (Ausschluss entzündlicher Erkrankungen)

Stationäre Aufnahme

Mitunter muss die Exploration von Patienten mit Clusterkopfschmerz stationär weitergeführt werden. Eine Klinikaufnahme wird empfohlen bei:

  • Erstdiagnose eines atypischen Falls
  • Versagen der prophylaktischen Therapie
  • Therapieresistenten Attacken
  • Ersteinstellung auf Sauerstofftherapie (in Fällen, in denen eine ambulante Einstellung aufgrund z. B. örtlichen Begebenheiten nicht möglich ist)

Therapie

Clusterkopfschmerz ist nicht heilbar. Es ist jedoch möglich, die Intensität der Schmerzanfälle und die Häufigkeit der Kopfschmerzattacken zu reduzieren. Herkömmliche Schmerzmittel wie NSAR oder auch Opioidanalgetika sind dabei allerdings wirkungslos. Ebenso zeigen Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, physiotherapeutische Verfahren oder komplementärmedizinische Maßnahmen keinen nennenswerten Therapieerfolg.

Grundsätzlich wird bei der Behandlung zwischen der Akutbehandlung und der Prophylaxe unterschieden.

Akutbehandlung

  • Leitliniengemäß sind die parenteral wirkenden 5-HT1B/D-Agonisten Sumatriptan (6 mg s. c. oder 20 mg nasal) und Zolmitriptan (5–10 mg nasal) die Substanzen mit der besten Wirksamkeit bei einer akuten Clusterkopfschmerzattacke. Die orale Applikation eines Triptans ist hingegen nur bei wenigen Patienten sinnvoll. Parenteral verabreichtes Sumatriptan ist das Mittel der Wahl, da die Wirkung bei einer oralen Applikation des Wirkstoffs wegen der kurzen Attackendauer von 15–180 Minuten zu spät einsetzen würde. Möglicherweise sind auch niedrigere Dosierungen als 6 mg Sumatriptan s. c. wirksam.
  • Bei etwa 78 Prozent der Clusterpatienten wirkt die Inhalation von 100 Prozent Sauerstoff (12 l/min über 15–20 min) über eine Gesichtsmaske mit Rückatembeutel (Non-Rebreather Maske). Die Kosten für die Behandlung von Clusterkopfschmerzattacken mit Sauerstoff in Druckgasflaschen werden in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
  • Kortikoide (z. B. Prednison mindestens 1 mg/kg Körpergewicht) sind gut wirksam und gelten als Mittel der ersten Wahl. Sie sollten jedoch in der Regel nur kurzfristig (< 4 Wochen) eingesetzt werden.
  • Mittel der zweiten Wahl ist die intranasale Applikation von Lidocain 4–10 Prozent in das ipsilaterale Nasenloch.

Die topische Anwendung von Lokalanästhetika wie auch die von Sauerstoff hilft nur einem Teil der Patienten und auch nicht immer. Trotzdem wird empfohlen, dass jeder Patient mit Clusterkopfschmerz einmal im Leben diese Therapien ausprobieren sollte. Bei erfolgreichem Therapieversuch könnten im Falle einer Symptomlinderung systemische Nebenwirkungen anderer Therapien vermieden werden. Das ist umso wichtiger, wenn die Attackenfrequenz in Ausnahmefällen acht und mehr Attacken pro Tag umfasst.

Prophylaktische Therapie

Zur Vorbeugung wiederkehrender Clusterattacken wird in der Regel der Calciumkanalantagonist Verapamil verwendet. Falls dieser nicht verträglich oder wirksam ist, kann Lithium als Alternative infrage kommen. Diese Präventivmaßnahmen werden individuell angepasst und erfordern regelmäßige ärztliche Kontrollen, um Nebenwirkungen zu vermeiden.

Weitere Optionen

Die Stimulation des Ganglion sphenopalatinum (SPG) konnte bei Patienten mit Clusterkopfschmerz in einer multizentrischen, randomisierten Studie zeigen, dass bei über 70 Prozent entweder die akute Attacke kupiert wurde, die Attackenfrequenz sank oder beides stattfand. Fast alle Patienten erlebten jedoch Nebenwirkungen durch die Operation, vor allem leichte bis mäßige Hypästhesie des Nervus maxillaris für bis zu drei Monate.

Bei medikamentenresistentem chronischen Clusterkopfschmerz ist die bilaterale Stimulation des N. occipitalis major in etwa 50 Prozent der Fälle erfolgreich. Die Nebenwirkungsrate ist allerdings relativ hoch. Deshalb erhielt dieses Verfahren für Clusterkopfschmerz keine Zulassung.

Alternativ kann bei medikamentenresistentem chronischen Clusterkopfschmerz eine wiederholte Injektion von Kortikoiden und Lokalanästhetika an den N. occipitalis major versucht werden. Für diese Methode gibt es aber noch keine Langzeiterfahrungen.

Prognose

Die Prognose von Clusterkopfschmerz ist individuell verschieden. Etwa 80 Prozent der Patienten mit einer episodischen Form leiden auch 15 Jahre nach der ersten Attacke an den heftigen Kopfschmerzen.

In etwa 10 bis 15 Prozent geht eine episodische in eine chronische Verlaufsform über.

Auch wenn Clusterkopfschmerz mit den heute zur Verfügung stehenden Methoden nicht geheilt werden kann, sind Spontanremissionen möglich. Patienten mit episodischer Verlaufsform sind davon bis zu 40 Prozent häufiger betroffen als Patienten mit chronischem Clusterkopfschmerz.

Prophylaxe

In der prophylaktischen Behandlung bei episodischem und chronischem Clusterkopfschmerz ist Verapamil das Mittel der ersten Wahl. Als Mittel der zweiten Wahl stuft die Leitlinie Lithium und Topiramat ein.

Grundsätzliche Empfehlungen sind:

  • Verapamil: mit 3–4 × 80 mg beginnen, dann steigern bis 480 mg/d, weitere Dosistitration in Ausnahmefällen; vor Behandlungsbeginn und im Therapieverlauf EKG erforderlich (auch bei längerer subjektiv nebenwirkungsfreier Anwendung); Cave: Bradykardie und AV-Block
  • Kortikoide (Prednisolon): mind. 1 mg/kg Körpergewicht initial für 2–5 Tage, dann sukzessive Abdosierung über 2 Wochen anstreben
  • Lithium: 600–1500 mg/d (Serumspiegel 0,6–0,8 ml/l)
  • Topiramat: 100–200 mg/d, in Einzelfällen sind höhere Dosierungen nötig
  • Ergotamin oder lang wirksame Triptane wie Naratriptan und Frovatriptan: in der Kurzprophylaxe (d. h. bis eine andere prophylaktische Therapie greift) abends möglich, vor allem bei Patienten mit nächtlichen Attacken
  • Warfarin (subtherapeutische Antikoagulation): eine positive randomisiert-kontrollierte Pilotstudie vorhanden; Cave: kaum bis keine klinischen Erfahrungen

In der aktuellen Leitlinie wird noch Methysergid bis zu 12 mg/d über maximal 6 Monate aufgeführt. Cave: Dieses Arzneimittel ist wegen schwerer Nebenwirkungen vom Markt genommen worden.

Besonderheiten bei chronischem Verlauf

Die pharmakotherapeutische Behandlung sollte insbesondere bei Patienten mit chronischem Clusterkopfschmerz in einer spezialisierten Kopfschmerzambulanz erfolgen. Zudem wird empfohlen, etwa alle 3–6 Monate zu versuchen, die Medikation zu reduzieren.

Es gibt Hinweise, dass eine intravenöse Therapie mit Dihydroergotamin (9 mg in 3 Tagen z. B. über Perfusor) einen positiven Effekt sowohl beim episodischen als auch beim chronischen Clusterkopfschmerz haben kann. Dihydroergotamin i.v. ist jedoch nur über eine internationale Apotheke zu beziehen.

Operative Verfahren

Mitunter kann eine Operation indiziert sein. Diese sollten jedoch nur in spezialisierten Zentren mit Kopfschmerzschwerpunkt erfolgen. Operative Verfahren sind ausschließlich nach Versagen aller medikamentösen Therapieoptionen und einem sicheren Ausschluss eines symptomatischen Clusterkopfschmerzes zu erwägen. Der Grund dafür ist ein unsicherer Behandlungserfolg, sodass keine anhaltende Besserung der Symptomatik garantiert werden kann. Im Gegensatz dazu besteht die Gefahr einer zusätzlichen – iatrogen verursachten – Neuralgie des N. trigeminus oder einer Anaesthesia dolorosa. Von neurodestruierenden Verfahren wird ganz abgeraten.

In einigen (wenigen) Fällen war die unspezifische Blockade des N. occipitalis major mit einem Lokalanästhetikum erfolgreich und sollte deshalb auf jeden Fall vor einer operativen Therapie versucht werden.

In sehr wenigen Einzelfallstudien wurden Effekte durch folgende Methoden beschrieben:

  • Applikation von Glyzerol oder Lokalanästhetika in die Cisterna trigeminalis bzw. das Ganglion Gasseri
  • Hochfrequenz-Rhizotomien des Ganglion Gasseri
  • vaskuläre Dekompressionen
  • Radiatio der Eintrittszone des N. trigeminus (Gamma Knife)
  • Resektionen des N. petrosus superficialis major oder des Ganglion sphenopalatinum

Es gibt jedoch auch diverse Fallstudien mit negativem oder sogar verschlechtertem Befund der Symptomatik.

Hinweise

In der 2013 überarbeiteten Klassifikation der International Headache Society werden die sogenannten trigemino-autonomen Kopfschmerzen zusammengefasst. Alle Kopfschmerzsyndrome dieser Gruppe haben zwei Dinge gemeinsam: die meist kurz andauernden Schmerzattacken und die nahezu obligat vorhandene autonome Begleitsymptomatik. Die Begleitsymptome wie Lakrimation, konjunktivale Injektion, Rhinorrhö, nasale Kongestion, Hyperhidrose, nichtentzündliches Erythem und Lidödem treten streng ipsilateral zum Schmerz auf und fehlen nur bei 3 Prozent der Patienten.

Nach ICHD 3 zählen folgende Erkrankungen in die Gruppe der trigeminoautonomen Kopfschmerzen:

  • der episodische und chronische Clusterkopfschmerz (CK)
  • die episodische und chronische paroxysmale Hemikranie (CPH)
  • die Hemicrania continua (HC)
  • das SUNCT-Syndrom (Short-lasting Unilateral Neuralgiform headache with Conjunctival injection and Tearing)
  • das SUNA-Syndrom (Short-lasting Unilateral Neuralgiform headache attacks with cranial Autonomic symptoms)
Autor:
Stand:
28.10.2024
Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. S1-Leitlinie Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen. AWMF-Registernummer 030/036.
  2. Cluster-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e. V.
  3. May A.: Cluster-Kopfschmerz und andere trigemino-autonome Kopfschmerzen, Neurologie 1/2006. 07_NEU_Cluster_1.06.pdf.
  4. Göbel H.: Die Kopfschmerzen: Ursachen, Mechanismen, Diagnostik und Therapie in der Praxis. Pathophysiologie des Clusterkopfschmerzes. Springer Verlag. 3. Auflage. 25. April 2012.
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