Die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (LHON) ist eine selten auftretende, erblich bedingte Netzhauterkrankung. Der Verlust retinaler Ganglienzellen führt zu einem ausgeprägten, meist schnell verlaufenden Visusverlust.
Die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (LHON) ist eine selten auftretende, erblich bedingte mitochondriale Netzhauterkrankung (ICD-10 H47.2). Eine Degeneration retinaler Ganglienzellen führt meist schon im jungen Alter zu einer ausgeprägten, rasch progredient verlaufenden Visusminderung, die bisweilen in einer vollständigen Erblindung münden kann.
In der Regel betrifft der Sehverlust zunächst ein Auge, das andere Auge erkrankt meist innerhalb von Wochen bis Monaten. Verläufe mit weiteren neurologischen Symptomen wie motorische Störungen, Dystonie, Haltungstremor und zerebelläre Ataxie werden als „LHON Plus“ bezeichnet. Für den Erhalt bzw. die Verbesserung des Visus ist neben einer frühzeitigen Diagnosestellung ein schneller Therapiebeginn von entscheidender Bedeutung.
Der derzeit einzige zugelassene Wirkstoff für Patienten mit LHON ist Idebenon (Raxone). Die Zulassung einer Gentherapie wird im 3. Quartal 2023 erwartet.
Epidemiologie
Mit einer Prävalenz von 1:30.000 ist die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie die häufigste mitochondriale Erkrankung [2]. Europaweit sind ungefähr 2–3 von 100.000 Menschen betroffen [3]. In Deutschland werden jährlich etwa 80 bis 100 PatientInnen neu mit LHON diagnostiziert [4]. Der Altersgipfel liegt zwischen 15 und 35 Jahren [1].
In der Fachliteratur wird LHON als Erkrankung junger Männer geführt. Teilweise wird von einem 80%igen Anteil männlicher Patienten gesprochen [1,2]. Möglicherweise ist diese Annahme nicht ganz zutreffend. Darauf deuten die Ergebnisse einer 2020 publizierten Querschnittstudie mit 1.517 TeilnehmerInnen hin. Die bisher größte internationale demografische LHON-Studie ergab, dass die Symptome sowohl bei Frauen als auch bei Männern in jedem Alter auftreten. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen lag bei 3:1, bei PatientInnen im Alter von unter fünf bis über 45 Jahre sogar bei etwa 1:1 [5].
Ein dramatischer Altersgipfel bei der Manifestation des Sehverlusts wurde bei Männern zwischen 14 und 26 Jahren festgestellt. Bei Frauen gab es keinen vergleichbaren Höhepunkt [5].
Ursachen
Ursache der Leberschen hereditären Optikusneuropathie sind Mutationen in der mitochondrialen DNA (mtDNA). Mehr als 95% der Fälle sind durch drei primäre mitochondriale DNA-Punktmutationen in den mitochondrialen MTND-Genen verursacht [5]:
MTND4 m.11778G>A (bei ca. 70% der Betroffenen nordeuropäischer Abstammung [6])
MTND6 m.14484T>C
MTND1 m.3460G>A
Diese pathogenen Mutationen betreffen Gene, die für Untereinheiten des Komplexes I der Atmungskette kodieren. Von den drei primären Mutationen haben PatientInnen, die die Mutation m.14484 (MT-ND6-Gen) tragen, die besten langfristigen Sehergebnisse [5].
Weitere Mutationen wurden im Komplex III und IV der Atmungskette oder dem mitochondrialen ATPase-6-Gen (MT-ATP6) gefunden [6].
LHON folgt einem maternalen Erbgang. Die Penetranz ist innerhalb und zwischen Familien und Familienzweigen sehr unterschiedlich [5]. Bis zu 40% der Fälle treten sporadisch auf [7].
In den betroffenen Familien erkranken 49% der männlichen, aber nur 14% der weiblichen Mutationsträger [8]. Das führte zu der Hypothese, dass eventuell ein weiterer X-chromosomaler Faktor die phänotypische Manifestation der Krankheit beeinflussen kann [7].
Bei einem kleinen Anteil an Patientinnen können die LHON-typischen Symptome nicht mit den genannten Mutationen erklärt werden. Obwohl der übliche Test auf LHON negativ ausfallen würde, ist eine Lebersche hereditäre Optikusneuropathie nicht auszuschließen. Mittlerweile gibt es LHON-Diagnosen, bei denen die Mutation nicht in der mitochondrialen DNS, sondern in der nuklearen DNS lokalisiert wurde [8].
Risikofaktoren
Umweltfaktoren können die Manifestation einer LHON beeinflussen; der relevanteste Risikofaktor ist Rauchen. Alkohol scheint nur bei starkem Konsum eine Rolle zu spielen [9].
Pathogenese
Die pathophysiologischen Merkmale von LHON sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass die Defekte eine verminderte Adenosintriphosphat(ATP)-Synthese bedingen, während die Konzentration von Sauerstoffradikalen (reactive oxygen species [ROS]) in der Zelle bzw. in den Mitochondrien ansteigt. Diese reichern sich an, verändern Proteine und intrazelluläre Strukturen und führen zum Untergang der retinalen Ganglienzellen, die die hintere Schicht der Netzhaut bilden.
Die anfälligsten Zellen sind die kleinsten Fasern des Sehnervs, da sie einen höheren Energiebedarf haben und ein großes, nicht myelinisiertes Segment aufweisen. Diese kleinen Fasern überwiegen innerhalb des papillomakulären Bündels und gehen meist zu Beginn der Krankheit verloren. Mit fortschreitendem Erkrankungsverlauf und mit zunehmendem Alter werden auch größere Fasern des Sehnervs geschädigt, wodurch sich das Sehvermögen weiter verschlechtert.
Symptome
Die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie ist durch einen raschen, schmerzlosen und fortlaufenden Visusverlust gekennzeichnet. Die Sehverschlechterung beginnt in der Regel subakut auf einem Auge. Das zweite Auge erkrankt oft innerhalb weniger Wochen bis Monate (meist 1–3 Monate, selten Jahre) nach dem ersten. In ca. 25% der Fälle sind sofort beide Augen betroffen [6].
Erhöhte Lichtempfindlichkeit, Zentralskotom und reduziertes Kontrastsehen
LHON-PatientInnen berichten über eine erhöhte Lichtempfindlichkeit, ein reduziertes Farben- und Kontrastsehen sowie einen zentralen Gesichtsfeldausfall (vergrößertes Zentralskotom). Das Skotom dehnt sich im Krankheitsverlauf häufig weiter ins Sichtfeld aus, was das Sehvermögen zunehmend beeinträchtigt.
In der Regel verbleiben oft weniger als 10% der früheren Sehkraft – obschon die Stärke des Visusverlusts individuell sowie zwischen den Geschlechtern und auch innerhalb der drei häufigsten LHON-Genmutationen stark variieren kann [8].
Abhängig von der Mutationsform oder der Behandlung kann sich das Sehvermögen, vor allem die Sehschärfe, selbst nach längerer Zeit wieder verbessern. Selten führt die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie zur vollständigen Erblindung [8].
Krankheitsverlauf
Klassischerweise verläuft LHON in vier Phasen. Unterschieden wird zwischen der Zeit vor der Manifestation der Erkrankung (asymptomatische Phase), der Zeit direkt nach dem Krankheitsbeginn (subakute Phase) und den Phasen der Stabilisierung (dynamische und chronische Phase) [8].
Asymptomatische Phase
Vor Ausbrauch der Symptome ist die Sehschärfe erhalten, eventuell werden minimale Sehstörungen bemerkt.
Subakute Phase
In den ersten sechs Monaten nach Ausbruch der Erkrankung nimmt die Sehschärfe zunehmend ab. Die Bildmitte wird als kräuselig bis eingedunkelt flimmernd (Schachbrettmuster) wahrgenommen. Das äußere Sehen bzw. der Rand des Sichtfelds ist nur noch unscharf erkennbar. Dies wird auch als „umgekehrter Tunnelblick“ beschrieben.
Dynamische Phase
Nach sechs bis zwölf Monaten stellt sich ein stabiler Zustand ein, indem sich das Gesichtsfeld weiter verschlechtert, der Visusverlust aber stagniert.
Chronische Phase
Ab zwölf Monate nach Manifestation der Erkrankung verschlechtern sich die Symptome in der Regel nicht mehr. Die retinalen Ganglienzellen sind inaktiv bzw. verlieren ihre Funktion.
LHON Plus
Bei den meisten LHON-PatientInnen bleibt der Sehverlust das einzige Symptom. In seltenen Fällen kann der nachlassende Visus aber auch mit Herzrhythmusstörungen und einer neurologischen Begleitsymptomatik assoziiert sein. Typisch sind zum Beispiel:
orthostatischer Tremor
Ataxie
Polyneuropathie
Myopathien
Bewegungsstörungen
Diese Verläufe werden als „LHON Plus“ bezeichnet [8].
Diagnostik
Nicht immer wird die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie auf Anhieb diagnostiziert. Ein entsprechender Verdacht kann mittels Anamnese (insbesondere bei Augenerkrankungen mit Sehverlust innerhalb der Familie) und ophthalmologischen Untersuchungen erhärtet werden. Zum Einsatz kommen:
Sehtest mit Visusbestimmung
Ophthalmoskopie/Funduskopie
Bestimmung des Augeninnendrucks (Glaukom-Ausschluss)
Gesichtsfelduntersuchung
Fundusfotografie
optische Kohärenztomographie (OCT)
Zum Ausschluss neurologischer Ursachen können Schnittbildverfahren des Gehirns (Magnetresonanztomografie [MRT]) und neurologische Untersuchungen (beispielsweise Koordinations-, Feinmotorik- und Gangprüfungen sowie visuell evozierte Potenziale [VEP]) folgen.
Typische Befunde
Hinweisgebende Befunde sind das Zentralskotom sowie typische Veränderungen des Augenhintergrunds. In der Akutphase dominieren ein Ödem der peripapillären retinalen Nervenfaserschicht (RNFL), retinale Teleangiektasien, eine Hyperämie der Sehnervenpapille, eine Mikroangiopathie und im Verlauf eine Atrophie der Sehnervpapille.
Die Sehschärfe reduziert sich häufig innerhalb weniger Tage/Wochen auf einen Endpunkt von <0,1 logMAR. Viele LHON-Betroffene haben zusätzlich Probleme, Farben zu unterscheiden (Rot-Grün-Dyschromatopsie) [1].
Molekulargenetische Diagnostik
Im molekulargenetischen Labor wird eine Blutprobe entweder nur auf die drei Primärmutationen getestet oder das gesamte mitochondriale Genom sequenziert, um auch seltene nicht Primärmutationen zu detektieren. Bei Nachweis einer der bekannten LHON-Mutationen gilt die Diagnose einer Leberschen hereditären Optikusneuropathie als gesichert.
Differenzialdiagnostik
Die wichtigste Differenzialdiagnose zur LHON ist die Optikusneuritis (Neuritis nervi optici), die wiederum eine der häufigsten und frühesten Manifestationen einer Multiplen Sklerose (MS) darstellt [1,8].
Hinweis: Es gibt auch PatientInnen, die sowohl an einer LHON als auch an MS erkranken. Diese Kombination wird als Harding-Syndrom bezeichnet.
Weitere relevante differenzialdiagnostische Überlegungen sind:
akute ischämische Optikusneuropathie (AION)
Wolfram-Syndrom (eine seltene neurodegenerative Erbkrankheit mit einer funktionellen Störung des endoplasmatischen Retikulums)
Arteriitis temporalis
Tabak-Alkohol-Amblyopie
Raumforderung im Bereich der Orbita und des Chiasma opticum
Therapie
Für den Erhalt bzw. eine Verbesserung des Visus sind bei der Leberschen hereditären Optikusneuropathie eine rasche Diagnosestellung und ein schneller Therapiebeginn von zentraler Bedeutung. Hier kommen drei Therapieansätze in Betracht: die medikamentöse Behandlung mit Idebenon (Raxone) sowie experimentell eine Gentherapie mit Ersatz der defekten mtDNA oder der Ersatz der Mitochondrien. Lebensstil-Interventionen, Beratungsangebote, Rehabilitationsmaßnahmen und Informationen können die LHON-Behandlung unterstützen.
Idebenon
Idebenon ist die erste und bislang einzige zugelassene Therapie für LHON und wird in der aktuellen S1-Leitlinie „Erbliche Netzhaut‑, Aderhaut- und Sehbahnerkrankungen“ zur Behandlung bei akuter Leberscher hereditärer Optikusneuropathie empfohlen [10]. Der Wirkstoff kann bei hochgradigem klinischem Verdacht schon vor der molekulargenetischen Diagnosesicherung gegeben werden. Ziel ist es, Patientinnen möglichst früh bei noch relativ gutem Visus zu behandeln und die Sehschärfe zu stabilisieren (clinically relevant stabilization [CRS]). Bei bereits stark eingeschränktem Visus soll eine klinisch relevante Erholung erreicht werden (clinically relevant recovery [CRR]) [1].
Wirkweise
Idebenon ist als kurzkettiges Benzochinon ZNS-gängig, überwindet die mitochondriale Membran und wirkt sich positiv auf den Elektronenfluss aus. Im Detail kann Idebenon Elektronen unter Umgehung des defekten Komplexes I direkt auf Komplex III übertragen. Infolge verbessern sich die Funktion der mitochondrialen Atmungskette und die zelluläre ATP-Bildung [2,11,12].
Zudem ist Idebenon ein starkes Antioxidans und reduziert die freien Sauerstoffradikale, wodurch noch lebensfähige, aber inaktive retinale Ganglienzellen reaktiviert werden können. So kann die Visusverminderung aufgehalten und der Visus verbessert werden [13].
Idebenon ist gut verträglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Husten, Nasopharyngitis, leichte bis mäßige Diarrhoe und Rückenschmerzen [14].
Therapieschema
Aufgrund der klinischen Erfahrungen und anhand der Ergebnisse eines „Expanded Access“-Programms (EAP) sollten LHON-PatientInnen zunächst für 30 Monate mit Idebenon behandelt werden [15]. Bessert sich der Visus nicht in dieser Zeit oder kann die Sehschärfe bei einem Ausgangsvisus von <1,0 logMAR nicht stabilisiert werden, spricht der Betroffene nicht auf Idebenon an und die Therapie kann abgesetzt werden.
PatientInnen, bei denen sich der Visus nach dieser Zeitspanne weiter regeneriert, sollten so lange weiter behandelt werden, wie sich der Visus verbessert. Bei Erreichen eines Plateaus – das heißt, dass sich die Sehschärfe zwölf Monate lang nicht mehr ändert – wird die Therapie beendet [1].
LHON-PatientInnen sollten zunächst alle drei, dann alle sechs und – wenn sich der Visus stabilisiert hat – alle zwölf Monate zur Therapiekontrolle einbestellt werden [15].
Gentherapie
Für Betroffene mit der m.11778G>A-Mutation wurde eine vektorbasierte, intravitreale Gentherapie entwickelt. Eine im Dezember 2020 publizierte Studie im Fachmagazin „Science Translational Medicine“ attestierte der Methode eine beidseitige Sehverbesserung durch eine einseitige Injektion in den Glasköperbereich des Auges. Die randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studie wurden an sieben Zentren weltweit durchgeführt, darunter am Klinikum der Universität München (LMU Klinikum) unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Klopstock (Friedrich-Baur-Institut an der Neurologischen Klinik) und Prof. Dr. med. Günther Rudolph (Augenklinik). Die Untersuchung umfasste 37 LHON-PatientInnen mit der Mutation m.11778G>A (MT-ND4) in der Frühphase (bis zwölf Monate nach Symptommanifestation) [16].
Wirkprinzip der Gentherapie
Bei der aktuell angewandten Gentherapie erhalten die Betroffenen einmalig eine Injektion Lumevoq (lenadogene nolparvovec) in den Glasköperbereich des Auges. Eine gesunde, sogenannte Wildtyp-Kopie des bei LHON betroffenen Gens wird in einen Virus verpackt (adenoassoziierter Vektor). Der AAV-Vektor transportiert eine korrekte Kopie des defekten Gens 11778 an die Ganglienzellen der Netzhaut.
Das mitochondriale Erbgut kann man bislang nicht direkt mittels Gentherapie erreichen. Die eingeschleuste Genkopie dient vielmehr als Vorlage für die Produktion des Enzyms ND4 (NADH Dehydrogenase 4). ND4 gelangt dann in die Mitochondrien, wodurch diese mehr Energie erzeugen, die die Versorgung der Nervenzellen sichert [8,17].
In der erwähnten Studie verbesserte sich die Sehkraft bei allen 37 ProbandInnen am behandelten Auge durchschnittlich um 15 Buchstaben auf der Sehtafel. Überraschenderweise besserte sich auch das andere Auge, im Schnitt um 13 Buchstaben auf der Sehtafel. Nachdem dies anfangs zu Unklarheiten führte, fand man im Tiermodell die Erklärung: Die Gentherapie-Substanz kann über die Sehnerven auch in das kontralaterale Auge gelangen [16,17].
In einer neueren Untersuchung konnte eine klinisch signifikante und anhaltende Verbesserung der Sehschärfe bei 174 LHON-PatientInnen, die die ND4-Mutation tragen, bestätigt werden. Die mit der Gentherapie behandelten Augen zeigten eine fortschreitende, kontinuierliche und anhaltende Verbesserung zwischen zwölf und 52 Monaten nach Eintreten des Sehverlusts [18].
Der Hersteller GenSight Biologics hat im September 2020 einen Antrag auf Zulassung seines Gentherapeutikums Lumevoq bei der Europäischen Arzneimittelagentur ( EMA) gestellt. Eine Entscheidung wird im Laufe des Jahres 2023 erwartet.
Lebensstil-Interventionen
Bestimmte Lebensstil-Interventionen könnten die Behandlung der Leberschen hereditären Optikusneuropathie unterstützen. Dazu gehören unter anderem:
Vitamin-B12- und Folsäuresubstitution bei niedrigen Vitamin-B12- und Folsäure-Konzentrationen
ausgewogene, obst- und gemüsereiche Kost, um zellschädigende freie ROS abzufangen
Nikotinverzicht, da Rauchen die mitochondrialen Funktionen beeinträchtigt und ein Manifestationsfaktor für LHON ist
LHON-PatientInnen sollten von HumangenetikerInnen oder spezialisierten FachärztInnen genetisch beraten werden [1].
Im Vordergrund der nicht medikamentösen Behandlung steht die frühzeitige Rehabilitation, damit die (oft noch jungen) Patientinnen auch mit der Sehbehinderung rasch wieder in ein normales Leben zurückfinden. Sehhilfen und akustische Unterstützung, etwa durch Smartphones, können hilfreich sein [1].
Der Selbsthilfeverein LHON Deutschland e.V., die Selbsthilfevereinigung Pro Retina e.V. und das deutsche Netzwerk für mitochondriale Erkrankungen (mitoNET) unterstützen LHON-PatientInnen und ihre Angehörigen.
Prognose
Der biologische Prozess einer LHON lässt sich nicht immer aufhalten. Grundsätzlich ist bei jüngeren PatientInnen ein günstigerer Verlauf zu erwarten. Außerdem spielen die Länge der Erkrankung und die zugrundeliegende Mutation eine wesentliche Rolle bei der Prognose. So zählen PatientInnen mit einer MT-ND6-Mutation zu der Personengruppe mit der höchsten Erholungsrate. Betroffene können 1–2 Jahre nach Symptommanifestation plötzliche Heilungserfolge zeigen [5]. Am wahrscheinlichsten ist ein Rückgang der Symptome innerhalb der ersten fünf Jahre nach Krankheitsbeginn [19].
Darüber hinaus ist es individuell sehr verschieden, ob und wie der/die Betroffene auf eine Therapie anspricht [15,20,21]. Bisher ist beispielsweise kein verlässlicher Marker bekannt, der das Ansprechen auf eine Idebenon-Therapie vorhersagt [1]. Mitunter kann sich die Sehkraft der Augen auch unter der Behandlung zunächst verschlechtern, bevor sie sich ggf. verbessert. Bei einigen PatientInnen vergingen bis zu 30 Monate Behandlung, bis ein Erfolg eintrat [15].
Prophylaxe
Da die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie vererbt wird, ist eine gezielte Prophylaxe nicht möglich.
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