BRAF-Inhibitoren sind Serin-Threonin-Kinase-Hemmer, die als spezifische zielgerichtete Therapie in den RAS/RAF/MEK/ERK-Signalweg eingreifen und bei Krebserkrankungen mit BRAF-Mutation angewendet werden können.
BRAF-Inhibitoren werden zur Behandlung von Krebserkrankungen mir BRAF-Mutation wie bspw. dem Melanom oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom mit BRAF-V600-Mutation sowie dem Kolorektalkarzinom mit einer BRAF-V600E-Mutationein eingesetzt.
Anwendungsart
BRAF-Inhibitoren sind für die orale Anwendung vorgesehen.
Wirkung
BRAF-Inhibitoren hemmen selektiv die Serin-Threonin-Kinase BRAF und stören so den Signalweg der Mitogen-aktivierten Proteinkinase (MAPK), welche die Proliferation und das Überleben von Zellen reguliert. Der gestörte Signalweg wird durch die Hemmung blockiert und dadurch die Neubildung und das Wachstum der Tumorzellen verhindert.
Die Kombination eines BRAF-Inhibitors mit einem MEK-Inhibitor (der weiter stromabwärts auf den MAPK-Signalweg wirkt) kann die Entwicklung einer Resistenz im Vergleich zu einer BRAF-Inhibitor-Monotherapie verzögern und bessere Ansprech- und Überlebensergebnisse liefern.
MAPK-Signalweg
Der MAPK-Signalweg ist ein intrazellulärer Signalweg, der durch die Bindung von Wachstumsfaktoren an Rezeptortyrosinkinasen (RTK) aktiviert wird. Nachgeschaltete Ereignisse, die mit diesem Signalweg verbunden sind, umfassen:
zelluläre Differenzierung
Proliferation
Apoptose
Regulation der angeborenen und der adaptiven Immunantwort
Der Signalweg ist in drei Ebenen angeordnet, die nacheinander wirkende Serin-Threonin-Kinasen enthalten: MAP-Kinase-Kinase-Kinase (MAPKKK), MAP-Kinase-Kinase (MAPKK) und eine nachgeschaltete Effektor-MAP-Kinase (MAPK). Die sequenzielle Phosphorylierung dieser Kinasen führt zur Phosphorylierung nachgeschalteter Ziele im Zytosol und Zellkern, die biologische Reaktionen vermitteln. Um eine anhaltende Aktivierung von MAPK zu verhindern, tritt ein negatives Upstream-Feedback auf.
Resistenz
Eine Resistenz gegen BRAF-Inhibitoren wird durch die Reaktivierung des MAPK-Signalwegs vermittelt, was durch MAPK-abhängige oder MAPK-unabhängige Mechanismen erfolgen kann.Übliche Resistenzmuster umfassen aktivierende Mutationen von Upstream-Komponenten (NRAS-Mutanten) und Downstream-Komponenten (MEK-Mutanten), Aktivierung von Nicht-MAPK-Wachstumswegen (Phosphatidylinositol-3-Kinase/AKT-Weg), Splice-Variantenvon BRAFV600E und verstärkte BRAF-Expression.
Vemurafenib, Dabrafenib und in geringerem Maße Encorafenib können alle eine RAS-abhängige paradoxe Aktivierung des MAPK-Signalwegs verursachen, insbesondere bei Tumoren mit vorbestehenden RAS-Mutationen.Die paradoxe Aktivierung ist mit einer hyperaktiven MAPK-Signalübertragung verbunden, was zum Auftreten von hyperproliferativen Hautereignissen führt.Eine Resistenz kann auch durch eine Behandlung mit BRAF-Inhibitoren ausgelöst werden, wodurch eine Umgebung geschaffen wird, die das Überleben von Nicht-BRAFV600-Zellen begünstigt.
Nebenwirkungen
Zu den am häufigsten unter BRAF-Inhibitoren auftretenden Nebenwirkungen gehören Hauttoxizitäten, die in ihrer Ausprägung meist leicht bis mittelgradig ausfallen.
Wechselwirkungen
Da BRAF-Inhibitoren zum Teil Subtrate, Inhibitoren aber auch Induktoren von CYP3A4 sein können, sind Weschelwirkungen mit Arzneimitteln möglich, die über dieses Enzymsystem abgebaut werden oder selbst Einfluss auf CYP3A4 nehmen. Spezifische Wechselwirkungen können dem jeweiligen Wirkstoffprofil entnommen werden.
Kontraindikationen
BRAF-Inhibitoren dürfen nicht bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff eingenommen werden.
Wirkstoffe
An BRAF-Inhibitoren stehen seit 2011 Vemurafenib und seit 2012 Dabrafenib zur Verfügung. Im Jahr 2018 folgte schließlich Encorafenib. Ein Durchbruch wurde jedoch erst durch die Kombination aus BRAF- mit MEK-Inhibitoren wie Dabrafenib und Trametinib oder Cobimetinib erzielt.
Unterschiede
Encorafenib besitzt eine Dissoziationshalbwertszeit von 30 Stunden, verglichen mit 2 Stunden für Dabrafenib und 0,5 Stunden für Vemurafenib. Darüber hinaus verfügt Encorafenib über eine stärkere Proliferationshemmung im Vergleich zu Dabrafenib oder Vemurafenib in BRAF-V600-mutierten Zelllinien. Diese pharmakologischen Eigenschaften führen zu einer anhaltenden Zielhemmung und einer höheren Wirksamkeit, was auf das Potenzial für eine größere klinische Wirksamkeit hindeutet. Weiterhin zeigt Encorafenib ein größeres Fenster der Anti-Melanom-Aktivität ohne paradoxe MAPK-Reaktivierung als Dabrafenib und Vemurafenib (Paradox-Index; 50 gegenüber 10 bzw. 5,5), was auch mit Unterschieden bei einigen Hauttoxizitäten korrelieren kann.
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Abbildung
Adapted from „Vemurafenib in Oncogenic BRAF Signaling Pathway in Melanoma”, by BioRender.com