Arthrose

Arthrosen sind die weltweit häufigste Gelenkerkrankung. Sie können zu chronischem Schmerz, Bewegungseinschränkung bis zur Bewegungsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit führen. Ihr Verlauf kann jedoch therapeutisch und durch Lebensstilfaktoren positiv beeinflusst werden.

ICD-10 Code
Arthrose

Definition

Die Arthrose ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung der Gelenke. Sie beginnt in der Regel mit einer degenerativen Zerstörung des Gelenkknorpels. Im weiteren Verlauf der Krankheit kommt es zur Schädigung angrenzender Strukturen wie Knochen, Muskeln, Kapseln und Bänder. Die pathologischen Veränderungen der Gelenkeinheit führen zu Schmerzen und Funktionsstörungen, die die Beweglichkeit einschränken. Patienten mit Arthrosen können sich nicht in dem Maße bewegen, wie sie es möchten oder wie es zur Erhalt einer guten Gesundheit empfehlenswert wäre. Arthrosen können Behinderungen, Arbeitsunfähigkeit und die Angewiesenheit des Patienten auf Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen zur Folge haben. Häufig sind sie mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität für die Betroffenen verbunden.

Primäre und sekundäre Arthrosen

Man unterscheidet eine primäre Arthrose und eine sekundäre Arthrose. Die primäre Arthrose entsteht definitionsgemäß ohne vorhergehende Gelenkschädigung. Die primäre Arthrose befällt typischerweise die Knie- und Hüftgelenke, die Fingermittel- und Endgelenke, das Daumensattelgelenk, das Großzehengrundgelenk und die kleinen Wirbelgelenke der Hals- und Lendenwirbelsäule.

Der sekundären Arthrose sind hingegen gelenkschädigende Ereignisse, wie beispielsweise Traumata oder schwere Gelenksinfektionen, vorausgegangen.

Epidemiologie

Arthrosen sind die weltweit häufigsten Gelenkerkrankung. Schätzungen zufolge leiden etwa 18% der Erwachsenen in Deutschland unter einer Arthrose. Die Prävalenz der Arthrose steigt mit zunehmendem Alter. In der Altersgruppe der über 60-jährigen machen Arthrosen mehr als 50% der chronischen Krankheiten aus. Frauen sind je nach Altersgruppe etwa 1,5 bis 4-mal häufiger betroffen als Männer. Das Endoprothesenregister Deutschland dokumentiert in seinem Jahresbericht von 2019 300.192 Implantationen eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks in Deutschland. Zusammen mit den nicht dokumentierten Fällen soll sich die Zahl der Implantationen eines künstlichen Hüft- oder Kniegelenks in Deutschland in 2018 auf geschätzt 450.000 belaufen.

Ursachen

Die primäre Arthrose zählt zu den degenerativen Erkrankungen. Ihr kann keine eindeutige Ursache zugeordnet werden. Man geht von einer genetisch mangelhaften und/oder altersbedingt abnehmenden Gewebequalität insbesondere des Gelenkknorpels als Ursache aus. Die mangelhafte Qualität der Gewebe hat einen verstärkten Knorpel- und später Knochenabrieb im Gelenk zur Folge. Im Volksmund spricht man daher auch von einer Gelenkverschleiß-Erkrankung. Die sekundäre Arthrose wird durch erhebliche Gelenkschädigungen verursacht, wie z.B. Knochenfrakturen mit Beteiligung des Gelenks oder chronische Entzündungen des Gelenks.

Entzündungen und reaktiver Umbau

Knorpel- und Knochenabrieb infolge der primären Arthrose bzw. Knorpel- und Knochenfragmente infolge einer Gelenksschädigung gelangen in die Synovialflüssigkeit und lösen Entzündungsreaktionen in der Synovialmembran aus. Infolge der Entzündungen, der Abbauvorgänge und einer veränderten Belastung verändert sich der Knochen strukturell. Im Knochen entstehen Zonen der Verdichtung (subchondrale Sklerosierung), schmerzhafte Reizzonen und Osteophyten an den Gelenkrändern.

Im oft sehr langsamen Verlauf der Arthrose kommt es über Jahre zur Einschränkung der mechanischen Gelenksfunktion und seiner Beweglichkeit. Eine zunehmende Instabilität des Gelenks mit Überlastung der Bandstrukturen löst immer häufiger Reizzustände aus und provoziert weitere reaktive Umbauten im Gelenk.

Risikofaktoren

Als Risikofaktoren für eine primäre Arthrose gelten eine genetische Prädisposition, Übergewicht, zunehmendes Alter, Achsabweichungen der Gelenkes (z. B. ausgeprägte X-Beine) und weibliches Geschlecht.

Pathogenese

Im Tiermodell wird zu Beginn einer Arthrose ein abnehmendes Wasserbindungsvermögen des Knorpels beobachtet. Der Knorpel verliert infolgedessen an Elastizität. Ein gestörter Knorpelstoffwechsel führt gleichzeitig dazu, dass kollagene Fasern in der Knorpeloberfläche zerstört werden. Knorpelgewebe wird abgebaut. Die Knorpelzellen versuchen die entstehenden Knorpeldefekte zu reparieren, indem sie vermehrt Knorpelmatrixkomponenten bilden. Diese sind jedoch von schlechterer Qualität als die ursprünglichen Komponenten: Die neugebildete Ersatz-Matrix ermöglicht zwar eine weitgehend normale Gelenkfunktion, ist aber weniger robust und anfälliger für Schäden zum Beispiel durch eine fortgesetzte Belastung.

Irreversible Knorpelschäden

Es kommt, häufig erst nach Jahren, zur irreversiblen Schädigung des Knorpelgewebes. Tiefe Fissuren können sich bilden, die zu einer fortschreitenden Auffaserung, zu Unebenheiten und zur Rauigkeit der Knorpeloberfläche führen. Wenn das betroffene Gelenk bewegt wird, reiben die aufgerauten Knorpelschichten aneinander, so dass sie sich allmählich gegenseitig abnutzen und schließlich großflächige Abrasionen entstehen.

Entzündungsreaktionen

Das abgeschliffene Knorpelmaterial (Knorpeldetritus) in der Gelenkflüssigkeit kann die empfindliche Synovialmembran (Stratum syniooviale) der Gelenkkapsel reizen und Entzündungsreaktionen hervorrufen (Begleitsynovialitis). Die Entzündung löst eine überschießende Produktion von Gelenkflüssigkeit aus: Es kommt zum Gelenkerguss (aktivierte Arthrose).

Umbauprozesse

Im Laufe der Zeit führt der Abrieb zur vollständigen Abtragung des Knorpelgewebes und zur Freilegung des unter dem Knorpel liegenden Knochens. Die mechanischen Kräfte, die nun direkt auf den Knochen wirken, lösen eine subchondrale Sklerosierung mit Glättung und Verdichtung des Knochengewebes aus. Der Knochen büßt seine stoßdämpfenden Eigenschaften weitgehend ein. Die strukturellen Veränderungen erhöhen den Gelenkinnendruck und können die Knochenmarkräume öffnen. Knorpel- und Knochenabrieb können sich in den entstandenen Vertiefungen anreichern und sogenannte Geröllzysten bilden. Am Rand der Gelenkkörper können sich Osteophyten entwickeln, die zur Vergrößerung der Gelenkfläche sowie zu Verformungen und zu Verdickungen des betroffenen Gelenks beitragen.

Symptome

Die Leitsymptome der fortgeschrittenen Arthrose sind Schmerz und Funktionsverlust der Gelenkeinheit. Die Arthrose verläuft chronisch fortschreitend. Klinisch lässt sich der Verlauf der Arthrose in ein latentes Stadium, Phasen der aktivierten Arthrose und ein Stadium der Dekompensation einteilen.

Latentes Stadium

Zu Beginn der Veränderungen im Gelenk, in der latenten Phase der Arthrose, ist der Patient schmerz- und weitgehend beschwerdefrei, weil im Knorpelgewebe keine Schmerzrezeptoren sitzen. Die latente Phase kann über Jahre andauern.

Die ersten Symptome der Arthrose sind Ermüdungs- oder Steifigkeitsgefühle. Diese bessern sich spontan oder nach bewusster Schonung. Schmerzen treten in der Regel nur bei bestimmten Bewegungen des Gelenks oder als Anlaufschmerzen nach Ruhephasen auf. Die Schmerzen werden geringer, wenn der Patient sich einläuft, bzw. das Gelenk ein paar Minuten trotz der Schmerzen bewegt wird. Eine starke Beanspruchung des Gelenks kann aber auch zu Ermüdungs- und Belastungsschmerzen führen, die vom Patienten ähnlich beschrieben werden wie der Anlaufschmerz.

Phasen der aktivierten Arthrose

Wenn der Knorpel weitgehend zerstört ist, kommt es immer wieder zu einer akuten und schmerzhaften Begleitsynovialitis infolge der Reizung des Stratum synoviale der Gelenkkapsel. Man spricht bei diesen Entzündungsschüben von einer aktivierten Arthrose. Bei der aktivierten Arthrose ist eine Schwellung meist sicht- und tastbar. Weitere Symptome sind Überwärmung, Rötung, Schmerzen, Spannungsgefühle und Bewegungseinschränkungen. Die Patienten berichten von Wetterfühligkeit und Empfindlichkeit gegenüber Kälte und Nässe. Die aktivierte Arthrose tritt über Jahre schubweise auf und wird immer wieder von Phasen ohne oder mit relativ milder Symptomatik abgelöst.

Stadium der Dekompensation

Im Stadium der dekompensierten Arthrose leiden die Patienten bereits bei geringen Bewegungen und zum Teil auch in Ruhe unter Schmerzen. Die Schmerzen können auch ohne Unterbrechungen fortbestehen. Die Beschwerden sind auf die hochgradigen Veränderungen der gesamten Gelenkeinheit zurückzuführen, wie die Zerstörung des Knorpels, die Sklerosierung des Knochens, Inkongruenz der Gelenkpartner und die Osteophytenbildung sowie die Schädigungen des zum Gelenk gehörenden Weichgewebes wie Muskeln, Bänder und Sehnen. Typisch für das Stadium der Dekompensation sind Gelenkgeräusche (Krepitationen).

Folgen der Arthrose

Fortgeschrittene, schwere Arthrosen führen sowohl zur Instabilität als auch zur Versteifung des Gelenks. Die Betroffenen werden zunehmend unbeweglich. Freizeitaktivitäten und Berufsausübung können durch die Arthrosebeschwerden limitiert sein. Bei schweren Arthrosen droht die Arbeitsunfähigkeit. Einige Patienten können ihren Alltag nur mit Hilfe meistern, eine selbststimmte und unabhängige Lebensführung kann durch die zunehmende Behinderung infolge der Arthrose stark eingeschränkt sein. Schmerzen und Einschränkungen führen zu einem erheblichen Verlust an Lebensqualität für Arthrose-Patienten in fortgeschrittenen Stadien.

Diagnostik

Ein Verdacht auf Arthrose ist bei Symptomen wie Ermüdungs-und Steifigkeitsgefühlen, Schmerzen bei bestimmten Bewegungen und Anlaufschmerzen in bestimmten Gelenken gegeben. Eine primäre Arthrose befällt klassischerweise Knie- und Hüftgelenk, proximale und distale Interphalangealgelenke der Hände, Daumensattelgelenke, Großzehengrundgelenke sowie die Facettengelenke der zervikalen und lumbalen Wirbelsäule. Wenn arthroseähnliche Symptome an anderen Gelenken auftreten, sollten andere Ursachen hierfür ausgeschlossen werden.

Anamnese und Klinik

Zur Anamnese gehören die Abklärung der Lokalisation, der Qualität und der Quantität der Schmerzen bzw. der Beschwerden (z. B. schmerzfreie Gehstrecke). Darüber hinaus soll der zeitliche Ablauf, die Umstände, die Beinflussbarkeit und die Begleiterscheinungen der Symptomatik erfragt werden.

Bei der klinischen Untersuchung sollte ein besonderes Augenmerk auf das Vorhandensein einer Schwellung, Konturvergröberung oder Achsabweichung im Gelenk gelegt werden. Palpatorisch sind Temperatur, Erguss und Druckdolenz zu untersuchen. Im Funktionstest müssen Krepitation, Instabilität, Bewegungsumfang, Kompressionsschmerz, Aufklappschmerz und Meniskustest geprüft werden.

Bildgebung

Die primäre bildgebende Diagnostik erfolgt mittels konventioneller Röntgenaufnahmen. Für eine verbesserte Beurteilbarkeit in der Frontalebene sollten diese unter Belastung angefertigt werden. Weiterführende bildgebende Verfahren sind speziellen Fragestellungen vorbehalten.

Röntgen

Zur Abklärung des Arthroseverdachts wird in einem ersten Schritt eine konventionelle Röntgenuntersuchung durchgeführt. Die konventionelle Röntgenuntersuchung ist in den Frühstadien der Arthrose wenig sensitiv. Das Ausmaß der Gelenkschädigung soll aber nach röntgenologischen Kriterien klassifiziert werden. Die Grundlage hierfür bildet die Klassifizierung der Arthrose nach Kellgren-Lawrence von 1957. In der Kellgren-Lawrence Einteilung werden Arthrosen nach einem fünfstufigen Punktesystem von 0-4 bewertet. Darin steht 0 für normal, 1 für fraglich, 2 für definitiv, aber minimal, 3 für moderat und 4 für schwer. Zur Beurteilung werden folgende röntgenologischen Merkmale der Arthrose herangezogen:

  • subchondrale Sklerosierung
  • Osteophyten
  • Gelenkspaltverschmälerung
  • Unregelmäßigkeit der Gelenkflächen
  • subchondrale Zysten

Magnetresonanztomographie

Mithilfe der Magnetresonanztomographie können zusätzlich die Knorpelschicht, das Stratum synoviale, die Synovialflüssigkeit (Menge), die Bänder, die Menisken und der subchondrale Knochen (subchondrale Ödemzonen, Zysten, Sklerosierung) begutachtet werden.

Sonographie

Bei der sonographischen Untersuchung können Osteophyten früh nachgewiesen werden. Sehr gut lassen sich die Verdickung der Synovialmembran und die Synovialflüssigkeit bei Reizzuständen im Gelenk sonographisch darstellen. Sie erlaubt darüber hinaus den Nachweis von Enthesiopathien, wie Partialrupturen, Hyperperfusion und Verkalkungen. Am Knie können die Meniskusextrusionen und Meniskusganglien sonographisch dargestellt werden.

Labordiagnostik

Es sind keine für die Arthrose charakteristischen Laborbefunde zu erwarten. Die aktuelle Studienlage reicht nicht aus, um den Einsatz von Biomarkern zur Diagnose, Prognose oder Therapiekontrolle der Arthrose zu empfehlen.

Differenzialdiagnostik

  • rheumatoide Arthritis
  • reaktive Arthritis
  • enteropathische Arthritis
  • Lyme-Arthritis
  • Psoriasis-Arthritis
  • CPPD-Arthritis
  • Meniskusschaden
  • Osteochondrosis dissecans
  • Osteonekrosen (z.B. Morbus Ählbeck)
  • Tumore und Metastasen
  • bakterielle Infektion
  • Bursitiden
  • Insertionstendinosen
  • pseudoradikuläre Syndrome
  • neurogene Störungen
  • gefäßbedingte Erkrankungen
  • subkutane Symptomenkomplexe
  • Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
  • Gicht

Therapie

Die Arthrose geht mit irreparablen Schäden am Gelenk einher und ist daher unheilbar. Ziele der Arthrosetherapie sind je nach Stadium der Erkrankung:

  • möglichst lange beschwerde- und schmerzfreie Phasen
  • Verlangsamung des fortschreitenden Prozesses
  • Schmerzlinderung und Entzündungshemmung in der aktivierten Phase
  • Erhalt der Gelenkfunktion
  • Erhalt der Bewegungsfähigkeit
  • Vermeidung oder Verzögerung des Stadiums der Dekompensation
  • Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Selbstständigkeit

Die Behandlung der Arthrose hängt vom Stadium der Erkrankung ab und ist multimodal. Zu den Behandlungsmodulen zählen allgemeine Maßnahmen, Physiotherapie und physikalische Anwendungen, medikamentöse Therapie, intraartikuläre Maßnahmen und schließlich chirurgische Methoden als ultima ratio.

Allgemeine Maßnahmen

Eine umfassende Beratung des Patienten ist die Grundlage des Therapieerfolgs bei einer Arthrose. Der Patient muss über den Verlauf der Arthrosen (beschwerdefreie Phasen, aktivierte Phasen) und über seine Einflussmöglichkeiten auf die Erkrankung informiert werden. In fortgeschrittenen Fällen kann eine Rehabilitationstherapie den Patienten bei Lebensstiländerungen und dem Einüben gelenkfreundlichen Verhaltens effektiv unterstützen.

Gewichtsabnahme

Übergewicht (BMI >25) ist aufgrund der mechanischen Belastung der Gelenke und der von den Fettzellen ausgehenden systemischen Entzündung ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung und die Progression von Arthrosen. Die Gewichtsabnahme ist daher bei übergewichtigen Patienten eine entscheidende Maßnahme zur Linderung der Schmerzen und der Arthrosebeschwerden. Sie trägt maßgeblich zur Verlangsamung des weiteren Krankheitsverlaufs bei.

Maßnahmen zur Linderung von Beschwerden

Im akuten Entzündungsschub sollte der Patient das betroffene Gelenk schonen und kühlen. Wenn kein entzündlicher Prozess vorliegt, sollten die betroffenen Gelenke vor Kälte geschützt werden. Im Einzelfall können Gehhilfen, Verbände mit elastischen Binden oder Orthesen zur Gelenkstabilisierung, Schuheinlagen und ergonomisch geformte Geräte und Hilfsmittel (z. B. spezielle Dosenöffner) Beschwerden lindern und die Selbstständigkeit des Patienten im Alltag unterstützen.

Bewegungstherapie und physikalische Maßnahmen

Bewegungstherapie in Form von Kraft-, Ausdauer- und Beweglichkeitstraining sollte als primäre Behandlung bei Arthrose angewendet werden. Studien zeigen eine signifikante Schmerzreduktion und Verbesserung der Funktion insbesondere in den ersten 8 Wochen. Krafttraining hat sich als besonders effektiv erwiesen, auch im Vergleich zu anderen Therapieformen.

Aquatische Bewegungstherapie kann die Muskulatur stärken und Schmerzen lindern, zeigt jedoch gegenüber landbasierten Übungen nur geringe Vorteile. Laufbandtraining ist ebenfalls eine Option, verbessert funktionelle Gangparameter, ohne klar überlegen zu sein.

Passivere Maßnahmen wie Vibrationstherapie, Traktion und Lasertherapie weisen methodische Schwächen auf und werden nicht empfohlen. Für Elektrotherapie (z. B. TENS) und Magnetfeldtherapie gibt es Hinweise auf kurzfristige Effekte, jedoch mangelt es an langfristiger Evidenz. Massagen können kurzfristig Schmerzen und Steifigkeit lindern, sollten jedoch aktive Maßnahmen nicht ersetzen.

Individuelle Sportempfehlungen sollten low-impact Aktivitäten wie Wandern oder Radfahren beinhalten, um Gelenkfunktion und Muskulatur zu fördern. High-impact Sportarten wie Ballsportarten sind bei Arthrose zu vermeiden, um Überlastung und Verletzungen zu verhindern. Ideal ist ein moderates tägliches Training von 30-40 Minuten.

Ergotherapie

Bei Einschränkungen im Beruf und im Alltag kann die Ergotherapie die weitere Arbeitsfähigkeit und/oder die Selbstständigkeit des Patienten verbessern und erhalten.

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie zielt auf die Schmerzlinderung und die Verbesserung der Gelenkfunktion bei Arthrose ab. Sie ist Teil eines multimodalen Behandlungskonzepts und umfasst vor allem NSAR, Analgetika und intraartikuläre Injektionen. Die Auswahl der Medikamente erfolgt individuell unter Berücksichtigung von Wirkung und möglichen Nebenwirkungen, insbesondere bei älteren Patienten oder bestehenden Vorerkrankungen.

Paracetamol

Paracetamol wird bei Patienten mit Arthrose nicht empfohlen.

Nichtsteroidale Antirheumatika

Bei der Behandlung der Arthrose sollte die topische Anwendung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) der oralen Einnahme vorgezogen werden, da sie zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung beiträgt und das Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen reduziert. Bei der oralen Anwendung von NSAR ist auf eine möglichst niedrige, aber wirksame Dosis zu achten. Eine Kombination verschiedener NSAR sollte vermieden werden. Bei erhöhtem gastrointestinalem Risiko empfiehlt sich die gleichzeitige Verordnung eines Protonenpumpenhemmers (PPI). Patienten sollten zudem über mögliche Symptome wie Oberbauchschmerzen, Sodbrennen oder Dyspepsie aufgeklärt werden. Für Patienten mit einer Vorgeschichte eines blutenden Ulkus sollte ein COX-2-Hemmer in Kombination mit einem PPI bevorzugt werden.

Bei älteren Patienten ist besondere Vorsicht geboten. Ab dem 60. Lebensjahr sollten NSAR mit kurzer Halbwertszeit eingesetzt und eine regelmäßige Überwachung des Gastrointestinaltrakts, des Blutdrucks sowie der Nierenfunktion durchgeführt werden. Eine altersangepasste Reduktion der Tagesdosis ist ebenfalls wichtig. Bei Patienten über 75 Jahren sollte die topische Anwendung von NSAR bevorzugt werden, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Hypertonie oder Rauchen sollte NSAR nur nach strenger Indikationsstellung und so niedrig dosiert sowie kurzzeitig wie möglich angewendet werden. Wechselwirkungen mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) und blutdrucksenkenden Medikamenten müssen hierbei berücksichtigt werden.

Metamizol

Metamizol wird in Deutschland häufig verordnet, auch bei Arthrose, obwohl es hierfür nicht zugelassen ist. Es sollte nur bei starken akuten Schmerzen oder hohem Fieber eingesetzt werden, wenn andere Maßnahmen nicht wirksam sind. Bei der Anwendung müssen mögliche Nebenwirkungen wie Agranulozytose und Blutdruckabfall beachtet werden. Zudem kann Metamizol die Wirkung von ASS auf die Thrombozytenaggregation verringern. Der Grund für die Indikation sowie die Aufklärung der Patienten über Nebenwirkungen und notwendige Verhaltensweisen bei Infektzeichen sollten dokumentiert werden.

Opioide

Die Anwendung von Opioiden bei Arthroseschmerzen sollte sorgfältig abgewogen und auf bestimmte klinische Situationen beschränkt werden. Dazu gehören das Versagen nicht-medikamentöser Therapien, die Wirkungslosigkeit oder Kontraindikationen von NSAR sowie Fälle, in denen ein Gelenkersatz oder eine operative Therapie nicht möglich oder vom Patienten abgelehnt wird.

Vor der Therapie mit Opioiden ist eine umfassende Aufklärung der Patienten über mögliche Nebenwirkungen erforderlich. Dazu zählen ein erhöhtes Sturzrisiko, sexuelle und endokrine Funktionsstörungen, Obstipation, schlafbezogene Atmungsstörungen sowie Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit. Eine Kombination von Opioiden mit Tranquilizern sollte vermieden werden.

Die Dosierung und Auswahl des geeigneten Opioids sollte individuell unter Berücksichtigung der Gesamtmedikation erfolgen, gegebenenfalls in einer interdisziplinären Schmerzkonferenz. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sollten mithilfe der LONTS-Leitlinie geprüft werden. Zusätzlich ist die Aushändigung eines bundeseinheitlichen Medikationsplans empfohlen.

Bezüglich der Dauer der Therapie gilt:

  • Opioidhaltige Schmerzmittel können bei chronischen Arthroseschmerzen für eine vier- bis zwölfwöchige Therapieempfohlen werden.
  • Eine Langzeitanwendung (über drei Monate) kommt infrage, wenn in der Einstellungsphase eine bedeutende Schmerzreduktion bei gleichzeitig guter Verträglichkeit erreicht wurde.

Die Therapie sollte schrittweise beendet werden, sobald durch andere medizinische Maßnahmen, wie eine Operation, die Behandlung des Grundleidens oder physiotherapeutische/physikalische Maßnahmen, eine ausreichende Schmerzreduktion erzielt wurde.

Die Anwendung von Opioiden bei Arthrose erfordert somit eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung, klare Aufklärung der Patienten sowie regelmäßige Überprüfung der 
Therapieerfolge und Nebenwirkungen.

Weitere Medikamente

Methotrexat und Hydroxychloroquin werden als Basistherapeutika bei einer hohen Frequenz der Aktivierungsphasen, z. B. der aggressiv verlaufenden erosiven Fingerarthrose, eingesetzt.

Disease-modifying osteoarthritis drugs (DMOAD) sollen den Krankheitsverlauf beeinflussen, weil sie knorpelschützende und schmerzlindernde Effekte haben und/oder die Gelenkfunktion unterstützen sollen. Zu den DMOAD gehören die Symptomatic slow-acting drugs for osteoarthritis (SYSADOA) (Chondroitinsulfat [CS], Glucosaminsulfat [GS] und Glucosaminhydrochlorid [GHCl]) und Produkte der Viskosupplementation (Hyaluronsäure intraartikulär). Studienlage und Leitlinien hinsichtlich des Einsatzes von DMOAD sind jedoch uneinheitlich.

Intraartikuläre Maßnahmen

Intraartikulär verabreichte Corticosteroide können zur kurzfristigen Linderung von Schmerzen bei Gonarthrose in Betracht gezogen werden. Dabei sollte eine möglichst niedrige, aber wirksame Dosierung gewählt werden. Die Injektion muss leitliniengerecht erfolgen, um eine sichere und effektive Anwendung zu gewährleisten.

Hyaluronsäure (HA) wird zur Behandlung von Arthroseschmerzen eingesetzt, ihre Wirksamkeit bleibt jedoch umstritten. Sie kann eine Alternative darstellen, wenn NSAR nicht wirken oder kontraindiziert sind, und reduziert den NSAR-Bedarf. Hochmolekulare Präparate zeigen tendenziell bessere Ergebnisse. Nebenwirkungen, wie leichte Gelenkreaktionen, sind meist mild und gut behandelbar.

Bei entzündlichen Schüben kann die Kombination von HA und Corticosteroiden eine schnelle Linderung bieten. Die intraartikuläre Injektion von plättchenreichem Plasma (PRP) wird ebenfalls zur Behandlung der Arthrose eingesetzt, wobei seine genaue Wirkungsweise noch nicht vollständig geklärt ist. Studien zeigen, dass PRP eine sichere und wirksame Option darstellt und im Vergleich zu Hyaluronsäure (HA) sowie Kortikosteroiden häufig überlegen ist, insbesondere in Bezug auf Schmerzreduktion und Gelenkfunktion. Allerdings sind die Ergebnisse nicht durchgängig konsistent, was auf Variabilität in der Methodik und Herstellung zurückzuführen ist. Dadurch kenn eine Empfehlung für ein bestimmtes Verfahren zur Herstellung von PRP derzeit noch nicht gegeben werden.

Chirurgische Verfahren

Die operative Therapie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind und die Arthroseschmerzen sowie die Funktionseinschränkungen deutlich bestehen bleiben. Eine klare Indikationsstellung ist wichtig und sollte unter Berücksichtigung des individuellen Patientenstatus erfolgen. Das Ziel der operativen Behandlung ist eine Schmerzlinderung, Funktionsverbesserung und eine deutliche Steigerung der Lebensqualität. Besondere Beachtung finden moderne Technologien wie Robotik, Navigation oder Individualprothetik zur Optimierung der Ergebnisse.

Die postoperative Nachbehandlung (z. B. Fast-Track-Rehabilitation) spielt eine entscheidende Rolle für den Heilungsverlauf und das funktionellen Outcome.

Prognose

Die Prognose ist individuell unterschiedlich zu stellen. Sie reicht von Beschwerden, die der Patient mithilfe einer entsprechenden Lebensführung unter Kontrolle halten kann, bis hin zur massiven Einschränkung der Lebensqualität, Arbeitsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit des Patienten.

Prophylaxe

Das Arthrose-Risiko lässt sich verringern, wenn Übergewicht vermieden wird (Body Mass Index [BMI] < 25). Ein regelmäßiges, moderates Training in einem nicht-gelenkbelastenden Sport (Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking) unterstützt die Gelenkgesundheit und kann das Arthrose-Risiko senken. Darüber hinaus sollen unphysiologische, gelenkbelastende Aktivitäten in Alltag, Beruf und Sport möglichst umgangen werden.

Hinweise

Arthrosebeschwerden sind der Konsultationsgrund für jährlich rund 50 Millionen Arztbesuche und die Ursache für 55 Millionen Arbeitsausfalltage in Deutschland. Aufgrund von Arthrosen werden hierzulande 45% aller Rehabilitationsmaßnahmen verordnet und 30% der Frühberentungen genehmigt. Man schätzt, dass sich die jährlichen Gesamtkosten durch die Arthrose auf etwa acht Milliarden Euro in Deutschland belaufen.

Autor:
Stand:
22.04.2025
Quelle:
  1. Robert Koch Institut (2013): Arthrosen Themenheft 54. PDF-Datei
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  4. Kellgren JH, Lawrence JS (1957) Radiological assessment of osteo-arthrosis. Ann Rheum Dis 16(4):494–502
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  10. S2k-Leitlinie Gonarthrose der Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), AWMF Registernummer 187-050, Version 4.0 vom 24.01.2024
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