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Wirkstoffgruppen
Interferonen sind eine Familie funktionell verwandter Proteine, die von eukaryontischen Zellen als Antwort auf Viren und eine Reihe natürlicher und synthetischer Stimuli produziert werden. Therapeutisch werden sie genutzt aufgrund ihrer immunstimulierenden, antiviralen und antitumoralen Wirkungen.
Anwendung
Interferone (IFNs) sind körpereigene Proteine bzw. Zytokine, die von einer Vielzahl von Zellen bei der Entzündungsreaktion auf Infektionen produziert werden. Interferone spielen eine wichtige Rolle bei der angeborenen Immunantwort auf Virusinfektionen. Antikörper gegen Interferone verschlimmern viele Viruserkrankungen und viele Viren haben Mechanismen entwickelt, die der Produktion oder der antiviralen Aktivität von Interferonen entgegenwirken.
Interferon α (IFN-α), wird von Leukozyten produziert, insbesondere von Makrophagen und dendritischen Zellen. Es gibt 13 menschliche Gene für IFN-α.
Eine zweite Klasse, Interferon β (IFN-β), wird von Fibroblasten produziert; Es gibt nur ein menschliches IFN-β-Gen. Die Gene für IFN-α und -β befinden sich auf dem menschlichen Chromosom 9 und haben viele gemeinsame Eigenschaften. Daher werden sie als Interferone vom Typ I klassifiziert.
Die dritte Hauptkategorie wird als Interferon γ (IFN-γ) bezeichnet, das von T-Zell-Lymphozyten produziert wird. Es gibt nur ein menschliches Gen für dieses Interferon auf Chromosom 12. IFN-γ unterscheidet sich in vielen Eigenschaften von den Interferonen vom Typ I und wird als Interferon vom Typ II bezeichnet.
Ein Typ-III-Interferon, das sich aktuell in klinischer Forschung befindet, ist Interferon λ (IFN-λ), das vor allem in den Schleimhäuten vorkommt. Es wird postuliert, dass IFN-λ antiviral wirkt, aber im Gegensatz zu anderen Interferonen keine überschießende und gewebeschädigende Reaktion der neutrophilen Granulozyten auslöst.
Zu den medizinischen Indikationen rekombinanter Interferone zählen u.a.:
Wirkmechanismus
Interferone wurden nach ihrer Fähigkeit benannt, mit der Virusreplikation zu „interferieren“. Weitere Funktionen der Interferone sind:
- Aktivierung von Immunzellen wie natürliche Killerzellen und Makrophagen
- Verstärkung der körpereigenen Abwehr durch Hochregulation der Antigenpräsentation
- Auslösung der Symptome von Infektionen wie Fieber, Muskelschmerzen und grippeähnliche Symptome
Die Wirkungen von Typ-1-Interferonen (IFN-α, IFN-β) basieren auf der Bindung an einen Transmembranrezeptor mit Namen Interferon-alfa-Rezeptor (IFNAR). Die Bindung an IFNAR löst eine nachgeschaltete Signalkaskade durch Aktivierung von Kinasen aus, insbesondere der Januskinase 1 (JAK1) Tyrosinkinase 2 (TYK2) und der Transkriptionsaktivator (STAT)-Proteine. Durch nukleäre Translokation der STAT-Proteine werden verschiedene Genexpressionsprogramme kontrolliert und verschiedene zelluläre Wirkungen hervorgerufen. IFN-α zeigte eine inhibitorische Wirkung auf die Proliferation von hämatopoetischen Zellen und Fibroblasten-Vorläuferzellen im Knochenmark und antagonisierte die Wirkung von Wachstumsfaktoren und anderen Zytokinen, die bspw. eine Rolle bei der Entwicklung einer Myelofibrose spielen. Diese Effekte tragen möglicherweise zur therapeutischen Wirkung von IFN-α bei Polycythaemia vera bei.
Für Typ 2 Interferon (IFN-γ) wird angenommen, dass die Makrophagen-Zytotoxizität durch Steigerung des respiratory burst über die Bildung toxischer Sauerstoffmetaboliten erhöht wird, die das Abtöten intrazellulärer Mikroorganismen vermitteln. IFN-γ erhöht die HLA-DR-Expression auf Makrophagen und vergrößert die Fc-Rezeptor-Expression, woraus sich eine gesteigerte Antikörper-abhängige zellvermittelte Zytotoxizität ergibt.
Nebenwirkungen
Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Interferon-Therapie zählen grippeähnliche Symptome. Es kann außerdem zu Leukopenie, Thrombozytopenie, Kopfschmerzen, Erbrechen, Diarrhoe, Übelkeit sowie Schmerzen an der Injektionsstelle kommen. Die genauen Angaben sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.
Die systemische Interferon-Therapie wird von vielen Nebenwirkungen überschattet und vor allem die grippeähnlichen Symptome führen bei Patienten häufig zu einem vorzeitigen Therapieabbruch.
Wechselwirkungen
Interferone können die Aktivität von Cytochrom P450-abhängigen Leberenzymen bei Menschen und Tieren verringern, wodurch die Halbwertszeiten von gleichzeitig verabreichten Wirkstoffen, die durch das Cytochrom P 450-System metabolisiert werden, verlängert werden kann. Es ist deshalb Vorsicht angebracht bei der gleichzeitigen Gabe von Arzneimitteln mit geringer therapeutischer Breite, deren Ausscheidung weitgehend vom Cytochrom P450-System der Leber abhängt wie z. B. manche Klassen von Antiepileptika und Antidepressiva.
Weiterhin kann die gleichzeitige Gabe von Arzneimitteln mit neurotoxischen (einschließlich Wirkungen auf das zentrale Nervensystem), hämatotoxischen, myelosuppressiven oder kardiotoxischen Wirkungen die Toxizität von Interferonen in diesen Systemen verstärken.
Kontraindikationen
Interferone dürfen nicht angewendet werden bei:
- Autoimmunerkrankungen
- Dekompensierte Leberinsuffizienz und Niereninsuffizienz
- Schwerer Leukopenie oder Thrombopenie
- Schweren kardialen, pulmonalen oder vaskulären Erkrankungen
- Psychischen Erkrankungen (Depression), Suizidalität
- Unzureichend therapierte Epilepsie
- Schwangerschaft (IFN-β)
Wirkstoffe
Zu den medizinisch angewendeten Interferonen zählen: