Biosimilars als Arzneimittel der Zukunft

Biosimilars rücken nach abgelaufenem Patentschutz von Referenz-Biologika in den therapeutischen Fokus. Dabei werden Biosimilars zukünftig einen immer größeren Therapiebereich von Erkrankungen abdecken.

Laborregal

Biologika (engl. Biologics) zählen zu den größten therapeutischen Revolutionen im 21. Jahrhundert. Und mit ihnen die Biosimilars. Was Biosimilars von Biologika unterscheidet und welche Abweichungen zwischen Generika und Biosimilars bestehen, können Sie im Artikel „Was sind Biosimilars?“ nachlesen.

Biosimilars sind für viele Krankheiten als Schwerpunkttherapeutika nicht mehr wegzudenken. Insbesondere bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Rheumatoider Arthritis oder Psoriasis werden sich biotechnologisch hergestellte Proteine zukünftig noch weiter etablieren. Zudem profitieren Patienten mit Erkrankungen wie Leukämie, Non-Hodgkin-Lymphomen oder Anämie (insbesondere nach Chemo- und Strahlentherapie) sowie Fertilisationsstörungen und Diabetes von dem immer größeren Portfolio der Biosimilars. Patienten, für die es bis vor wenigen Jahren keine weitere Therapieoption gab, haben heute dank Biosimilars eine verbesserte Lebensqualität. Und eine gute Lebensqualität wiederum wirkt sich positiv auf die Prognose einer Erkrankung aus.

Vielfältigkeit von Biosimilar

Chronisch-entzündliche Erkrankungen oder maligne Tumoren erfordern eine hochkomplexe und zielgerichtete therapeutische Strategie. Biosimilars greifen dabei direkt in den inflammatorischen Prozess ein. Je nach pathophysiologischem Muster erfolgt das auf unterschiedlichen Ebenen. Inflammatorische Prozesse werden beispielsweise beeinflusst durch:

  • Inhibition des Tumor-Nekrose-Faktors-alpha (TNF-alpha)
  • Bindung an den EPO-Rezeptor (EpoR) als synthetisch generiertes Analogon zu Erythropoetin
  • Stimulation der Keimzellen mit einer gentechnologisch synthetisierten Variante des Folikelstimulierenden Hormons (FSH)
  • Bindung an den Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor-Rezeptor (G-CSF-Rezeptor) als Granulozyten-stimulierender Faktor
  • Bindung an die alpha-Untereinheit von Insulin-Rezeptoren als Insulin-Analogon
  • Bindung von TNF-alpha

Referenzprodukt oder Biosimiliar?

Referenzprodukt oder Biosimiliar? –  das ist eine häufige Frage in Arztpraxen. Oft fordern Patienten das Referenzprodukt, aus Angst vor einem vermeintlich unsicheren Biosimilar. Hartnäckig halten sich Mythen über „nachgemachte“ Biopharmazeutika. Daraus resultieren Unsicherheit und Missverständnisse. Nachfolgend finden Sie Mythen und Fakten zu Biosimilars.

  • Biosimilars sind billige Nachahmerprodukte, die nur verordnet werden, um Kosten zu sparen – Biosimilars sind tatsächlich kostengünstige Kopien des Referenzarzneimittels. Sie kosten im Durchschnitt nur ein Viertel des Referenzbiologikums. Aufgrund des Einsparpotentials setzen daher auch viele Kassen auf Biosimilars.
  • Biosimilars wirken weniger gut als Biologika – Ein Biosimilar wirkt genauso gut wie ein bereits zugelassenes Referenzarzneimittel. Es wird in aller Regel für die gleiche Indikation in derselben Dosierung verabreicht. Ebenso müssen die gleichen therapeutischen Warnhinweise beachtet werden.
  • Biosimilars müssen kein Zulassungsverfahren mehr durchlaufen – Alle gentechnisch erzeugten Arzneimittel müssen das strenge Zulassungsverfahren des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) durchlaufen, unabhängig ob Biologikum oder Biosimilar. Bei beiden Arzneimitteln werden nach festgelegten Regeln Qualität und Sicherheit sowie Verträglichkeit und Wirksamkeit (bei Biosimilars die vergleichbare Wirksamkeit mit dem Referenzarzneimittel) geprüft.
  • Biosimilars sind Biologika 2. Klasse – Tatsächlich sind Herstellung, Sicherheitsprüfung und Zulassungsverfahren genau so aufwändig und anspruchsvoll wie die der Biologika. Es gibt weder erst- noch zweitklassige Biopharmazeutika. Ein Biosimilar ist also gleichermaßen sicher einzusetzen wie die entsprechende Referenzarznei.
  • Biosimilars enthalten im Vergleich zu Referenzarzneimitteln eine nicht-identische Molekülspezies – Auch Referenzbiologika haben keine identische Molekülspezies. Vielmehr weisen sie von Charge zu Charge eine molekulare Variabilität auf, die in ihrer Heterogenität jedoch streng spezifiziert ist. Ebenso verhält es sich bei Biosimilars. Beide Arzneimittel enthalten strukturell leicht unterschiedliche Molekülspezies, die sich jedoch im gleichen festgelegten Variationskorridor befinden müssen. Dieser ist bei Biosimilars wie auch bei Biologika durch eine strikte Ober- und eine Untergrenze definiert.
  • Bei Biosimilars gibt es kein Sicherheitsüberwachungssystem nach Erteilung der Genehmigung – Selbstverständlich wird die Sicherheit von Biosimilars nach Marktfreigabe genauso streng kontrolliert wie die von Biologika. Jedes Unternehmen eines zugelassenen Biosimilars muss ein System zur Überwachung von Nebenwirkungen einrichten. Dort können Ärzte und Patienten gleichermaßen unerwünschte Ereignisse melden.
  • Das zuerst eingesetzte Therapeutikum muss ein Biologikum sein. Erst danach können bei guter Wirksamkeit und Verträglichkeit Biosimilars verabreicht werden – Gerade in der Erstversorgung bei therapienaiven Patienten macht es faktisch keinen Unterschied, ob ein Biologikum oder ein Biosimilar verordnet wird. Referenzarzneimittel und Biosimilar sind therapeutisch äquivalent. Aus ökonomischer Sicht ist sogar bei nicht-vortherapierten Patienten ein Biosimilar sinnvoller.
Autor:
Stand:
05.07.2023
Quelle:
  1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft - Leitfaden „Biosimilars“ (Juli 2017)
  2. Empfehlungen der AkdÄ zur Behandlung mit Biosimilars (August 2017)
  3. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte - diverse Pressemitteilungen und Biosimilars – BfArM (Juni 2016)
  4. Europäische Arzneimittelagentur – Biosimilars in the EU (April 2017)
  5. Paul-Ehrlich-Institut – Position des Paul-Ehrlich-Instituts zum Einsatz von Biosimilars (Stand Juni 2017)
  6. Progenerika.de - Handbuch Biosimilars (Juli 2014)

 

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