
Impfungen helfen, die Gesundheit von Menschen, die zeitweise auf engem Raum (beispielsweise in Flüchtlingsunterkünften) leben müssen, zu schützen. Zudem vermindert ein ausreichender Impfschutz Krankheitsausbrüche. Deshalb sollten Geflüchteten frühzeitig alle Impfungen angeboten werden, die die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) für die in Deutschland lebende Bevölkerung empfiehlt.
Allgemeine Empfehlungen
Nach der Ankunft in Deutschland gelten folgende Empfehlungen:
- Etwaige Impfdokumente sind hinsichtlich des aktuellen Impfstatus zu prüfen. Nicht dokumentierte Impfungen gelten als nicht durchgeführt und sollen nachgeholt werden.
- Bleiben die Geflüchteten nur zeitlich begrenzt in einer Einrichtung, wird eine Priorisierung der Impfungen empfohlen.
- Bei initial nicht ausreichenden Impfkapazitäten, sind Kinder bevorzugt zu impfen. Eine Ausnahme bildet die Covid-19-Impfung: Hier sollten ältere Menschen und Risikopersonen priorisiert werden.
- Riegelungsimpfungen zur Eindämmung von Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen sollten prioritär verabreicht und eventuell mit anderen notwendigen Impfungen kombiniert werden.
- Nach Verlassen der Einrichtungen sollen ausstehende Impfungen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten oder in Strukturen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) durchgeführt werden. Darauf ist bereits beim Aufklärungsgespräch hinzuweisen. Bestenfalls werden weitere Termine gleich beim ersten Impftermin vereinbart.
- Nicht altersgerecht erfolgte Impfungen sollten entsprechend der STIKO-Empfehlungen nachgeholt werden.
Mindest-Impfangebot
Bei Ungeimpften oder Personen mit unklarem Impfstatus sollten die Impfungen zeitnah nach Ankunft und Aufnahme in einer Gemeinschaftseinrichtung komplettiert werden. Das RKI hat dazu ein „Mindest-Impfangebot“ erarbeitet. In diesem empfehlen die Impfexperten:
- Kindern ≥ 2 bis < 9 Monaten eine Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae b und Hepatitis B (DTaP-IPV-Hib-HBV). 1
- Kindern ≥ 9 Monaten bis < 5 Jahren eine Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae b und Hepatitis B (DTaP-IPV-Hib-HBV) sowie zusätzlich eine gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken (MMR-V). 2
- Kindern ≥ 5 Jahre bis < 18 Jahren und nach 1970 geborenen Erwachsenen Impfungen gegen COVID-19, Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis (Tdap-IPV) sowie gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken (MMR-V). 3,4
- Erwachsenen, die vor 1970 geboren sind, Impfungen gegen COVID-19 sowie gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis (Tdap-IPV).
1 Es kann auch ein 5-fach Impfstoff verwendet werden.
2 Bei Kindern < 5 Jahren sollte zum 1. Impftermin die MMR- und Varizellen-Impfung getrennt erfolgen.
3 Für Kinder zwischen ≥ 5 und < 12 Jahren ist die COVID-19-Impfung nur bei Vorliegen relevanter Grunderkrankungen oder für Kinder, in deren Umfeld sich Risikopatienten befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen anzunehmen ist, dass auch nach Impfung kein ausreichender Schutz besteht (zum Beispiel bei immunsuppressiver Therapie), empfohlen.
4 Die MMR-V-Vakzine darf nicht in der Schwangerschaft und nicht zeitgleich mit einer COVID-19 Impfung gegeben werden.
In den Herbst- und Wintermonaten sollte das Mindest-Impfangebot um eine Influenzaimpfung ergänzt werden.
Impfkombinationen
Mit Ausnahme der COVID-19-Impfstoffe und der MMR-(V)-Vakzine können alle genannten Impfungen zeitgleich erfolgen. Zwischen Lebendimpfungen und der COVID-19- Impfung ist ein Abstand von 14 Tagen einzuhalten. COVID-19-mRNA-Impfstoffe (Comirnaty oder Spikevax) können zeitgleich mit anderen Totimpfstoffen verabreicht werden. Zwischen einer Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff Nuvaxovid und allen oben genannten Impfungen soll ein Abstand von 14 Tagen liegen.
Besonderheiten bei nicht in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffen
Personen, die mit einem nicht in der Europäischen Union (EU) zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 geimpft wurden, zum Beispiel mit den chinesischen Impfstoffen CoronaVac und Covilo oder dem russischen Vektorimpfstoff Sputnik V, benötigen nach STIKO-Angaben eine erneute Impfserie, um in der EU den Status als Geimpfte zu erlangen. Der Status „geimpft“ gilt hierzulande (derzeit) nur nach einer vollständigen Impfserie mit einem von der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) zugelassenen Impfstoff. Zwischen der neuen Impfserie und der vorangegangenen Corona-Impfung soll ein Mindestabstand von ≥ 28 Tagen eingehalten werden. Zwei Impfserien sind mit einem überhöhten Risiko lokaler und systemischer Reaktionen verbunden. Hierüber sollten die zu impfenden Personen informiert werden.
Impfungen über das Mindest-Impfangebot hinaus
Neben dem Mindest-Impfangebot empfiehlt die STIKO für Geflüchtete folgende Impfungen:
- eine Meningokokken-C-Impfung für alle Kinder
- eine HPV-Impfung für Kinder und Jugendliche ab ≥ 9 Jahren
- eine Impfung gegen Rotaviren für Säuglinge; Abschluss der Impfserie bis zum Alter von 24 Wochen (Rotarix) bzw. 32 Wochen (RotaTeq)
- eine Pneumokokken-Impfung für Säuglinge und Kleinkinder (bis zum Alter von 24 Monaten)
- eine Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ b (bis < 5 Jahren)
- Ab dem 60. Lebensjahr ist zusätzlich eine Pneumokokken-Impfung empfohlen.