
Potentiell inadäquate Medikament erhöhen das Risiko einer Krankenhauseinweisung für Ältere
Die Priscus-Liste wurde erstmals 2010 veröffentlicht. In ihr sind Arzneistoffe aufgelistet, die zu den PIM (potenziell inadäquate Medikamente) gehören. Dies sind Wirkstoffe, die für Ältere möglicherweise nicht geeignet sind. Eine PIM Einnahme erhöht beispielsweise das Risiko einer Krankenhauseinweisung für den Patienten. Die Vermeidung der PIM bietet die Möglichkeit die Arzneimittelversorgung bei älteren Menschen sicherer zu machen. Jedoch gilt die PIM-Liste nicht als allgemeingültige Negativ- oder Verbotsliste. In individuellen klinischen Situationen kann die Verordnung eines PIM notwendig sein. Die Einschätzung der klinischen Situation und die Wahl des Wirkstoffes obliegt der Verantwortung des behandelnden Arztes. Für diesen Fall gibt die Priscus-Liste Dosierungshöchstgrenzen, eine maximale Therapiedauer und Empfehlungen zum Monitoring des Patienten an.
Viele Medikamente bedingen bei Senioren mehr und auch andere Nebenwirkungen als bei jüngeren Menschen, so dass sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis verschieben kann.
Betroffen sind insbesondere Medikamente, die dazu neigen den Blutdruck zu senken, Schwindel verursachen können, die Kognition beeinträchtigen oder das Sturzrisiko erhöhen können [1,2].
Ein Problem ist, dass Menschen >65 Jahre oftmals aus klinischen Studien ausgeschlossen werden, so dass für viele Wirkstoffe nur begrenzt Daten für diese Patientengruppe zur Verfügung stehen [3].
Nach Einführung der Priscus-Liste 2010 sanken die Verordnungen der PIM. So erhielten im Jahr 2019 14,5% der Patienten mindestens ein PIM pro Jahr, wohingegen es 2009 noch 24% waren.
Priscus-Liste wurde aktualisiert
Nun ist die Priscus Liste aktualisiert worden und beinhaltet insgesamt 187 als PIM aufgeführte Wirkstoffe [4, 5]. Das sind 133 mehr als bei der vorherigen Version der Priscus-Liste.
Erarbeitet wurde die Liste durch 59 Experten aus klinischer Praxis und Forschung, beispielsweise aus der Allgemeinmedizin, Geriatrie, klinischen Pharmazie, Psychiatrie, im Rahmen eines Delphi Verfahren. Sie ermittelten auf Basis von Literaturrecherchen und Reviews, welche der 250 vorgeschlagenen Wirkstoffe und Wirkstoffklassen zu den PIM gehören.
Das ist neu in der Priscus-Liste 2.0
Unter den 133 neu dazugekommenen Wirkstoffen sind beispielsweise orale Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe, Acarbose und Pioglitazon), alle selektiven COX-2-Hemmer und mittellangwirksame Benzodiazepine wie Oxazepam zu finden.
Unter anderem kamen auch bei den Betablockern, Muskelrelaxanzien und Parkinson-Syndrom-Medikamenten zahlreiche Wirkstoffe hinzu.
Neu ist, dass die Experten für einige Wirkstoffe eine maximale Therapiedauer sowie eine Dosierungshöchstgrenze angegeben haben, wie beispielsweise acht Wochen für Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie beispielsweise Ibuprofen (>1.200mg/Tag) sollten eine Therapiedauer von 1 Woche ohne gleichzeitige PPI Therapie nicht überschreiten.
Die Experten der Priscus-Liste geben jeweils einen Grund für die Einstufung als PIM an. Wie in der alten Version werden mögliche Alternativen, Hinweise zum Monitoring (zum Beispiel Nierenfunktion, Elektrolyte), zu vermeidende Komedikationen oder Komorbiditäten genannt.
Weitere PIM-Listen
Neben der Priscus-Liste existieren noch weitere Listen mit PIM wie beispielsweise die FORTA (Fit for the aged) oder die Beers.
Zwischen den einzelnen PIM-Listen existieren Widersprüche, die sich aus der sich ändernden Evidenzlage, den unterschiedlichen Veröffentlichungszeitpunkten der Listen sowie der Zusammensetzung der jeweiligen Expertenkommission zur Evaluierung der Wirkstoffe ergeben.
Die Priscus-Liste muss noch validiert werden
Die Autoren merken an, dass die Priscus-Liste noch in epidemiologischen und prospektiven Studien validiert und ihre Tauglichkeit im Praxisalltag evaluiert werden muss.