Benzodiazepine sind Substanzen mit einem heterozyklischen Ringsystem, das zwei Stickstoffatome enthält. Der Prototyp ist das Diazepam. Zum pharmakologischen Spektrum der Benzodiazepine gehören anxiolytische, sedative, muskelrelaxierende und antikonvulsive Wirkungen sowie ein dämpfender Effekt auf das autonome endokrine System.
Darüber hinaus finden Benzodiazepine breite Anwendung zur symptomatischen Behandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen sowie Schlafstörungen.
Sedierende Benzodiazepine wie z. B. Midazolam werden bei diagnostischen Eingriffen und in der Anästhesiologie eingesetzt.
Insbesondere Tetrazepam wird nach wie vor als zentral wirksames Muskelrelaxans eingesetzt. Aufgrund der Abhängigkeitsgefahr bei Langzeitanwendung sollte es nur kurzzeitig angewendet werden.
Im Alter und bei Leberfunktionseinschränkungen sollte die übliche Dosis von Benzodiazepinen aufgrund langsamer Eliminierung reduziert werden.
Wirkmechanismus
Die Wirkung der Benzodiazepine ist an das Vorhandensein endogener Gamma-Aminobuttersäure (GABA) gebunden. Alle Substanzen dieser Gruppe üben ihre pharmakologische Wirkung durch Bindung an die modulatorische Benzodiazepin-Bindungsstelle des transmembranären GABAA-Rezeptors aus. Dabei erhöhen sie die Affinität des Neurotransmitters GABA an seine Bindungsstelle des GABAA-Rezeptors. Es resultiert eine erhöhte Öffnungsfrequenz GABA-gesteuerter Chlorid-Ionenkanäle und damit eine verstärkte Hyperpolarisation der Zelle (d. h. Verstärkung der GABAergen Inhibition).
Die Potenz eines Benzodiazepins wird durch seine chemische Struktur und die damit verbundene Affinität zur Benzodiazepin-Bindungsstelle bestimmt. Die Wirkdauer der einzelnen Benzodiazepine unterscheidet sich stark voneinander und wird vor allem durch die Geschwindigkeit des metabolischen Abbaus und der Entstehung pharmakologisch wirksamer Metaboliten bestimmt.
Klinisch werden die Benzodiazepine in kurz, mittel und lang wirksame Substanzen eingeteilt.
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen können bei der Benzodiazepin-Therapie auftreten:
Müdigkeit, Schläfrigkeit, Konzentrationsschwäche
Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und des Reaktionsvermögens
Muskelschwäche (als Folge der zentralen Muskelrelaxation)
Atemstörungen bis hin zu Atemdepression (insbesondere in Kombination mit Alkohol)
Amnestische Störungen (besonders nach i. v. Gabe und bei Substanzen, die schnell ins Gehirn übergehen wie z. B. Midazolam)
Anterograde Amnesie
Paradoxe Wirkungen (z. B. Erregung und Reizbarkeit, Schlaflosigkeit)
Blutdruckabfall, Atemdepression und Herzstillstand (selten) sind nach i.v. Gabe möglich
Abhängigkeits- und Missbrauchspotential
Die Wirkstoffe dieser Gruppe können insbesondere bei länger andauernder Anwendung psychisch und physisch abhängig machen. Bei raschem Absetzen sind Entzugserscheinungen möglich. Bei chronischer Anwendung ist die Induktion dementieller Syndrome im Alter möglich.
Wechselwirkungen
Gegenseitige Wirkverstärkung ist möglich durch zentral dämpfende Pharmaka wie z. B.
Benzodiazepine werden mit Hilfe von Isoenzymen des Cytochrom P450-Systems (insbesondere CYP3A4 und CYP2C19) abgebaut. Gleichzeitig angewendete Arzneimittel/Wirkstoffe, die ebenfalls Substrate dieser Isoenzyme darstellen, können folglich die Pharmakokinetik der Benzodiazepine verändern. So können bekannte CYP3A bzw. CYP2C19-Inhibitoren (z. B. Cimetidin und Omeprazol) zu einer vertieften und verlängerten Sedierung führen.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
Schwere Ateminsuffizienz
Abhängigkeitsanamnese
Myasthenia gravis
Schwangerschaft (Anwendung nur in Ausnahmefällen bei zwingender Indikation und unter Berücksichtigung der Gefährdung des Kindes)
Stillzeit
Vollständige Vorsichtsmaßnahmen finden sich in den Fachinformationen der einzelnen Vertreter.
Hinweise
Der kompetetive Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil kann zur Behandlung schwerer Benzodiazepin-Vergiftungen (mit Atemdepression) eingesetzt werden.
Wirkstoffe
Zu den Benzodiazepinen gehören z. B. folgende Wirkstoffe: