Neueinführung Idefirix bei Nierentransplantation

Mit Idefirix (Imlifidase) kommt ein neues Immunsuppressivum zur Ermöglichung einer Nierentransplantation hoch sensibilisierter Transplantations-Kandidaten zum 15. März 2021 auf den deutschen Markt. Das Immunsuppressivum wird als einmalige intravenöse Infusion unmittelbar vor der Transplantation verabreicht.

Nebenniere und Niere

Bevor eine Niere transplantiert werden kann, muss eine lymphozytäre Kreuzprobe (cross-match) durchgeführt werden, mithilfe derer festgestellt werden kann, ob sich das Gewebe des Spenderorgans (HLA-System) mit dem des Empfängers verträgt, also ob spezifische Antikörper gegen den potenziellen Spender vorliegen. Das Cross-Match wird mittels eines Lymphozytotoxizitätstests (LCT) mit einer Serumprobe des Patienten und ungetrennten mononukleären Zellpopulationen aus peripherem Blut, Lymphknoten oder Milzzellen des Organspenders durchgeführt. Ein positiver Crossmatch-Test bedeutet, dass Antikörper vorliegen, die Patienten also „sensibilisiert“ sind und ihr Körper das Spenderorgan abstoßen würde. In diesem Fall käme es mit diesem Organ zu keiner Transplantation und die verfügbare Niere würde einem anderen Patienten auf der Warteliste angeboten werden.

Um diesen Menschen nun aber doch eine Transplantation zu ermöglichen, müssten sie desensibilisieret werden, um einen positiven Crossmatch-Test in einen negativen Test umzuwandeln.

Idefirix ist das erste Präparat, das für diese Menschen, die hochempfindlich gegen Spendergewebe sind und einen positiven Crossmatch-Test gegen eine verfügbare Niere haben, zugelassen wurde.

Was ist Idefirix und wofür wird es angewendet?

Idefirix (Imlifidase) des Unternehmens Hansa Biopharma ist eine Cysteinprotease, die von einem Immunglobulin G (IgG)-abbauenden Enzym des Bakteriums Streptococcus pyogenes abgeleitet ist und als Immunsuppressivum wird. Das Präparat wird angewendet für die Desensibilisierungsbehandlung von erwachsenen Nierentransplantationspatienten, die Antikörper gegen einen verfügbaren verstorbenen Spender besitzen.

Die Anwendung von Idefirix sollte Patienten vorbehalten bleiben, bei denen eine Transplantation unter den gültigen Organallokationsrichtlinien, einschließlich spezieller Priorisierungsprogramme für hochimmunisierte Patienten, höchst unwahrscheinlich ist.

Wie wird Idefirix angewendet?

Idefirix ist nur zur intravenösen Anwendung nach Rekonstitution und Verdünnung vorgesehen. Die gesamte, vollständig verdünnte Infusion sollte über einen Zeitraum von 15 Minuten verabreicht werden. Die Verabreichung muss mit einem Infusions-Set und einem sterilen, pyrogenfreien proteinbindungsarmen Inline-Filter (Porengröße 0,2 μm) erfolgen. Nach der Verabreichung wird empfohlen, die intravenöse Leitung mit Infusionsflüssigkeit zu spülen, um die Verabreichung der gesamten Dosis zu gewährleisten. Bewahren Sie keinen ungebrauchten Teil der Infusionslösung zur erneuten Verwendung auf.

Um das Risiko von Infusionsreaktionen zu verringern sollte eine Prämedikation mit Kortikosteroiden und Antihistaminika entsprechend der Routine des Transplantationszentrums verabreicht werden.

Da Infektionen der Atemwege die häufigsten Infektionen bei Patienten mit Hypogammaglobulinämie sind, sollten für 4 Wochen prophylaktisch orale Antibiotika, die die Erreger von Atemwegsinfektionen abdecken, zum Therapiestandard hinzugefügt werden.

Imlifidase ersetzt nicht die Notwendigkeit einer immunsuppressiven Standardtherapie: Patienten, die mit Imlifidase behandelt werden, sollten zusätzlich eine Standardinduktionstherapie zur T-Zell-Depletion und gegebenenfalls auch zur B-Zell-Depletion erhalten.

Dosierung

Imlifidase wird nach Körpergewicht dosiert. Die empfohlene Dosis beträgt 0,25 mg/kg als Einzeldosis möglichst innerhalb von 24 Stunden vor der Transplantation.

Für die Mehrheit der Patienten ist eine Dosis für die Kreuzproben-Konversion ausreichend, bei Bedarf kann jedoch innerhalb von 24 Stunden nach der ersten Dosis eine zweite Dosis verabreicht werden.

Nach der Behandlung mit Imlifidase sollte die Kreuzproben-Konversion von positiv zu negativ vor der Transplantation bestätigt werden.

Wie wirkt Idefirix?

Imlifidase ist eine Cysteinprotease, die spezifisch Immunglobulin G (IgG) spaltet, das vom Patienten gegen das transplantierte Organ produziert werden. Andere Immunglobuline baut Imlifidase nicht ab.

Durch die Spaltung kommt es zur Elimination der Fc-abhängigen Effektorfunktionen, einschließlich der komplementabhängigen Zytotoxizität (CDC) und der antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität (ADCC) führt. Indem Imlifidase das gesamte IgG spaltet, reduziert sie den DSA-Spiegel und ermöglicht so die Transplantation.

Gegenanzeigen

Idefirix darf nicht angewendet werden bei.

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels
  • Anhaltende schwere Infektion
  • Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP). Bei Patienten mit dieser Blutkrankheit besteht möglicherweise das Risiko des Auftretens einer Serumkrankheit

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren:

  • Infektionen (16,7%) einschließlich Lungenentzündung (5,6%)
  • Harnwegsinfektion (5,6%)
  • Sepsis (3,7%)
  • Schmerzen an der Infusionsstelle (3,7%)
  • infusionbedingte Reaktionen (3,7%)
  • erhöhte Alanin-Aminotransferase (3,7%)
  • erhöhte Aspartat-Aminotransferase (3,7%)
  • Myalgie (3,7%)
  • Kopfschmerzen (3,7%)
  • Hitzewallungen (3,7%)

Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen in klinischen Studien waren Lungenentzündung (5,6%) und Sepsis (3,7%).

Wechselwirkungen

Infolge der IgG-Spaltung durch Imlifidase können IgG-basierte Arzneimittel inaktiviert werden, wenn sie in Verbindung mit Imlifidase verabreicht werden. Zu den antikörperbasierten Arzneimitteln, die durch Imlifidase gespalten werden, gehören unter anderem:

Aufgrund reduzierter IgG-Spiegel nach einer Imlifidase-Behandlung besteht bis zu 4 Wochen nach der Behandlung ein Risiko für eine vorübergehende Verringerung des Impfschutzes.

Die Fachinformation enthält empfohlene Zeitintervalle für die Verabreichung von Arzneimitteln auf Antikörperbasis nach Verabreichung von Imlifidase.

Studienlage

Die Wirksamkeit, das Dosierungsschema und die Sicherheit von Imlifidase, als Vorbehandlung vor einer Transplantation, wurde in drei offenen, einarmigen, klinischen Studien über einen Zeitraum von 6 Monaten an 46 Patienten im Alter zwischen 20 und 73 Jahren untersucht. Alle wurden mit terminalem Nierenversagen diagnostiziert und waren dialyseabhängig; 21 (46%) davon waren Frauen und 25 (54%) Männer. Alle Patienten waren sensibilisiert, 41 (89%) waren hoch sensibilisiert (cPRA ≥ 80 %), 33 (72 %) davon hatten eine cPRA ≥ 95 %.

Alle Patienten, die bei Aufnahme in die Studie einen positiven Kreuzproben-Test aufwiesen, wurden innerhalb von 24 Stunden nach der Behandlung mit Imlifidase zu einem negativen Ergebnis konvertiert. Nach 6 Monaten lebten alle 46 Patienten.

Quelle:
  1. EMA: Fachinformation Idefirix
  2. EMA: Assessment report Idefirix
  3. Clinical Trials: NCT03897205, NCT03943589
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