Hintergrund
Ein erster Antrag für die partielle Freistellung von der Verschreibungspflicht für Sumatriptan in oraler Darreichungsform war bereits 2009 gestellt worden, doch durch den Bundesrat abgelehnt worden. Nachdem sich im Juni 2019 der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wiederholt dafür ausgesprochen hatte, Sumatriptan zur oralen Anwendung in der Stärke 50 mg aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, hat der Bundesrat jetzt dem OTC-Switch zugestimmt. Ab dem 1. Oktober können nun Patienten mit diagnostizierter Migräne im Alter von 18 bis 65 Jahren Sumatriptan ohne Rezept erhalten, um eine akute Migräneattacke mit oder ohne Aura zu behandeln. Sumatriptan ist dann nach Naratriptan (seit 2006) und Almotriptan (seit 2007) das dritte Triptan, das aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde. Die Altersbeschränkung basiert in erster Linie darauf, dass die Sicherheit und Wirksamkeit bei Patienten unter 18 und über 65 Jahren nicht untersucht wurden und somit entsprechende Daten für eine Bewertung fehlen.
1993 wurde Sumatriptan unter dem Handelsnamen Imigran von GlaxoSmithKline in Deutschland zugelassen und ist das erste Triptan, das eine Zulassung erhielt. Seit 2006 ist Sumatriptan auch generisch erhältlich. Neben Sumatriptan sind sechs weitere Triptane zugelassen: Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Zolmitriptan.
Was ist Sumatriptan und wofür wird es angewendet?
Sumatriptan gehört zur Wirkstoffgruppe der Triptane und wird zur Akuttherapie der Migräne mit und ohne Aura und zur Behandlung des Cluster-Kopfschmerzes angewendet. Der Wirkstoff sollte nur bei eindeutiger Diagnose einer Migräne verwendet werden.
Wie wird Sumatriptan angewendet?
Neben oralen Darreichungsformen mit 50 und 100 mg Sumatriptan je abgeteilter Arzneiform ist der Wirkstoff in Form von Nasensprays, Zäpfchen und Injektionslösungen verfügbar, die allerdings weiterhin der Verschreibungspflicht unterliegen. Zur Erreichung einer möglichst hohen Wirksamkeit sollten Triptane zur Therapie akuter Migräneattacken möglichst früh in der Attacke eingenommen werden.
Dosierung
Die Dosierungsempfehlung beträgt 50 mg Sumatriptan. Einige Patienten können 100 mg Sumatriptan benötigen. Nur wenn bereits abgeklungene Beschwerden wieder auftreten, kann eine weitere Dosis innerhalb der nächsten 24 Stunden eingenommen werden, jedoch im Abstand von mindestens zwei Stunden.
Wie wirkt Sumatriptan?
Sumatriptan ist ein selektiver Agonist des Serotonin-Rezeptors 5-Hydroxytryptamin-1 (5-HT1) und ein selektiver Antagonist an 5HT1B, der auf zerebralen Blutgefäßen und präsynaptisch auf Neuronen vorkommt. Hierdurch kommt es zu einer Verengung zerebraler Gefäße, die während eines Migräneanfalles dilatiert sind. Zusätzlich vermindert Sumatriptan die Ausschüttung von schmerzauslösenden und gefäßdilatierenden Mediatoren, zu denen auch Serotonin gehört.
Gegenanzeigen
Sumatriptan darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff Sumatriptan oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des jeweiligen Arzneimittels
- Patienten mit Herzinfarkt in der Vorgeschichte oder mit ischämischer Herzkrankheit, koronaren Vasospasmen (Prinzmetal-Angina), peripheren vaskulären Erkrankungen oder Patienten mit Symptomen oder Anzeichen einer ischämischen Herzkrankheit
- Patienten mit Schlaganfall (CVA) oder vorübergehenden ischämischen Attacken (TIA) in der Krankheitsgeschichte
- Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen
- Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Bluthochdruck und leichtem unkontrollierten Bluthochdruck
- Gleichzeitiger Anwendung von Ergotamin- oder Ergotaminderivat-haltigen Arzneimitteln (einschließlich Methysergid) oder einem anderen Triptan/5-HT1-Rezeptor-Agonisten
- Gleichzeitiger Anwendung Monoaminooxidase-Hemmern (MAO-Hemmer) und nicht innerhalb von zwei Wochen nach Abbruch einer Therapie mit einem MAO-Hemmer
Nebenwirkungen
Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen unter der Anwendung von Sumatriptan sind gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen) sowie neuro-psychiatrische Reaktionen wie Schwindel, Müdigkeit, Somnolenz und Parästhesien. Nach Behandlung mit Sumatriptan kann es außerdem zu vorübergehenden – manchmal intensiven – Schmerzen und Engegefühl im Brustkorb kommen, die in den Halsbereich ausstrahlen können.
Des Weiteren liegen Berichte zu (seltenen) kardiovaskulären Reaktionen (z. B. Herzklopfen, Tachykardie, Angina pectoris) und Krampfanfällen vor.
Die für Sumatriptan beobachteten Nebenwirkungen sind ihrer Art mit denen anderer Triptane inklusive der bereits von der Verschreibungspflicht freigestellten Wirkstoffen Almotriptan und Naratriptan vergleichbar. Etwas häufiger als bei anderen Triptanen scheint jedoch ein Engegefühl der Brust aufzutreten, das subjektiv unangenehm sein kann aber keine weiteren Risiken birgt und keine erhebliche klinische Relevanz hat.
Wechselwirkungen
Bei der Anwendung von Sumatriptan können Wechselwirkungen mit folgenden Arzneimitteln auftreten:
- Ergotamin-haltigen Arzneimitteln oder einem anderen Triptan/5-HT1-Rezeptor-Agonisten: Es besteht ein Risiko koronarer Vasospasmen, die gleichzeitige Anwendung ist daher kontraindiziert.
- MAO-Hemmer: Die gleichzeitige Anwendung ist kontraindiziert
- SSRIs und SNRIs: Es gibt Berichte vom Auftreten eines Serotonin-Syndroms (einschließlich Bewusstseinsveränderungen, autonome Instabilität und neuromuskuläre Störungen).
Vergleich der OTC-Triptane
Neben Sumatriptan sind auch Almotriptan und Naratriptan rezeptfrei erhältlich. Unterschiede bestehen u. a. hinsichtlich der Bioverfügbarkeit, der Zeit bis zum Wirkungseintritt und der Halbwertszeit. Hinsichtlich der Wirkstärke sind Almotriptan und Sumatriptan vergleichbar. Naratriptan ist etwas schwächer wirksam und beginnt erst nach bis zu 4 Stunden zu wirken, besitzt dafür allerdings mit 6 Stunden die längste Halbwertszeit, wodurch das Risiko des erneuten Auftretens einer Migräneattacke reduziert ist. Bei Almotriptan und Sumatriptan erfolgt bereits nach ca. 45 Minuten ein Wirkeintritt. Das Nebenwirkungsspektrum der drei Triptane ist vergleichbar, wobei unter Sumatriptan etwas häufiger ein Engegefühl der Brust aufzutreten scheint.








