H1-Antihistaminika werden lokal als Augentropfen oder Nasenspray oder systemisch in Form von Tabletten oder Säften angewendet. Sie sind gegen nasale und nicht nasale Symptome wirksam, allerdings zum Teil etwas weniger effektiv bei nasaler Obstruktion.
Neuere Wirkstoffe, wie Desloratadin oder Levocetirizin, haben hingegen eine erhöhte Rezeptoraffinität, die mit der antientzündlichen Wirkung in Zusammenhang steht und sind daher auch bei nasaler Obstruktion wirksam [1].
Die oralen Antihistaminika werden in der Regel einmal täglich eingenommen, die nasalen zweimal täglich appliziert [11-19].
Die »Clinical Practice Guideline: Allergic Rhinitis« der Amercian Academy of Otolaryngology-Head and Neck Surgery (AAO-HNSF) empfiehlt die Anwendung oraler H1-Antihistaminika insbesondere bei Patienten mit den Symptomen Niesen und Juckreiz. Nasale Antihistaminika sind insbesondere geeignet für Patienten mit intermittierenden nasalen Symptomen oder als Prophylaxe vor nasaler Allergenexposition [2].
Lokal angewendete H1-Antihistaminika
Systemisch angewendete H1-Antihistaminika
Was gibt es zu beachten?
- Loratadin und Desloratadin werden über das Cytochrom-P450-Enzymsystem metabolisiert, was ein Interaktionspotential birgt [9].
- Bei Patienten mit leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung von Cetirizin und Levocetirizin nötig, bei schwerer Niereninsuffizienz sind die beiden Wirkstoffe kontraindiziert [11-12].
- Dimetinden und Clemastin sind H1-Antihistaminika der ersten Generation, daher treten sehr häufig Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Sedierung auf [15-16].
- Clemastin ist in zahlreichen Fällen kontraindiziert, wie beispielsweise bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie sowie in Kombination mit Azol-Antimykotika und Makroliden [16].
- Bei der Anwendung nasaler H1-Antihistaminika ist insbesondere die Nebenwirkung des bitteren Geschmacks von Azelastin zu berücksichtigen [17].
Zwar sind intranasale Glucocorticoide den H1-Antihistaminka bei allergischer Rhinitis überlegen, dennoch kann eine einmal tägliche orale Einnahme vom Patienten gegenüber der nasalen Applikation bevorzugt werden. Die Berücksichtigung des Patientenwunsches kann die Compliance fördern und H1-Antihistaminika sind bei milden bis moderaten Symptomen eine gute Alternative [2].
Vergleich der oralen H1-Antihistaminika
Studienlage
Die Wirksamkeit der H1-Antihistaminika bei allergischer Rhinitis wurde in zahlreichen randomisierten, kontrollierten sowie Beobachtungsstudien bei Erwachsenen und Kindern belegt. Die Evidenz ist hoch, die meisten Untersuchungen zu nasalen H1-Antihistaminka betrachteten jedoch nur einen kurzen Behandlungszeitraum (2 Tage bis 8 Wochen). Endpunkte waren hierbei häufig Symptom-Scores oder die Lebensqualität (QOL) [2,3].
Nasal anzuwendende H1-Antihistaminika können laut der amerikanischen Leitlinie als Erst- oder Zweitlinientherapie der allergischen Rhinitis betrachtet werden. Die Wirkstoffe zeigten in verschiedenen randomisierten, kontrollierten und verblindeten Studien eine vergleichbare oder überlegene Wirksamkeit auf nasale Symptome im Vergleich zu oralen Wirkstoffen, sogar in Patienten, die nicht auf orale Antihistaminika ansprachen [2].
Es zeigte sich, dass die Langzeitanwendung oraler H1-Antihistaminika vorteilhafter als eine Bedarfsmedikation ist. Gerade bei intermittierender allergischer Rhinitis kann aber auch eine gelegentliche Einnahme die Symptome mildern [2,3]. Es gibt bisher wenige Studien, die die Wirkstoffe der zweiten Generation untereinander vergleichen. Die vorhandenen Daten lassen vermuten, dass Cetirizin und das aktive Enantiomer Levocetirizin am potentesten sind, aber im Gegensatz zu den anderen Wirkstoffen der Gruppe auch ein moderates Risiko für sedierende Nebenwirkungen aufweisen [2].
H1-Antihistaminika der 1. Generation
In verschiedenen hochwertigen klinischen Studien konnte bewiesen werden, dass H1-Antihistaminika der neueren Generation im Vergleich zu Wirkstoffen der ersten Generation sowohl sicherer sind als auch eine bessere Potenz und Wirksamkeit aufweisen [1,3]. H1-Antihistaminika der ersten Generation haben eine geringe Rezeptorselektivität und passieren die Blut-Hirn-Schranke. Infolgedessen kommt es zu anticholinergen Nebenwirkungen, Müdigkeit, Sedierung und einer Beeinträchtigung kognitiver Funktionen.
Darüber hinaus sind die H1-Antihistaminika-Wirkungen im Gehirn in erster Linie für die potenziell lebensbedrohliche Toxizität von Wirkstoffen der ersten Generation bei Überdosierung verantwortlich. Aufgrund der Nebenwirkungen besteht ein erhöhtes Risiko für Unfälle im Straßenverkehr sowie Todesfällen infolge versehentlicher oder absichtlicher Überdosierung [5,6]. Clemastin weist beispielsweise bei Überdosierung zudem eine Kardiotoxizität auf [16].
In einem Positionspapier resümiert das Global Allergy and Asthma European Network (GA2LEN), dass H1-Antihistaminika der ersten Generation nicht mehr rezeptfrei erhältlich sein sollten, da es durch moderne nichtsedierende Wirkstoffe bessere Alternativen gebe [5]. Auch die Canadian Society of Allergy Clinical Immunology (CSACI) kommt zu diesem Schluss. Die CSACI betont, dass die Aufklärung der Angehörigen der Gesundheitsberufe und der Öffentlichkeit über die Risiken der Wirkstoffe der ersten Generation erforderlich sei [6].
Vergleich mit topischen Glucocorticoiden
Zwar zeigten die meisten Studien, dass orale H1-Antihistaminika weniger effektiv sind als intranasale Glucocorticoide, für Patienten mit milden bis moderaten Symptomen sind H1-Antihistaminika aber eine gute Alternative mit schnellem Wirkeintritt. Die Kombination oraler H1-Antihistaminika mit topischen Glucocorticoiden zeigten keinen Zusatznutzen im Vergleich zu einer Glucocorticoid-Monotherapie [2,3].
Die Datenlage zum Vergleich nasaler H1-Antihistaminika mit topischen Glucocorticoiden ist heterogen. Im Zuge einer internationalen Konsenserklärung wurden 12 Studien gefunden, von denen 2 Ergebnisse zugunsten der Antihistaminika, 3 zugunsten der Glucocorticoide und 7 keine Unterschiede zeigten [3].