Chemisch-synthetische Antitussiva

Liegt ein unproduktiver, trockener Reizhusten bzw. ein Husten mit nur wenig Sekretproduktion (z.B. bei akuten Atemwegsinfekten) kann dieser vorübergehend mit Hustenstillern behandelt werden, sofern keine schnell wirksame kausale Therapie verfügbar ist (z.B. bei viralen Infekten).

trocken

Ein produktiver Husten stellt eine relative Kontraindikation dar und die gemeinsame Anwendung mit Hustenlösern sollte aufgrund der Gefahr eines Sekretstaus unterbleiben. Erhöhte Vorsicht ist auch bei obstruktiven Lungenerkrankungen wie COPD und eingeschränkter Leberfunktion geboten.

Nicht zu vernachlässigen bei der Auswahl eines geeigneten Präparates ist die Arzneiform. Demulzentien wie Lutschtabletten, visköse Sirupe und Honig, die länger am Wirkort verbleiben, hüllen Hustenrezeptoren im Rachenraum ein und lindern so relativ schnell den Hustenreiz. Die Wirkdauer ist jedoch mit 20 bis 30 Minuten lediglich auf die Zeit beschränkt, die der Zucker am Rezeptor verweilt. Liegt die Ursache für den Hustenreiz unterhalb des Pharynx sind diese Präparate meist wirkungslos.

Für die Selbstmedikation zur Verfügung stehen z.B. Dextromethorphan und Pentoxyverin, die trotz Opioidstruktur praktisch keine Affinität zu Opiatrezeptoren aufweisen. Analgetische, atemdepressive oder psychotomimetische Wirkungen treten deshalb bei Verwendung therapeutischer Dosen nicht auf. Codein und Analoga (Paracodin) sowie Noscapin (Capval) sind in Deutschland nicht für die Selbstmedikation zugelassen. Jüngst wurde der peripher wirksame und gut verträgliche Hustenstiller Levodropropizin aus der Verschreibungspflicht entlassen. Dessen Nebenwirkungsprofil ist im Vergleich zu den anderen apothekenpflichtigen Antitussiva nicht problematischer oder bedenklicher.

Unter den chemisch-synthetischen Antitussiva sind das Suchtpotential und die Atemdepression bei Dextromethorphan und Pentoxyverin geringer ausgeprägt als bei den verschreibungspflichtigen Codeinpräparaten. Dennoch können auch diese beiden Substanzen bei langfristigem Gebrauch zu Toleranz und Abhängigkeit führen.

Dextromethorphan

  • Unter Einhaltung der Kontraindikationen und Anwendungsbeschränkungen ist die kurzzeitige Anwendung von Dextromethorphan (Silomat DMP, WICK Husten-Sirup/Husten-Pastillen gegen Reizhusten) möglich.
  • Die zugelassene Tagesmaximaldosis (120 mg für Erwachsene und Jugendliche über 12 Jahren) kann auf 3 bis 4 Einzeldosen verteilt werden.
  • Vorzugsweise sollte die Einnahme zur Nacht und ohne ärztlichen Rat nicht länger als 4 bis 5 Tage erfolgen.
  • Unter ärztlicher Aufsicht ist die Anwendung auf 2 bis 3 Wochen zu beschränken.
  • Gewöhnlich setzt die Wirkung 15 bis 30 Minuten nach der Einnahme ein und hält dann 5 bis 6 Stunden an.
  • CAVE: Missbrauchspotenzial und Cytochrom P450-bedingte Interaktionen: Gefahr von starkem Konzentrationsanstieg bei Kombination mit CYP2D6-Inhibitoren mit Vestärkung zentralnervöser Wirkungen und u. a. Gefahr eines Serotoninsyndroms.

Pentoxyverin

  • Die Tagesmaximaldosis von 120 mg Pentoxyverin (Sedotussin, Silomat gegen Reizhusten) für Erwachsene und Jugendliche über 14 Jahren wird auf mehrere Einzeldosen verteilt (20-30 mg alle 6 bis 8 Stunden für diese Altersgruppe).
  • Bei Kindern ab 2 Jahren erfolgt die Dosierung in Abhängigkeit vom Körpergewicht.
  • Ähnlich wie bei Dextrometorphan sollte die Einnahme bevorzugt zur Nacht und ohne ärztlichen Rat nicht länger als 4 bis 5 Tage erfolgen.
  • Auch unter ärztlicher Aufsicht sollte Pentoxyverin nicht länger als 2 Wochen angewendet werden.
  • Die nach 15 bis 25 Minuten einsetzende Wirkung hält 3 bis 6 Stunden an.
  • CAVE: Die gleichzeitige Anwendung zentral dämpfender Arzneimittel oder die gleichzeitige Einnahme von Alkohol kann zu einer Verstärkung der sedierenden und atemdepressiven Wirkung führen

Dropropizin

  • Dropropizin (Larylin) steht für Erwachsene und Jugendlichen ab 12 Jahre in Form von Hustenstiller-Saft oder Pastillen zur Verfügung.
  • Die Dosierung bei bis zu dreimal täglicher Gabe erfolgt bei Jugendlichen in Abhängigkeit vom Körpergewicht (nicht mehr als 1 bis 2 mg/kg Körpergewicht, Einmaldosis 20-40 mg).
  • Wie bei den anderen Hustenstillern ist unabhängig von der zulässigen Dosierung die abendliche Gabe sinnvoll.
  • Nicht angewendet werden soll es bei Kindern unter 12 Jahren.
  • Absolut kontraindiziert ist Dropropizin für Säuglinge unter 6 Monaten.

Levodropropizin

  • Levodropropizin Levodropropizin (Quimbo Sirup und Tropfen)
  • Levodropropizin ist das pharmakologisch aktivere S-Enantiomer von Dropropizin
  • Der Wirkstoff wird dreimal täglich mit einem Abstand von mindestens 6 Stunden zwischen den Einzeldosen verabreicht
  • Die empfohlene Dosierung für Erwachsene und Jugendliche über 12 Jahren beträgt 60 mg pro Einzeldosis

Studienlage

  • Ein akuter Husten im Rahmen eines Atemwegsinfekts klingt laut DEGAM-Leitlinie auch ohne medikamentöse Behandlung ab und Antitussiva wirken bezüglich des Hustenreizes nicht besser als Placebo.
  • Die kurzzeitige Anwendung von Antitussiva, insbesondere zur Nacht bei einem nicht-produktiven Husten kann jedoch sinnvoll sein.
  • Die Studienlage für Dextromethorphan ist besser als die für Pentoxyverin.
  • Entsprechende Studien weisen auf eine kurzzeitige hustenstillende Wirkung von Dextromethorphan hin, der klinische Nutzen im Vergleich zu Placebo erscheint jedoch gering.
  • Für eine Beurteilung des therapeutischen Stellenwerts sind methodisch hochwertige Studien mit größeren Patientengruppen zur klinischen Relevanz der Wirkung erforderlich
Autor:
Stand:
30.05.2022
Quelle:
  1. Aktories K. et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Elsevier, 12. Auflage 2017
  2. Krüger K. et al., S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), AWMF-Registrier-Nr.: 053-013
  3. Kardos P. et al., S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten, 01/2019, AWMF-Register-Nr.: 020-003
  4. Landesapothekerkammer Hessen, Neues zum Thema Husten, LAK aktuell Mai 2019
  5. Neubeck M., Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  6. Morice A. und Kardos P., Comprehensive evidence-based review on European antitussives, BMJ Open Respiratory Research 2016, DOI: 10.1136/bmjresp-2016-000137
  7. Kurzprotokoll der 84. Sitzung (13. Juli 2021) des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht nach §53 Absatz 2 AMG, www.bfarm.de
  8. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich Instituts, Ausgabe 3, September 2021
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