
In der Europäischen Union (EU) ist der reguläre Pocken-Impfstoff Imvanex des dänisch-deutschen Impfstoffherstellers Bavarian Nordic seit 2013 für Menschen ab 18 Jahren zugelassen. Im Juli 2022 weitete die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) die Zulassung auf Mpox aus. Am 20. September 2024 folgte schließlich auch die Zulassung für Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren.
Imvanex ist ein im Menschen nicht vermehrungsfähiger Lebendimpfstoff, der auf einem abgeschwächten Kuhpockenvirus (modifiziertes Vaccinia-Virus Ankara; MVA) basiert. Der Impfstoff ist sicher und wirksam, für Personen ab 18 Jahren zugelassen und kann auch bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem verwendet werden.
In den USA wird die Vakzine unter dem Namen Jynneos und in Kanada unter dem Namen Imvamune vermarktet. Dort ist der Impfstoff bereits von Anfang an (seit 2019) zur Prävention sowohl gegen Mpox als auch gegen reguläre Pocken zugelassen.
Darüber hinaus testet Moderna einen hauseigenen experimentellen mRNA-Impfstoff. Der Kandidat namens mRNA-1769 hat sich in einer Tiermodellstudie als äußerst vielversprechend erwiesen. Laut einer in der Fachzeitschrift 'Cell' veröffentlichten Studie übertrifft er die Wirksamkeit des derzeit verfügbaren Impfstoffs Imvanex/Jynneos bezüglich der Symptomlast und Krankheitsdauer.
Nebenwirkungen
Sehr häufige Nebenwirkungen:
- lokale Impfreaktionen wie Schmerzen, Rötung, Schwellung, Induration (sehr selten einhergehend mit einer Bewegungseinschränkung) und Pruritus an der Injektionsstelle
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Myalgie
- Müdigkeit
Häufige Nebenwirkungen:
- Knoten, Verfärbung, Hämatom und Erwärmung an der Injektionsstelle
- Appetitstörungen
- Gliederschmerzen
- Arthralgie
- Rigor/Frösteln
- erhöhte Körpertemperatur
- Fieber
Gelegentliche Nebenwirkungen:
- Blutungen und Reizungen an der Injektionsstelle
- Nasopharyngitis, Infektion der oberen Atemwege, Rhinitis, Husten, pharyngolaryngeale Schmerzen
- Lymphadenopathie
- Schlafstörungen, Schwindel, Parästhesie
- Diarrhoe, Erbrechen
- Hautausschlag, Pruritus, Dermatitis
- Steifigkeit des Bewegungsapparats, Schwellungen in der Achselhöhle
- Malaise
- Gesichtsrötung
- Brustschmerzen
- Troponin I erhöht, erhöhte Leberenzymkonzentration
- erniedrigte Leukozytenzahl, erniedrigtes mittleres Thrombozytenvolumen
Seltene Nebenwirkungen:
- Parästhesien
- Entzündung, Hautausschlag Exfoliation, Gefühllosigkeit, Ekchymose Bewegungseinschränkung und Blasenbildung an der Injektionsstelle
- Sinusitis, Influenza, Konjunktivitis, Schmerzen im Oropharynx, grippeartige Erkrankung
- Migräne
- periphere sensorische Neuropathie
- Somnolenz, Vertigo
- Mundtrockenheit
- Abdominalschmerzen,
- Urtikaria, Hautverfärbung
- Hyperhidrose, nächtliches Schwitzen
- subkutane Knoten, Kontusion
- Angioödem, peripheres Ödem
- Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Muskelspasmen, Schmerzen des Bewegungsapparats, Muskelschwäche, axilläre Schmerzen
- Asthenie
- erhöhte Leukozytenzahl
Menschen mit atopischer Dermatitis könnten lokale Hautreaktionen und sonstige allgemeine Symptome in verstärktem Maß ausbilden. Ebenso ist ein Schub oder eine Verschlechterung der Hauterkrankung möglich.
Kontraindikationen
Der Impfstoff darf nicht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, sonstige Bestandteile oder gegen möglich enthaltene Restspuren (Hühnerprotein, Benzonase, Gentamicin und Ciprofloxacin) angewendet werden.
Bei Personen mit einer akuten schweren fieberhaften Erkrankung oder akuten Infektion (Fieber ab 38,5°C) sollte die Impfung verschoben werden. Eine leichte Infektion und/oder leichtes Fieber stellen keine Kontraindikationen dar.
Die Anwendung von Imvanex während der Schwangerschaft sollte aufgrund begrenzter Erfahrungen möglichst vermieden werden und im individuellen Bedarfsfall nur nach einer gründlichen Abwägung von Nutzen und Risiken erfolgen.
Der Impfstoff darf nicht intravasal verabreicht werden.
Impfschutz/Impfschema
Eine Basisimmunität wird bereits nach der ersten Impfdosis aufgebaut. Der beste und langanhaltende Schutz wird aber erst mit der zweiten Impfdosis erreicht.
Eine 100%ige Schutzwirkung ist – wie bei anderen Impfstoffen auch – nicht zu erwarten. Eine systematische Übersichtsarbeit, die Studien zur Wirksamkeit von Imvanex unter realen Bedingungen umfasste, schätzt die Wirksamkeit einer einmaligen MVA-BN-Dosis auf 76% (95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 64%–88%) und bei zweimaliger Impfung auf 82% (95%-KI 72%–92%). Trotz der insgesamt hohen Wirksamkeit des Impfstoffs können sowohl nach einer als auch nach zwei Dosen weiterhin Durchbruchsinfektionen auftreten.
Für Menschen, die im aktuellen Mpox-Ausbruch erkrankten, ist bis auf weiteres keine Impfung notwendig. Es wird davon ausgegangen, dass der durch die Erkrankung vermittelte Immunschutz über Jahre bestehen bleibt.
Grundimmunisierung
Für Personen ≥18 Jahre, die in der Vergangenheit keine Pockenimpfung erhalten haben: zwei Impfstoffdosen Imvanex (pro Dosis je 0,5 ml) im Abstand von mindestens 28 Tagen. Selbst wenn der Impfabstand von 28 Tagen überschritten wurde, muss die Impfserie nicht neu begonnen werden.
Auffrischungsimpfung
Bei Personen, die zuvor bereits gegen Pocken geimpft wurden:
- einmalige Impfstoffdosis von 0,5 ml als sogenannte Boosterung der Immunantwort
- immungeschwächte Patienten (zum Beispiel Patienten mit HIV-Infektion oder mit Immunsuppression), die zuvor bereits gegen Pocken geimpft wurden, erhalten zwei Auffrischungsdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen
Postexpositionelle Prophylaxe (PEP)
Für Personen nach einer -Exposition mit dem Monkeypox-Virus (MPXV): möglichst frühzeitig in einem Zeitraum von bis zu 14 Tagen nach Exposition – aber nur so lange noch keine Symptome bestehen.
- Bis zu vier Tage nach Exposition kann eine Infektion wahrscheinlich verhindert werden.
- Im Zeitraum von > 4 bis 14 Tage nach Exposition kann die Erkrankung zwar nicht verhindert, aber die Schwere der Symptomatik reduziert werden.
- Sind bis 14 Tage nach Exposition keine Symptome aufgetreten (Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten und Hauteffloreszenzen), die auf eine Mpox-Infektion hinweisen, ist eine Ansteckung unwahrscheinlich.
- Eine Impfung kann dennoch angeboten und ggf. ratsam sein für Personen, die zu einer der Gruppen gehört, für die eine Indikationsimpfung empfohlen ist.
Offizielle Impfempfehlung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) rät aktuell nur bestimmten Personengruppen zu einer Impfung gegen Mpox. Eine Impfung der gesamten Bevölkerung ist – basierend auf der aktuellen Risiko-Nutzen-Bewertung – nicht erforderlich.
Die Kommission empfiehlt eine Impfung mit Imvanex (Modified Vaccinia Ankara, Bavaria-Nordic; MVA-BN):
Als Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach Mpox-Exposition für asymptomatische Personen im Alter ≥18 Jahre:
- bei engen körperlichen Kontakten über nicht intakte Haut oder über Schleimhäute (zum Beispiel sexuelle Kontakte, zwischenmenschliche Kontakte von Familienangehörigen) oder längerem ungeschütztem face-to-face-Kontakt < 1m mit einer an Mpox erkrankten Person (zum Beispiel bei Haushaltskontakten)
- nach engem Kontakt ohne ausreichende persönliche Schutzausrüstung (Handschuhe, FFP2-Maske/medizinischer Mund-Nasenschutz und Schutzkittel) zu einer Person mit einer bestätigten Mpox-Erkrankung, ihren Körperflüssigkeiten oder zu kontaminiertem potenziell infektiösen Material (zum Beispiel Kleidung oder Bettwäsche von Erkrankten) in der medizinischen Versorgung
- Personal in Laboratorien mit akzidentiell ungeschütztem Kontakt zu Laborproben, die nichtinaktiviertes MPXV-Material enthalten; insbesondere, wenn Virusanreicherungen in Zellkulturen vorgenommen werden
Als Indikationsimpfung von Personen mit einem erhöhten Expositions- und Infektionsrisiko (zum Beispiel während eines Mpox-Ausbruchs). Hierzu zählen:
- (derzeit) Männer ≥18 Jahre, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig die Partner wechseln
- Personal in Speziallaboratorien, das gezielte Tätigkeiten mit infektiösen Laborproben, die Orthopockenmaterial enthalten, ausübt und nach individueller Risikobewertung durch den Sicherheitsbeauftragten als infektionsgefährdet eingestuft wird
Wie die STIKO am 21. Juli 2022 mitteilte, ist der Impfstoff momentan nur begrenzt verfügbar. Deshalb soll zunächst nur eine Dosis verimpft werden. Die für eine Grundimmunisierung erforderliche zweite Dosis könne zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Impfvorschriften/Reise
Derzeit gibt es keine spezifischen Reiseimpfempfehlungen der STIKO, der Deutschen Tropenmedizinischen Gesellschaft (DTG) oder des Auswärtigen Amts zum Schutz vor Mpox bei Auslandsreisen.
Mpox-Ausbruch 2024 in der Demokratischen Republik Kongo
Seit einem Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) im Jahr 2024 häufen sich Mpox-Fälle auch in den benachbarten zentralafrikanischen Staaten wie der Republik Kongo (Kongo-Brazzaville), Burundi, Kenia, Ruanda, Uganda und der Zentralafrikanischen Republik. Anders als beim globalen Ausbruch in den Jahren 2022/2023, der durch die Klade IIb verursacht wurde, handelt es sich bei den Infektionen in diesen Endemiegebieten um Klade-I-Fälle. Diese Klade lässt sich in zwei Subkladen unterteilen: Klade Ia und Ib, die in unterschiedlichen afrikanischen Ländern auftreten. Klade Ia-Infektionen wurden in der DRC (Kongo-Kinshasa), der Zentralafrikanischen Republik, Kamerun und der Republik Kongo festgestellt, während Klade Ib erstmals 2024 in der DRC nachgewiesen wurde und seitdem auch in Burundi, Ruanda, Uganda und Kenia vorkommt. Es wird davon ausgegangen, dass Imvanex auch gegen Klade I wirksam ist.
Besondere Hinweise
Neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen sind grundsätzlich auch andere Impfindikationen möglich. Eine fehlende STIKO-Empfehlung stellt dabei kein Hindernis für eine gerechtfertigte Impfung dar. Nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung kann eine Impfung in bestimmten Fällen sogar sinnvoll sein. Ärzte sollten gemeinsam mit ihren Patienten die individuelle gesundheitliche Situation bewerten und auf diese Schutzoption hinweisen.
Insbesondere im Kontext des aktuellen Klade-I-Ausbruchs könnte eine Impfung bei Personen relevant sein, die beruflich in engem und anhaltendem Kontakt mit der lokalen Bevölkerung in den betroffenen Regionen stehen, etwa im Katastrophenschutz oder der medizinischen Notfallhilfe, wie beispielsweise bei Ärzte ohne Grenzen. Der Kontakt mit der lokalen Bevölkerung in oder mit Personen aus betroffenen Ländern, etwa bei Gesprächen, Konferenzen oder im Rahmen von RK-Visa, stellt keine Impfindikation dar.
Für Personen aus Deutschland, die bereits in einem von Mpox betroffenen afrikanischen Land leben oder arbeiten und einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, empfiehlt es sich, aktuelle Informationen über das Auswärtige Amt oder die örtlichen Botschaften einzuholen. Hinweise dazu finden sich in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amts.
Die Impfung sollte idealerweise 14 Tage vor einer potenziellen MPXV-Exposition erfolgen. Für mitreisende Familienmitglieder ohne direkten Kontakt zu Mpox-erkrankten Personen wird eine Impfung bei Beachtung der allgemeinen Hygienemaßnahmen als nicht notwendig angesehen.