Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)

Das polyzystische Ovarialsyndrom ist eine Endokrinopathie, die mit reproduktiven, metabolischen, psychischen Einschränkungen und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einhergehen kann.

polyzystisches Ovarialsyndrom

Definition

Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine Endokrinopathie, für deren Diagnosestellung entsprechend der Definition der Konferenz der „European Society of Human Reproduction and Embryology” (ESHRE) und der „American Society for Reproductive” Medicine (ASRM) 2003 in Rotterdam mindestens zwei der drei nachfolgenden Kriterien erfüllt sein müssen:

  • Oligo- und/oder Anovulation
  • Virilisierung durch klinischen oder biochemischen Hyperandrogenismus
  • Polyzystische ovarielle Morphologie (sonographisch)

Die Diagnose PCOS ist eine Ausschlussdiagnose.

Epidemiologie

Das PCOS manifestiert sich meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Die Erkrankung stellt mit einer geschätzten Prävalenz von 5-12% eine der häufigsten Endokrinopathien der Frau dar.

Es ist zudem die häufigste Ursache von Infertilität auf Grund von Zyklusstörungen.

Ursachen

Die genauen Ursachen des PCOS sind bisher nicht bekannt. Familiäre Häufungen dieser Endokrinopathie weisen auf eine genetische Komponente hin. Man geht zudem davon aus, dass an dieser Erkrankung mehrere hormonelle Fehlstörungen beteiligt sind.

Zudem konnte beim PCOS eine hyperinsulinäme Insulinresistenz nachgewiesen werden. Eine Adipositas scheint dies zu verstärken.

Pathogenese

Zur Pathogenese des PCOS existieren verschiedene Theorien. Eine besagt, dass es durch einen hohen Anteil des Anti-Müller Hormons (AMH) an den hypothalamischen GnRH (Gonatotropin-Releasing Hormone)-Neuronen zu einer Stimulation der Neurone kommt, die in einer verstärkten LH (Luteinisierendes Hormon)-Sekretion mündet. Diese führt am Ovar zu einer vermehrten Androgensekretion. Es wird vermutet, dass bereits intrauterin ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines PCOS angelegt werden kann. Dies geschieht sowohl durch einen Hyperandrogenismus der Mutter als auch durch eine erhöhte AMH-Konzentration [1].

Zudem weisen PCOS Patientinnen eine verdickte Thekazellschicht in den Ovarien auf. Diese kann zu einer vermehrten Ausschüttung von Androgenen führen.

Die vermehrte Androgensekretion hemmt die Expression von Progesteronrezeptoren im Hypothalamus. Es kommt zu einer Verringerung der negativen Rückkopplung auf die GnRH-Sekretion, welches zu einer vermehrten LH-Ausschüttung führt [2].

Zudem ändert sich die pulsatile Frequenz der GnRH-Ausschüttung im Hypothalamus. Die LH-Ausschüttung erhöht sich. In Folge kommt es zu einem Follikelarrest.

Durch die ausbleibende Ovulation bleibt zudem der Progesteronspiegel niedrig, wodurch die negative Rückkopplung auf die GnRH-Ausschüttung fehlt und die LH-Sekretion begünstigt wird [3].
Durch den FSH-Mangel kommt es zu einer geringeren Expression des Enzyms Aromatase, wodurch weniger Androgene in Östrogene umgewandelt werden.

Zusätzlich kommt es durch den LH-Überschuss zu einer vermehrten Androgenproduktion in den Ovarien.

Der Hyperandrogenismus führt zu einer Einschränkung der Insulinsensitivität. Im Pankreas kommt es zu einer reaktiven Hyperinsulinämie. Die hyperinsulinäme Insulinresistenz spielt eine Schlüsselrolle in der Pathophysiologie der PCOS.

Hält dieser Zustand länger an, kommt es zu einer ß-Zell-Dysfunktion, die zu einem Gestationsdiabetes oder einem Diabetes mellitus Typ 2 führen kann [2].

Symptome

Das PCOS geht mit Zyklusstörungen einher. Dazu zählen beispielsweise eine primäre Amenorrhö, eine Oligomenorrhö und auch eine Oligo- und/oder Anovulation. Diese werden von einer Infertilität begleitet. Bis zu 20% der Patientinnen zeigen eine Eumenorrhö.

Die Patientinnen können zudem im Rahmen eines Hyperandrogenismus eine Virilisierung entwickeln. Diese kann sich in Form eines Hirsutismus, also eines männlichen Behaarungsmusters, einer Hyperseborrhö mit Akne vulgaris, aber auch in Form einer androgenetischen Alopezie äußern. Manche Patientinnen weisen auch Stimmveränderungen auf und zeigen eine maskuline tiefere Stimme.

Auch psychische Symptome wie Angst oder depressive Verstimmungen können bei den Patientinnen auftreten.

Zudem kann sich ein metabolisches Syndrom mit Adipositas, Hyperglykämie, Hypertriglyzeridämie und Hypercholesterinämie im Rahmen der Erkrankung entwickeln. Hierdurch steigt das kardiosvaskuläre Risiko.

Patientinnen mit einem PCOS haben zudem ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen. So treten bei ihnen häufiger ein Gestationsdiabetes, Frühgeburten oder eine Präeklampsie auf.

Diagnostik

Die Diagnostik beginnt mit der ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung, inklusive Inspektion der Patientinnen.

Da das PCOS eine Ausschlussdiagnose ist, müssen mögliche Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden. Ist dies erfolgt, müssen gemäß der Rotterdam-Kriterien zwei der drei Hauptsymptome vorliegen, um die Diagnose eines PCOS stellen zu können:

  • Oligo-, Anovulation
  • Hyperandrogenismus
  • Typische polyzystische Ovarien

Sonographisch präsentieren sich die polyzystischen Ovarien mit vielen kleinen randständigen, perlschnurartig angeordneten Follikelzysten bei vermehrtem Stroma. Es müssen >20 Follikel pro Ovar oder ein Volumen von >10ml pro Ovar vorliegen.

Bei Jugendlichen soll innerhalb der ersten 8 Jahre nach Eintritt der Menarche keine Ultraschalluntersuchung zur Diagnostik genutzt werden, da multiple kleine Follikelzysten in dieser Altersgruppe physiologisch sind und zu einer Fehldiagnose führen können.

Bei den Patientinnen mit Eumenorrhö (bis zu 20%) kann der Nachweis einer Anovulation über eine wiederholte Progesteronbestimmung an Tag 22-24 erfolgen.

Hyperandrogenismus

Der Androgenüberschuss kann klinisch über mögliche vorhandene Symptome erfasst werden. Hier ist insbesondere ein Hirsutismus, Akne und/oder Alopezie zu nennen.

Das Ausmaß des Hirsutismus kann beispielsweise anhand der Ferriman und Gallwey Klassifikation bestimmt werden. Hier werden neun androgensensitive Areale je nach Ausmaß der Behaarung mit 0-4 Punkten bewertet. Bei der androgenetischen Alopezie kommt es vor allem zu einer Ausdünnung der Haare im Bereich des Scheitels und des Hinterhaupts. Auch eine Virilisierung kann mit einer tiefer werdenden Stimme und Vergrößerung des Kehlkopfes sichtbar werden.

Der Schweregrad und die Ausdehnung einer Alopezie kann anhand des Ludwig Visual Score bestimmt werden [4].

Biochemische Untersuchung

Es ist auch möglich, die erhöhten Androgenwerte biochemisch zu erfassen. Hier können ein erhöhtes Testosteron, bioverfügbares Testosteron oder das freie Testosteron bestimmt werden.
Zur Bestimmung der Androgenwerte wird empfohlen, das Gesamttestosteron möglichst mit der Liquid-Chromatographie/Massenspektrometrie zu bestimmen, um mittels SHBG (Sexual-Hormon-bindendem Globulin) den freien Androgen-Index (FAI) ermitteln zu können.

Sollte das Gesamttestosteron oder das freie Testosteron normwertig sein, sollte die Messung von Androstendion und Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) entsprechend der Leitlinie der ESHRE in Erwägung gezogen werden. Allerdings liefern diese nur geringe Zusatzinformationen in der PCOS-Diagnosestellung [4].

Zudem müssen andere Ursachen, die die Symptome erklären könnten, wie beispielsweise ein adrenogenitales Syndrom, eine Hyperprolaktinämie, ein postmenopausaler Hirsutismus, eine Schwangerschaft, ein androgenproduzierender Tumor oder auch ein Cushing-Syndrom differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden.

Diabetes mellitus

Die Prävalenz eines Schwangerschaftsdiabetes, einer gestörten Glukosetoleranz und eines Typ-II-Diabetes mellitus ist bei PCOS-Patientinnen signifikant erhöht. Bei gleichzeitig vorliegender Adipositas steigt das Risiko zudem.

Daher empfiehlt die ESHRE-Leitlinie bei Erstdiagnose eines PCOS die Bestimmung von Nüchternplasmaglukose oder die Messung des HbA1c. Bei Hochrisikopatientinnen (u.a. Adipositas, arterieller Hypertonie oder einer positiven Familienanamnese) sollte ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) durchgeführt werden. Diese Untersuchungen sollte je nach Anwesenheit von Diabetesrisikofaktoren alle 1-3 Jahre wiederholt werden.

Beim Vorliegen eines Kinderwunsches wird, zusätzlich zu dem in der 24.-28. SSW (Schwangerschaftswoche) empfohlenen oGTT, ein weiterer oGTT vor Eintritt einer Schwangerschaft empfohlen. Sollte dieser präkonzeptionell nicht durchgeführt worden sein, sollte ein oGTT vor der 20. SSW erfolgen [4].

Kardiovaskulär

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt, alle PCOS-Patientinnen auf vorhandene kardiovaskuläre Risikofaktoren zu untersuchen.

Ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko liegt bei folgenden Risikofaktoren vor: Adipositas, Nikotinabusus, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, pathologische Glukosetoleranz, zu geringe körperliche Aktivität.

Übergewichtige PCOS-Patientinnen sollten eine laborchemische Lipiduntersuchung inklusive Cholesterin, LDL (Low Density Lipoprotein Cholesterol), HDL (High Density Lipoprotein Cholesterol) und Triglyzeriden erhalten.

Zudem empfiehlt die ESHRE-Leitlinie eine entsprechend dem individuellen kardiovaskulären Risiko angepasste mindestens jährliche Blutdruckmessung [4].

Depressionen

PCOS-Patientinnen zeigen eine hohe Prävalenz von mittelschweren bis schweren Angst- und depressiven Symptomen.

Es sollte daher eine Anamnese durchgeführt werden, um Symptome einer Depression erkennen und behandeln zu können. Für die Evaluation können Fragebögen eingesetzt werden [4].

Essstörungen

Die ESHRE-Leitlinien weisen auf eine erhöhte Prävalenz von Essstörungen bei PCOS-Patientinnen hin. Sollte der Verdacht auf eine Essstörung vorliegen, empfiehlt die Leitlinie, diese durch Spezialisten abzuklären. Ein erstes Screening kann beispielsweise mit Hilfe des SCOFF (Sick, Control, One stone, Fat, Food)-Fragebogens stattfinden [4].

Schlafbezogene Atmungsstörungen

Bei PCOS-Patientinnen sollte auf das Vorliegen von Symptomen einer schlafbezogenen Atmungsstörung geachtet werden, um sie ggf. einer weiteren Abklärung mittels Polygraphie/Polysomnographie zuführen zu können.

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt einen Screening-Fragebogen, wie beispielsweise der „Berlin Fragebogen“ in Erwägung zu ziehen [4].

Endometriumkarzium

Das Risiko von PCOS-Patientinnen für die Entwicklung eines Endometriumkarzinoms ist zwei- bis sechsfach erhöht. Häufig treten diese vor Eintritt in die Menopause auf. Ein Screening via transvaginalem Ultraschall oder Endometriumbiopsie zur Detektion eines Endometriumkarzinoms bei PCOS wird von der Leitlinie nur für die Frauen empfohlen, die ein verdicktes Endometrium und/oder Risikofaktoren wie beispielsweise eine verlängerte Amenorrhö, Adipositas oder abnorme vaginale Blutungen aufweisen [5].

Für weiterführende Informationen wird auf die Fachliteratur verwiesen.

Auswahl Differentialdiagnosen

Wichtige Differentialdiagnosen für das Krankheitsbild des PCOS sind:

  • Hypo- bzw. Hyperthyreose
  • Hyperprolaktinämie
  • Late-Onset-Adrenogenitales Syndrom
  • Schwangerschaft
  • Akromegalie
  • Hypothamalische Amenorrhö
  • Prämature ovarielle Insuffizienz
  • Androgensezernierende Tumore
  • Cushing-Syndrom [6]

Therapie

Da das Krankheitsbild sehr heterogen und komplex ist, stellt es eine Herausforderung in der Therapie dar. Diese sollte individuell auf die Hauptbeschwerden der einzelnen Patientin abgestimmt werden.

Lifestyleänderung

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt eine gesunde, ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität für alle PCOS-Patientinnen.

Sollte eine Adipositas vorliegen, wird zu Lifestyle-Interventionen wie beispielsweise einer Diät und Steigerung der körperlichen Aktivität geraten.

Zur Gewichtsabnahme wird geraten, 500-750 kcal pro Tag mehr zu verbrauchen als zu sich zu nehmen [4].

Es wird empfohlen, mindestens 150 Minuten pro Woche bei mittlerer Intensität körperlich zu trainieren.

Sollte eine Gewichtsabnahme angestrebt werden, sollten 250 Minuten körperliche Bewegung pro Woche bei mittlerer Intensität oder 150 Minuten bei hoher Intensität durchgeführt werden.

Abbruchblutung

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt, alle drei Monate die Induktion einer Abbruchsblutung zur Endometriumprotektion.

Hierfür können Gestagene zyklisch oder kontinuierlich eingenommen werden oder hormonelle Kontrazeptiva verwendet werden.

Sollte eine Kontraindikation für diese Medikamente vorliegen, kann auch Metformin, ein Wirkstoff, der für die Behandlung des nicht-insulinpflichtigen Diabetes mellitus verwendet wird, in Betracht gezogen werden, da gezeigt werden konnte, dass durch diese Therapie männliche Hormone effektiv abgesenkt werden können [4].

Hormonelle Kontrazeptiva

Bei nicht vorhandenem Kinderwunsch wird von der ESHR-Leitlinie bei Zyklusstörungen, Hirsutismus und Akne, die durch die Erkrankung verursacht wurden, eine Therapie mittels hormoneller Kontrazeptiva empfohlen. Bei fehlender Kontraindikation sollte zunächst eine Therapie mit einer Mikropille (<35mg Ethinylestradiol) initiiert werden. Sollte es nicht innerhalb von drei bis sechs Monaten zu einer Verbesserung des Hautbildes kommen und/oder liegt eine androgenetisch bedingte Alopezie vor, dann können zusätzlich antiandrogene Substanzen, wie beispielsweise Finasterid, Flutamid oder Spironolacton, gegeben werden [4].

Bei den oben genannten Therapien sind die jeweiligen Kontraindikationen sowie individuelle Faktoren zu beachten. Als Alternative kann Metformin off-label bei Frauen mit Zyklusstörungen verordnet werden. Insbesondere bei Patientinnen mit gestörter Glukosetoleranz könnte diese Therapie vorteilhaft sein.

Infertilität

Um das reproduktive und geburtshilfliche Outcome zu steigern, wird empfohlen, Faktoren wie beispielsweise Blutglukose, Blutdruck, Körpergewicht und Schlaf zu optimieren.

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt eine Prüfung der Tubendurchgängigkeit bei Patientinnen in Erwägung zu ziehen, bei denen eine tubare Infertilität vermutet wird [4].

Pharmakologische Induktion Ovulation

Als First-Line-Therapie steht Clomifen zur Stimulation der GnRH-Sekretion zur Verfügung. Die Voraussetzung für die Therapie ist die Infertilität auf Grund einer Anovulation.

Als Alternative, auch First-Line-Therapie, kann der Aromatasehemmer Letrozol eingesetzt werden.

Die ESHRE-Leitlinie empfiehlt diesen, weil in mehreren Studien seine Überlegenheit in Bezug auf die Lebendgeburtenrate im Vergleich zu Clomifen gezeigt werden konnte. Zudem treten unter Aromatasehemmern seltener ein multifollikuläres Wachstum und weniger Nebenwirkungen auf.

Zu beachten ist hierbei, dass Aromatasehemmer nicht zur Kinderwunschbehandlung zugelassen sind und die Patientinnen daher über den Off-Label-Use aufgeklärt werden müssen [4].

Die Schwangerschaftsraten bei Letrozol sind denen einer Therapie mit Clomifen vergleichbar, die Wahrscheinlichkeit für eine Mehrlingsschwangerschaft ist bei den Aromatasehemmern jedoch geringer.

Um einem ovariellen Hyperstimulationssyndrom vorzubeugen, kann bei Frauen, die eine in-vitro-Fertilisation durchführen lassen, Metformin off-label verwendet werden.

Zudem können Clomifen und Metformin auch in Kombination angewandt werden.

Wenn Metformin bei adipösen PCOS-Patientinnen eingesetzt wird, kann zusätzlich Clomifen gegeben werden, um die Ovulation, Schwangerschaft und Lebensgeburtenrate zu verbessern. Umgekehrt kann zusätzlich Metformin bei Patientinnen, die bereits eine Clomifentherapie begonnen haben, eingenommen werden, wenn die Patientinnen Clomifen-resistent sind, um die Ovulation und Schwangerschaftsrate zu steigern.

Zu beachten ist, dass bei jeder hormonellen Stimulationstherapie bei PCOS regelmäßige Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden, um ein multifollikuläres Wachstum mit Mehrlingen oder ein Überstimulationssyndrom (OHSS, Ovarian Hyperstimulation Syndrome) rechtzeitig zu erkennen.

Eine mögliche Behandlungsmethode könnte Myo-Inositol darstellen, ein Nahrungsergänzungsmittel, das unter anderem bei der Eizellreifung und im Insulinsignalweg eine Rolle spielt. Mehrere Studien konnten zeigen, dass es die Ovulationsinduktion begünstigt, die Insulinresistenz verbessert und die Zyklusdauer normalisieren kann. Da die bisherigen Studien niedrige Fallzahlen aufwiesen, sind weitere Studien notwendig, um die Wirksamkeit besser belegen zu können [4].

Operative Therapiemöglichkeiten

Kommt es unter den oben genannten Therapien nicht zum Eintritt einer Schwangerschaft, so empfiehlt die ESHRE-Leitlinie als Second-Line-Therapie nach spätestens sechs Zyklen den Wechsel zu einer niedrig dosierten Gonadotropinstimulation oder einer operativen Therapie mittels sogenannter Stichelung (ovarian drilling) [4].

Dies ist eine operative ovarielle Teilresektion, bei der endoskopisch mittels einer heißen Nadel 20-30 Einstiche in jedes Ovar durchgeführt werden. Der Wirkmechanismus ist unbekannt. Jedoch wurde zumindest kurzfristig eine reversible Wiederaufnahme der Ovulation mit einer Schwangerschaftschance festgestellt. Neben der Verminderung der Follikelzahl und des Ovarvolumens kommt es zu einer positiven Beeinflussung des typischen hormonellen Ungleichgewichts: Der LH/FSH-Quotient fällt ab, die Serumkonzentrationen von LH/FSH und auch das Testosteron und Androstendion sinken. Man konnte zeigen, dass es sich hierbei um hormonelle Langzeiteffekte handelt, deren Tendenz bis zu 10-20 Jahre postoperativ anhalten [7,8].

Ein regelmäßiger Zyklus kann durch diesen Eingriff bei bis zu 85% der Patientinnen wiederhergestellt werden [9].

Als ultima ratio, Third-Line-Therapie, kann eine künstliche Befruchtung, IVF (In-Vitro-Fertilisation) durchgeführt werden.

Diese kann insbesondere dann notwendig werden, wenn begleitende Sterilitätsfaktoren, wie beispielsweise eine eingeschränkte Spermaqualität oder ein Tubenschluß, vorliegen.

Adipositas

Die Leitlinie empfiehlt beim Vorliegen einer Adipositas und PCOS als erste und wichtigste Maßnahme eine Lifestyle-Modifikation und Gewichtsabnahme [4].

Dies gilt insbesondere bei PCOS Patientinnen, die einen Kinderwunsch haben.

Es konnte gezeigt werden, dass bereits bei einer moderaten Gewichtsabnahme von ca. 5% des Ausgangsgewichtes ovulatorische Zyklen sowie Spontanschwangerschaften erreicht werden konnten.
Zudem zeigte sich hierdurch ein verbessertes Ansprechen auf die nachfolgende ovulationsinduzierende Therapie und ein geringeres Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft, wie beispielsweise Gestationsdiabetes und Präeklampsie.

Bei einem erhöhten metabolischen Risiko (Adipositas, pathologischer oGTT, erhöhter Nüchterninsulinspiegel) kann zusätzlich erwogen werden, Metformin einzunehmen.

Für weiterführende Informationen wird auf die Fachliteratur verwiesen.

Prognose

Mit dem PCOS gehen häufig metabolische Komplikationen einher. So zeigen PCOS-Patientinnen im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen ein vier- bis fünffach erhöhtes Diabetesrisiko. Auch eine Erhöhung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität steht mit der Erkrankung in Zusammenhang.

Bei Patientinnen, bei denen das PCOS zusammen mit einer Adipositas, Insulinresistenz und/oder Diabetes mellitus in Erscheinung tritt, ist es möglich, dass sich die Störung durch eine Optimierung der Lebensgewohnheiten bessert.

Mit der entsprechenden Therapie können häufig die Symptome der Patientinnen kontrolliert werden und bei bestehendem Kinderwunsch ggf. eine Schwangerschaft ermöglicht werden.
Das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen, wie beispielsweise Gestationsdiabetes, ist bei einem PCOS jedoch erhöht.

Ferner tritt ein Endometriumkarzinom signifikant häufiger bei PCOS-Patientinnen auf.

Auch leiden die PCOS-Betroffenen gehäuft an einer Immunthyreopathie Hashimoto.

Prophylaxe

Ein PCOS kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht verhindert werden. Prävention bei diesem Krankheitsbild betrifft vor allem die Folgeerkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus, die Störungen des Lipidstoffwechsels mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko (zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall) oder auch die der Hyperöstrogenämie mit ihren Folgen wie beispielsweise einem Endometriumkarzinom.

Hinweise

Das PCOS stellt eine der häufigsten Ursachen der oligo- und anovulatorischen Subfertilität dar.

Autor:
Stand:
08.12.2022
Quelle:
  1. Weiss (2019): Das polyzystische Ovarsyndrom (PCOS). Neues zur Pathogenese, Definition und Therapie. Gynäkologie 2/2019.
  2. Rojas et al. (2014): Polycystic ovary syndrome, insulin resistance, and obesity: navigating the pathophysiologic labyrinth. International Journal of Reproductive Medicine, DOI: 10.1155/2014/719050.
  3. Borzan, Mayr, Obermayer-Pietsch (2021): Das polyzystische Ovar-Syndrom – Entstehung, Behandlung und neue Erkenntnisse. Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel.
  4. ESHRE Leitlinie (2018).
  5. Dumesic, Lobo (2013) Cancer risk and PCOS. Steroids, DOI: 10.1016/j.steroids.2013.04.004.
  6. Obermayer-Pietsch, Lerchbaum (2019): Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS). Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel, DOI: https://doi.org/10.1007/s41969-019-00084-7.
  7. Amer et al. (2002): Long-term follow-up of patients with polycystic ovary syndrome after laparoscopic ovarian drilling: endocrine and ultrasonographic outcomes. Human Reprodroduction, DOI: 10.1093/humrep/17.11.2851.
  8. Höllen, Bohlmann (2018): Endoskopische Techniken in der Reproduktionsmedizin. Reproduktionsmedizin, DOI: 10.1007/978-3-662-57636-6_18.
  9. Badawy, Elnashar (2011): Treatment options for polycystic ovary syndrome. International Journal of Women’s Health, DOI: 10.2147/IJWH.S11304.
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