
Hintergrund
Nachdem Piqray mit dem Wirkstoff Alpelisib des Biotechnologie- und Pharmaunternehmens Novartis im Mai 2019 bereits von der amerikanischen FDA zugelassen wurde, wird das Arzneimittel nun zum 01.09.2020 auch in Deutschland erhältlich sein. Ende Mai diesen Jahres hatte sich der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA für die Zulassung von Piqray ausgesprochen. Darauf folgte Ende Juli die Zulassung durch die Europäische Kommission.
Was ist Piqray und wofür wird es angewendet?
Piqray wird in Kombination mit dem Antiöstrogen Fulvestrant angewendet zur Behandlung von postmenopausalen Frauen und Männern mit einem Hormonrezeptor (HR)-positiven, humanenepidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER2) negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutation bei Fortschreiten der Erkrankung nach endokriner Therapie als Monotherapie. Etwa 40% aller hormonrezeptorpositiven Mammakarzinome weisen diese Mutation auf.
Wie wird Piqray angewendet?
Piqray ist für die orale Anwendung vorgesehen.
Dosierung
Die empfohlene Dosis für Alpelisib beträgt 300 mg (2 Tabletten zu 150 mg) einmal täglich. Die maximal empfohlene Tagesdosis beträgt 300 mg.
Piqray sollte zusammen mit Fulvestrant angewendet werden. Die empfohlene Dosis von Fulvestrant beträgt 500 mg intramuskulär an den Tagen 1, 15 und 29 und danach einmal monatlich.
Wie wirkt Piqray?
Alpelisib ist ein spezifischer Inhibitor der mutierten Phosphoinositid-3-Kinase alpha (PI3K α)- PI3K besteht aus einer regulatorischen und einer katalytischen Untereinheit, wobei es von der katalytischen Untereinheit vier Isoformen gibt: alpha, beta, gamma und delta. Die PIK3CA-Mutation führt zu einer Überaktivierung des PI3K-Stoffwechselwegs, wodurch das Krebswachstum stimuliert wird. PIK3CA codiert für die Alpha-Isoform.
Unspezifisch wirkende PI3K-Inhibitoren wie Buparlisib greifen an den verschiedenen Isoformen an und verursachen zum Teil erhebliche Nebenwirkungen bei nur schwacher Wirkung.
Gegenanzeigen
Piqray darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen Alpelisib oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
Nebenwirkungen
Häufigste durch Alpelisib ausgelöste unerwünschte Wirkungen in der Zulassungsstudie waren Hyperglykämie (64 vs. 10%), Diarrhö (58 vs. 16%), Übelkeit (45 vs. 22%), verminderter Appetit (36 vs. 10%) und Hautausschlag (36 vs. 6%). Eine Hyperglykämie vom Schweregrad 3/4 trat bei 36,6% der Patienten und ein Grad-3-Hautausschlag bei 9,9% der Patienten unter Alpelisib auf. Beide unerwünschte Wirkungen konnten durch Dosismodifikationen und entsprechende Medikation gemanagt werden.
Wechselwirkungen
Bei gleichzeitiger Anwendung folgender Verbindungen mit Alpelisib kann es zu Wechselwirkungen kommen:
- Inhibitoren von BCRP (z. B. Eltrombopag, Lapatinib, Pantoprazol) ➔ Da Alpelisib ein Substrat für BCRP ist, ist bei gleichzeitiger Behandlung Vorsicht geboten
- Säurereduzierende Wirkstoffe ➔ Die gleichzeitige Gabe des H2-Rezeptorantagonisten Ranitidin führte zu einer leicht verringerten Bioverfügbarkeit von Alpelisib und einer verminderten Gesamtexposition von Alpelisib. Eine populationspharmakokinetische Analyse ergab allerdings keinen signifikanten Einfluss der gleichzeitigen Gabe von säurereduzierenden Arzneimitteln einschließlich Protonenpumpenhemmern, H2-Rezeptorantagonisten und Antazida auf die Pharmakokinetik von Alpelisib. Sofern Alpelisib unmittelbar nach der Nahrung eingenommen wird, kann es daher mit säurereduzierenden Arzneimitteln verabreicht
- CYP3A4-Substrate, die ebenfalls ein zusätzliches Potenzial zur zeitabhängigen Inhibition und Induktion von CYP3A4 haben (z. B. Rifampicin, Ribociclib, Encorafenib) ➔ Vorsicht ist geboten.
- CYP2C9-Substrate mit enger therapeutischer Breite ➔ Da keine klinischen Daten zu CYP2C9 vorliegen, ist Vorsicht geboten. Untersuchungen in vitro deuten darauf hin, dass die pharmakologische Aktivität von CYP2C9-Substraten mit enger therapeutischer Breite wie Warfarin durch die CYP2C9-induzierende Wirkung von Alpelisib vermindert sein könnte.
- CYP2B6-sensitiven Substraten (z. B. Bupropion) oder CYP2B6-Substraten mit enger therapeutischer Breite ➔ Vorsicht ist geboten, da Alpelisib die klinische Aktivität dieser Arzneimittel vermindern kann.
- Substanzen, die Substrate von Transportern sind ➔ In-vitro-Untersuchungen zeigten, dass Alpelisib (und/oder sein Metabolit BZG791) das Potenzial hat, die Aktivitäten von OAT3-Transportern und Darm-BCRP und P-gp zu hemmen. Piqray sollte mit Vorsicht in Kombination mit sensitiven Substraten dieser Transporter angewendet werden, die einen engen therapeutischen Index aufweisen, da Piqray die systemische Exposition dieser Substrate erhöhen kann.
Studienlage
In einer randomisierten kontrollierten Studie SOLAR-1 mit 341 Patienten mit einer PIK3CA Mutation wurde Alpelisib in Kombination mit Fulvestrant versus Placebo mit Fulvestrant verabreicht. Randomisiert erhielten alle Patienten Alpelisib 300 mg/Tag oder Placebo plus Fulvestrant 500 mg i.m alle 28 Tage sowie zusätzlich an Tag 15 im ersten Zyklus. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS) in der mutierten Kohorte. Es zeigte sich ein verlängertes progressionsfreies Überleben von 11,0 Monaten versus 5,7 Monaten. Und auch in weiteren Endpunkten (Ansprechrate, 12-Monat-Progressionsfreies Überleben etc.) zeigte sich ebenfalls ein Vorteil für die Alpelisib-Gruppe. Bei Patienten ohne Mutation konnte kein signifikanter Nutzen von Alpelisib gesehen werden, das mediane PFS lag bei den 115 Patienten der Verum-Gruppe bei 7,4 Monaten, bei den 116 Patienten der Placebo-Gruppe bei 5,6 Monaten (HR 0,85). Die Gesamtansprechrate betrug in der mutierten Gruppe mit Alpelisib 26,6%, mit Placebo 12,8% (p=0,0006).