Nubeqa: Darolutamid bei Prostatakarzinom

Der Androgenrezeptor-Antagonist Darolutamid erhielt die EU Zulassung für die Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms mit Risiko für Metastasierung, nachdem in Studien gezeigt werden konnte, dass er das metastasenfreie Überleben signifikant steigern konnte.

Prostatakrebs

Hintergrund:

Prostatakarzinom

Das Prostatakarzinom ist die vierthäufigste Tumorentität weltweit und die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern. Insgesamt sind etwa 15% aller Männer von dieser Erkrankung betroffen. Bei Männern stellt das Prostatakarzinom die dritthäufigste Krebs-bezogene Todesursache in Europa dar.

Die Therapiemöglichkeiten des Prostatakarzinoms umfassen insbesondere die Operation, Radiatio und Hormonrezeptor-Antagonisten, die die Bildung von Testosteron oder seine Wirkung am Zielort verhindern. Trotz einer anfänglichen Response von ca. 80-90% entwickeln die meisten Prostatakarzinompatienten eine Progression trotz einer Androgenentzugstherapie. Dies wird als kastrationsresistentes Prostatakarzinom bezeichnet.

Etwa 30% der nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinompatienten entwickeln innerhalb von zwei Jahren Knochenmetastasen und zeigen dann nur noch ein medianes Überleben von vier Jahren. Für diese Patienten steht nun eine neue Therapieoption in Europa zur Verfügung: Darolutamid.

Was ist Darolutamid (Nubeqa®) und wofür wird es angewendet?

Darolutamid (Nubeqa®) ist ein oraler selektiver Androgenrezeptor-Antagonist. Er hat im März 2020 die Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA [European Medicines Agency]) zur Behandlung erwachsener Männer mit einem nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakrebs, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen aufweisen, erhalten. Das Arzneimittel der Firma Bayer kommt am 1. Mai 2020 auf den deutschen Markt.

Dosierung:

Die europäische Zulassungsbehörde hat Darolutamid mit einer empfohlenen Tagesdosierung von 1200 mg (zweimal 600 mg/Tag)zugelassen.

Dosisanpassung

Bei dem Auftreten von schweren (>Grad drei Toxizität) unerwünschten Wirkungen muss eine Dosisreduktion (zweimal 300 mg/Tag) versus Therapieunterbrechung/-abbruch evaluiert werden.

Niereninsuffizienz:

Bei dem Vorliegen einer milden bis moderaten Niereninsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich. Bei Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz, die keine Hämodialyse erhalten, wird eine Startdosierung von zweimal 300 mg /Tag empfohlen.

Leberinsuffizienz

Bei Patienten mit einer milden Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich.

Liegt eine moderate bis schwere Leberinsuffizienz vor (Child-Pugh Stadium B und C), sollte eine Startdosierung von zweimal 300 mg /Tag erfolgen.

Dosisanpassung bei Älteren

Eine Dosisanpassung bei älteren Patienten ist nicht erforderlich.

Warnungen

Nieren- und Leberinsuffizienz

Da die Datenlage bei Patienten mit schwerer Nieren- bzw. moderater/schwerer Leberinsuffizienz limitiert ist, sollten diese Patienten engmaschig auf das Auftreten von unerwünschten Wirkungen überprüft werden.

Gleichzeitiges Vorliegen von kardiovaskulären Ereignissen

Zudem ist zu beachten, dass Patienten mit klinisch signifikanten kardiovaskulären Ereignissen der vergangenen 6 Monate (z.B. Myokardinfarkt, Angina pectoris, Bypass Operation etc.) aus den klinischen Darolutamid Studien ausgeschlossen wurden. Sollte diese Patientengruppe mit dem Wirkstoff behandelt werden, müssen die gültigen Leitlinien beachtet werden.

Verlängerung QT Intervall

Bei Patienten mit bekannten Risikofaktoren für eine Verlängerung des QT Intervalls sollte beachtet werden, dass eine Androgen-deprivations Therapie das QT Intervall verlängern könnte.

Eine gleichzeitige Behandlung dieser Patienten mit Wirkstoffen, die eine QT Intervall Verlängerung oder Torsade de pointes bedingen können (z.B. Chinidin, Amiodaron, Sotalol, Methadon, Moxafloxacin, Haloperidol), sollte daher sorgfältig evaluiert werden.

Wie wirkt Darolutamid?

Darolutamid hemmt kompetitiv die Bindung am Androgenrezeptor, die Translokation des Androgen-Rezeptors in den Zellkern sowie die Rezeptor-vermittelte Transkription.

Der Wirkstoff entfaltet seine antitumorale Aktivität über eine verminderte Proliferation der Prostatakarzinomzellen.

Gegenanzeigen:

Darolutamid darf nicht verwendet werden, wenn eine Allergie gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels vorliegen. Ebenso wenig darf dieses Präparat bei Frauen verwendet werden.

Nebenwirkungen

Bei der Behandlung mit Darolutamid können verschiedene unerwünschte Wirkungen auftreten:

Sehr häufig (> 1 von 10 Behandelten) treten folgende Nebenwirkungen auf:

  • u.a.Müdigkeit
  • Lethargie

Veränderungen in Blutuntersuchungen (verminderte Anzahl neutrophiler Granulozyten; erhöhte Spiegel von in der Leber synthetisierten Substanzen wie Bilirubin, Aspartat-Transaminase).

Häufig (bis zu 1 von 10 Behandelten) treten folgende Nebenwirkungen auf:

  • u.a. Herzschwäche
  • Ausschlag
  • Schmerzen in Armen und Beinen
  • Schmerzen in Muskeln und Knochen
  • Frakturen

Wechselwirkungen:

Die Therapie mit starken CYP3A4 (Cytochrom P450 3A4) und P-gp (P-Glykoprotein) Induktoren (z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Rifampicin, Phenytoin) können während der Darolutamid Behandlung die Plasmakonzentration von Darolutamid reduzieren und sollten daher nicht verwendet werden, sofern eine therapeutische Alternative vorhanden ist.

Patienten, die gleichzeitig zu Darolutamid BCRP (breast cancer resistance protein), OATP (organic Anion Transporting Polypeptides) 1B1 und 1B3 Substrate (z.B. Methotrexat, Sulfasalazin, Fluvastatin, Atorvastatin, Pitavastatin) erhalten, sollten engmaschig überprüft werden, da die Plasmakonzentration dieser Substanzen ansteigen könnte.

Eine gleichzeitige Einnahme von Rosuvastatin und Darolutamid sollte vermieden werden.

Studienlage:

Die Wirkung von Darolutamid konnte in der klinischen doppelblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase III Studie ARAMIS (Androgen Receptor Inhibiting Agend for Metastatic-free Survival) gezeigt werden. In die Studie wurden 1509 Männer mit nmCRPC (nicht-metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakrebs) und Risiko für die Entwicklung einer Metastasierung eingeschlossen. Die Patienten wurden aktuell mit einer Androgenentzugstherapie behandelt. Die Männer waren im Schnitt 74 Jahre alt (Range: 48-95 Jahre). Es erfolgte eine 2:1 Randomisierung der Patienten. Sie erhielten zusätzlich zur Androgenentzugstherapie entweder 2xtgl 600mg Darolutamid oder ein Placebo.

Der primäre Studienendpunkt der ARAMIS Studie war das metastasenfreie Überleben.

Die mit Darolutamid behandelten Patienten lebten im Durchschnitt 40 Monate ohne Metastasierung, verglichen mit 18 Monaten, die Patienten überlebten, die Placebo erhielten.

Zudem konnte die ARAMIS Studie zeigen, dass Darolutamid plus Androgenentzugstherapie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens zeigte im Vergleich zu den Patienten, die Placebo plus Androgenentzugstherapie erhielten.

Zusätzlich zur ARAMIS Studie untersucht eine laufende klinische Phase-III-Studie (ARASENS) die Sicherheit und Wirksamkeit von Darolutamid bei Patienten mit bereits metastasiertem, hormonsensitiven Prostatakrebs. Die Studie wird voraussichtlich 2022 beendet.

Fazit:

Die Europäische Arzneimittel-Agentur erteilte kürzlich dem Androgenrezeptor-Antagonist Darolutamid die Zulassung für die Behandlung des kastrations-resistenten Prostatakarzinoms mit Risiko für Metastasierung. In Studien konnte gezeigt werden, dass er das metastasenfreie Überleben der Patienten signifikant steigern konnte.

Quelle:
  1. European Medicines Agency - Product information: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/nubeqa-epar-product-information_en.pdf
  2. European Medicines Agency – Assessment report: https://www.ema.europa.eu/en/documents/assessment-report/nubeqa-epar-public-assessment-report_en.pdf
  3. Fizazi et al. (2019): Darolutamide in Nonmetastatic Castration-Resistant Prostate Cancer. New England Journal of Medicine. doi: 10.1056/NEJMoa1815671
  • Teilen
  • Teilen
  • Teilen
  • Drucken
  • Senden
Orphan Disease Finder

Orphan Disease Finder

Hier können Sie seltene Erkrankungen nach Symptomen suchen:

 

Seltene Krankheiten von A-Z
Schwerpunkt Seltene Erkrankungen