Das Raynaud-Syndrom ist eine häufige vasospastische Durchblutungsstörung der Akren. Hinweisgebendes Zeichen ist das Tricolore-Phänomen (weiß, blau, rot) infolge einer Ischämie, Hypoxämie und reaktiven Hyperämie.
Das Raynaud-Syndrom (ICD-10: I73.0) ist eine episodisch auftretende, vasospastisch bedingte akrale Durchblutungsstörung. Pathogenetisch werden die primäre (kälte- oder stressbedingt) und sekundäre Form (meist infolge von Kollagenosen) unterschieden. Leitsymptom ist eine typische dreiphasige Verfärbung der Akren. Charakteristischerweise sind die Finger (vor allem Zeige-, Mittel- und Ringfinger) betroffen. Die Raynaud-Symptomatik beginnt mit einer plötzlichen Abblassung der Haut (Ischämie). Bei einem Teil der Patienten führt die Hypoxämie zu einer zyanotischen blauen Farbgebung und die sich anschließende Reperfusion mit Hyperämie zu einer Rotfärbung (sogenanntes Tricolore-Phänomen). Dies führt rasch zur Verdachtsdiagnose.
Das primäre Raynaud-Syndrom tritt meist im jüngeren Alter und symmetrisch auf, eine organische Ursache der Durchblutungsstörung kann nicht ermittelt werden. Trophische Störungen und andere pathologische Veränderungen an den Fingern und laborchemische Entzündungszeichen fehlen, Spontanremissionen sind beschrieben. Patienten mit sekundärem Morbus Raynaud entwickeln oft hypoxische Gewebeschäden, die sich in Ulzerationen, Fissuren, Narbengrübchen (pitting scars) oder Nekrosen äußern können. Weiter sprechen ein späteres Erkrankungsalter und asymmetrischer Verlauf sowie geschwollene Fingerkuppen (puffy fingers), Schmerzen und Taubheitsgefühle für die sekundäre Erkrankungsform. Die Diagnose wird neben der Anamnese und klinischen Untersuchung mittels labordiagnostischer und bildgebender Verfahren gestellt.
Das Raynaud-Syndrom ist eine relativ häufige Erkrankung. Der Anteil der Betroffenen innerhalb einer Bevölkerung hängt vom lokalen Klima ab. Grundsätzlich sind aber mehr Frauen als Männer betroffen. Die Angaben zur Prävalenz schwanken erheblich und liegen zwischen 5 bis 20 Prozent bei Frauen und 4 bis 14 Prozent bei Männern. Im Allgemeinen wird die Prävalenz mit etwa 5 Prozent beziffert; bei Personen über 60 Jahren sinkt der Wert auf 0,1 bis 1 Prozent. In rund 90 Prozent wird die primäre Form diagnostiziert [3–6].
Das primäre Raynaud-Syndrom tritt bei Frauen neunmal häufiger auf als bei Männern. Die Gesamtprävalenz wird mit circa 10 Prozent angegeben; in den jüngeren Altersgruppen können jedoch bis zu 20 bis 30 Prozent der Frauen betroffen sein. Das primäre Raynaud-Syndrom manifestiert sich meist zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr. Bei etwa der Hälfte der Patienten findet sich ein primäres Raynaud-Syndrom in der Familienanamnese, insbesondere bei Frauen und bei Patienten mit früh einsetzender Symptomatik. Die primäre Raynaud-Symptomatik kann sich im Laufe der Zeit zurückbilden. Eine prospektive Studie in einer weißen, kaukasischen Population mittleren Alters über sieben Jahre ergab, dass bei 64 Prozent der Frauen und Männer eine Remission eintrat, bei etwa 20 Prozent jedoch mit residualer Symptomatik [7,8].
Das sekundäre Raynaud-Syndrom manifestiert sich meist nach dem 40. Lebensjahr. Die Prävalenz bei Männern nimmt mit dem Alter zu, was vermutlich auf berufliche Expositionen (zum Beispiel Verwendung von Vibrationswerkzeugen) oder periphere Gefäßerkrankungen (aufgrund von Atherosklerose) zurückzuführen ist [5,9].
Ursachen
Beim Raynaud-Syndrom ist durch eine plötzlich einsetzende akrale Durchblutungsstörung infolge einer vasospastischen Reaktion charakterisiert. Bei der primären Form lässt sich keine organische Ursache ermitteln. Die Symptomatik tritt Stress- und Kälte-induziert auf. Eine familiäre Disposition scheint gegeben, da rund 25 Prozent der Verwandten ersten Grades ebenfalls ein Raynaud-Syndrom entwickeln. [1,2,10,11].
Beim sekundären Raynaud-Syndrom ist das klinische Bild auf eine zugrunde liegende Erkrankung bzw. andere Ursache zurückzuführen. Häufige assoziierte Erkrankungen und Ursachen sind [3,11,12]:
Sonstige Erkrankungen, die mit einer Raynaud-Symptomatik einhergehen können:
primär biliäre Zirrhose, oft mit zugrunde liegender sekundär sklerosierender Cholangitis (SSC)
Hypothenar-Hammer-Syndrom (HHS)
Exposition gegenüber Vinylchlorid, Siliziumdioxid und Lösungsmitteln
komplexes regionales Schmerzsyndrom
digitale Verletzungen
Pathogenese
Physiologisch reagiert der Körper bei Kälteexposition mit einer Vasokonstriktion und reduzierter Hautdurchblutung. Damit soll ein Wärmeverlust verhindert und einer Auskühlung der Körperkerntemperatur vorgebeugt werden. Beim Raynaud-Syndrom kommt es zu einer überschießenden sympathischen Aktivität auf Kälte oder Stress, was in einem Vasospasmus in den arteriellen Akren resultiert. Bei gesunden Menschen wird der akrale thermoregulatorische Blutfluss über arteriovenöse Anastomosen gesteuert. Um Gewebeschädigungen zu verhindern, bleibt selbst bei vollständiger Unterbrechung der Blutzufuhr ein nutritiver Blutfluss erhalten.
Beim primären Raynaud-Syndrom ist der thermoregulatorische Blutfluss zwar funktionell beeinträchtigt – strukturelle Veränderungen der Anastomosen liegen aber nicht vor, sodass die nutritive Versorgung uneingeschränkt funktioniert.
Beim sekundären Raynaud-Syndrom bestehen neben den vasospastischen Attacken strukturelle Läsionen in den arteriovenösen Anastomosen. Der nutritive Blutfluss ist beeinträchtigt, was zu Zellschäden und Gewebsveränderungen führt. Im Rahmen der Grunderkrankung zerstören beispielsweise anti-endotheliale Antikörper wie bei der systemischen Sklerose und anderen Kollagenosen die Endothelzellen der Gefäßwand. Infolgedessen sinken (unter anderem) die Prostazyklin-Spiegel und die Endothelin-1-Konzentration steigt. Dies wiederum führt zur erhöhten Thrombozyten-Aktivierung, Fibroblasten-Stimulation und Freisetzung von vasokonstriktorischen Zytokinen – mit einer konsekutiven Bindegewebsfibrose und Gefäßverschlüssen [1,11,13].
Prinzipiell werden folgende Einflussfaktoren unterschieden:
Veränderungen in glatten vasovagalen Muskelzellen
Pathogenetisch ist bei beiden Formen das komplexe System der vaskulären Tonusregulation gestört. Für die vasospastische Reaktion beim primären und sekundären Raynaud-Phänomen spielen α2-Adrenorezeptoren eine wichtige Rolle. So scheint eine vermehrte Empfindlichkeit der Gefäßmuskulatur gegenüber α2-Sympathomimetika vorzuliegen [11,14].
Diskutiert wird auch die Signaltransduktion durch Tyrosinkinasen. Isolierte kutane Arteriolen von Patienten mit primärem Raynaud-Phänomen zeigten bei Kälteexposition eine stärkere Phosphorylierung an Tyrosinresten als Arteriolen in der Kontrollgruppe [11,15].
Endothelbeteiligung
Beim sekundären Raynaud-Syndrom gilt eine pathologische Endothel-Aktivierung als gesichert, speziell in Verbindung mit Kollagenosen. Hinweise auf eine Dysbalance in der Produktion vasokonstriktorischer und vasodilatatorischer Mediatoren durch Endothelzellen gibt es aber auch für die primäre Form. So lassen sich sowohl bei Patienten mit primärer und sekundärer Raynaud-Symptomatik erhöhte Konzentrationen an asymmetrischem Dimethylarginin (ADMA), ein endogener Hemmstoff der Stickstoffmonoxid-Synthase, nachweisen. Eine verminderte Produktion von Stickstoffmonoxid in Endothelzellen wiederum wirkt sich negativ auf die Vasodilatation der Gefäße aus [11,16,17].
Der Einfluss des stark vasokonstriktorisch wirkenden Endothelin-1 gilt beim sekundären Raynaud-Syndrom als gesichert, bei der primären Form gibt es widersprüchliche Ergebnisse. Allerdings zeigen zwei unabhängige Studien, dass die Serumkonzentration des Vasokonstriktors bei Patienten mit primärem Raynaud-Phänomen nach Abkühlung des gesamten Körpers ansteigen – nicht jedoch bei den Kontrollprobanden. Die Endothelin-1-Bindungsstellen in Biopsien von Patienten mit primärem Raynaud-Phänomen waren allerdings im Gegensatz zu Patienten mit systemischer Sklerose nicht vermehrt [11,18–21]
Überdies wird Angiotensin II und der draus folgenden Signalkaskade eine pathogenetische Bedeutung zugeschrieben, speziell bei Patienten mit systemischer Sklerose. Die These wird durch eine Studie erhärtet, in der der Angiotensin-II-Rezeptorantagonist Losartan bei sekundärem Raynaud-Syndrom die Symptomatik verbesserte [11,22,23].
Einfluss der innervierenden Nerven
Bei Patienten mit primärem und – insbesondere bei Sklerodermie-assoziiertem – sekundärem Raynaud-Phänomen lässt sich in Hautbiopsien eine verringerte Anzahl der „Calcitonin gene related peptide“ (CGRP) -positiven Nervenfasern nachweisen. CGRP ist ein vasodilatatorischer Mediator, sodass eine verminderte CGRP-Produktion in den Nervenfasern die Vasodilatation bei Patienten mit Raynaud-Phänomen behindern könnte. Patienten mit Kollagenosen-assoziiertem Raynaud-Phänomen, bei denen durch intravenöse Applikation von rekombinantem CGRP der Blutfluss verbessert werden konnte, stützen diesen Zusammenhang [11,24,25].
Intravasale Veränderungen
Eine gestörte Fibrinolyse, Leukozyten-Aktivierung, verminderte Erythrozyten-Plastizität und vermehrte Blutviskosität sind bei Patienten mit sekundärem, nicht jedoch beim Raynaud-Phänomen, beschrieben. Reperfusionsschäden durch oxidativen Stress und eine erhöhte Aktivierung von Thrombozyten könnten indes auch bei der primären Raynaud-Symptomatik von Bedeutung sein. Über Letztere wurde sowohl beim primären als auch beim sekundären Raynaud-Phänomen berichtet. Aktivierte Thrombozyten setzen die in ihren Granula gespeicherten Wachstumsfaktoren und Zytokine frei. Speziell Serotonin und Thromboxane sind potente Vasokonstriktoren, die den kälteinduzierten Vasospasmus verstärken könnten. Eine gestörte Endothelzellfunktion durch Sauerstoffradikale mit einer verminderten Freisetzung vasodilatatorischer Mediatoren und einer vermehrten Produktion von vasokonstriktorischen Substanzen ist ebenso vorstellbar [11,26–31].
Hormonelle Einflüsse
Womöglich wirken sich auch hormonelle Einflüsse, insbesondere Östrogen, auf den Gefäßtonus aus. Damit wäre die erhöhte Prävalenz des primären Raynaud-Syndroms bei jungen Frauen erklärbar; ebenso die unterschiedlichen Prävalenzen in der Prä- und Postmenopause [1,32,33].
Symptome
Bei Kälteexposition oder emotionalen Stressreizen entfärben sich die betroffenen Akren anfallsartig. Meist sind Zeige- bis Ringfinger unter Aussparung des Daumens betroffen, seltener auch Zehen, Nase, Zunge, Ohren oder Brustwarzen.
Initial vermitteln Spasmen der kleinen Arteriolen und Arterien eine anfallsartige Ischämie, die sich als scharf abgegrenzte Blässe äußert. Der Sauerstoffgehalt im statischen venösen Blut nimmt ab – die konsekutive Deoxygenierung führt zu einer hypoxisch induzierten zyanotischen Verfärbung der Akren. Das letzte Stadium wird durch den wiedereinsetzenden Blutfluss eingeleitet; im Rahmen von Reperfusion und Hyperämie röten sich die betroffenen Hautareale. Der typische Farbwechsel ähnlich der französischen Nationalflagge gab dem klinischen Bild seinen Namen: Tricolore-Phänomen.
Das klassische Muster gilt als das Leitsymptom des Raynaud-Phänomens. Die dreiphasige Farbveränderung muss jedoch nicht zwingend vorhanden sein. Sie findet sich nur bei etwa einem Drittel der Patienten mit primärer Symptomatik und bei zwei Dritteln der Patienten mit sekundärem Raynaud-Syndrom. Häufig liegt ein biphasisches Muster oder lediglich die attackenartige Blässe vor. Die aktuelle Definition des Raynaud-Syndroms in der Leitlinie der European Society for Vascular Medicine (ESVM) fordert nur das Vorliegen der vasospastischen Initialphase – Zyanose und Rubor können fehlen [1,2,10,12].
Typische Merkmale
Die Farbveränderungen beginnen typischerweise an der Fingerspitze und breiten sich auf einen, zwei oder drei Fingerglieder oder auf mehrere Finger aus. Die verfärbten Hautareale sind gegenüber der nicht betroffenen Haut meist deutlich sichtbar abgegrenzt und umfassen sowohl die volare als auch dorsale Seite. Fast immer besteht ein vorübergehendes Taubheitsgefühl der betroffenen Fingerspitzen, häufig mit Parästhesien bei Erwärmung. Das klinische Bild kann mit anderen vasospastischen Störungen wie Migräne, Reizdarm und mikrovaskulären Brustschmerzen einhergehen [12,34].
Besonderheiten des primären und sekundären Raynaud-Syndroms
An der primären Form erkranken typischerweise junge Frauen < 30 Jahre. Die Episoden treten an beiden Händen symmetrisch auf, halten oft nur kurz an und sind allgemein schmerzlos. Die Intensität lässt im Alter oft nach, Spontanremissionen sind nicht ungewöhnlich.
Die sekundäre Form ist durch meist einseitige, länger anhaltende Attacken und Schmerzen gekennzeichnet. Ferner finden sich hypoxische Gewebeschäden in Form von digitalen Ulzerationen, Fissuren oder Nekrosen sowie grübchenförmigen Narben (pitting scars). Weitere Hinweise auf ein sekundäres Krankheitsgeschehen sind geschwollene Finger (sogenannte puffy fingers), eine Verschlechterung im weiteren Verlauf und Taubheitsgefühle. Zudem bestehen die Beschwerden der Grunderkrankung oder es finden sich anamnestische Hinweise auf auslösende Situationen bzw. Faktoren [1,2,11,12].
Differenzialdiagnosen
Nicht jede akrale Ischämie muss ein Raynaud-Syndrom sein. Es gibt weitaus mehr vaskuläre Akrosyndrome. Dazu zählen alle primären oder sekundären vasospastischen und obstruktiven Erkrankungen, die Störungen im kutanen Mikrozirkulationsnetz der Extremitäten bedingen.
Differenzialdiagnostisch abgeklärt werden sollten folgende Erkrankungen/Situationen [1,11,12]:
Primäre Akrozyanose: betrifft häufig junge Frauen mit niedrigem Body-Mass-Index, oft mit Anorexie assoziiert, hinweisgebend sind eine schmerzlose distale symmetrische Zyanose der oberen Gliedmaßen oder aller vier Extremitäten, Zyanose verschlimmert sich im Winter bzw. bei Kälteexposition und nimmt im Sommer ab; keine attackenartige Blässe, scharfe Abgrenzung fehlt, kein Taubheitsgefühl – als Begleiterkrankung des Raynaud-Syndroms möglich
Livedo: relativ häufiger körperlicher Befund, typisch ist eine rote bis blaue gesprenkelte, netzartige Hautverfärbung der unteren (häufiger) und oberen Extremitäten, zuweilen auch des ganzen Körpers, tritt meist als Livedo reticularis (vollständige Ringe), Livedo racemosa (unvollständige Ringe) und Purpura retiform (unvollständige Ringe und subkutane lokale Nekrosen) auf; funktionell als kälteinduzierter Vasospasmus (primäre/idiopathische Livedo), sekundär infolge arterieller Embolie, erhöhter Blutviskosität, Sneddon-Syndrom, Vaskulitis und einiger Medikamente einschließlich Phenylbutazon
Chilblain-Lupus/Perniones: häufig bei Patienten mit Akrozytose, nach Kälteexposition schmerzhafte erythematöse oder livide Läsionen mit teigiger Schwellung – manchmal mit kutanen Nekrosen, Ulzerationen oder Blasenbildung – an den Fingern und/oder Zehen, Pruritus bei Erwärmung, werden häufig als Gefäßentzündung oder Embolie fehldiagnostiziert, selbstlimitierend (meist innerhalb von ein bis drei Wochen)
Erythromelalgie: Symptomkomplex aus brennenden Schmerzen in den Extremitäten, Verschlimmerung der Schmerzen durch Erwärmung, Schmerzlinderung durch Kühlung, Erythem und erhöhte Temperatur der betroffenen Haut, intermittierende schmerzhafte, eher flächige und unscharfe Rötungen an Händen oder Füßen und ggf. distalen Unterschenkeln, keine Blau- oder Weißverfärbung der Haut
Achenbach-Syndrom: paroxysmales digitales Hämatom mit plötzlich einsetzendem akuten Schmerz in einem Finger, seltener in der Handfläche oder einer Zehe, beginnt spontan oder nach geringem mechanischen Reiz, Spannung hält über Stunden an, im betroffenen Bereich entsteht eine Ekchymose, Begleitödemen können Fingerbewegungen einschränken, am häufigsten sind der zweite, dritte und vierte Finger betroffen, Symptome und Anzeichen klingen innerhalb weniger Tage spontan ab, betrifft meist Frauen im vierten bis sechsten Lebensjahrzehnt
Erfrierungen: Bildung von Eiskristallen in oberflächlichen oder tiefen Geweben durch Wärmeverlust, Verletzungsspektrum reicht von minimalem Gewebeverlust mit milden Langzeitfolgen bis hin zu schweren Nekrosen der distalen Gliedmaßen mit anschließenden größeren Amputationen und Phantomschmerzen
Thrombangiitis obliterans (Winiwarter-Buerger-Syndrom): obliterierende, nicht-atherosklerotische Gefäßerkrankung mit unbekannter Pathogenese, persistierende Zyanose und Schmerzen einzelner Finger, fast immer trophische Störungen bis hin zu akralen Nekrosen, häufig betroffen sind rauchende Männer
(Akute) Gefäßverschlüsse (auch durch Cholesterinembolien): können ebenso scharf abgrenzbare, zyanotische Hautverfärbungen an den Akren bedingen, jedoch kein anfallsartiger Verlauf, nur einzelne Finger/Zehen betroffen
physiologische Blässe nach Kältekontakt: nicht immer leicht diagnostisch abgrenzbar, Blässe macht kaum und allenfalls kurzzeitige Beschwerden, leicht stechende Missempfindungen in der Aufwärmphase und reaktive Hyperämie möglich
Diagnostik
Die Diagnose beim primären und sekundärem Raynaud-Syndrom stützt sich neben der Anamnese, Klinik und körperlichen Untersuchung vor allem auf laborchemische und bildgebende Verfahren. Bei der sekundären Form ist die akrale Perfusionsstörung häufig das prägende Merkmal und kann der Manifestation der Grunderkrankung um Jahre vorausgehen. Deshalb ist eine rasche Diagnose von entscheidender Bedeutung. Ein frühzeitiges Organscreenings bei assoziierten Krankheiten ist nachweislich mit einem geringeren Krankheitsverlauf und besseren Behandlungsergebnissen verbunden. Patienten mit Anzeichen auf ein sekundäres Raynaud-Syndrom sollten einem Spezialisten zugeführt bzw. in die Sekundärversorgung überwiesen werden [1,11,12].
Anamnese
Erste Verdachtsmomente ergeben sich bereits aus der Anamnese. Wichtige Fragen sind zum Beispiel:
Wann und in welchem Alter wurden die Symptome erstmals bemerkt?
Beginnen die Beschwerden eher langsam oder plötzlich?
Gibt es Auslöser wie Kälte oder Stress?
Welche Akren sind betroffen?
Liegt ein symmetrischer Befall vor oder nicht?
Besteht eine scharfe Abgrenzung zur restlichen Haut?
Sind weitere lokale Beschwerden oder Störungen aufgefallen?
Ebenso müssen Vorerkrankungen und Vormedikation, ein eventueller Nikotin- oder Drogenabusus sowie Begleitsymptome wie Abgeschlagenheit, B-Symptomatik und Gewichtsverlust, die auf eine sekundäre Genese hinweisen, abgefragt werden. [35]
Klinische Untersuchung
Bei der klinischen Untersuchung stehen die Inspektion, Palpation und Funktionsprüfungen im Vordergrund. Finger, Nägel und Akren sollten genau inspiziert werden. Anzeichen einer schlechten Gewebeversorgung wie trophische Veränderungen, Geschwüre, pitting scars und/oder puffy fingers sind ein deutlicher Hinweis auf ein sekundäres Raynaud-Phänomen. Eine assoziierte Grunderkrankung ist sehr wahrscheinlich bei vorliegenden Teleangiektasien, Sklerodaktylie, Sklerodermie an anderen Hautstellen (insbesondere um den Mund herum), Ausschlag an der Ohrmuschel, Synovitis, ein verdicktes Zungenbändchen und Alopezie.
Obligatorisch sind ein kompletter Pulsstatus und die Pulsoximetrie. Die Rekapillarisierungszeit im Fingernagelbett wird ermittelt, indem man den Nagel ins Nagelbett drückt, bis eine Weißfärbung auftritt. Nach dem Loslassen wird beobachtet, wie schnell sich der Bereich wieder rosa färbt. Eine Dauer länger als 2–3 Sekunden spricht für eine Durchblutungsstörung. Bei schwerer Durchblutungsstörung ist beim Palpieren der Fingerbeeren oder distalen Zehen häufig ein Turgorverlust zu spüren, mitunter liegt eine Faltenbildung vor. Druckdolenz spricht für eine akute Ischämie.
Bei asymmetrischem Befall sollte der Blutdruck in beiden Armen kontrolliert werden. Der Allen-Test ist obligatorisch für den Nachweis einer distalen Arterienerkrankung der oberen Extremitäten. Hierzu wird die Hand angehoben und der Patient ballt für etwa 30 Sekunden die Faust. Der Untersucher drückt auf die Arteria ulnaris und radialis, sodass beide Arterien verschlossen werden. Der Patient öffnet die Faust bei fortwährender Gefäßkompression – die Handfläche erscheint weiß. Löst man den Verschluss für eine der beiden Arterien, sollte die Farbe in spätestens 5–7 Sekunden zurückkehren. Dies wird mit der anderen Arterie wiederholt. Bei rascher Rosaverfärbung gilt der Allen-Test als Nachweis für eine normale Durchblutung. Hält die Blässe noch einige Zeit an, nachdem der Patient seine Finger geöffnet hat, ist eine fehlerhafte Perfusion der nicht verschlossenen Arterie wahrscheinlich [12,35].
Labor
Die laborchemischen Untersuchungen richten sich nach dem erhobenen Befund. Bei Hinweisen auf ein primäres Raynaud-Phänomen reichen ein Basislabor (inklusive BSG) und der Titer der antinukleären Antikörper (ANA-Titer) aus. Bei Verdacht auf ein sekundäres Krankheitsgeschehen ist eine erweitere Labor- und vaskuläre Diagnostik unerlässlich. Laborchemisch erfasst werden sollten BSG, CRP, Differenzialblutbild, LDH, ASAT, ALAT, Kreatinin, Cholesterin, Triglyzeride, Glukose, HbA1c, TSH, Rheumafaktoren, ANA, ENA und andere spezifische Antikörper (Multi-Essays für zum Beispiel Myositiden oder systemische Sklerose), C3/C4-Komplement, Kälteagglutinine und Kryoglobuline, Elektrophorese, Urinstatus und Tumormarker [1,12,35].
Bildgebung
In der Bildgebung kommen vor allem die Kapillaroskopie, Kapillarmikroskopie, Duplexsonografie, Plethymosgrafie und Angiografie zum Einsatz [1,2,11,12,35–37]:
Anomalien der Nagelfalzgefäße sind mittels Kapillaroskopie erkennbar. Diese sollte nur mit Geräten von guter optischer Qualität und von einem erfahrenen Mediziner durchgeführt werden, üblicherweise in der Sekundär- oder Tertiärversorgung.
Die Kapillarmikroskopie der Nagelfalzkapillaren ist eines der wertvollsten Diagnosemittel bei Verdacht auf Systemerkrankungen. Rarefizierung, Mikrohämorrhagien und Riesenkapillaren sind starke Prädiktoren für ein sekundäres Raynaud-Geschehen. Die abnormalen Kapillarmuster sind mit einem 26-prozentigen Risiko für die Entwicklung einer systemischen Sklerose (SSc) innerhalb von 15 Jahren assoziiert – auch wenn keine SSc-spezifischen ANA nachweisbar sind. Liegen neben den nagelfalzkapillären Auffälligkeiten zusätzlich SSc-spezifische ANA vor, besteht sogar ein 80%iges Risiko für die zukünftige Entwicklung einer systemischen Sklerose. Auffälligkeiten im Bereich der Nagelfalzkapillaren bergen überdies ein erhöhtes Risiko für andere Kollagenosen, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei der SSc. Verzweigte Kapillaren, vermehrte Elongationen, Torquierungen oder moderate Ektasien sind in ihrer prognostischen Bedeutung noch unklar.
Sonografisch werden mögliche Veränderungen an den Gefäßen wie Aneurysmata, Stenosen oder eine Vaskulitis detektiert.
Mittels Plethymografie kann die akrale Perfusion einzelner Finger und Zehen erfasst werden.
Die Darstellung der Gefäße erfolgt mittels Angiografie (CT-/MR-Angiografie und digitale Subtraktionsangiographie).
Ferner können Thermografieverfahren (zum Beispiel Infrarot-Thermografie) eingesetzt werden. Diese stehen aber meist nicht zur Routinediagnostik zur Verfügung, zudem gibt es noch kein international vereinbartes standardisiertes Thermografieprotokoll.
Therapie
Die Therapie des Raynaud-Syndroms erfolgt symptomatisch, eine Kausalbehandlung gibt es bis heute nicht. Ziel der Therapie ist es, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Die Behandlung hängt in erster Linie vom Schweregrad der Erkrankung ab. Für viele Therapieansätze ist die Evidenz allerdings gering. Prinzipiell wird zwischen nicht-medikamentösen und pharmakologischen Maßnahmen unterschieden. Diese können sich bei der primären und der sekundären Form überschneiden. So sind beispielsweise nicht-pharmakologische Interventionen bei allen Patienten angezeigt. Chirurgische Verfahren sind allenfalls von untergeordneter Bedeutung.
Gemäß der Leitlinie der European Society for Vascular Medicine (ESVM) wird Folgendes empfohlen:
Nicht-medikamentöse Interventionen
Nicht alle Patienten mit digitalem Vasospasmus benötigen eine medikamentöse Behandlung. Speziell beim primären Raynaud-Phänomen reichen Basismaßnahmen aus, um die Beschwerden zu lindern. Diese beinhalten vornehmlich die Aufklärung des Patienten und das Umgehen von beschwerdeauslösenden Situationen. Dazu gehören Maßnahmen zur Lebensführung wie Vermeidung von Kälte, Nutzen von Handschuhen beim Umgang mit Tiefkühlware oder das Tragen mehrerer Kleidungsschichten und warmen Schuhen. Elektrisch beheizte Handschuhe, Socken und Fußsohlen sowie transportable Wärmequelle wie Hand-, Fuß- und Taschenwärmer können hilfreich sein. Vorschläge wie das Warmhalten des Rumpfes und die Bereitstellung von Hilfsmitteln für Alltagssituationen – beispielsweise Schlüsselhalter, die man benutzen kann, wenn die Finger taub sind – können ebenfalls helfen. Nützliche Ratschläge hierzu können Ergotherapeuten, aber auch Patienten-Selbsthilfegruppen geben. Überdies sollten Patienten mit hochwertigen Informationen über das Raynaud-Syndrom versorgt werden, einschließlich Patienteninformationsbroschüren und der Verweis auf Patientenorganisationen. Entscheidend ist weiter, dass Patienten mit dem Rauchen aufhören (speziell bei sekundärem Raynaud-Syndrom ist ein vollständiger Nikotinverzicht angeraten) und ggf. Vibrationen vermeiden.
Aufgrund vasokonstriktorischer Effekte sollte das Absetzen von sympathomimetischen Medikamenten in Betracht gezogen werden. Betablocker und orale Antikonzeptiva gelten derzeit nicht als kontraindiziert beim Raynaud-Syndrom [1,2,11,12].
Medikamentöse Maßnahmen
Die medikamentöse Behandlung ist denjenigen Patienten vorbehalten, die auf konservative Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen. Hier stehen Kalziumkanalblocker (Erstlinientherapie) sowie AT1-Rezeptor-Antagonisten (Sartane), selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE-5-Hemmer) und Prostazyklinderivate zur Verfügung. Bei rezidivierenden Ulzerationen sind Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) zugelassen. Bei einer hohen inflammatorischen Aktivität der Grunderkrankung ist zudem eine immunmodulierende Therapie indiziert [2,12].
Calciumkanalblocker
Therapie der ersten Wahl sind Calciumkanalblocker. Gemäß einer Meta-Analyse reduziert Nifedipin sowohl die Anzahl als auch die Schwere der Raynaud-Anfälle.
Viele Kliniker bevorzugen lang wirksame Präparate mit verzögerter Wirkstofffreisetzung, da die kurz wirkenden Arzneimittel eher gefäßerweiternde Nebenwirkungen aufweisen und ihre Wirkung nur einige Stunden anhält. Die empfohlene Dosierung für Nifedipin retard liegt zwischen 10 und 20 mg zwei- bis dreimal täglich. Eine bessere Verträglichkeit kann durch eine langsames Auftitrieren der Dosis erreicht werden.
Unerwünschte Wirkungen können nach einigen Wochen der Behandlung abklingen. Sofern die gefäßerweiternden Nebenwirkungen nicht unerträglich sind, sollten die Patienten ermutigt werden, die Therapie fortzusetzen.
Wenn infolge starker Nebenwirkungen das Absetzen von Nifedipin nicht vermeidbar ist, können andere Kalziumkanalblocker wie Amlodipin, Lercanidipin oder Diltiazem versucht werden [12,38–40].
Weitere Vasodilatatoren
Die Behandlung mit anderen Vasodilatatoren ist umstritten, da die meisten Studien unkontrolliert sind oder nur sehr wenige Patienten umfassen. Spricht ein Patient aber nicht auf einen Kalziumkanalblocker an oder wird dieser nicht vertragen, erscheint es sinnvoll, einen anderen Vasodilatator zu versuchen [12,41].
Der AT1-Rezeptor-Antagonist Losartan hat sich in einer 12-wöchigen offenen Studie aus dem Jahre 1999 gegenüber Nifedipin als vorteilhaft erwiesen und schnitt hinsichtlich der Frequenz und Schwere der Raynaud-Episoden besser ab. Weitere Untersuchungen sind allerdings noch nicht veröffentlicht [23].
Fluoxetin, ein SSRl, wurde in einer offenen Cross-over-Studie mit Nifedipin (40 mg/d) verglichen. Bei Patienten mit primärem und sekundärem Raynaud-Syndrom zeigte sich Fluoxetin (20 mg/d) bezüglich der Reduktion der Schwere der Raynaud-Attacken überlegen und gleichwertig bei der Verringerung der Häufigkeit der Episoden [42].
Losartan und Fluoxetin können als therapeutische Alternativen erwogen werden, sofern Kalziumantagonisten nicht vertragen werden, auch wenn bisher keine weiteren Daten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit publiziert wurden [1].
Phosphodiesterase-5-Inhibitoren
PDE-5-Inhibitoren wie Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil hemmen den Abbau des cyclischen Guanosinmonophosphats (cGMP) und verstärken so die gefäßerweiternde Wirkung von Stickstoffmonoxid (NO). Der Einsatz von PDE-5-Hemmern wurde insbesondere beim SSc-assoziierten Raynaud-Syndrom untersucht. In einer Metaanalyse zeigte sich ein signifikanter Effekt auf Frequenz, Anzahl und Dauer der Raynaud-Attacken. Einschränkend muss gesagt werden, dass die Studien alle nur von kurzer Dauer waren und große kontrollierte über längere Zeiträume andauernde Studien fehlen [1,12,43].
Eine Studie bei Raynaud-Patienten mit SSc und digitalen Ulzerationen ergab, dass mit Sildenafil im Vergleich zu Placebo eine schnellere Abheilungsrate erreicht werden konnte [1,44].
Gemäß den europäischen Empfehlungen zur Therapie der SSc sollten PDE-5-Inhibitoren bei schwerem Raynaud-Syndrom mit (drohenden) Ulzerationen oder nach einer erfolglosen Therapie mit Kalziumantagonisten erwogen werden [1,12].
Prostaglandine
Prostaglandine (PGs) haben stark gefäßerweiternde und thrombozytenhemmende Eigenschaften. Die Infusionsbehandlung mit Iloprost hat sich zwar als vorteilhaft erwiesen, nachteilig ist indes die intravenöse Verabreichung. Ferner ist der Wirkstoff nicht zur Therapie des Raynaud-Syndroms zugelassen. Iloprost-Infusionen sind allerdings bei digitalen Ulzerationen sowie kritischer Ischämie mit einem drohenden Verlust von Akren die therapeutischen Mittel der ersten Wahl [12,45,46].
Diskutiert wird die frühzeitige Therapie eines sekundären Raynaud-Syndroms bei Patienten mit bereits diagnostizierter oder drohender SSc. Laut einer kleinen prospektiven kontrollierten Studie bessern regelmäßige Iloprost-Infusionen (initial fünf Tage, anschließend alle sechs Wochen einen Tag, Infusionsdauer 6 h/d, Dosierung von 0,5–2 ng/ml/min) stärker Raynaud-Symptome und Hautscores (Modified Rodnan Skin Score) als Kalziumantagonisten, ferner auch die Lungenfunktionsparameter. Mehrere ältere retrospektive Studien ergaben ebenfalls positive Effekte auf den Hautzustand von Patienten mit SSc-assoziiertem Raynaud-Phänomen. Zudem fördert Iloprost die Abheilung von bereits vorhandenen digitalen Ulzerationen und verringert die Anzahl neuer Geschwüre [40,47,48].
Hinweis: Für eine dauerhafte Wirkung müssen Iloprost-Infusionen regelmäßig wiederholt werden [1].
Lokale Maßnahmen
Die Therapie mit topischen Nitraten wurde vor kurzem wieder aufgegriffen. Eine multizentrische placebo-kontrollierte Studie, die sowohl Patienten mit primärem als auch mit sekundärem Raynaud-Syndrom (die meisten mit SSc) einschloss, zeigte einen Nutzen einer neuartigen Formulierung von Glyceryltrinitrat (GTN): MQX-503. In der Studie wurde das MQX-503-Gel unmittelbar vor oder innerhalb von fünf Minuten nach Symptombeginn über einen Zeitraum von vier Wochen auf die betroffenen Finger aufgetragen – mit dem Ergebnis, dass sich die Dauer des akuten Raynaud-Anfalls signifikant verkürzte. Das Gel wird in Konzentrationen von 0,5–1,25% eingesetzt [12,49,50].
In Deutschland sind Fertigprodukte oder Standardrezepturen mit Konzentrationen (0,4%) an Glyceroltrinitrat oder anderen NO-Donoren (ISDN 1%) verfügbar, wenn auch mit der Indikation Hämorrhoidalleiden. Obwohl es für diese Produkte keine konkrete Evidenz für eine Wirksamkeit gibt, ist ein Therapieversuch bei mildem Raynaud-Syndrom möglich [1].
Endothelin-Rezeptor-Antagonisten
Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) sind bei rezidivierenden Ulzerationen zugelassen. In diesem Zusammenhang wurde Bosentan zur Behandlung digitaler Geschwüre bei systemischer Sklerose in zwei multizentrischen randomisierten kontrollierten Studien untersucht. Der Wirkstoff zeigte einen Nutzen hinsichtlich der Prävention neuer Ulzerationen, ohne aber Einfluss auf die Heilung bestehender Geschwüre zu haben.
Für den Einsatz bei primärer (unkomplizierter) Raynaud-Symptomatik gibt es noch keine Evidenzbasis. Die Anwendung wird hier nicht empfohlen [12,51,52].
Chirurgische Intervention
Chirurgische Maßnahmen spielen beim primären Raynaud-Syndrom keine Rolle, können aber bei Patienten mit sekundärem Raynaud, bei denen bereits digitale Ulzerationen und/oder gangränöse Veränderungen bestehen, indiziert sein.
Digitale Nekrosen machen mitunter eine Operation oder auch Amputation erforderlich, wobei dies mit einer Iloprost-Behandlung nur selten vorkommt.
Die Sympathektomie der oberen Gliedmaßen wird nicht mehr empfohlen, da Beobachtungsstudien keinen Nutzen nachweisen konnten. Die lokalisierte digitale Sympathektomie ist in den letzten Jahren auf zunehmendes Interesse gestoßen, insbesondere bei Patienten mit digitalen Ulzerationen (oft im Zusammenhang mit systemischer Sklerose). Dieser hochspezialisierte Eingriff ist aber nur in ausgewählten Zentren möglich und erfahrenen Operateuren vorbehalten.
Alle chirurgischen Interventionen bei Patienten mit Raynaud-Syndrom sollten möglichst Gegenstand von randomisierten kontrollierten (falls durchführbar) Studien oder gut konzipierten Beobachtungsstudien sein [12,53,54].
Prognose
Das primäre Raynaud-Syndrom hat eine sehr gute Prognose. Bei vielen Patienten lassen die Beschwerden im Verlauf nach, Spontanremissionen werden häufig beobachtet.
Zell- und Gewebeschäden finden sich fast ausschließlich bei der sekundären Form. Hier hängt die Prognose von der jeweiligen Grunderkrankung und dem Therapiebeginn ab.
Prophylaxe
Einem Raynaud-Syndrom kann nicht sicher vorgebeugt werden. Einige auslösende Faktoren lassen sich jedoch reduzieren oder vermeiden. Dazu gehören:
wiederholte mechanische Traumata, speziell das Arbeiten mit vibrierenden Geräten/Maschinen
Drerup, C., Maier, A., Ehrchen, J. (2019): Raynaud-Phänomen. Z Rheumatol 2019 Nov; 78:967–78; DOI: 10.1007/s00393-019-00723-z.
Moinzadeh, P. et al. (2018): Raynaud-Phänomen und systemische Sklerodermie – Entzündung, Fibrose, Vaskulopathie symptomatisch therapieren. Dtsch Dermatologe 2018 Oct; 66(10):758–65; DOI: 10.1007/s15011-018-2141-6.
Sunderkötter, C., Riemekasten, G. (2006): Raynaud-Phänomen in der Dermatologie – Teil 1: Pathophysiologie und Diagnostik. Hautarzt 2006 Sep; 57(9):819–28; quiz 829; DOI: 10.1007/s00105-006-1192-x.
Maricq, H. R., et al. (1997): Geographic variation in the prevalence of Raynaud's phenomenon: a 5 region comparison. J Rheumatol 1997 May; 24(5):879–89; PMID: 9150076.
Maundrell, A., Proudman, S. M. (2015): Epidemiology of Raynaud’s phenomenon. In: Wigley, F. M., Herrick, A. L., Flavahan, N. A. (Hrsg.): Raynaud’s phenomenon. Springer, 2015; S. 21–35; DOI: 10.1007/978-1-4939-1526-2_3.
Ling, S. M., Wigley, F. M. (1999): Raynaud’s phenomenon in older adults: diagnostic considerations and management. Drugs Aging 1999 Sep; 15(3):183–95; DOI: 10.2165/00002512-199915030-00002.
Baines, C., Kumar, P., Belch, J. J. F. (2013): Raynaud’s Phenomenon: Connective Tissue Disorders: Systemic Sclerosis. In: Hochberg, M. C. et al. (Hrsg.): Rheumatology 6th ed. Elsevier Limited. 2013.
Suter, L. G. et al. (2005): The incidence and natural history of Raynaud’s phenomenon in the community. Arthritis Rheum 2005 Apr; 52(4):1259–63; DOI: 10.1002/art.20988.
Cordeiro, R. A., de Andrade, R. M. (1992): Raynaud’s phenomenon in the occupational context. Rev Assoc Med Bras 1992 Nov; 65(10):1314–20; DOI: 10.1590/1806-9282.65.10.1314.
Freedman, R. R., Mayes, M. D. (1996): Familial aggregation of primary Raynaud’s disease. Arthritis Rheum 1996 Jul; 39(7):1189–91; DOI: 10.1002/art.1780390717.
Distler, J. W. H. (2008): Primäres und sekundäres Raynaud-Phänomen. Z. Rheumatol 2008 Apr; 67:211; DOI: 10.1007/s00393-008-0282-9.
Belch, J. et al. (2017): ESVM guidelines – the diagnosis and management of Raynaud’s phenomenon. Vasa 2017 Oct; 46(6):413–23; DOI: 10.1024/0301-1526/a000661.
Wigley, F. M., Flavahan, N. A. (2016): Raynaud’s phenomenon. N Engl J Med 2016 Aug; 375(6):556–65; DOI: 10.1056/NEJMra1507638.
Chotani, M. A. et al. (2004): Regulation of alpha(2)-adrenoceptors in human vascular smooth muscle cells. Am J Physiol Heart Circ Physiol 2004 Jan; 286(1):H59–67. DOI: 10.1152/ajpheart.00268.2003.
Wigley, F. M. et al. (1998): Oral iloprost treatment in patients with Raynaud’s phenomenon secondary to systemic sclerosis: a multicenter, placebo-controlled, double-blind study. Arthritis Rheum 1998 Apr; 41(4):670–7; DOI: 10.1002/1529-0131(199804)41:4<670::AID-ART14>3.0.CO;2-I.
Herrick, A. L. et al. (1996): Von Willebrand factor, thrombomodulin, thromboxane, beta-thromboglobulin and markers of fibrinolysis in primary Raynaud’s phenomenon and systemic sclerosis. Ann Rheum Dis 1996 Feb; 55(2):122–7; DOI: 10.1136/ard.55.2.122.
Rajagopalan, S. et al. (2003): Increased asymmetric dimethylarginine and endothelin 1 levels in secondary Raynaud’s phenomenon: implications for vascular dysfunction and progression of disease. Arthritis Rheum 2003 Jul; 48(7):1992–2000. DOI: 10.1002/art.11060.
Leppert, J. et al. (1998): Whole-body cooling increases plasma endothelin-1 levels in women with primary Raynaud’s phenomenon. Clin Physiol 1998 Sep; 18(5):420–5; DOI: 10.1046/j.1365-2281.1998.00105.x.
Smythe, A. et al. (2000): Digital vascular responses and serum endothelin-1 concentrations in primary and secondary Raynaud’s phenomenon. Ann Rheum Dis 2000 Nov; 59(11):870–4; DOI: 10.1136/ard.59.11.870.
Zamora, M.R. et al. (1990): Serum endothelin-1 concentrations and cold provocation in primary Raynaud’s phenomenon. Lancet 1990 Nov; 336(8724):1144–7; DOI: 10.1016/0140-6736(90)92766-b.
Knock, G. A. et al. (1993): Characterization of endothelin-binding sites in human skin and their regulation in primary Raynaud’s phenomenon and systemic sclerosis. J Invest Dermatol 1993 Jul; 101(1):73–8; DOI: 10.1111/1523-1747.ep12360103.
Kawaguchi, Y. et al. (2004): Angiotensin II in the lesional skin of systemic sclerosis patients contributes to tissue fibrosis via angiotensin II type 1 receptors. Arthritis Rheum 2004 Jan; 50(1):216–26; DOI: 10.1002/art.11364.
Dziadzio, M. et al. (1999): Losartan therapy for Raynaud’s phenomenon and scleroderma: clinical and biochemical findings in a fifteen-week, randomized, parallel-group, controlled trial. Arthritis Rheum 1999 Dec; 42(12):2646–55; DOI: 10.1002/1529-0131(199912)42:12<2646::AID-ANR21>3.0.CO;2-T.
Bunker, C. B. et al. (1990): Deficiency of calcitonin gene-related peptide in Raynaud’s phenomenon. Lancet 1990 Dec; 336(8730):1530–3; DOI: 10.1016/0140-6736(90)93307-b.
Bunker, C. B. et al. (1993): Calcitonin gene-related peptide in treatment of severe peripheral vascular insufficiency in Raynaud’s phenomenon. Lancet 1993 Jul; 342(8863):80–3; DOI: 10.1016/0140-6736(93)91286-u.
Herrick, A. L. (2005): Pathogenesis of Raynaud’s phenomenon. Rheumatology (Oxford) 2005 May; 44(5):587–96; DOI: 10.1093/rheumatology/keh552.
Kahaleh, M. B., Osborn, I., Leroy, E. C. (1982): Elevated levels of circulating platelet aggregates and beta-thromboglobulin in scleroderma. Ann Intern Med 1982 May; 96(5):610–3; DOI: 10.7326/0003-4819-96-5-610.
Kallenberg, C. G. et al. (1982): Platelet activation, fibrinolytic activity and circulating immune complexes in Raynaud’s phenomenon. J Rheumatol 1982 Nov–Dec; 9(6):878–84; PMID: 7161779.
Kent, P. J., Williams, G. A., Kester, R. C. (1994): Platelet activation during hand vibration. Br J Surg 1994 Jun; 81(6):815–8; DOI: 10.1002/bjs.1800810608.
Seibold, J. R., Harris, J. N. (1985): Plasma beta-thromboglobulin in the differential diagnosis of Raynaud’s phenomenon. J Rheumatol 1985 Feb; 12(1):99–103; PMID: 2580093.
Herrick, A. L., Matucci Cerinic, M. (2001): The emerging problem of oxidative stress and the role of antioxidants in systemic sclerosis. Clin Exp Rheumatol 2001 Jan–Feb; 19(1):4–8; PMID: 11247323.
Garner, R. et al. (2015): Prevalence, risk factors and associations of primary Raynaud’s phenomenon: systematic review and meta-analysis of observational studies. BMJ Open 2015 Mar; 5(3):e006389; DOI: 10.1136/bmjopen-2014-006389.
Fardoun, M. M. et al. (2016): Raynaud’s phenomenon: a brief review of the underlying mechanisms. Front Pharmacol 2016 Nov; 7:438; DOI: 10.3389/fphar.2016.00438.
Belch, J. J. F. et al. (1988): Decreased oesophageal blood flow in patients with Raynaud’s phenomenon. Brit J Rheum 1988 Dec; 27(6):426–30; DOI: 10.1093/rheumatology/27.6.426.
Bischoff, A. (2021): Akrale Ischämien: So hat die Abklärung Hand und Fuß. MMW - Fortschritte der Medizin 2021 May; 163:12–4; DOI: 10.1007/s15006-021-9961-0.
König, M. et al. (2008): Autoantibodies and microvascular damage are independent predictive factors for the progression of Raynaud’s phenomenon to systemic sclerosis: a twenty-year prospective study of 586 patients, with validation of proposed criteria for early systemic sclerosis. Arthritis Rheum 2008 Dec; 58(12):3902–12; DOI: 10.1002/art.24038.
Pavlov-Dolijanovic, S. et al. (2012): Scleroderma pattern of nailfold capillary changes as predictive value for the development of a connective tissue disease: a follow-up study of 3,029 patients with primary Raynaud’s phenomenon. Rheumatol Int 2012 Oct; 32(10):3039–45; DOI: 10.1007/s00296-011-2109-2.
Thompson, A. E., Pope, J. E. (2005): Calcium channel blockers for primary Raynaud’s phenomenon: a meta-analysis. Rheumatology 2005 Feb; 44(2):145–50; DOI: 10.1093/rheumatology/keh390.
Rhedda, A. et al. (1985): A double blind placebo controlled crossover randomized trial of diltiazem in Raynaud’s phenomenon. J Rheumatol 1985 Aug; 12(4):724–7; PMID: 3903157.
Kowal-Bielecka, O. et al. (2017): Update of EULAR recommendations for the treatment of systemic sclerosis. Ann Rheum Dis 2017 Aug; 76(8):1327–39; DOI: 10.1136/annrheumdis-2016-209909.
Hughes, M. et al. (2015): Consensus best practice pathway of the UK Scleroderma Study Group: digital vasculopathy in systemic sclerosis. Rheumatology 2015 Nov; 54(11):2015–24; DOI: 10.1093/rheumatology/kev201.
Coleiro, B. et al. (2001): Treatment of Raynaud’s phenomenon with the selective serotonin reuptake inhibitor fluoxetine. Rheumatology (Oxford) 2001 Sep; 40(9):1038–43; DOI: 10.1093/rheumatology/40.9.1038.
Roustit, M. et al. (2013): Phosphodiesterase 5 inhibitors for the treatment of secondary Raynaud’s phenomenon: systematic review and meta-analysis of randomised trials. Ann Rheum Dis 2013 Oct; 72(10):1696–9; DOI: 10.1136/annrheumdis-2012-202836.
Hachulla, E. et al. (2016): Efficacy of sildenafil on ischaemic digital ulcer healing in systemic sclerosis: the placebo-controlled SEDUCE study. Ann Rheum Dis 2016 Jun; 75(6):1009–15; DOI: 10.1136/annrheumdis-2014-207001.
Herrick, A., Muir, L. (2015): Raynaud’s phenomenon (secondary). BMJ Clin Evid 2014 Oct; 2014:1125; PMID: 25322727.
Denton, C. P. et al. (2016): BSR and BHPR guideline for the treatment of systemic sclerosis. 2016 Oct; 55(10):1906–10; DOI: 10.1093/rheumatology/kew224.
Scorza, R. et al. (2001): Effects of long-term cyclic iloprost therapy in systemic sclerosis with Raynaud’s phenomenon. A randomized, controlled study. Clin Exp Rheumatol 2001 Sep–Oct; 19(5):503–8; PMID: 11579708.
Bali, G., Aberer, E. (2003): Iloprosttherapie bei systemischer Sklerodermie. Hautarzt 2003 Sep; 54(9):845–51; DOI: 10.1007/s00105-003-0578-2.
Chung, L. et al. (2009): MQX-503, a novel for- mulation of nitroglycerin, improves the severity of Raynaud’s phenomenon. Arthritis Rheum 2009 Mar; 60(3):870–7; DOI: 10.1002/art.24351.
Hummers, L. K. et al. (2013): A multi-centre, blinded, randomised, placebo-controlled, laboratory-based study of MQX-503, a novel topical gel formulation of nitroglycerine, in patients with Raynaud phenomenon. Ann Rheum Dis 2013 Dec; 72(12):1962–7; DOI: 10.1136/annrheumdis-2012-201536.
Korn, J. H. et al. (2004): Digital ulcers in systemic sclerosis. Prevention by treatment with bosentan, an oral endothelin receptor antagonist. Arthritis Rheum 2004 Dec; 50(12):3985–93; DOI: 10.1002/art.20676.
Matucci-Cerinic, M. et al. (2011): Bosentan treatment of digital ulcers related to systemic sclerosis: results from the RAPIDS-2 randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Ann Rheum Dis 2011 Jan; 70(1):32–8; DOI: 10.1136/ard.2010.130658.
Muir, L. (2015): Surgical management. In: Wigley, F. M., Herrick, A. L., Flavahan, N. A. (Hrsg.): Raynaud’s phenomenon. Springer, 2015; S. 361–72; DOI: 10.1007/978-1-4939-1526-2_22.
Merritt, W. H. (2015): Role and rationale for extended periarterial sympathectomy in the management of severe Raynaud syndrome: techniques and results. Hand Clinics 2015 Feb; 31(1):101–20; DOI: 10.1016/j.hcl.2014.09.011.