CGRP-Inhibitoren

Die Wirkstoffgruppe der CGRP-Inhibitoren umfasst rekombinant hergestellte monoklonale Antikörper, die sich gegen das Neuropeptid CGRP (calcitonin gene-related peptide) oder dessen Rezeptor richten. Die Anwendung erfolgt zur Migräneprophylaxe als subkutane Injektion.

CGRP

Anwendung

Zugelassen sind alle bislang verfügbaren Antikörper für Migränepatienten mit mindestens vier Migränetagen pro Monat. Das CGRP (Calcitonin gene-related peptide)-System als Ansatzpunkt zur Prophylaxe von Migräne ist durch die Zulassung der monoklonalen Antikörper Fremanezumab (Ajovy), Galcanezumab (Emgality) und Erenumab (Aimovig) in den Fokus gerückt. Seit September 2022 steht mit Eptinezumab (Vyepti) der vierte Migräne-Antikörper in Deutschland zur Verfügung.

In den USA sind ebenso die oralen CGRP-Rezeptorantagonisten (Gepante) Rimegepant (Nurtec ODT) und Ubrogepant (Ubrelvy) erhältlich. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat am 24. Februar 2022 Rimegepant eine Zulassungsempfehlung für die Akuttherapie und Prophylaxe bei Migräne erteilt. Sobald die EU-Kommission grünes Licht gibt, könnte Rimegepant unter dem Handelsnamen Vydura auf dem europäischen Markt verfügbar sein.

Anwendungsart

Die Applikation erfolgt bei den monoklonalen Antikörpern Fremanezumab, Galcanezumab und Erenumab als subkutane Injektion; Eptinezumab ist zur intravenösen Anwendung bestimmt.

Anwendungsdauer

Die Therapie mit CGRP-Antikörpern sollte zunächst für drei Monate erfolgen. Ist kein befriedigender Therapieeffekt bis zu diesem Zeitpunkt eingetreten sollte die Therapie beendet werden.

Wirkmechanismus

Die CGRP-Inhibitoren Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab sowie Ubrogepant und Rimegepant verhindern die Effekte des inflammatorischen Neuropeptids Calcitonin gene-related peptide (CGRP) bei einem Migräneanfall.

Die Ursachen der Migräne sind multifaktoriell und noch nicht vollständig geklärt, es spielen sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle. Durch Auslöser wie beispielsweise psychischen Stress oder hormonelle Schwankungen wird der Migränekopfschmerz in Form von neurogenen Entzündungsreaktionen an Arterien der Hirnhäute verursacht. Der Entzündungsmediator CGRP wird unter anderem in den Nervenfasern des Trigeminus gebildet und während der Migräneattacke freigesetzt.

Das Neuropeptid bindet an entsprechende G-Protein-gekoppelte Rezeptoren der glatten Muskulatur intrakranieller Gefäße. Die folgende Signaltransduktion resultiert in der Phosphorylierung verschiedener Effektorproteine wie nozizeptive NMDA-Rezeptoren, was zur Schmerzsensibilisierung führen kann. Über eine Senkung der Calciumkonzentration kommt es weiterhin zur Gefäßdilatation. Diese beiden Wirkungen tragen maßgeblich zum Migränekopfschmerz bei.

Die CGRP-Inhibitoren verhindern die Effekte des Neuropeptids durch hoch spezifische und affine Antikörperbindung an ihr jeweiliges Target. Der Antikörper Erenumab bindet an den CGRP-Rezeptor, er weist dabei keine signifikante Aktivität gegen andere Calcitonin-Rezeptoren auf. Der IgG2-Antikörper Fremanezumab und der IgG4-Antikörper Galcanezumab fangen stattdessen den Liganden CGRP direkt ab. Sie binden dabei beide Isoformen des Neuropeptids, sowohl α- als auch β-CGRP.

CGRP Migräne 2

Nebenwirkungen

Folgende Nebenwirkungen können bei der Therapie mit Antikörpern gegen das CGRP-System auftreten:

  • Reaktionen an der Injektionsstelle wie Schmerzen, Verhärtung, Erythem und Juckreiz
  • Überempfindlichkeitsreaktionen wie Ausschlag, Schwellung, Ödem, Urtikaria, Anaphylaxie, Angioödem

Obwohl CGRP an der Regulation der Körpertemperatur und der Erhöhung der glomerulären Filtration beteiligt ist sowie positiv inotrop und chronotrop am Herzen wirkt, wurden bei der Behandlung mit den Antikörpern bisher keine entsprechenden Nebenwirkungen beobachtet.

Wechselwirkungen

Aufgrund des Metabolismus der monoklonalen Antikörper über proteolytische Enzyme sind keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu erwarten. In den Zulassungsstudien wurden keine Interaktionen mit anderen Prophylaktika und Akuttherapeutika der Migränetherapie beobachtet.

Kontraindikationen

Die Anwendung der CGRP-Inhibitoren ist bei Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff kontraindiziert.

Hinweise

Vor jeder Anwendung sollte das Aussehen der Injektionslösung überprüft werden, um Anzeichen eines Verfalls wie Trübungen und Farbveränderungen auszuschließen. Die subkutane Injektion der Antikörper erfolgt in Form von Fertigspritzen oder -Pens ins Abdomen, den Oberschenkel oder durch eine andere Person an der Außenseite des Oberarms. Die Injektion sollte nicht in empfindliche, verletzte, gerötete oder verhärtete Hautpartien erfolgen und die Injektionsstelle gewechselt werden.

Die Arzneimittel sind im Kühlschrank bei 2 bis 8°C zu lagern und können vor der Injektion etwa 30 Minuten bei Raumtemperatur aufbewahrt werden, um Reaktionen an der Injektionsstelle zu vermeiden. Die Arzneimittel dürfen nicht geschüttelt werden.

Wirkstoffe

Antikörper gegen den CGRP-Rezeptor

Antikörper gegen CGRP

Alternativen

Zur Migräneprophylaxe können alternativ als Mittel der ersten Wahl folgende Wirkstoffe angewendet werden:

Die Auswahl erfolgt nach individuellen Eigenschaften des Patienten, beispielsweise anhand zusätzlicher Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Depressionen.

Voraussichtlich wird in naher Zukunft auch der orale CGRP-Rezeptorantagonist Rimegepant zur Prophylaxe und Akuttherapie der Migräne auf dem europäischen Markt verfügbar sein.

Autor:
Stand:
05.09.2022
Quelle:
  1. Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  2. Novartis Pharma GmbH. Fachinformation: Aimovig® 140 mg Injektionslösung im Fertigpen (08/2020)
  3. TEVA GmbH. Fachinformation: AJOVY® 225 mg Injektionslösung in einem Fertigpen (06/2020)
  4. Lilly Deutschland GmbH. Fachinformation: Emgality® 120 mg Injektionslösung in einem Fertigpen (03/2020)
  5. Allergan USA, Inc.: Prescribing Information: UBRELVY® (06/2020)
  6. Biohaven Pharmaceuticals, Inc.: Prescribing Information: Nurtec ODT (02/2020)

Abbildung

Adapted from „The Role of CGRP and the Trigeminal System in Migraine Pathophysiology”, by BioRender.com

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