Gepante sind oral anwendbare Antagonisten des Rezeptors von CGRP (calcitonin gene-related peptide), einem inflammatorischen Neuropeptid, das wesentlich zur Entstehung von Migräneattacken beiträgt.
Das CGRP (Calcitonin gene-related peptide)-System als Ansatzpunkt zur Prophylaxe und Behandlung von Migräne ist durch die Zulassung der CGRP-AntikörperFremanezumab (Ajovy), Galcanezumab (Emgality) und Erenumab (Aimovig), die sich gegen das Neuropeptid selbst oder dessen Rezeptor richten, in den Fokus gerückt.
Mit Rimegepant (Vydura) wurde Ende April 2022 der erste oral anzuwendenden CGRP-Inhibitor in der EU zugelassen. Bislang ist es das einzige zugelassene Migränemittel, dass sowohl zur Akutbehandlung als auch Prophylaxe indiziert ist. Am 22. Juni 2023 erhielt das orale Atogepant (Aquipta) eine Zulassungsempfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für die Migräneprophylaxe. In den USA ist zudem der Wirkstoff Ubrogepant (Ubrelvy) verfügbar.
Anwendungsart
Rimegepant wird in Form eines Lyophilisats als Schmelztablette in einer Wirkstärke von 75 mg vertrieben. Die Schmelztablette wird auf oder unter die Zunge gelegt und löst sich im Speichel auf, sodass das Arzneimittel ohne zusätzliche Flüssigkeit geschluckt werden kann. Rimegepant wird entweder im akuten Bedarfsfall bis maximal 18-mal pro Monat oder jeden zweiten Tag eingenommen, um Migräneanfällen vorzubeugen und die Anzahl der monatlichen Migräneattacken zu reduzieren. Die Wirkung von Rimegepant hält bis zu 48 Stunden an.
Atogepant wird in Form von Tabletten in den Wirkstärken 10 mg und 60 mg auf den Markt kommen. Das Arzneimittel muss nur einmal täglich eingenommen werden.
Ubrogepant ist als Tabletten zu Einnehmen in Stärken von 50 mg und 100 mg im Handel. Die Sicherheit für die Einnahme von Ubrogepant ist für maximal 8 Tage im Monat belegt.
Wirkung
Gepante sind Antagonisten am CGRP-Rezeptor. Das inflammatorischen Neuropeptid Calcitonin gene-related peptide (CGRP) ist maßgeblich an der Entstehung eines Migräneanfalls beteiligt.
Die Ursachen der Migräne sind multifaktoriell und noch nicht vollständig geklärt, es spielen sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle. Durch Auslöser wie beispielsweise psychischen Stress oder hormonelle Schwankungen wird der Migränekopfschmerz in Form von neurogenen Entzündungsreaktionen an Arterien der Hirnhäute verursacht. Der Entzündungsmediator CGRP wird unter anderem in den Nervenfasern des Trigeminus gebildet und während der Migräneattacke freigesetzt. Das Neuropeptid bindet an entsprechende G-Protein-gekoppelte Rezeptoren der glatten Muskulatur intrakranieller Gefäße. Die folgende Signaltransduktion resultiert in der Phosphorylierung verschiedener Effektorproteine wie nozizeptive NMDA-Rezeptoren, was zur Schmerzsensibilisierung führen kann. Über eine Senkung der Calciumkonzentration kommt es weiterhin zur Gefäßdilatation. Diese beiden Wirkungen tragen maßgeblich zum Migränekopfschmerz bei.
Die Gepante blockieren reversibel die CGRP-Rezeptoren und hemmen dadurch die Effekte des Neuropeptids bei einem Migräneanfall.
Nebenwirkungen
Die häufigste Nebenwirkung bei der Anwendung von Gepanten ist Übelkeit.
Nach der Einnahme von Rimegepant kann es auch verzögert zu starken Überempfindlichkeitsreaktionen mit Atembeschwerden und Schwellungen im Gesicht und Mund-Rachen-Raum kommen.
Neben Übelkeit war die häufigste Nebenwirkung in der Zulassungsstudie von Atogepant Verstopfung.
Bei der Anwendung von Ubrogepant tritt außerdem häufig Müdigkeit auf.
Wechselwirkungen
Gepante werden über das Cytochrom-P450-EnzymCYP3A4 verstoffwechselt, sodass mit Wirkstoffen, die dieses Enzym hemmen oder induzieren ein hohes Interaktionspotential besteht.
Weiterhin sind Rimegepant und Ubrogepant Substrate der Transporter P-Glykoprotein und BCRP (Breast Cancer Resistance Protein). Auch Atogepant zeigt hier Wechselwirkungen, die allerdings nicht therapeutisch relevant zu sein scheinen.
Die gleichzeitige Verabreichung von Atogepant mit einem OATP-Inhibitor führte hingegen zu einem signifikanten Anstieg der Atogepant-Exposition.
Kontraindikation
Die Anwendung der Gepante ist bei Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff kontraindiziert.
Die Arzneimittel sollen weiterhin nicht zusammen mit starken CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol, Clarithromycin und Itraconazol verwendet werden, da hierbei die Plasmaspiegel stark erhöht werden.
Die Rimegepant und Ubrogepant sind zudem bei Leberinsuffizienz, Rimegepant auch bei schweren Nierenfunktionsstörungen kontraindiziert.
Alternativen
Zur Migräneprophylaxe können alternativ als Mittel der ersten Wahl folgende Wirkstoffe angewendet werden:
Die Auswahl erfolgt nach individuellen Eigenschaften des Patienten, beispielsweise anhand zusätzlicher Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Depressionen.
Die Therapie akuter Migräneattacken kann mit folgenden Wirkstoffen als Mittel der ersten Wahl erfolgen:
Die Auswahl erfolgt nach Schwere der Migräneattacken sowie individueller Verträglichkeit für den Patienten.
Wirkstoffe
Atogepant
Rimegepant
Ubrogepant (nur USA)
Hinweise
Die Patienten sollten auf das hohe Interaktionspotential der Gepante hingewiesen werden, insbesondere auch auf die Wechselwirkungen mit CYP-Inhibitoren wie Grapefruitsaft und bestimmten Wirkstoffen.
Patienten, die Rimegepant oder Atogepant einnehmen, sollten darauf hingewiesen werden, dass auch verzögert Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten können. Bei ersten Anzeichen einer solchen Reaktion sollten diese Patienten einen Arzt aufsuchen.