Neueinführung Daurismo bei AML

Daurismo (Glasdegib) ist ein neues Medikament, das in Kombination mit Cytarabin zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie angewendet wird. In der Zulassungsstudie führte das Arzneimittel zu einer 49 prozentigen Reduktion des Sterberisikos verglichen zur Monotherapie mit Cytarabin.

Krebspatient und Arzt

Hintergrund

Nachdem der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für Daurismo des Pharmakonzerns Pfizer im April eine Zulassungsempfehlung ausgesprochen hatte, wurde das Arzneimittel schließlich Ende Juni von der Europäischen Kommission zugelassen. Das Arzneimittel wurde daraufhin zum 15. August 2020 in den deutschen Markt eingeführt.

Was ist Daurismo und wofür wird es angewendet?

Daurismo mit dem Wirkstoff Glasdegib gehört wie auch Sonidegib, Saridegib und Vismodegib zur Wirkstoffgruppe der Hedgehog-Signalweg-Inhibitoren.

Daurismo wird in Kombination mit niedrig dosiertem Cytarabin angewendet zur Behandlung von neu diagnostizierter oder sekundärer akuter myeloischer Leukämie (AML), wenn die Patienten für eine Standard-Induktionschemotherapie nicht infrage kommen. Es handelt sich bei den Krankheitsbildern um genetisch heterogene myeloische Stammzellstörungen, die im Median mit etwa 67 Jahren auftreten.

Wie wird Daurismo angewendet?

Daurismo ist für die orale Anwendung bestimmt und in Form von Filmtabletten zugelassen, die unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden können. Patienten sollte empfohlen werden, die Tabletten jeden Tag etwa zur gleichen Uhrzeit einzunehmen.

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 100 mg Glasdegib in Kombination mit niedrig dosiertem Cytarabin (20 mg s.c) an den Tagen 1 bis 10.

Wie wirkt Daurismo?

Glasdegib ist ein Inhibitor des Hedgehog-Signalwegs, indem der Wirkstoff an den Smoothend-Rezeptor (Smo) bindet, der den Hedgehog-Signalweg auslöst.

Der Hedgehog-Signalweg ist ein Signaltransduktionsweg, der eine wichtige Funktion bei der Embryonalentwicklung einnimmt. Seine Aktivierung erfolgt durch Bindung des Hedgehog-Proteins an den Rezeptor namens Patched (Ptch), wodurch das Transmembranprotein Smo ein Signal ins Zellinnere weiterleitet, welches die Degradation des regulatorischen Proteins Ci (Cubitus interruptus) inhibiert. Ohne Einwirken von Hedgehog wird Ci in einem größeren Proteinkomplex, der aus dem Protein Costal, der Serin-Threonin-Kinase Fused (Fu) und dem Inhibitor von Fused besteht, abgebaut. Die Aktivierung durch Hedgehog führt schließlich dazu, dass das Protein Ci nicht mehr abgebaut werden kann und deshalb in den Zellkern gelangt. Dies führt zu einer Reduktion der Aktivität des GLI-Transkriptionsfaktors (Glioma-Associated Oncogene) in AML-Zellen, wodurch das Leukämie-verursachende Potenzial von AML-Zellen verringert wird.

Der Wirkmechanismus der Kombinationstherapie mit Cytarabin ist jedoch noch nicht vollständig erforscht.

Gegenanzeigen

Daurismo darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.

Nebenwirkungen

Die am häufigsten (≥ 20 %) gemeldeten Nebenwirkungen bei Patienten, die Daurismo erhielten, waren:

  • Anämie (45,2 %), Blutungen (45,2 %),
  • febrile Neutropenie (35,7 %),
  • Übelkeit (35,7 %), verminderter Appetit (33,3 %),
  • Fatigue (30,9 %),
  • Muskelspasmen (30,9 %),
  • Thrombozytopenie (30,9 %),
  • Pyrexie (29,7 %),
  • Diarrhoe (28,5 %),
  • Pneumonie (28,5 %),
  • Dysgeusie (26,1 %)
  • peripheres Ödem (26,1 %),
  • Obstipation (25,0 %), Abdominalschmerz (25,0 %),
  • Ausschlag (25,0 %),
  • Dyspnoe (25,0 %),
  • Erbrechen (21,4 %) und Gewichtsabnahme (20,2 %).

Wechselwirkungen

Glasdegib wird größtenteils durch CYP3A4 metabolisiert; CYP2C8 und UGT1A9 spielen bei der Metabolisierung eine untergeordnete Rolle.

Bei einer gleichzeitigen Anwendung mit starken CYP3A4-Inhibitoren wie z. B. Boceprevir, Cobicistat, Conivaptan, Itraconazol, Ketoconazol, Posaconazol, Telaprevir, Troleandomycin, Voriconazol, Ritonavir, Grapefruit oder Grapefruitsaft sowie mäßig starken CYP3A4-Induktoren  wie z. B. Bosentan, Efavirenz, Etravirin, Modafinil, Nafcillin ist Vorsicht geboten, da es zu einer erhöhten Plasmakonzentration von Glasdegib kommen kann.

Dementsprechend kann die gleichzeitige Gabe starker CYP3A4-Induktoren wie z. B. Rifampicin, Carbamazepin, Enzalutamid, Mitotan, Phenytoin und Johanniskraut zu einer Reduktion der Plasmakonzentration von Glasdegib führen.

Da Glasdegib zu einer Verlängerung des QT-Intervalls führen kann, ist Vorsicht geboten bei der gleichzeitigen Anwendung anderer QT-Intervall verlängernden Arzneimitteln.

Glasdegib ist vermutlich weiterhin in der Lage den über P-Glykoprotein (P-gp) und Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) vermittelten Arzneistofftransport zu hemmen kann. P-gp- oder BCRP-Substrate mit enger therapeutischer Breite (z. B. Digoxin) sollten somit bei einer Kombination mit Glasdegib mit Vorsicht angewendet werden.

Weiterhin zeigen in-vitro-Studien, dass Glasdegib in klinisch relevanten Konzentrationen zu einer Hemmung von MATE1 und MATE2K führen kann.

Studienlage

Die Zulassung von Daurismo durch die Europäische Kommission basiert auf den Ergebnissen der klinischen Phase-II-Studie BRIGHT 1003, in der die Wirksamkeit von Glasdegib plus niedrig dosiertem Cytarabin bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie oder myelodysplastischem Syndrom untersucht wurde.

Glasdegib (100 mg) wurde kontinuierlich über 28 Tage verabreicht; Cytarabin (20 mg) wurde an Tag 1 bis 10 der 28 Tage gegeben. Die Patienten wurden 2:1 randomisiert und erhielten entweder Glasdegib in Kombination mit Cytarabin (88 Patienten) oder Cytarabin alleine (44 Patienten). Primärer Endpunkt stellte das Gesamtüberleben dar.

Ergebnisse

Das mediane Gesamtüberleben (80% Konfidenzintervall [CI]) betrug 8,8 (6,9–9,9) Monate unter Glasdegib / Cytarabin und 4,9 (3,5–6,0) Monate unter Cytarabin Monotherapie (Hazard Ratio, 0,51; 80% CI, 0,39–0,67, P = 0,0004). Daurismo führte somit fast zu einer Verdopplung der medianen Gesamtüberlebenszeit.

Eine vollständige Remission wurde bei 15 (17,0%) Patienten unter Glasdegib / Cytarabin und bei einem (2,3%) Patienten unter Cytarabin Monotherapie erreicht (P <0,05).

Zu den nicht hämatologischen unerwünschten Ereignissen vom Grad 3/4 gehörten unter Glasdegib / Cytarabin Lungenentzündung (16,7%) und Müdigkeit (14,3%) und unter Cytarabin Lungenentzündung (14,6%).

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