Penicilline gehören zur Gruppe der Beta-Lactam Antibiotika, ihr Grundgerüst ist die 6-Aminopenicillansäure. Sie wirken bakterizid und werden beispielsweise bei Pneumonien, Endokarditiden, Harnwegsinfektionen oder Sepsis eingesetzt.
Als die weltweit mit am weitesten verbreiteten Antibiotika werden Penicilline bei verschiedensten bakteriellen Infektionskrankheiten eingesetzt, insbesondere bei Infektionen mit grampositiven Erregern. Breitspektrumpenicilline und penicillinaseresistente Penicilline wirken zusätzlich gegen gramnegative Erreger und Anaerobier [1].
Bei den verschiedenen Erkrankungen werden jeweils unterschiedliche Penicilline eingesetzt. Einige werden gelegentlich prophylaktisch verordnet, z.B. vor Operationen.
Wirkmechanismus
Penicilline gehören wie auch die Cephalosporine zur Gruppe der Beta-Laktam-Antibiotika. Ihre Struktur bildet die 6-Amino-penicillansäure, die aus den Aminosäuren Cystein und Valin besteht.
Die Wirkung der Penicilline beruht auf einer Hemmung der Quervernetzung der Mureinschicht (auch als Peptidoglycanschicht bezeichnet) von Bakterien, wodurch das Wachstum gehemmt und die Lyse proliferierender Bakterien induziert wird. Bei grampositiven Bakterien beträgt der Anteil der Mureinschicht an der Zellwand ca. 50 Prozent, wohingegen er bei gramnegativen Bakterien nur etwa 5 bis 10 Prozent ausmacht.
Die Quervernetzung der Mureinschicht wird durch Transpeptidasen katalysiert, die die Peptidbindung zwischen D-Ala-D-Ala spalten. Penicilline und Cephalosporine imitieren diese D-Ala-D-Ala-Verbindung und besitzen deshalb eine hohe Affinität und Selektivität für bakterielle Transpeptidasen und andere D-Ala-D-Ala bindenden Proteine.
Im aktiven Zentrum der Transpeptidase gehen sie eine kovalente Bindung mit einem Serinrest ein, die nur sehr langsam hydrolisiert wird, weshalb man von einer pseudoirreversiblen Inhibition der bakteriellen Transpeptidasen spricht.
Pharmakokinetik
Penicilline verteilen sich rasch in der Extrazellularflüssigkeit. Die Bioverfügbarkeit ist abhängig von der Darreichungsform (oral vs. intravenös/intramuskulär).
Aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeiten (30 min bis 2 Stunden) müssen Penicilline i. d. R. mehrmals täglich eingenommen werden.
Zum Teil interferiert die Absorption mit der Nahrungsaufnahme, daher sollte z.B. Penicillin V ein bis zwei Stunden vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Amoxicillin kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden.
Die Elimination erfolgt, mit Ausnahme der Depotpenicilline, innerhalb kurzer Zeit über die Nieren. Eine Dosisanpassung ist aber nur bei stark eingeschränkter Nierenfunktionsleistung notwendig.
Durch Gabe von Probenecid lässt sich die Elimination verlängern, das Medikament inhibiert die renale tubuläre Sekretion und erhöht damit den Serumspiegel.
Dosierung
Benzylpenicillin (Penicillin G): viermal täglich 0.6 g i.v. entsprechend viermal täglich 1 MU (Mio. Internationale Einheiten (IE)
Flucloxacillin i.v.: viermal täglich 2 g oder sechsmal täglich 1 g
Flucloxacillin p.o.: dreimal täglich 1 g
Nebenwirkungen
Eine der häufigsten Nebenwirkungen ist die Überempfindlichkeitsreaktion mit Hautausschlägen, insbesondere bei Ampicillin und Amoxicillin. Allergische Reaktionen nach vorheriger Sensibilisierung können bis hin zu einem anaphylaktischen Schock führen.
Davon abzugrenzen sind Pseudoallergien durch nicht IgE-vermittelte Freisetzung von Mediatoren. Die echte Allergie lässt sich durch einen Prick-Test und eine IgE Bestimmung im Blut nachweisen bzw. ausschließen. Sie muss nicht lebenslang bestehen, etwa die Hälfte aller Betroffenen weist fünf Jahre nach der letzten Reaktion keine Überempfindlichkeit mehr auf.
Penicilline können zudem die Darmflora angreifen (insbesondere Breitbandpenicilline) und zu Übelkeit, Erbrechen sowie einer antibiotikaassoziierten Kolitis führen.
Beim Einsatz von Penicillinen kann es zu Resistenzbildungen kommen, z. B. durch Bildung von Beta-Lactamasen, daher ist ein kalkulierter Einsatz wichtig.
Wechselwirkungen
Penicilline sollten nicht mit bakteriostatisch wirksamen Antibiotika (z. B. Tetracyclinen, Sulfonamiden oder Chloramphenicol) kombiniert werden, da sonst antagonistische Effekte auftreten können.
Die Wirkung von Kontrazeptiva kann bei gleichzeitiger Einnahme verringert werden.
Kontraindikation
Bei bekannter Penicillinallergie dürfen keine Penicilline eingesetzt werden, gleiches gilt nach der Entwicklung eines Stevens-Johnson Syndroms bei Penicillingabe in der Vergangenheit.
Bei Entwicklung einer Clostridium difficile assoziierten Kolitis sollte eine laufende antibiotische Behandlung gestoppt werden.
Darüber hinaus gibt es noch einige substanzabhängige Kontraindikationen.
Alternativen
Bei bekannter Penicillinallergie kann auf folgende alternative Antibiotika zurückgegriffen werden: Fluorchinolone, Clindamycin, Vancomycin oder Makrolide. Diese Breitband-Antibiotika weisen jedoch ein signifikant höheres Risiko für Resistenzbildungen auf.
In der Schwangerschaft können Dosisanpassungen notwendig sein. Einige Penicilline sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.
Die gleichzeitige Gabe von Bakteriostatika ist kontraindiziert, da diese die Zellteilung hemmen und somit kein Angriffspunkt mehr für die Verhinderung der Zellwandsynthese besteht.
Beta-Lactamase-Inhibitoren (z.B. Clavulansäure, Sulbactam, Tazobactam) können bei Beta-Lactamase bildenden Bakterien mit eingenommen werden, da sie einen Teil der Beta-Lactamasen inaktivieren.
Yip D.W., Gerriets V. (2022): Penicillin. In StatPearls. StatPearls Publishing. PMID: 32119447
H. Cho, T. Uehara, T. G. Bernhardt: Beta-lactam antibiotics induce a lethal malfunctioning of the bacterial cell wall synthesis machinery. In: Cell. Band 159, Nummer 6, Dezember 2014, S. 1300–1311, doi:10.1016/j.cell.2014.11.017
Blumenthal, K. G. et al. (2018): Risk of meticillin resistant Staphylococcus aureus and Clostridium difficile in patients with a documented penicillin allergy: population based matched cohort study. British medical journal (Clinical research ed.). doi: 10.1136/bmj.k2400