
Hintergrund
Am 22. Juni 2019 wurde Talzenna (Talazoparib) des Pharmakonzerns Pfizer durch die Europäische Kommission die Zulassung erteilt. In den USA wurde das Medikament bereits im Jahr 2018 zugelassen. Talazoparib verbesserte in mehreren klinischen Studien das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem HER-2-negativem Brustkrebs mit BRCA-Mutationen. Zudem wird der Wirkstoff auch als Therapie für andere Arten von soliden Tumoren evaluiert, die BRCA-Mutationen in der Keimbahn aufweisen.
Was ist Talzenna und wofür wird es angewendet?
Talzenna ist ein oraler Inhibitor der Polyadenosin-5'-Diphosphoribose-Polymerase (PARP) -Enzyme, die eine entscheidende Rolle bei der Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen spielen. Der Wirkstoff ist zugelassen für die Behandlung eines HER2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinoms mit BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn.
Patienten sollten vor der Therapie, sofern sie hierzu geeignet waren, mit einem Anthrazyklin und/oder einem Taxan behandelt worden sein. Patienten mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs sollten außerdem bereits eine endokrin-basierte Therapie erhalten haben oder für diese als ungeeignet eingestuft worden sein.
Wie wird Talzenna angewendet?
Talzenna ist in Form von Hartkapseln verfügbar und für die orale Anwendung bestimmt. Das Medikament ist in den Stärken 0,25 mg und 1 mg erhältlich.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 1mg Talazoparib einmal täglich. Die Therapie sollte bis zur Progression der Grunderkrankung oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität fortgeführt werden.
Wie wirkt Talzenna?
Talazoparib ist ein Inhibitor der Enzyme PARP-1 und PARP-2, die für die DNA-Reparatur von Tumorzellen verantwortlich sind. Das Arzneimittel wirkt über zwei Mechanismen zytotoxisch auf Krebszellen:
- Inhibition der katalytischen Aktivität der PARP
- „PARP trapping“, d.h. die Verhinderung der Dissoziation der gebundenen PARP-Proteine von der DNA-Läsion
Hierdurch wird die DNA-Reparatur, -Replikation und -Transkription verhindert und somit die Apoptose und/oder der Zelltod verursacht.
Gegenanzeigen
Talzenna darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
Nebenwirkungen
Die häufigsten (≥ 25 %) Nebenwirkungen bei Patienten, die in klinischen Studien mit Talazoparib behandelt wurden, waren:
- Fatigue (57,1%),
- Anämie (49,6%),
- Übelkeit (44,3%),
- Neutropenie (30,2%),
- Thrombozytopenie (29,6%) und
- Kopfschmerzen (26,5%).
Die häufigsten (≥ 10 %) Nebenwirkungen des Grads ≥ 3 von Talazoparib waren:
- Anämie (35,2%),
- Neutropenie (17,4%) und
- Thrombozytopenie (16,8%).
Wechselwirkungen
Talazoparib ist ein Substrat der Arzneimitteltransporter P-gp und Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) und wird hauptsächlich unverändert renal eliminiert. Hieraus ergeben sich folgende Wechselwirkungen mit:
- P-gp-Inhibitoren wie z. B Amiodaron, Carvedilol, Chinidin, Clarithromycin, Cobicistat, Darunavir, Dronedaron, Erythromycin, Indinavir, Itraconazol, Ketoconazol, Lapatinib, Lopinavir, Propafenon, Ranolazin, Ritonavir, Saquinavir, Telaprevir, Tipranavir, Verapamil (Erhöhung der Talazoparib-Exposition möglich, weshalb die Talazoparib ggf. reduziert werden sollte)
- P-gp-Induktoren wie z. B. Carbamazepin, Phenytoin, Johanniskraut (Verringerung der Talazoparib-Exposition möglich)
Studienlage
EMBRACA
EMBRACA (NCT01945775) ist die bislang größte Studie zur PARP-Monotherapie bei Patienten mit BRCA-mutiertem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-negativem Brustkrebs. An der internationalen klinischen Phase-III-Studie nahmen 431 Patienten teil. Den Patienten wurden bis zu drei vorherige Chemotherapien gewährt, einschließlich platinbasierter Therapien.
Die Teilnehmer erhielten nach dem Zufallsprinzip (Randomisierung 2:1) entweder Talazoparib (n=287) oder eine Einzelwirkstofftherapie (n=144) mit Capecitabin, Eribulin, Gemcitabin oder Vinorelbin. 54% der Teilnehmer hatten eine hormonrezeptorpositive Erkrankung und 46% einen dreifach negativen Brustkrebs.
Gesamtüberlebensanalyse
Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 44,9 Monaten für die Talazoparib-Gruppe und 36,8 Monaten für die Chemotherapie-Gruppe waren 216 mit Talazoparib behandelte Patienten und 108 mit Chemotherapie behandelte Patienten verstorben. Die Interpretation der Gesamtüberlebensergebnisse kann durch nachfolgende Behandlungen verfälscht worden sein, so dass zwei Sensitivitätsanalysen durchgeführt wurden, die den nachfolgenden PARP-Inhibitor und/oder die Platintherapie berücksichtigten. Die Analyse legt nahe, dass die Gesamtüberlebensanalyse den Behandlungsnutzen von Talazoparib unterschätzt hat.
Weiterhin berichteten Patienten, die Talazoparib erhielten über eine längere Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität als Patienten im Chemotherapie-Arm (26,3 Monate vs. 6,7 Monate.
Sicherheitsprofil
Hämatologische Nebenwirkungen 3. oder 4. Grades traten bei 56,6% der Patienten auf, die Talazoparib erhielten und bei 38,9% der Patienten unter Chemotherapie. Die meisten unerwünschten Ereignisse 3. oder 4. Grades, über die in der Talazoparib-Gruppe berichtet wurden, waren hämatologisch und wurden meist erfolgreich durch Dosisanpassungen behandelt. Das häufigste hämatologische unerwünschte Ereignis bei Patienten, die Talazoparib erhielten, war eine Anämie (54,9% unter Talazoparib, 19,0% der Patienten unter Chemotherapie.
Das erweiterte Follow-up zeigte für Talazoparib eine statistisch signifikante Gesamt-Verbesserung und eine zeitliche Verzögerungen einer klinisch bedeutsamen Verschlechterung sowohl des allgemeinen Gesundheitszustands, der Lebensqualität und der Brustsymptome.
Zusammenfassung
Daten der klinischen Phase-III-EMBRACA-Studie zeigen, dass Talazoparib keinen statistisch signifikanten Gesamtüberlebensvorteil für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-negativem BRCA-mutiertem Brustkrebs ergab. Die meisten in die Studie einbezogenen Patienten erhielten anschließend systemische Therapien, die möglicherweise die Analyse der Überlebensergebnisse beeinflusst haben. Die Studie bestätigte jedoch frühere Ergebnisse, die zeigten, dass Talazoparib die von Patienten gemeldeten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität gegenüber verfügbaren Chemotherapien verbesserte und ein tolerierbares Sicherheitsprofil aufweist.