GnRH-Analoga

GnRH-Analoga sind Wirkstoffe, die den GnRH-Rezeptor, das biologische Ziel des hypothalamischen Hormons Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH; auch bekannt als Luteinisierendes-Releasing-Hormon oder LHRH) modulieren. Man unterscheidet GnRH-Agonisten von GnRH-Antagonisten.

GnRH-Analoga

Anwendung

GnRH-Agonisten werden u.a. angewendet zur Behandlung von:

  • Fortgeschrittenem hormonabhängigem Prostatakarzinom
  • Mammakarzinom prä- und perimenopausaler Frauen
  • Pubertas praecox vera (bei Mädchen unter 9 Jahren und Jungen unter 10 Jahren)
  • Schwerer sexueller Abnormität durch reversible Reduzierung des Testosterons bis auf das Kastrationsniveau, um den Sexualtrieb bei erwachsenen Männern zu verringern

Darüber hinaus können sie zur Prüfung der Hormonempfindlichkeit eines Prostatakarzinoms zur Beurteilung der Notwendigkeit von hormonsupprimierenden/hormonablativen Maßnahmen angewendet werden.

GnRH-Antagonisten werden bei der in-vitro-Fertilisation eingesetzt, um einen vorzeitigen Eisprung bei einer kontrollierten ovariellen Stimulation zu vermeiden. Hierbei werden die Wirkstoffe zusammen mit dem follikelstimulierendem Hormon (FSH), Corifollitropin alfa, einem langwirkenden Follikelstimulans, oder mit humanem menopausalen Gonadotropin (HMG) verabreicht, so dass ein schnelleres Wachstum der Follikel erreicht und die Zeit bis zur Eizellentnahme verkürzt wird.

Wirkung

Das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) ist ein natürlich vorkommendes Dekapeptid, das die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HPG) moduliert. GnRH bindet an entsprechende Rezeptoren (GnRHRs) auf dem Hypophysenvorderlappen, die ihrerseits luteinisierendes Hormon (LH) und follikelstimulierendes Hormon (FSH) freisetzen; diese wiederum beeinflussen die nachgeschaltete Synthese und Freisetzung der Sexualhormone Testosteron, Dihydrotestosteron, Estron und Estradiol.

GnRHR-Analoga aktivieren zunächst die nachgeschaltete LH- und FSH-Freisetzung; dieser anfängliche Anstieg der Gonadotropinspiegel ist für einige der mit der Behandlung verbundenen unerwünschten Wirkungen verantwortlich. Nach einer 2-4-wöchigen Behandlung führt die kontinuierliche Stimulierung von GnRHR zu einer Rückkopplungshemmung und einer signifikanten Herunterregulation von LH, FSH und den entsprechenden nachgeschalteten Effekten. Diese Wirkungen sind reversibel, wenn die Behandlung abgesetzt wird.

Kontrollierte ovarielle Hyperstimulation

Die kontrollierte ovarielle Hyperstimulation (COH) wird in Verbindung mit anderen Eingriffen wie der In-vitro-Fertilisation (IVF) im Rahmen der assistierten Reproduktionstechnologie (ART) durchgeführt. Die COH ist von Vorteil, da sie die Planung von IVF-Behandlungen ermöglicht. Bei diesem Eingriff ist die Hemmung vorzeitiger LH-Spitzen wichtig, da vorzeitig erhöhte LH-Spiegel die effektive Reifung mehrerer Follikel behindern und zu einem unerwünschten Anstieg des Progesteronspiegels führen können.

Nebenwirkungen

Wie bei allen Hormontherapien können auch bei GnRH-Analoga häufig hormonelle Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Gewichtszunahme auftreten.

Kontraindikation

GnRH-Analoga besitzen folgende Kontraindikationen:

  • Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff oder gegen andere GnRH-Analoga
  • Nachgewiesene Hormonunabhängigkeit des Karzinoms
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Vaginalblutungen unbekannter Ursache

Kontraindikationen unterscheiden sich je nach Präparat und müssen der jeweiligen Fachinformation entnommen werden.

Wirkstoffe

GnRH-Agonisten sind:

Zu den GnRH-Antagonisten zählen:

Hinweise

  • Bei der Anwendung von GnRH-Agonisten besteht ein erhöhtes Risiko für Depressionen (die schwerwiegend sein können). Patienten sind über dieses Risiko aufzuklären und im Falle auftretender Symptomatik entsprechend zu behandeln.
  • Nach der Markteinführung von Leuprorelin wurden Krampfanfälle bei Kindern und Erwachsenen mit oder ohne eine Vorgeschichte von Epilepsie, Anfallsleiden oder Risikofaktoren für Krampfanfälle, berichtet.
  • Bei Männerns sollte für die Initialphase der Behandlung die zusätzliche Gabe eines geeigneten Antiandrogens erwogen werden, um so die möglichen Folgeerscheinungen des anfänglichen Testosteronanstiegs und die Verschlechterung der klinischen Symptomatik abzuschwächen.
  • Eine Langzeit-Androgendeprivationstherapie mit GnRH-Analoga bzw. Orchiektomie ist mit einem erhöhten Risiko der Knochendemineralisierung assoziiert. Bei Risikopatienten kann dies zu einer Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko führen.
  • Unter der Therapie mit GnRH-Analoga kann es zu einer Veränderung des Stoffwechsels (Herabsetzung der Glucosetoleranz oder Verschlechterung eines bestehenden Diabetes mellitus) kommen und ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bestehen.
  • Da eine Androgendeprivationstherapie das QT-Intervall verlängern kann, ist die gleichzeitige Anwendung mit QT-Intervall-verlängernden Arzneimitteln oder Arzneimitteln, die Torsade de pointes hervorrufen können wie Antiarrhythmika der Klasse IA (z. B. Chinidin, Disopyramid) oder Klasse III (z. B. Amiodaron, Sotalol, Ibutilid), Methadon, Moxifloxacin, Neuroleptika usw. sorgfältig abzuwägen.
  • In den ersten Wochen der Behandlung können bei einigen Patientinnen vaginale Blutungen von unterschiedlicher Dauer und Intensität auftreten.
Quelle:
  1. Fachinformationen der einzelnen Wirkstoffe
  2. Steinhilber, Schubert, Zsilavecz, Roth; Medizinische Chemie 2. Auflage 2010
  3. Mutschler Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

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