PARP-Inhibitoren

PARP-Inhibitoren werden bei bei verschiedenen Tumorerkrankungen eingesetzt. Sie inhibieren die Poly(ADP-ribose)-Polymerase-Enzyme (PARPs), wodurch es vermehrt zu Mutationen im Tumorgenom kommt, vorausgesetzt andere BRCA1/2-abhängige Reparaturmechanismen sind nicht funktionsfähig.

Anwendung

PARP-Inhibitoren werden vorwiegend bei Tumorerkrankungen eingesetzt, die mit einem Verlust der Tumorsuppressorgene BRCA1/2 einhergehen. Dazu zählen:

Da ein Funktionsverlust von BRCA1/2 eine gestörte Doppelstrangreparatur bedingt, sind PARP-Inhibitoren besonders zytotoxisch für BRCA1/2 defiziente (Krebs-)Zellen.

Wirkung

Den Angriffspunkt für PARP-Inhibitoren stellen Poly(ADP-ribose)-Polymerase-Enzyme (PARP1/2/3) dar, welche an der DNA-Einzelstrangbruchreparatur beteiligt sind und an DNA-Einzelstrangbrüche binden. Durch eine allosterische Konformationsänderung wird ihre katalytische Domäne aktiviert. Infolgedessen werden enzymatisch negativ geladene Poly(ADP-ribose)-Modifikationen (PARylation) auf Effektorproteine der DNA-Einzelstrangbruchreparatur übertragen, die dadurch für die Reparatur rekrutiert werden. Abschließend wird PARP autoPARyliert und dissoziiert von der DNA, sodass Basenexzisionsreparatur-(BER)-Enzyme an die DNA binden können.

PARP-Inhibitoren verhindern die AutoPARylierung von PARP und folglich deren Dissoziation vom DNA-Einzelstrang. Entstehende PARP-DNA-Addukte resultieren in DNA-Doppelstrangbrüchen. Zellen mit funktionell gestörten homologen Rekombinationsreparaturen (HRR) sind besonders sensibel für DNA-Doppelstrangbrüche und akkumulieren durch ihre alternativen Reparaturmechanismen vermehrt Mutationen auf Genomebene.

PARP-Inhibitoren allgemein

PARP-Inhibitoren sind als Monotherapie zytotoxisch wirksam und potenzieren darüber hinaus die Wirkung DNA-schädigender Zytostatika, vor allem einer Platin-basierten Chemotherapie.

Genomische Schäden können in gesunden Zellen durch Einzel- und Doppelstrangreparaturmechanismen beseitigt werden. Die sogenannte homologe Rekombinationsreparatur (HRR) repariert Doppelstrangbrüche und sorgt dafür, dass die DNA-Sequenz nach der Reparatur konserviert bleibt.

In BRCA1/2-defizienten Krebszellen ist eine effiziente HRR gestört, diese Zellen sind homolog rekombinationsdefizient (HRD). Auch Krebszellen ohne BRCA1/2-Mutation können aufgrund ihres Mutationsprofils homolog rekombinationsdefizient sein. DNA-Doppelstrangbrüche können weiterhin über alternative Reparaturmechanismen wie dem „non-homologous end joining (NHEJ) pathway“ repariert werden. Diese sind allerdings fehleranfälliger und können die exakte DNA-Sequenz nicht erhalten. Folglich akkumulieren Mutationen, die zu einer genomischen Instabilität und zum Absterben von Krebszellen führen, da diese im Vergleich zu normalen Zellen eine hohe Last an DNA-Schäden aufweisen.

Nebenwirkungen

Unter der Therapie mit PARP-Inhibitoren treten häufig folgende Nebenwirkungen auf:

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Appetitverlust
  • Diarrhö
  • Fatigue
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Blutbildveränderungen (Anämien, Leukozytopenien, Neutropenien und Thrompozytopenien)

Wechselwirkungen

PARP-Inhibitoren sind Substrate vom Cytochrom-P-450 Enzymsystem, weshalb folgende Interaktionen beachtet werden sollten:

Weiterhin sollte bedacht werden, dass alle DNA-schädigenden Chemotherapeutika den Effekt von PARP-Inhibitoren verstärken können.

Da unzureichend Daten für die gleichzeitige Anwendung von Impfstoffen und Immunsuppressiva mit PARP-Inhibitoren vorliegen, sollte eine engmaschige Überwachung in diesen Fällen durchgeführt werden.

Kontraindikation

PARP-Inhibitoren sind kontraindiziert bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff der Wirkstoffgruppe oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels
  • Schwangeren und stillenden Frauen

Alternativen

Die bestehenden Alternativen richten sich jeweils nach Erkrankung, Erkrankungsstadium sowie patientenindividuellen Faktoren. Das vorhandene tumorspezifische Expressions- und Mutationsprofil soll hierbei berücksichtigt werden.

Wirkstoffe

Prinzipiell haben alle PARP-Inhibitoren die gleiche Bindungsstelle, unterscheiden sich jedoch in ihrer zytotoxischen Potenz.

Die Applikation erfolgt oral in Tabletten- oder Kapselform.

Hinweise

  • Die meisten PARP-Inhibitoren unterliegen besonderer Überwachung und sind mit dem schwarzen Dreieck gekennzeichnet.
  • Besonders in fortgeschrittenen Tumorstadien kann der hohe Selektionsdruck, der von PARP-Inhibitoren (insbesondere in Kombination mit einer Platin-basierten Chemotherapie) ausgeht, das Risiko für das Auftreten von Resistenzen verstärken (deswegen sollten vor Beginn der Therapie Behandlungsalternativen erwogen werden).
  • Während und einige Zeit nach der Therapie mit PARP-Inhibitoren sollte eine verlässliche Kontrazeption gewährleistet sein.
Autor:
Stand:
11.11.2021
Quelle:
  1. Lord, C. J., & Ashworth, A. (2017). PARP inhibitors: Synthetic lethality in the clinic. Science (New York, N.Y.), 355(6330), 1152–1158.
  2. Brown, J. S., Kaye, S. B., & Yap, T. A. (2016). PARP inhibitors: the race is on. British journal of cancer, 114(7), 713–715.
  3. Fachinformationen der Wirkstoffe dieser Wirkstoffklasse (PARP-Inhibitoren)
  4. Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
  5. Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  6. Kurzversion Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms
  7. Kurzversion S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren
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