Angiogenesehemmer

Angiogenesehemmer sind Wirkstoffe, die in den Prozess der Blutgefäßneubildung eingreifen, bei dem VEGF eine elementare Rolle einnimmt. Vor allem solide Tumoren sind auf eine Angiogenese angewiesen, um ihr Wachstum sicherzustellen.

Anwendung

Angiogenesehemmer inhibieren die Neubildung von Blutgefäßen aus bereits existierenden Blutgefäßen (Angiogenese), weshalb sie zur Behandlung folgender Erkrankungen indiziert sind:

  • Solide Tumoren
  • Feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD)

Wirkung

Die Wirkstoffgruppe der Angiogensehemmer ist pharmakodynamisch heterogen, wobei allerdings der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF, Vascular Endothelial Growth Factor), dessen Funktion für die Angiogenese unerlässlich ist, eine pharmakologische Schlüsselrolle einnimmt und deshalb das Target der meisten Angiogenesehemmer darstellt.

Durch spezifische Anti-VEGF-Antikörper kann der Wachstumsfaktor gezielt gebunden und neutralisiert werden. VEGF-Inhibitoren, die keine Antikörper sind, können den Wachstumsfaktor ebenfalls binden und somit dessen Effekte einstellen. Darüber hinaus kann durch Hemmung von VEGF-Rezeptoren (VEGFR, Rezeptortyrosinkinasen) die nachgeschaltete VEGF-Signalkaskade inhibiert werden.

Auch andere Wirkstoffe, die nicht direkt mit VEGF/VEGFR interferieren, haben hemmende Effekte auf die Angiogenese.

VEGF Rezeptoren

Nebenwirkungen

VEGF-targetierende Angiogenesehemmer können unter anderem Hämorrhagien, arterielle thromboembolische Ereignisse (ATE), Hypertonie, gastrointestinale Perforationen, Fisteln sowie eine gestörte Wundheilung verursachen.

Das Nebenwirkungsspektrum unterscheidet sich dabei minimal von VEGFR-targetierenden Wirkstoffen, bei denen zusätzlich Nebenwirkungen wie Fatigue, Diarrhö oder Haarausfall auftreten können.

Wechselwirkungen

VEGF/R-Antikörper binden hochspezifisch an ihre Zielstruktur, sodass das Interaktionspotenzial gering ist.

Einige VEGFR-Inhibitoren sind Substrate von CYP3A4, weshalb Wechselwirkungen mit CYP3A4-Induktoren und -Inhibitoren möglich sind (je nach Kinaseinhibitor können zusätzlich Interaktionen mit weiteren Enzymen möglich sein).

Darüber hinaus sind manche Kinaseinhibitoren Substrate des P-Glykoprotein-Effluxtransporters (P-gp) und können eine inhibitorische Wirkung auf P-gp ausüben.

Kontraindikation

Eine Kontraindikation liegt bei Überempfindlichkeit gegen den jeweiligen Wirkstoff der Gruppe oder andere Bestandteile des Arzneimittels vor.

Wirkstoffspezifische Kontraindikationen können dem individuellen Wirkstoffprofil entnommen werden.

Alternativen

Die möglichen Therapiealternativen richten sich jeweils nach der Erkrankung, dem Erkrankungsstadium sowie den patientenindividuellen Faktoren. Zudem sollte bei soliden Tumoren das tumorspezifische Expressions- sowie Mutationsprofil berücksichtigt werden.

Solide Tumoren:

Feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD):

Wirkstoffe

Je nach targetiertem Protein bzw. Signalweg lassen sich die Angiogenesehemmer unterteilen in:

Hinweise

Blutungen

  • Bei vielen Angiogenesehemmern liegt ein erhöhtes Risiko für Blutungen, einschließlich schwerwiegender und manchmal tödlicher Blutungsereignisse, vor.
  • Die Überwachung von Patienten auf Anzeichen und Symptome von gastrointestinalen Blutungen und anderen schweren Blutungen ist obligatorisch.
  • Bei Patienten, die eine Behandlung mit Antikoagulanzien oder andere das Blutungsrisiko erhöhende Begleittherapien erhalten oder prädisponiert für Blutungen sind, sollte regelmäßig das Blutbild und die Gerinnungsparameter überprüft werden.
  • Schwere Blutungen können einen Therapieabbruch erfordern.

Hypertonie

  • Angiogenesehemmer können eine Hypertonie verursachen, was eine regelmäßige Blutdruckkontrolle erforderlich macht.
  • Bei schwerer Hypertonie muss die Behandlung mit einem Angiogenesehemmer vorübergehend unterbrochen werden bis der Blutdruck mithilfe einer antihypertensiven Therapie unter Kontrolle gebracht wurde.
  • Wenn eine medizinisch signifikante Hypertonie mit einer antihypertensiven Therapie nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, muss die Behandlung endgültig beendet werden.
Autor:
Stand:
25.11.2021
Quelle:
  1. Freissmuth et al., Pharmakologie und Toxikologie, 2020, Springer
  2. Mutschler et al., Mutschler Arzneimittelwirkungen, 2019, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  3. Fachinformationen der Wirkstoffe dieser Wirkstoffklasse (Angiogenesehemmer)
  4. National Cancer Institute: Angiogenesis inhibitors

Abbildung

Created with Biorender in Anlehnung an Lange, C., Storkebaum, E., de Almodóvar, C. et al. Vascular endothelial growth factor: a neurovascular target in neurological diseases. Nat Rev Neurol 12, 439–454 (2016)

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